OGH 7Ob18/91

OGH7Ob18/914.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max K*****, vertreten durch Dr.Karl Hepperger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei VJV Volksfürsorge-Jupiter, Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft, Wien 1., Stubenbastei 2, vertreten durch Dr.Paul Flach, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 774.000 sA (Revisionsstreitwert S 773.000 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15.März 1991, GZ 4 R 330/90-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.Juni 1990, GZ 41 Cg 230/88-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es insgesamt zu lauten hat:

Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 774.000 samt 9,75 % seit 5.1.1986 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 231.425,30 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 32.737,55 Umsatzsteuer und S 35.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat mit der beklagten Partei eine Unfallversicherung abgeschlossen, der die Allgemeinen Bedingung für die Unfallversicherung (AUVB 1965) zugrundeliegen. Nach dessen Art 8 ist bei dauernder Invalidität aus der hiefür versicherten Summe die dem Grade der Invalidität entsprechende Versicherungsleistung zu erbringen. Taggeld wird im Falle einer dauernden oder vorübergehenden Invalidität, im Rahmen des hiefür versicherten Betrages, abgestuft nach dem Grade der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten in seinem angegebenen Beruf für die Dauer der ärztlichen Heilbehandlung mit der Maßgabe bezahlt, daß die Taggeldzahlungen spätestens mit dem auf den Unfalltag folgenden 365.Tag enden.

Am 27.6.1985 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall. Er begehrt die Versicherungsleistung, und zwar S 600.000 für dauernde Invalidität und S 174.000 an Taggeld.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 773.000 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 1.000 sA ab.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes stellte der Kläger am 15.12.1983 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter den Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension, weil er am 10.11.1982 bei einem Verkehrsunfall Hals- und Brustwirbelbrüche erlitten und danach Kopfschmerzen hatte. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 1.7.1984 wurde dem Kläger eine Invaliditätspension zuerkannt. Den Bescheid hat der Kläger Anfang Juli 1984 erhalten. Den Antrag auf Abschluß einer Unfallversicherung mit der beklagten Partei stellte er am 10.6.1984. Zur Ausfüllung des von der beklagten Partei stammenden Antragsformblattes bediente er sich des Robert S*****. Dieser war Versicherungsvertreter der Bundesländer Versicherung, mit der der Abschluß einer Unfallversicherung gescheitert war, weil diese die Höhe der vom Kläger angestrebten Versicherungsleistungen nicht akzeptierte. Robert S***** füllte das Formblatt nach den Angaben des Klägers aus. Auf der Vorderseite trug er in der Rubrik "Beschäftigt bei" "selbständig-Gastwirt und Koch" ein. Auf der Rückseite - Fragen an die zu versichernde Person - trug er bei der Frage nach dem Beruf "Gastwirt" und bei der Frage nach einem Vorunfall oder einer schweren Verletzung "Wirbelverletzung 1982 - keine bleibende Invalidität" ein. Nicht festgestellt werden konnte, von wem der Beisatz bei der Angabe der Wirbelverletzung "bei Fußballspiel" gemacht wurde. Diese Eintragung erfolgte jedenfalls nicht in Anwesenheit des Klägers. Nachdem der Kläger den Antrag unterfertigt hatte, übergab ihn Robert S***** dem Versicherungsmakler Klaus P*****, der ihn an die beklagte Partei weiterleitete. Die Polizee wurde am 7.8.1984 ausgefertigt.

