OGH 15Os82/91

OGH15Os82/9122.8.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.August 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Markel und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Lilia M***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 20. März 1991, GZ 35 Vr 3405/90-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde die kolumbianische Staatsangehörige Lilia M***** (I) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, (II) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB und (III) des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat sie am 20.Dezember 1990 in Innsbruck

(zu I) den bestehenden Vorschriften zuwider eine übergroße Menge Suchtgift, nämlich 4.132 Gramm Kokain, von Kolumbien über Venezuela und die Schweiz nach Österreich eingeführt, wobei die eingeführte Menge mehr als das Fünfundzwanzigfache der in § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge betrug,

(zu II) eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, nämlich den verfälschten, auf den Namen Ana Mercedes S***** R***** ausgestellten spanischen Reisepaß mit der Nummer J ***** im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich einer falschen Identität, anläßlich der Paßkontrolle am Flughafen gebraucht, und

(zu III) durch die unter I geschilderte Handlung versucht,

4.132 Gramm Kokain ausländischer Herkunft im Schätzwert von 8,264.000 S, auf welches Eingangsabgaben in der Höhe von 2,173.432 S entfallen, unter Verletzung ihrer aus §§ 48 und 172 ZollG resultierenden Stellungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen und heimlich nach Österreich zu bringen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Das Schöffengericht begründete die Urteilsfeststellung (US 6), daß die Angeklagte darum wußte, in den beiden von ihr mitgeführten Reisetaschen Kokain zu transportieren, sich im klaren war, daß es sich um eine große Menge handle, und damit rechnete, daß es mindestens das Fünfundzwangzigfache der großen Menge gemäß § 12 Abs. 1 SGG sei, wobei sie sich mit alldem abfand, mit der Benützung eines verfälschten Reisepasses, der Reiseroute, dem (für ihre sonstigen Lebensverhältnisse) außergewöhnlich hohen mitgeführten Geldbetrag und der Unbestimmtheit ihres Reiseziels (US 7). Diese Schlußfolgerung des Schöffengerichtes widerspricht - entgegen den Beschwerdeausführungen - keineswegs den Denkgesetzen; daß auch andere, für die Angeklagte günstigere Schlußfolgerungen denkbar sind und sich das Gericht für die ungünstigeren entschied, vermag den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht herzustellen (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 147, 148, 149 zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Den Ausspruch, wonach der Angeklagten die Eignung des von ihr transportierten Suchtgiftes, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, bekannt war (US 6), leitete das Schöffengericht aus ihrer Tätigkeit als Drogenkurier aus Kolumbien ab, wo - wie auch sonst in der Welt - das Drogenproblem im Zusammenhang mit großen Drogenkartellen lebhaftest diskutiert wird (US 6 f). Soweit die Beschwerdeführerin dagegen mit dem Vorbringen ankämpft, der Stellenwert der Droge in Kolumbien sei im Gegensatz zu sogenannten Verbraucherländern ein völlig anderer, und daran die Vermutung knüpft, es werde in Kolumbien das Bewußtsein, was große Mengen seien und welche gesundheitsgefährdende Wirkung sie haben, ein anderes sein, zeigt sie erneut keine dem erstgerichtlichen Urteil anhaftenden formalen Begründungsmängel auf und übergeht außerdem, daß sie selbst Kokain als "sehr böse" Droge einstuft (S 142) und einräumen mußte, daß ihr die vorerst - vor Beipackung unverdächtigen Inhaltes - "leeren" Koffer (wegen des bereits gleichsam fabrikmäßig eingearbeiteten Suchtgiftes) schwer vorkamen (S 141), worauf das Schöffengericht zur Begründung des bekämpften Ausspruchs ebenfalls denkrichtig Bezug nahm (US 7, 8).

In der Strafzumessungsrüge (Z 11) begehrt die Beschwerdeführerin die zusätzliche Berücksichtigung der Einwirkung Dritter, denen gegenüber sie in einem gravierenden Abhängigkeitsverhältnis gestanden sei, und einer drückenden Notlage als mildernde Umstände.

Damit behauptet sie lediglich, das Erstgericht habe bestimmte Milderungsgründe nicht berücksichtigt und bringt demnach nur Berufungsgründe, nicht aber den angerufenen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung, weil sie damit weder eine unrichtige rechtliche Beurteilung festgestellter Strafzumessungstatsachen, noch einen Verstoß gegen allgemeine Strafbemessungsgrundsätze darzutun vermag (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 7 zu § 281 Abs. 1 Z 11).

Aus den angeführten Gründen war die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung ist demnach das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig (§ 285 i StPO).

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