Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 31.219,20 (darin S 5.203,20 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei stellt mit der am 20.10.1989 überreichten Klage das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, das durch den Betrieb der Öltanklager kontaminierte Erdreich unter der Gegenstand des Mietvertrages vom 19.11.1969 bildenden Bestandfläche auszuheben, ordnungsgemäß zu entsorgen und durch einwandfreies Erdreich zu ersetzen. Die klagende Partei habe der beklagten Partei mit Vertrag vom 19.11.1969 Räumlichkeiten und Grundflächen zum Betrieb von Öltanklagern vermietet. Der Vertrag sei im März 1987 einvernehmlich aufgelöst worden. Die klagende Partei habe gegenüber der neuen Mieterin der Bestandfläche die Haftung übernommen, daß das Erdreich des Bestandobjektes nicht kontaminiert sei. Bei Durchführung von Bauarbeiten dieser Mieterin habe sich jedoch eine erhebliche Kontaminierung des Erdreichs durch Erdölprodukte ergeben. Nach den Bestimmungen des Mietvertrages hafte die beklagte Partei für alle Schäden, die infolge der Ausübung des Geschäftsbetriebes durch sie oder ihre Leute verursacht werden. Bei der Kontaminierung des Erdreiches handle es sich um einen versteckten Mangel, der erst im Zuge der genannten Bauarbeiten offen zutage getreten sei. Da eine Verletzung des Bestandvertrages vorliege, unterliege der Schaden der Verjährungsbestimmung des § 1489 ABGB. Aber auch die Präklusivfrist des § 1111 ABGB - sollte diese Bestimmung anzuwenden sein - sei noch nicht abgelaufen, weil auch diese Frist mit der Kenntnisnahme der Schäden und damit erst im August 1989 zu laufen begonnen habe.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Ein allfälliger Anspruch der klagenden Partei sei infolge Verstreichens der Frist des § 1111 ABGB, die mit der Rückstellung des Bestandgegenstandes zu laufen beginne, erloschen. Darüber hinaus habe die klagende Partei bereits bei der Rückstellung des Bestandgegenstandes von den Kontaminierungen Kenntnis gehabt, jedenfalls aber durch ein Gutachten *****, das ihr im August 1988 vorgelegen gewesen sei.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß der klagenden Partei im August 1988 ein Gutachten ***** vorgelegen sei, wonach Untersuchungen der gegenständlichen Liegenschaft teilweise nennenswerte Verunreinigungen der Bodenproben mit Mineralöl-Kohlenwasserstoffen ergeben hat. In seiner rechtlichen Beurteilung kam das Erstgericht zum Ergebnis, die Jahresfrist des § 1111 ABGB sei eine Präklusivfrist, die mit der Rückstellung des Bestandgegenstandes zu laufen beginne. Würden Grundflächen und Gebäude für den Betrieb eines Erdöltanklagers vermietet, seien auch Schäden am Erdreich unterhalb der Erdoberfläche Schäden am Bestandobjekt iS des § 1111 ABGB. Die Ansprüche der klagenden Partei seien auch erloschen, wenn man die Ansicht vertreten wollte, die Frist des § 1111 ABGB beginne erst mit Kenntnis der Schäden; denn das Gutachten ***** sei der klagenden Partei bereits im August 1988 und damit mehr als ein Jahr vor Einbringung der Klage bekannt gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Erstgericht sei zutreffend und entspreche der Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Die Behauptung, die beklagte Partei habe die klagende Partei über den Zustand der Bestandflächen arglistig getäuscht, verstoße ebenso gegen das Neuerungsverbot wie das weitere Vorbringen in der Berufungsschrift, die klagende Partei verstoße mit der Berufung auf den Ablauf der Präklusivfrist gegen Treu und Glauben und der Versuch, den Anspruch auf § 26 Wassergesetz zu gründen.
Die ao. Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wird das Miet- oder Pachtstück beschädigt oder durch Mißbrauch abgenützt, so haften gemäß § 1111 ABGB Mieter und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers Verschulden. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen einem Jahr nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.
Die in dieser Bestimmung genannte Jahresfrist wird nach der neueren Rechtsprechung und überwiegenden Lehre als von Amts wegen wahrzunehmende Ausschlußfrist angesehen (SZ 61/146; Würth in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 1111). Sie gilt auch für Ersatzansprüche aus vertraglich übernommener Zufallshaftung und beginnt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1111 ABGB mit der Rückstellung der Bestandsache (Würth aaO mwH). Zwar wendet der Oberste Gerichtshof einzelne Verjährungsvorschriften - wie etwa die §§ 1483 und 1497 ABGB - auch auf Fallfristen, auch jene des § 1111 ABGB, an (SZ 61/146, SZ 58/180). Doch findet die Anwendung von Verjährungsregeln dort ihre Grenze, wo dem der Zweck der Regelung entgegensteht. Der Zweck der Vorschrift des § 1111 ABGB liegt darin, die Ansprüche des Bestandgebers nach Rückstellung der Bestandsache möglichst rasch einer Klärung zuzuführen (SZ 58/180). Dieser Zweck verbietet es, § 1489 ABGB auf den Fristbeginn schlechthin anzuwenden. Der Bestandgeber wird dem Gesetzeszweck, offene Schadenersatzforderungen gegen den Bestandnehmer ehestens abzuklären, nur gerecht, wenn er nach Rückstellung der Bestandsache ehestens überprüft, ob Beschädigungen oder mißbräuchliche Abnutzungen vorliegen. Daß bei einer Vermietung von Grundflächen zum Betrieb unterirdischer Öltanklager nicht nur die Erdoberfläche, sondern auch das darunterliegende Erdreich Bestandgegenstand und damit der Gefahr einer Verunreinigung ausgesetzt war, bedarf keiner näheren Begründung; denn ohne Bestandgabe auch des Erdreiches wäre es der beklagten Partei nicht möglich gewesen, Öltanks zu errichten. Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Schade für die klagende Partei nicht vorhersehbar gewesen wäre.
Selbst dann aber, wenn man den Lauf der Frist entgegen dem Wortlaut des § 1111 ABGB auf die Kenntnis des Schadens abstellen wollte, wäre für die klagende Partei nichts gewonnen; denn sie hat vom Schaden im August 1988 Kenntnis erlangt, die Klage aber erst im Oktober 1989 eingebracht.
Die Behauptungen, die Berufung der beklagten Partei auf den Ablauf der Präklusivfrist verstoße gegen Treu und Glauben, und die beklagte Partei habe die klagende Partei arglistig über den wahren Zustand der Bestandflächen getäuscht, verstoßen - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat - gegen das im Rechtsmittelverfahren herrschende Neuerungsverbot; auf den Ablauf der Präklusivfrist war darüber hinaus, wie schon ausgeführt wurde, von Amts wegen Bedacht zu nehmen.
Der erkennende Senat hat auch bei der hier vorgenommenen Auslegung des § 1111 ABGB keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung. Ein objektiv nicht erkennbarer Schaden, der der Natur der Sache gemäß erst nach Ablauf der Frist zutage treten konnte, lag nicht vor.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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