Der Unfall vom 27.6.1985 ereignete sich gegen 1 Uhr. Der Kläger fuhr mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h in einer Rechtskurve, mußte wegen eines auf die Fahrbahn laufenden Hirsches stark abbremsen, geriet auf der nassen Fahrbahn ins Schleudern und kam auf die Gegenfahrbahn, wo er mit einem entgegenkommenden PKW zusammenstieß. Der Kläger erlitt bei dem Unfall einen Riß des inneren Knieseitenbandes rechts. In seiner Schadensanzeige an die beklagte Partei bezeichnete er sich als Koch. Auf der Rückseite der Schadensmeldung befindet sich eine Bestätigung des Oberarztes der Unversitätsklinik für Unfallchirurgie Innsbruck Dr.O*****. Danach wurde die Verletzung unzweifelhaft und ausschließlich durch den Unfall verursacht; es haben keine Umstände mitgewirkt, die zur Verschlechterung der Unfallsfolgen beigetragen haben; der Verletzte war vor dem Unfall weder invalid, verstümmelt, geistig gebrechlich oder mit einer Krankheit behaftet. Am 5.5.1986 erstattete Dr.O***** für die beklagte Partei ein unfallchirurgisches Gutachten, das der beklagten Partei am 9.5.1986 zuging. In diesem führt Dr.O***** als Nebenbefund an, daß der Kläger mit 13 Jahren beim Schifahren einen beidseitigen Unterschenkelbruch und vor 8 Jahren einen Unterkiefer- und Oberkieferbruch erlitten hat; vor 4 Jahren hat der Kläger bei einem Autounfall Wirbelbrüche erlitten. Am 6.6.1986 richtete die beklagte Partei an den Kläger einen eingeschriebenen Brief mit folgendem wesentlichen Inhalt: "Aus den uns bisher vorliegenden Unterlagen ist ersichtlich, daß bei Abschluß der Versicherung bekannte Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich waren, nicht angegeben wurden. Bei Antragstellung wurde schriftlich nach diesen Gefahrenumständen gefragt. In Entsprechung des § 16/1 und 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (Verletzung der Anzeigepflicht) treten wir daher vom gegenständlichen Vertrag zurück. Der Versand dieses Schreibens erfolgt aus formalrechtlichen Gründen gemäß § 20/1 des Versicherungsvertragsgesetzes innerhalb offener Frist. Zur restlichen Klärung dieses Versicherungsfalles haben wir noch weitere Erhebungen eingeleitet. Bei dieser Gelegenheit ersuchen wir Sie, die beiliegende Einverständniserklärung zu unterfertigen und an uns zu retounieren. Nach Eingang der von uns verlangten ergänzenden Berichte, sowie Ihrer Einverständniserklärung werden wir Ihnen unverzüglich unsere abschließende Stellungnahme bekanntgeben.". Zwischenzeitig hatte die beklagte Partei die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter mit Schreiben vom 22.5.1986 um Übermittlung von ärztlichen Gutachten bzw des Bescheides ersucht, da der Kläger angeblich eine Pension beziehe. Die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter lehnte unter Berufung auf das Datenschutzgesetz die Übersendung der gewünschten Unterlagen ab.

Dem Kläger wurde bis April 1987 die monatliche Prämie von S 1.061,30 weiter vorgeschrieben. Der Kläger bezahlte die Prämie. Mit Schreiben vom 13.11.1987 teilte die beklagte Partei dem rechtsfreundlichen Vertreter des Klägers mit, daß durch einen technischen Mangel die durch den Rücktritt notwendige Stornierung des Vertrages nicht durchgeführt worden sei. Die beklagte Partei werde die Stornierung vornehmen und die zuviel bezahlte Prämie zurückerstatten. Der Kläger habe auch Ober- und Unterkieferbrüche erlitten, die im Antrag nicht angegeben worden seien. Die Erhebungen seien noch nicht abgeschlossen. Die beklagte Partei habe keine Möglichkeit, den Taggeldanspruch zu prüfen, da noch nicht feststehe, inwieweit der Kläger überhaupt eine Taggeldversicherung habe abschließen können (Taggeld sei für Pensionisten, Hausfrauen usw nicht versicherbar). Nachweise dafür, daß der Kläger seit Vertragsbeginn tatsächlich einen Beruf ausgeübt habe, stünden noch aus. Laut Auskunft der Tiroler Gebietskrankenkasse sei der Kläger seit Anfang 1984 Pensionist. Der Kläger antwortete auf dieses Schreiben, daß der Rücktritt nicht zur Kenntnis genommen werde. Die von der beklagten Partei zurückbezahlten Prämien wurden vom Kläger nicht angenommen.

