Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil (zur Gänze, hinsichtlich des Schuldspruchs gemäß dem § 289 StPO) sowie der Beschluß auf Absehen vom Widerruf der mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 16.Jänner 1990, GZ 7 E Vr 687/89-9, gewährten bedingten Strafnachsicht, verbunden mit der Anordnung der Verlängerung der Probezeit (§ 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO), werden aufgehoben; die Sache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Feber 1970 geborene Mario D***** des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 11.Dezember 1990 in Riedersbach den Günther K***** durch Versetzen von Faustschlägen am Körper leicht verletzt hat. Von der wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach den §§ 127, 131 StGB und des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB erhobenen Anklage wurde Mario D***** gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Mit gemäß dem § 494 a Abs. 4 StPO gemeinsam mit dem Urteil verkündeten und ausgefertigten Beschluß wurde vom Widerruf der mit Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 16. Jänner 1990, GZ 7 E Vr 687/89-9, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und unter einem die Probezeit verlängert.
Nach den wesentlichen Urteilsannahmen spielte der Angeklagte Mario D***** in der Nacht zum 11.Dezember 1990 in seiner Wohnung mit Günther K***** um Geld "Mensch ärgere Dich nicht". Gegen 2 Uhr früh legten beide den für das Abschlußspiel vereinbarten Einsatz von je 100 S auf den Tisch. Obwohl er das Spiel verloren hatte, nahm der Angeklagte die 200 S an sich, worauf eine zunächst wörtliche Auseinandersetzung mit Günther K***** entstand, die mit den zum Schuldspruch nach § 83 Abs. 1 StGB führenden Tätlichkeiten endete.
Den unter Anklage gestellten Vorwurf, der Angeklagte habe sich durch die vereinbarungswidrige Aneigung des Einsatzes des Günther K***** in Höhe von 100 S unrechtmäßig bereichert und die in Rede stehende Gewalt angewandt, um sich den weggenommenen Geldbetrag zu erhalten (§§ 127, 131 StGB) und seinen Spielpartner zur Abstandnahme von der Forderung auf Herausgabe des Geldes zu nötigen (§ 105 Abs. 1 StGB), erachteten die Tatrichter für nicht erweisbar.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der in Ansehung der behaupteten Begründungsmängel Berechtigung zukommt.
So finden, wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ins Treffen führt, die für die Nichtannahme eines Bereicherungsvorsatzes maßgeblichen Erwägungen der Tatrichter, dem Angeklagten sei zum Vorfallszeitpunkt eine aus der Finanzierung einer gemeinsamen Wien-Reise herstammende offene Forderung gegen den Zeugen zugestanden (Urteil Seite 10), selbst in den Angaben des Angeklagten keine Deckung:
Abgesehen davon, daß der Angeklagte eine Aneignung des fraglichen Geldbetrages überhaupt in Abrede stellte, wies er mehrfach darauf hin, daß er Günther K***** in Kenntnis der Mittellosigkeit seinerzeit nach Wien eingeladen habe (AS 42 f). Die damit nicht im Zusammenhang stehende Bemerkung, er bekäme "für normal noch S 2.500", bezog sich, wie auch der Hinweis auf ein Urteil des Bezirksgerichtes Wildshut klarstellt, unmißverständlich auf eine bereits länger zurückliegende, vom Erstgericht gar nicht erörterte Schadenersatzforderung (siehe dazu auch den Vorstrafakt AZ 7 E Vr 687/89 des KG Ried im Innkreis; insb. AS 9).
Im übrigen beruhen erhebliche Teile des Urteilssachverhaltes, wonach nämlich der Angeklagte als Spielverlierer den Einsatz von 200 S vereinbarungswidrig an sich nahm und es in unmittelbarer Folge zur inkriminierten Tätlichkeit kam, im wesentlichen allein auf den Angaben des diesbezüglich vom Erstgericht als glaubwürdig befundenen Zeugen K*****. Die damit in Widerspruch stehende Erwägung, angesichts "erheblicher Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen K*****" (US 11) könne nicht ausgeschlossen werden, daß er den Angeklagten zu Unrecht der unter Anklage gestellten Nötigung bezichtigt habe, bleibt im Sinn der Beschwerdeausführungen unbegründet. Im Urteil wird zwar (ganz allgemein) ausgeführt, daß und warum der (keinen glaubwürdigen Eindruck hinterlassende) Zeuge K***** das Gericht "nicht in vollem Umfang" überzeugen konnte, es fehlt aber jede Begründung dafür, weswegen gerade die - vom Angeklagten
bestrittenen - Angaben des Zeugen über den Spielhergang und die Wegnahme des Spieleinsatzes der Wahrheit entsprechen sollen, die weiteren Angaben jedoch nicht.
Da bereits diese aufgezeigten formalen Begründungsmängel eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz - und zwar wegen des engen sachlichen Zusammenhanges gemäß dem § 289 StPO auch zum unangefochtenen Schuldspruch nach dem § 83 Abs. 1 StGB - unumgänglich machen, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Im zweiten Rechtsgang wird - neben der Problematik der nachträglichen Verurteilung durch das Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 18.Dezember 1990, AZ 41 E Vr 1571/90 (§§ 31, 40 StGB) - zu beachten sein, daß der unter Anklage gestellte Sachverhalt den gemeinsamen Gewahrsam des Angeklagten und des Zeugen K***** am Spieleinsatz von 200 S indiziert, sodaß in Ansehung des Gesamtbetrages von 200 S das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach den §§ 127, 131 StGB in Betracht käme (siehe dazu SSt. 55/13; EvBl. 1991/12 ua).
Als Folge der Aufhebung war auch der mit dem Schuldspruch untrennbar verbundene Beschluß gemäß dem § 494 a StPO zu beheben.
Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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