OGH Okt7/91

OGHOkt7/919.9.1991

Der Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder KommRäte Dr. Bauer, Dkfm. Dr. Grünwald, Dr. Lettner, Dr. Reindl, Dr. Schwarz und Dr. Wolfsberger in der Kartellrechtssache des Antragstellers ÖSTERREICHISCHER ARBEITERKAMMERTAG, Wien 4., Prinz Eugen-Straße 20‑22, wider die Antragsgegnerinnen 1.) C*, 2.) L*, 3.) G*, 4.) P*, 5.) Z*, 6.) L*, 7.) R*, 8.) A*, und 9.) E*, alle vertreten durch DDr. Walter Barfuss, Rechtsanwalt in Wien, infolge Rekurses 1.) der BUNDESKAMMER DER GEWERBLICHEN WIRTSCHAFT, Wien 4., Wiedner Hauptstraße 63, und 2.) aller Antragsgegnerinnen gegen den Beschluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 26. März 1991, GZ 2 Kt 65/91-6, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:000OKT00007.91.0909.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Keinem der beiden Rekurse wird Folge gegeben.

Die von den Antragsgegnerinnen als Replik auf die Gegenäußerung des Antragstellers erstatteten Schriftsätze werden zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Österreichische Arbeiterkammertag stellte am 1. Februar 1991 den Antrag, "das Kartellgericht" möge die Antragsgegnerinnen auffordern, die "Einführung bzw. Erhöhung der Girokontengebühren als Wirkungskartell anzumelden". Er brachte vor, die Antragsgegnerinnen hätten vom 1. Jänner 1991 an Gebühren für die Führung von Girokonten in Höhe von vierteljährlich S 30,-- eingeführt bzw. derartige Gebühren auf diesen Betrag erhöht. Diese "einheitliche" Vorgangsweise könne nicht mit einer einheitlichen Kostenstruktur bei der Führung der Girokonten begründet werden. Hätten die Antragsgegnerinnen bei der Einführung bzw. Anhebung dieser Gebühren auf ihre Kostenstruktur Bedacht genommen, hätten sie solche Gebühren vielmehr zu verschiedenen Zeitpunkten bzw. in unterschiedlicher Höhe einführen oder erhöhen müssen. Deshalb müsse dieser einheitlichen Gebührengestaltung eine den Wettbewerb zwischen den Antragsgegnerinnen regelnde Absprache zugrundeliegen. Soweit es um die Einführung bzw. Erhöhung von Gebühren für die Führung von Girokonten gehe, unterlägen die Banken nicht der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen. Die Absprache sei § 10 KartG 1988 zu unterstellen und als Wirkungskartell zu beurteilen, weil "der Umfang des Aufsichtsrechtes, wie ihn das Bundesministerium für Finanzen nunmehr sieht, bisher nicht eindeutig" gewesen sei.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft sprach sich gegen diesen Antrag aus. Der vom Antragsteller ins Treffen geführte Sachverhalt unterliege mit Rücksicht auf die §§ 12 und 25 Abs. 2 KWG der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen. Werde im übrigen - wie vom Antragsteller - ein Absichtskartell behauptet, lägen die Voraussetzungen für das Einschreiten des Kartellgerichtes nach § 57 KartG 1988 gar nicht vor. Ein Absichtskartell könne auch nicht mit der Begründung, der Umfang der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen sei bisher unklar gewesen, in ein Wirkungskartell umgedeutet werden.

Der Österreichische Arbeiterkammertag beantragte in der Folge, sollte das Kartellgericht zur Ansicht gelangen, daß ein Wirkungskartell nicht vorliege, möge es die Antragsgegnerinnen auffordern, ein Verhaltenskartell anzumelden.