Zwischenzeitig hatte der Kläger gegen die Zürich Kosmos Versicherungs-Aktiengesellschaft auf Grund des Unfalls vom 27.6.1985 eine Klage auf Versicherungsleistungen in Höhe von S 556.500 aus einer mit dieser am 13.11.1984 abgeschlossenen Familienunfallversicherung erhoben. Er obsiegte in jenem Verfahren. Das Urteil des Erstgerichtes wurde vom Klagevertreter der beklagten Partei am 25.11.1987 mitgeteilt. Am 11.12.1987 richtete die beklagte Partei an den Klagevertreter ein Schreiben mit folgendem wesentlichen Inhalt: "Aus dem Urteil haben wir auch erstmals davon Kenntnis erhalten, daß der Versicherungsnehmer....zum Zeitpunkt der Antragstellung....Pensionist war und eine Invaliditätspension bezog. Auch diese Tatsache wurde uns bei der Antragstellung verschwiegen, trotzdem im Antrag ausdrücklich und schriftlich danach gefragt wurde. Es liegt daher auch in diesem Zusammenhang eindeutig Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 16 VersVG vor. Wir treten daher auch aus diesen Gründen gemäß § 16 Abs 1 und 2 VersVG vom Vertrag zurück und fechten den Vertrag gleichzeitig wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VersVG an.".

Nach der Ansicht des Erstgerichtes könne dem Kläger der Umstand, daß er sich im Versicherungsantrag als selbständiger Gastwirt und Koch bezeichnet habe, nicht als schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht angelastet werden. Zum Zeitpunkt der Stellung des Versicherungsantrages sei über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer vorübergehenden Invaliditätspension noch nicht entschieden gewesen. Der Kläger habe sich noch im Krankenstand befunden und sei daher berechtigt gewesen, diese Berufsbezeichnung anzugeben. Im übrigen sei die Kündigung vom 6.6.1986 nicht rechtswirksam, weil dort nicht erklärt worden sei, worin die angebliche Verletzung der Anzeigepflicht seitens des Klägers bestanden habe. Daraus folge, daß die beklagte Partei auch nicht rechtzeitig im Sinne des § 20 VersVG gekündigt habe. Aber selbst bei Annahme einer rechtzeitigen und wirksamen Kündigung sei davon auszugehen, daß eine Verletzung der Anzeigepflicht durch den Kläger keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles und auf den Umfang der Leistungen des Versicherers gehabt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das nur in seinem stattgebenden Teil angefochtene Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist. Auch nach der Auffassung des Berufungsgerichtes liege in dem Schreiben der beklagten Partei vom 6.6.1986 kein wirksamer Vertragsrücktritt. Eine Rücktrittserklärung müsse eindeutig erkennen lassen, daß der Vertrag aufgehoben werde. Diesem Erfordernis entspreche das genannte Schreiben nicht, weil es darin heiße, daß der Versand des Schreibens aus formalrechtlichen Gründen...innerhalb offener Frist erfolge, daß noch eine restliche Klärung eingeleitet worden sei und daß eine abschließende Stellungnahme erst bekanntgegeben werde. Wenn dann in der Folge durch fast ein Jahr von der beklagten Partei Prämien vorgeschrieben und angenommen worden seien, habe der Kläger dies dahin verstehen dürfen, daß der Vertrag doch fortgesetzt werde. Die beklagte Partei habe aber wegen des ihr erst später zur Kenntnis gelangten Umstandes, daß der Kläger eine Invaliditätspension beziehe, mit Schreiben vom 11.12.1987 wirksam den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Der Umstand, daß der Kläger Invaliditätspensionist gewesen und keinem Erwerb nachgegangen sei, sei aber nicht für den Umfang der Leistungen der beklagten Partei, sondern nur für die Frage kausal gewesen, ob der Vertrag so abgeschlossen worden wäre, wie er tatsächlich abgeschlossen worden sei. Bei Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung treffe den Versicherer die Beweislast für Täuschung, Arglist und Kausalität. Voraussetzung einer erfolgreichen Anfechtung sei, daß das Verhalten des Täuschenden und damit der Irrtum des Gegners für den Vertragsabschluß kausal gewesen sei. Diesen Kausalitätsbeweis habe die beklagte Partei nicht erbracht. Im übrigen lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß der Kläger arglistig vorgegangen sei.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluß des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluß ausüben können. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich. Für die Übernahme der Gefahr erheblich sind nicht nur Gefahrumstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles dem Grunde nach beeinflussen können, sondern auch Umstände, die nur für Art und Umfang der Leistung bedeutsam sind (Ehrenzweig, Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht 79; Bruck-Möller VVG8 I 319). In der Unfallversicherung ist daher nicht nur die Ausübung eines gefährlichen Berufes anzuzeigen (Schauer, Einführung in das österreichische Versicherungsvertragsrecht2 68), sondern im Hinblick auf die Leistung eines Taggeldes, das sich nach der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Versicherungsnehmers in dem angegebenen Beruf richtet, auch die Tatsache, ob der Versicherungsnehmer den Beruf noch ausübt oder bereits Pensionist ist. Die Eignung der Verschweigung des letztgenannten Umstandes auf den Entschluß des Unfallversicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluß auszuüben, kann nicht zweifelhaft sein. Die objektive Eignung genügt, es ist nicht erforderlich, daß der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte (RZ 1984/19; VersRdSch 1988, 201). Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist "bei Schließung des Vertrags" zu erfüllen, dh vom Beginn der Vertragsverhandlungen bis zum formellen Versicherungsbeginn, d i der Zugang der Annahme des Antrags. Infolgedessen muß der Versicherungsnehmer auch alle gefahrerheblichen Umstände anzeigen, von denen er erst nach Antragstellung Kenntnis erlangt oder die erst nach diesem Zeitpunkt eintreten (Bruck-Möller aaO 318). Im vorliegenden Fall erfolgte die Annahme des Antrags des Klägers durch Zusendung der am 7.8.1984 ausgefertigten Polizze und somit erst zu einem Zeitpunkt, als der Kläger den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter über die Zuerkennung einer Invaliditätspension längst erhalten hatte. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend die Nichtanzeige des Übertritts des Klägers in den Pensionistenstand als Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht beurteilt. Steht die Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht fest, obliegt die Beweislast für mangelndes Verschulden dem Versicherungsnehmer (RZ 1984/19; 7 Ob 44/80 ua). Diesen Beweis hat der Kläger nicht einmal angetreten.

