OGH 16Os41/91 (16Os42/91)

OGH16Os41/91 (16Os42/91)30.8.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.August 1991 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf E***** wegen des - zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) begangenen - Verbrechens nach § 12 Abs. 1 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs. 2 erster und dritter Fall SGG sowie einer anderen strafbaren Handlung (1.) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie

(2.) über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft (zu 1.) gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19. April 1991, GZ 34 b Vr 2231/90-44, und (zu 2.) gegen den in derselben Hauptverhandlung gefaßten Beschluß gemäß § 494 a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden

A. das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut den Pkten 1.1.1 bis 1.1.5, im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) und im Ausspruch über den Verfall von 6,25 Gramm Kokain sowie

B. demzufolge auch der bekämpfte Beschluß

aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen. Darauf werden der Angeklagte mit seiner Berufung und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Rudolf E***** des - zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB)

begangenen - Verbrechens nach § 12 Abs. 1 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs. 2 erster und dritter Fall SGG (Pkte 1.1.1 bis 1.1.5) sowie des Vergehens nach § 16 Abs. 1 vierter und fünfter Fall SGG (Pkt 1.2) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der inhaltlich nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechenstatbestands erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt aus dem zuletzt bezeichneten Grund deshalb Berechtigung zu, weil das Urteil insoweit jegliche Feststellung über den Reinheitsgrad des tatgegenständlichen Kokains, dessen Kenntnis zur Beurteilung der Gefährdungseignung der hier aktuellen Suchtgiftmengen iS § 12 Abs. 1 SGG erforderlich ist (vgl NRSp 1991/114), gleichwie zur subjektiven Tatseite vermissen läßt.

In diesem Umfang war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch (unter Pkt A.) zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedarf.

Im zweiten Verfahrensgang wird demgemäß zu konstatieren sein, auf welche Mengen Reinsubstanz des genannten Suchtgifts sich die inkriminierten Tathandlungen des Beschwerdeführers sowie dessen Vorsatz jeweils erstreckten, wobei es in Fällen einer sukzessiven Tatbegehung mit Beziehung auf mehrere Suchtgift-Teilmengen, deren Addition eine "große" Menge iS § 12 Abs. 1 (zweiter Satz) SGG ergibt, zur Verwirklichung dieses Tatbestands hinsichtlich der einzelnen kumulativen Begehungsarten (Erzeugung, Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrsetzen) genügt, daß der zumindest bedingte Tätervorsatz von Anfang an darauf gerichtet war, im Weg einer (allenfalls mehrfachen) Tatwiederholung schrittweise eine solche Suchtgift-Gesamtmenge zu erfassen, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (vgl hiezu - mit Beziehung auf § 12 Abs. 3 Z 3 SGG - JUS-Str 1991/653).

Da dem gemeinsam mit dem Urteil verkündeten und ausgefertigten Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 und Abs. 7 StPO durch die teilweise Urteilsaufhebung, vor allem im Strafausspruch, der Boden entzogen wurde, war er (unter Pkt B.) in die kassatorische Entscheidung miteinzubeziehen.

Auf letztere waren der Angeklagte mit seiner Berufung gleichwie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde, derentwegen für eine sinngemäße Anwendung des Verschlimmerungsverbots (§§ 293 Abs. 3, 290 Abs. 2 StPO) bei der neuerlichen Beschlußfassung kein Raum sein wird, zu verweisen.

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