Der stellvertretende Vorsitzende des Kartellgerichtes forderte die Antragsgegner gemäß § 57 Abs 1 und 2 KartG 1988 auf, binnen einem Monat die Genehmigung "des im Antrag beschriebenen Sachverhaltes als Kartell zu beantragen". Er führte aus, es gelte zunächst zu prüfen, ob der vom Österreichischen Arbeiterkammertag in seinem Antrag beschriebene Sachverhalt der für die Banken im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 vorgesehenen Bereichsausnahme unterliege. Anders als § 36 KWG 1939, der die Beschränkungen des Wettbewerbs unter den Banken der Aufsicht des Bundesministeriums für Finanzen unterstellt habe, erwähne das geltende Kreditwesengesetz (BGBl. 63/1979) eine Reihe von Wettbewerbsbeschränkungen nicht einmal, sodaß angenommen werden müsse, daß sich die kreditwesenrechtliche Aufsicht nicht auf diese erstrecke. Schon zu § 5 Abs. 1 Z 4 KartG 1972 sei der Standpunkt vertreten worden, daß sich die darin vorgesehene Bereichsausnahme nicht auf die dort genannten Unternehmen, sondern auf deren Kartelle bezogen habe; dementsprechend unterlägen bloß Eck- und Habenzinsenabkommen (§ 20 KWG) sowie Wettbewerbsabkommen nach § 21 KWG der ministeriellen Aufsicht. Der Gesetzgeber des Kartellgesetzes 1988 habe an diese Auffassung angeknüpft, habe aber, um auch Verbandsempfehlungen und den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu erfassen, das Wort "Sachverhalte" verwendet und damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die Banken nicht wie andere Unternehmen von den kartellgesetzlichen Bestimmungen zur Gänze ausgenommen werden sollten. Ein der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen unterliegender Sachverhalt sei das im § 21 Abs. 9 KWG vorgesehene Wettbewerbsabkommen zwischen den Fachverbänden der Banken und der Österreichischen Postsparkasse, das zu seiner Gültigkeit der Bewilligung der Aufsichtsbehörde bedürfe. Regelungsinhalt dieses Wettbewerbsabkommens sei aber bloß die nähere Ausführung der wettbewerbsgesetzlichen Tatbestände. Als Regelung des Wettbewerbs seien aber nicht auch darüber hinausgehende Wettbewerbsbeschränkungen anzusehen, was sich schon aus der gesetzlichen Regelung der Eck- und Habenzinsenabkommen ergebe, die gleichfalls zu Wettbewerbsbeschränkungen führten. Ein Abkommen (bzw. eine Abstimmung) über die Gebühren für die Führung der Girokonten überschneide sich demnach mit dem im § 21 Abs. 9 KWG bestimmten Inhalt eines Wettbewerbsabkommens nicht. Gemäß § 25 KWG unterlägen die Banken der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen, der die Einhaltung des Kreditwesengesetzes und der anderen Rechtsvorschriften für die Banken zu überwachen habe. Das gelte gemäß § 12 KWG auch für das Haftkapital. Demnach könne sich auch die Frage stellen, ob sich die Banken bei bestimmten Dienstleistungen an den Selbstkosten orientieren müßten und sich ihre Preispolitik nach dem Verursacherprinzip zu richten habe. "In diesem Zusammenhang" unterstünden dann die von den einzelnen Banken in Rechnung gestellten Sollzinsen ebenso wie die Gebühren der ministeriellen Aufsicht. Davon zu unterscheiden sei hingegen der wettbewerbsrechtlich allein bedeutsame Sachverhalt, daß sich die Banken insoweit zu einheitlichem, mindestens aber abgestimmten Verhalten verstanden hätten. Für das Vorliegen eines wettbewerbsrechtlichen Sachverhaltes sei demnach fürs erste nicht die Frage bedeutsam, ob die Banken kostendeckende Gebühren in Rechnung stellten, sondern ob sie eine Absprache (bzw. Abstimmung) getroffen hätten, die zu gemeinsamem wettbewerbsbeschränkenden Vorgehen führe. Solche Absprachen (Abstimmungen) unterlägen, soweit keine besondere kreditwesenrechtliche Regelung wie etwa § 21 Abs. 9 KWG vorliege, nicht der ministeriellen Aufsicht. Auf den im Antrag beschriebenen Sachverhalt seien somit die kartellgesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.