Unerörtert bleiben kann, ob das Schreiben der beklagten Partei vom 6.6.1986 bereits einen wirksamen Vertragsrücktritt beinhaltet und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang der weiteren Prämienannahme durch die beklagte Partei zukommt. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß die beklagte Partei infolge Hervorkommens des Pensionistenstandes des Klägers neuerlich den Rücktritt vom Vertrag erklären konnte. Es begann hiefür auch neuerlich die Monatsfrist des § 20 VersVG ab dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Versicherer sichere Kunde sowohl von der Nichtanzeige des gefahrerheblichen Umstands als auch davon hatte, daß dieser bereits bei Abschluß des Versicherungsvertrages gegeben war (Prölss-Martin VVG24, 168). Eine sichere Kenntnis der beklagten Partei bereits früher als einen Monat vor der Rücktrittserklärung vom 11.12.1987 hat der hiefür beweispflichtige Kläger (Prölss-Martin aaO 178) nicht einmal behauptet. Die Rücktrittserklärung der beklagten Partei vom 11.12.1987 ist daher als wirksam anzusehen. Trotz Rücktritts des Versicherers nach Eintritt des Versicherungsfalls bleibt nach § 21 VersVG seine Verpflichtung zur Leistung bestehen, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt wurde, keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Richtig ist, daß die hier angesprochene Kausalität (bei der ersten Alternative) zwischen dem verschwiegenen oder falsch angezeigten Umstand und dem Eintritt des Versicherungsfalls und nicht zwischen dem Verschweigen oder der Falschanzeige und dem Vertragsabschluß bestehen muß. Im Hinblick auf den Umfang der Leistung darf aber auch zwischen dem nicht oder falsch angezeigten Umstand und dem Schaden keinerlei Kausalzusammenhang gegeben sein (Prölss-Martin aaO 179 f mwN). Die Frage des Kausalzusammenhanges ist nach der Lehre von der adäquaten Verursachung zu beurteilen (Bruck-Möller aaO 351). Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der hier nicht angezeigte Umstand nur für den Vertragsabschluß kausal gewesen sei, kann nicht geteilt werden. Die Leistung des Versicherers aus der abgeschlossenen Versicherung umfaßte auch ein Taggeld und dem Kläger wurde von der beklagten Partei darauf, wie er selbst in der Klage zugesteht, eine Akontozahlung geleistet. Es handelt sich hiebei um eine geradezu typische Auswirkung des nicht angezeigten Umstands auf den Leistungsumfang. Liegt im Einzelfall ein Einfluß vor, kommt es auch auf dessen Tragweite nicht mehr an (Bruck-Möller aaO 353).

Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte