OGH 10ObS234/91

OGH10ObS234/9117.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Friedrich Stefan und Dr.Dietmar Strimitzer (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag.Christian W*****, Tierarzt i.R. ***** vertreten durch Dr.Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Landesstelle Tirol), 1050 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Ruhens der Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.November 1989, GZ 5 Rs 160/89-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 25.Juli 1989, GZ 42 Cgs 47/89-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie lauten:

Gegenüber der beklagten Partei wird festgestellt, daß die Alterspension des Klägers seit 1.1.1988 nicht gemäß § 60 GSVG ruht.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.804,80 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 800,80 Umsatzsteuer), die mit S 2.743,68 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 457,28 Umsatzsteuer) und die mit S 3.292,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 548,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 16.7.1914 geborene Kläger war praktischer Tierarzt in St.Johann in Tirol. Er ist Alleineigentümer einer Land- und Forstwirtschaft; der zuletzt im Jahr 1979 festgestellte Einheitswert beträgt S 471.000. Am 15.11.1985 legte der Kläger die Befugnis als Tierarzt zurück. Er ist bereits seit Jahrzehnten buchführender Landwirt. Auf Grund eines Windwurfes im Jahr 1966 und einer Viehseuche im Jahr 1975 mußte er größere Darlehen aufnehmen, die aufgelaufenen Zinsenbelastungen führten zu einem jährlichen Verlust. Diese finanziellen Belastungen verbunden mit den Lohn- und sonstigen Erhaltungskosten führten dazu, daß aus der Landwirtschaft nach wie vor kein nennenswerter Gewinn erzielbar ist. Vom 1.1.1980 bis 31.12.1987 war der Kläger von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern befreit. Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 9.1.1986 wurde dem Kläger die Alterspension zuerkannt. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.12.1988 sprach die beklagte Partei aus, daß die Pension des Klägers in der Zeit vom 1.1.1988 bis 30.6.1988 im Ausmaß von monatlich S 7.604,80, im Zeitraum 1.7. bis 31.12.1988 mit monatlich S 7.779,80 und ab 1.1.1989 mit monatlich S 7.943,20 wegen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 60 GSVG ruhe.

Mit der dagegen erhobenen Klage begehrt der Kläger, daß die beklagte Partei von einem Ruhen der Pension gemäß § 60 GSVG ab 1.1.1988 absehe und die Pension in voller Höhe auszahle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Im Falle des Zusammentreffens eines Pensionsanspruches nach dem GSVG mit Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz nicht begründenden Erwerbstätigkeit komme es grundsätzlich zu einem von der Höhe des erzielten Erwerbseinkommens abhängigen teilweisen Ruhen der Pension.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung der Klage.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hatte gegen die hier anzuwendende Ruhensbestimmung des § 60 GSVG verfassungsmäßige Bedenken die ihn veranlaßten, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 3 B-VG den Antrag zu stellen, gemäß Art 140 Abs 4 B-VG zu entscheiden, daß § 60 GSVG in den mit Ablauf des 31.12.1989 außer Kraft getretenen Fassungen der 9., der 10. und der 15.GSVG-Nov verfassungswidrig war (Antrag vom 29.Mai 1990, 10 Ob S 50/90).

Diesem Antrag gab der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 14.Juni 1991, G 252, 253/89, G 129/90 ua, Folge. Er sprach aus, daß § 60 GSVG in den Fassungen der 3., 4., 5., 8., 9., 10., 15. und 17.GSVG-Novelle verfassungswidrig war. Die Bestimmung des § 60 GSVG in der hier in Geltung gestandenen Fassung sind gemäß Art 140 Abs 7 letzter Satz B-VG auf die Rechtssachen, die den Anlaß zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens gaben (Anlaßfälle), nicht mehr anzuwenden (vgl Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6 381 Rz 1170 mwN; VfSlg 3961, 4072, 8934 ua).

Damit ist aber die gesetzliche Grundlage für die im angefochtenen Bescheid wegen Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgesprochene Ruhendstellung von Teilen der dem Kläger unbestritten gebührenden Alterspension weggefallen.

In Stattgebung der Revision waren die Urteile der Vorinstanzen abzuändern, jedoch dem Klagebegehren eine präzisiere, dem § 367 Abs 2 ASVG ("Feststellung des Ruhens eines Leistungsanspruches") und auch dem § 65 Abs 2 ASGG entsprechende Fassung zu geben. Dabei war nicht am Wortlaut des Begehrens zu haften, sondern der Inhalt der Klage zu beachten, bei der es sich ihrem Wesen nach nicht um eine Leistungsklage, sondern um eine gegen die bescheidmäßige Feststellung des teilweisen Ruhens der Alterspension gerichtete Feststellungsklage handelt (ebenso 10 Ob S 7/91, 10 Ob S 8/91 ua).

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Bei der Kostenbemessung war allerdings, da die Rechtsstreitigkeit eine Feststellung auf eine wiederkehrende Leistung zum Gegenstand hat, von dem im § 77 Abs 2 ASGG genannten Betrag auszugehen. Wie der erkennende Senat an anderer Stelle (10 Ob S 169/91) ausführlich dargelegt hat, gebührt für eine Klage nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG kein doppelter Einheitssatz. Bei Anwendung dieser Grundsätze errechnen sich die aus dem Spruch ersichtlichen Kostenbeträge.

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