Der Antragsteller strebe die kartellgerichtliche Wertung des mitgeteilten Sachverhaltes ohne Rücksicht darauf an, ob dieser als Wirkungs- oder Verhaltenskartell zu beurteilen sei. Das habe er durch seinen Hilfsantrag verdeutlicht. Als Wirkungskartell komme bloß eine Wettbewerbsbeschränkung in Betracht, die sich objektiv als nicht beabsichtigte Nebenwirkung einer anders motivierten Abrede darstelle. Nach dem Antragsvorbringen sei die Einführung bzw. Erhöhung der Kontenführungsgebühren aber gerade das Ziel der einheitlichen Vorgangsweise gewesen; ein Irrtum der Antragsgegnerinnen über die kartellgesetzliche Bereichsausnahme bewirke noch nicht, daß die angestrebte Wettbewerbsbeschränkung zur objektiv nicht beabsichtigten Nebenwirkung anders motivierten Verhaltens werde; fürs erste sei deshalb kein Wirkungskartell anzunehmen. Sei es dem Antragsteller nicht möglich, eine verbindliche Absprache zwischen den Antragsgegnerinnen und damit die verbotene, strafrechtlich sanktionierte Durchführung eines Kartells nachzuweisen, so könne deren gemeinsames Vorgehen zumindest als abgestimmtes Verhalten und damit als Verhaltenskartell im Sinne des § 11 Abs. 1 KartG 1988 beurteilt werden. Dem stehe auch nicht entgegen, daß möglicherweise doch ein Absichtskartell vorliege, weil § 11 KartG 1988 als Auffangstatbestand konzipiert sei, der es ermögliche, Wettbewerbsbeschränkungen auch dann noch aufzugreifen, wenn zwar in Wahrheit eine Abrede vorliege, diese aber nicht nachgewiesen werden könne. Da die aufeinander abgestimmte Erhöhung bzw. Einführung der Gebühren nach dem Antragsvorbringen bereits durchgeführt worden sei, müsse von einem Verhaltenskartell ausgegangen werden. Es bleibe den Antragsgegnerinnen jedoch vorbehalten, im Genehmigungsantrag auf einen Ausnahmetatbestand (etwa § 11 Abs. 2 KartG 1988) hinzuweisen oder einen solchen Antrag auch bloß vorsichtsweise zu stellen. Erst dann werde zu prüfen sein, ob ein Verhaltens- bzw. ein Wirkungskartell vorliege.

Die von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und den Antragsgegnerinnen gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurse sind zwar zulässig, weil ersterer das Rechtsmittelrecht schon als Amtspartei gemäß § 44 Abs. 1 KartG 1988 zusteht (ÖBl 1990, 234 ua) und letztere durch den bekämpften Beschluß in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt sind (WBl. 1990, 344 uva), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft erblickt in ihrem Rekurs in der vom stellvertretenden Vorsitzenden des Kartellgerichtes erlassenen Aufforderung, die Genehmigung des vom Antragsteller beschriebenen Sachverhaltes als "Kartell" zu beantragen, einen mit Nichtigkeit behafteten Verfahrensmangel, weil der Vorsitzende nicht auch angeordnet habe, ob die Genehmigung eines Wirkungs- oder eines Verhaltenskartells zu beantragen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß diese an die Antragsgegnerinnen ergangene Aufforderung mit dem Wortlaut des Gesetzes völlig übereinstimmt, weil nach § 57 Abs. 1 KartG 1988 die Mitglieder von Wirkungs- und Verhaltenskartellen, die kein Bagatellkartell sind, aufzufordern sind, binnen einem Monat beim Kartellgericht die Genehmigung des Kartells zu beantragen; mit diesem Wortlaut hat der stellvertretende Vorsitzende des Kartellgerichtes die Aufforderung an die Antragsgegner erlassen. Die behauptete Nichtigkeit liegt somit nicht vor.

Mit der Rechtsrüge wenden sich die Rekurswerberinnen ausschließlich gegen die vom stellvertretenden Vorsitzenden des Kartellgerichtes im bekämpften Beschluß vertretene Auffassung, der vom Antragsteller beschriebene Sachverhalt falle nicht unter die im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 umschriebene Bereichsausnahme; die beiden Rekurse können somit gemeinsam erledigt werden:

Die Rechtsmittelwerberinnen vertreten übereinstimmend den Standpunkt, die von den Antragsgegnerinnen vom 1. Jänner 1991 an vorgenommene Einführung bzw. Erhöhung der Gebühren für die Führung von Girokonten unterliege der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen, sodaß sie nicht verpflichtet seien, beim Kartellgericht die Genehmigung eines Kartells zu beantragen.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 sind die Abschnitte II bis IV des Kartellgesetzes 1988 vorbehaltlich § 7 KartG 1988 (Internationale Verträge) auf einen Sachverhalt, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen - unter anderem - über Banken unterliegt, nicht anzuwenden. Dabei fällt auf, daß die übrigen - in § 5 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 KartG 1988 umschriebenen - Tatbestände die dort genannten Wirtschaftszweige bzw. Unternehmen schlechthin von der Anwendung des Kartellgesetzes 1988 ausnehmen, wogegen die im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 erwähnten Unternehmen (also die Banken, die Bausparkassen und privaten Versicherungsunternehmungen sowie die Verkehrsunternehmen) aus dem Anwendungsbereich des Kartellgesetzes 1988 nur so weit ausscheiden, als es bei ihnen um Sachverhalte geht, die aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen der Aufsicht durch den ressortmäßig zuständigen Bundesminister unterliegen. Der Gesetzgeber hat diesem Ausnahmetatbestand somit unterstellt, daß - unter anderem - die Banken mit kartellrechtlich bedeutsamen Sachverhalten konfrontiert sein können, die teils der ministeriellen Aufsicht unterliegen, teils aber dieser Aufsicht nicht unterworfen sind; andernfalls hätte er wohl auch die im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 genannten Unternehmen vom Anwendungsbereich des Kartellgesetzes schlechthin ausnehmen müssen.

Dieses Ergebnis zeitigt im übrigen auch ein Rückblick auf das vorher in Geltung gestandene Kartellgesetz 1972, daß die im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 umschriebene Bereichsausnahme zwar gleichfalls vorsah, aber so faßte, daß es auf "Kartelle von Kreditunternehmungen ....., die der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen ..... unterstehen", nicht anzuwenden war (§ 5 Abs. 1 Z 4 KartG 1972). Wenngleich der in diesem Tatbestand gebrauchte Relativsatz - namentlich bei streng sprachlicher Auslegung - auch den dort genannten Unternehmen zugeordnet werden könnte (was einem kartellrechtlichen Anwendungsbereich allerdings keinen Raum gelassen hätte), ging man bei der Verfassung des Entwurfs des Kartellgesetzes 1988 doch davon aus, daß sich der Relativsatz auf das Wort "Kartelle" beziehe. Um auch Verbandsempfehlungen und den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu erfassen, habe man dafür allgemein das Wort "Sachverhalte" verwendet, sich aber überdies einer in bezug auf den Relativsatz eindeutigen Ausdrucksweise bedient (RV, 633 BlgNR, 17. GP , 26). Zutreffend hat das Erstgericht daraus unter Berufung auf Koppensteiner (Wettbewerbsrecht I2 82) geschlossen, daß (zumindest) das Kartellgesetz 1988 die in Rede stehende Bereichsausnahme unmißverständlich an die der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen unterworfenen Sachverhalte und nicht an die dieser Aufsicht unterliegenden Unternehmen anknüpft.

Die Rekurswerberinnen stützen ihre Auffassung, die vom Antragsteller ins Treffen geführte Vorkehrung der Antragsgegnerinnen sei vom Anwendungsbereich des Kartellgesetzes 1988 ausgenommen, auf die im § 25 KWG in Form einer Generalklausel dem Bundesminister für Finanzen übertragene Aufsicht über alle inländischen Kreditunternehmungen (und die Zweigniederlassungen ausländischer Kreditunternehmungen im Inland). Danach sei es allein Aufgabe der Bankenaufsicht, "das Einhalten der Vorschriften des KWG und aller anderen Rechtsvorschriften (also: auch des jeweiligen KartG) zu überwachen sowie Mißständen entgegenzutreten". Diese Ansicht ist schon deshalb unrichtig, weil die Bestimmung des § 25 Abs. 1 erster Satz KWG bei einer solchen Auslegung schlechthin alle wettbewerbsbeschränkenden - also alle kartellrechtlich bedeutsamen - Sachverhalte in die im § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 umschriebene Bereichsausnahme verwiese. Daß eine solche Deutung weder mit dem Wortlaut der soeben genannten Bestimmung noch mit der erklärten Absicht des Gesetzgebers in Einklang gebracht werden könnte, wurde schon weiter oben dargelegt. Im übrigen haben die Antragsgegnerinnen die Bestimmung des § 25 Abs. 2 KWG in ihrem Rekurs unvollständig zitiert: Danach hat der Bundesminister für Finanzen die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der anderen Rechtsvorschriften für Kreditunternehmungen zu überwachen und Mißständen entgegenzutreten. Die "anderen Rechtsvorschriften für Kreditunternehmungen" sind jedoch - sieht man von den in Vollziehung des Kreditwesengesetzes erlassenen oder noch zu erlassenden (Rechts‑)Verordnungen des Bundesministers für Finanzen ab - lediglich jene Rechtsvorschriften, die sich auf den Kompetenztatbestand des Geld-, Kredit- und Bankwesens in Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG gründen (Fremuth in Fremuth-Laurer-Pötzelberger, KWG § 25 Rz 3). Daß das Kartellgesetz 1988, das die Sicherung der Wettbewerbsfreiheit durch Reglementierung von Beschränkungen des Wettbewerbs unter wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmen zum Inhalt hat (vgl. §§ 10 ff KartG 1988), keine kreditwesenrechtliche Vorschrift ist und daher auch nicht zu den Rechtsvorschriften im Sinne des § 25 Abs. 2 KWG zählt, bedarf keiner weitwendigen Erörterungen (vgl. hiezu auch die Erwägungen in der RV, 473 BlgNR 13. GP , 25 f über die Kompetenz der Bundesgesetzgebung zur Erlassung von kartellrechtlichen Bestimmungen).

Auch aus der von den Rekurswerberinnen ins Treffen geführten Bestimmung des § 25 Abs. 1 zweiter Satz KWG, nach der der Bundesminister für Finanzen bei der Bankenaufsicht auf das - inhaltlich der vom § 23 Z 3 KartG 1988 als eine der Genehmigungsvoraussetzungen statuierten volkswirtschaftlichen Rechtfertigung des Kartells gewiß vergleichbare - volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kreditapparat Bedacht zu nehmen hat, ist für deren Standpunkt nichts zu gewinnen: Diese Bestimmung gibt bloß das generelle normative Ziel der Kreditwesenaufsicht vor; deren Inhalt ist hingegen der schon erörterten Bestimmung des § 25 Abs. 2 KWG zu entnehmen (Fremuth aaO Rz 1 bis 3) und vom Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner im § 25 Abs. 3 bis 6 KWG umschriebenen Befugnisse im Verwaltungsverfahren mittels Bescheides durchzusetzen (vgl. Fremuth aaO Rz 12 ff); für die Wahrnehmung der im Kartellgesetz vorgezeichneten Aufgabe bleibt danach kein Raum. Auf § 25 Abs. 1 und 2 KWG kann die von den Rekurswerberinnen behauptete Bereichsausnahme daher nicht mit Erfolg gestützt werden.

Die Antragsgegnerinnen rügen in ihrem Rekurs, der stellvertretende Vorsitzende des Kartellgerichtes spalte den hier zu beurteilenden Sachverhalt einerseits in dessen äußerlich erkennbares einheitliches bzw. (zumindest) abgestimmtes Verhalten und andererseits in dessen Inhalt auf und ziehe daraus zu Unrecht den Schluß, das (äußerlich) einheitliche Vorgehen unterliege deshalb nicht der Bankenaufsicht, weil es sich dabei nicht um eine spezielle Regelung wie jene des § 21 Abs. 9 KWG handle, wogegen es für diese Beurteilung auf dessen Inhalt nicht ankomme. Bei diesen Ausführungen verkennen sie jedoch das Wesen der erstinstanzlichen Darlegungen zu § 12 KWG: Da der Bundesminister für Finanzen die Einhaltung der Vorschriften des Kreditwesengesetzes zu überwachen und Mißständen entgegenzutreten hat, obliegt ihm gewiß auch die Überwachung der Einhaltung der kreditwesenrechtlichen Bestimmungen über das Haftkapital der Kreditunternehmungen (§ 12 KWG). Nun mag es zutreffen, daß die Banken angesichts ihrer Verpflichtung, im Interesse der Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit und der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten jederzeit über ein angemessenes Haftkapital zu verfügen (§ 12 Abs. 2 KWG), das Angebot an Dienstleistungen - vor allem auch das Entgelt hiefür - an den Kosten auszurichten haben und der Bundesminister für Finanzen als Aufsichtsbehörde darauf zu dringen hat, daß diese Gesichtspunkte auch stets beachtet werden. Dabei geht es aber - wie schon im erstinstanzlichen Beschluß erörtert wurde - stets nur um die individuelle, bloß an der eigenen Kostenstruktur des einzelnen Unternehmens orientierte Gestaltung der Preispolitik, die als solche kein kartellrechtlich bedeutsamer Sachverhalt ist, weil sie nicht die Beschränkung des Wettbewerbs unter den Kreditunternehmungen zum Ziel hat, sondern eine Vorkehrung, die - möglicherweise - sogar die eigene Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Die Absprache über das gemeinsame Vorgehen bzw. die Abstimmung dieses Vorgehens bei der Einführung bzw. Anhebung des Entgelts für bestimmte Dienstleistungen durch die Antragsgegnerinnen dient demgegenüber nicht etwa der Sicherung eines ausreichenden Haftkapitals, sondern der Einschränkung des Wettbewerbs um die an der Eröffnung bzw. der Führung von Girokonten interessierten Kunden. Daß solche auf die Einschränkung des Wettbewerbs abzielende Absprachen bzw. Abstimmungen kartellrechtlich relevante Sachverhalte sind, bedarf aber keiner weitergehenden Erörterung.

Wettbewerbsbeschränkende Sachverhalte unterliegen demnach - wie der stellvertretende Vorsitzende des Kartellgerichtes unter Berufung auf das Schrifttum (Koppensteiner, Habenzinsen- und Wettbewerbsabkommen, in Aktuelle Probleme zum Recht des Kreditwesens herausgegeben zum 75. Geburtstag von Hans Krasensky von Slaik/Fuchs/Schinnerer (1978), 134 ff; derselbe, Wettbewerbsrecht I2 82; Zehetner, Wettbewerbsbeschränkungen der Banken im Spannungsfeld von Kreditwesengesetz und Kartellgesetz, ÖBA 1982, 458 ff), zutreffend erkannt hat - der Aufsicht durch den Bundesminister für Finanzen nur so weit, als sie in den im § 25 Abs. 2 KWG zitierten Rechtsvorschriften geregelt sind. Als eine solche wettbewerbsbeschränkende Regelung käme aber lediglich das im § 21 Abs. 9 KWG vorgesehene Wettbewerbsabkommen in Betracht, das die Fachverbände der Banken namens ihrer Mitglieder - und nicht die Banken selbst - sowie die Österreichische Postsparkasse zur Regelung des Wettbewerbs und der Werbung abzuschließen haben und das zu seiner Gültigkeit einer Bewilligung der Aufsichtsbehörde nach den dort näher genannten Kriterien bedarf. Gegenstand der Regelungen im Wettbewerbsabkommen nach § 21 Abs. 9 KWG sind aber nicht etwa kartellrechtlich relevante Beschränkungen des Wettbewerbs unter den Banken, sondern ist bloß die nähere Ausführung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, insbesondere der in dessen § 1 verankerten Generalklausel (Koppensteiner, Habenzinsen- und Wettbewerbsabkommen, 146; Laurer in Fremuth-Laurer-Pötzelberger aaO § 21 Rz 4); diese Auffassung vertreten im übrigen auch die Antragsgegnerinnen in ihrem Rekurs. Da es nach dem Antragsvorbringen um die Absprache zwischen den Antragsgegnerinnen über Gebühren für Dienstleistungen (bzw. eine Abstimmung der gemeinsamen Vorkehrungen) geht, die zwar noch nach § 36 KWG 1939 ("Zins- und Provisionssätze") der ministeriellen Aufsicht unterlegen wären, nicht aber auch nach den Bestimmungen des geltenden Kreditwesengesetzes, das in seinem § 20 nur mehr Abkommen über Eck- und Habenzinsen gestattet, der Bankenaufsicht unterworfen sind, hat der stellvertretende Vorsitzende des Kartellgerichtes zu Recht das Vorliegen der Bereichsausnahme gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 KartG 1988 verneint und deshalb auf Antrag des Österreichischen Arbeiterkammertages als Amtspartei an die Antragsgegnerinnen die Aufforderung erlassen, beim Kartellgericht die Genehmigung eines Kartells zu beantragen.

Die weiteren Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluß, der vom Antragsteller beschriebene Sachverhalt sei als Verhaltenskartell im Sinn des § 11 KartG 1988 zu beurteilen, werden von den Rekurswerberinnen nicht bekämpft, begegnen aber auch sonst keinen rechtlichen Bedenken.

Den Rekursen ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die von den Antragsgegnerinnen auf die Gegenäußerung erstattete Replik ist als unzulässiger Schriftsatz zurückzuweisen, weil im kartellgesetzlichen Rechtsmittelverfahren zwar ein Rekurs den anderen Parteien zur Gegenäußerung binnen 14 Tagen zuzustellen ist (§ 53 Abs. 2 KartG 1988), eine weitere Äußerung des Rekurswerbers zu Gegenäußerungen anderer Parteien aber nicht vorgesehen und deshalb unzulässig ist.

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