OGH 1Ob1573/91

OGH1Ob1573/9118.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner P*****, vertreten durch Dr. Edwin Kois, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Paul R***** Gesellschaft *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 72.442,80 s.A. infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 16. Mai 1991, GZ 5 R 7/91-10, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei die Erstattung der ihm "anerlaufenen" Kosten der Errichtung eines zwischen den Streitteilen geschlossenen Abbauvertrages; die mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten und Gebühren habe nach dessen Inhalt die beklagte Partei zu tragen.

Das Erstgericht gab - nachdem es die Verhandlung bei der Tagsatzung vom 1. 10. 1990 geschlossen hatte - dem auf Zahlung von S 72.442,80 s.A. gerichteten Klagebegehren statt. Es nahm als erwiesen an, daß der Abbauvertrag zwischen den Streitteilen wirksam zustande gekommen sei. Rechtlich meinte es, die beklagte Partei habe es schuldhaft unterlassen, den Vertrag zu erfüllen. Deshalb sei der Kläger berechtigt, aus dem Titel des Schadenersatzes die mit S 72.442,80 ermittelten Vertragserrichtungskosten von der beklagten Partei einzufordern, um dann ihrerseits der Verpflichtung zur Begleichung dieser Kosten nachzukommen.

Bei der infolge Berufung der beklagten Partei vom Gericht zweiter Instanz anberaumten Berufungsverhandlung stellten die Parteien außer Streit, daß der Kläger seinem Vertreter die Vertragserrichtungskosten von S 72.442,80 in Teilbeträgen, den letzten am 9. 11. 1990, bezahlt habe.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die von einem Vertragsteil übernommene Verpflichtung zur Zahlung des Anwaltshonorars sei Erfüllungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB. Begehre der Schuldner Zahlung an sich, müsse er nachweisen, daß er über Inanspruchnahme durch den Gläubiger gezahlt habe; der Ersatzanspruch gründe sich dann auf § 1042 ABGB. Daß der Kläger die Vertragserrichtungskosten in Teilbeträgen bis zum 9. 11. 1990 entrichtet habe, sei bei der Berufungsverhandlung außer Streit gestellt worden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei, mit der diese als erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes ins Treffen führt, das Berufungsgericht habe bei seiner Entscheidung zumindest auch Zahlungen des Klägers an seinen Vertreter in der Zeit nach Schluß der Verhandlung erster Instanz berücksichtigt, ohne daß feststünde, in welchem Ausmaß der Kläger Zahlungen erst nach diesem Zeitpunkt erbrachte; solche Zahlungen hätten aber nicht berücksichtigt werden dürfen, weil das Klagebegehren auch von den Rechtsmittelgerichten aufgrund der Sachlage bei Schluß der Verhandlung erster Instanz zu prüfen sei. Die beklagte Partei zeigt damit jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO auf:

Sie hatte in der Berufung - zu Recht - Feststellungsmängel gerügt, weil das Erstgericht in unrichtiger Beurteilung des geltend gemachten Ersatzanspruches die Feststellung unterlassen hatte, ob, bejahendenfalls in welchem Ausmaß, der Kläger an seinen Vertreter Honorarzahlungen geleistet hat. Das Gericht zweiter Instanz veranlaßte die Parteien - der Sache nach in Ergänzung der Verhandlung gemäß § 496 Abs.3 ZPO - zur Außerstreitstellung, daß der Kläger die Vertragserrichtungskosten zur Gänze - zu einem nicht festgestellten Teil allerdings erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz - bezahlt hatte, sodaß er an sich berechtigt ist, von der beklagten Partei angesichts der festgestellten Vertragsbestimmung die Erstattung dieses Betrages zu verlangen (MietSlg 34.297 mwN). Ergänzt das Berufungsgericht zur Beseitigung von Verfahrens- oder - wie hier - von Feststellungsmängeln die Verhandlung gemäß § 496 Abs.3 ZPO - was auch durch eine selbst in zweiter Instanz zulässige (EvBl 1959/266 ua) Außerstreitstellung geschehen kann -, tritt das Verfahren in das Stadium vor Schluß der Verhandlung erster Instanz zurück, sodaß den Parteien alle Befugnisse wie im Verfahren erster Instanz bis zum Schluß der Verhandlung zustehen: Sie dürfen nicht nur neues - auch widersprechendes - Vorbringen erstatten bzw. neue Beweise anbieten, sondern selbst neue Sachanträge stellen. Das Berufungsgericht entscheidet bei Ergänzung der Verhandlung - wie das Erstgericht - nach der Sachlage bei Schluß der Berufungsverhandlung (SZ 59/134 mwN), sodaß es entgegen den Revisionsausführungen die Tatsache, daß der Kläger das gesamte Honorar in diesem Zeitpunkt bereits bezahlt hatte, zu Recht seiner eigenständigen, von der Rechtsrüge unabhängigen rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (SZ 60/288 ua).

Da die beklagte Partei somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO aufzeigt, ist die außerordentliche Revision gemäß § 508 a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.

Die gekürzte Begründung dieses Beschlusses beruht auf § 510 Abs.3 ZPO.

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