OGH 14Os72/91

OGH14Os72/9123.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juli 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Frohner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hermann Franz K***** und einen anderen wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hermann Franz K***** und Peter R***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 18. März 1991, GZ 18 Vr 604/89-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil (zur Gänze) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (1.) Hermann Franz K***** und

(2.) Peter R***** der Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB, Hermann K***** als Bestimmungs- und Beitragstäter nach § 12 StGB (richtig: als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB; vgl. Leukauf-Steininger2 § 12 RN 47) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB, Peter R***** als Beitragstäter nach § 12 (dritter Fall) StGB schuldig erkannt.

Darnach haben in Dornbirn

1. Hermann Franz K*****

a) in der Zeit vor dem 6. Februar 1989 den Peter R***** mit der Zusage einer Belohnung von 50.000 S zur Begehung der unten zu Punkt 2/a bezeichneten Tat bestimmt sowie durch Aushändigung der Lokalschlüssel zu deren Ausführung beigetragen;

b) am 6. Februar 1989 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Schadensabteilung der ***** Versicherungs-AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich dadurch, daß er in Kenntnis der zu den Punkten 1/a und 2/a bezeichneten Tat für die "F***** GesmbH" eine die Leistungsfreiheit des Versicherers begründenden Umstand verschweigende, unbekannte Dritte als Täter bezeichnende Schadensmeldung erstattete, zur Auszahlung des Betrages von 965.000 S an die "F***** GesmbH", sohin zu einer Handlung verleitet, welche die ***** Versicherungs-AG in einem 500.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte;

2. Peter R***** am 6. Februar 1989

a) dadurch, daß er verschiedene Einrichtungsgegenstände im Cafe "H*****" in der Haselstauderstraße Nr. 35 mit Benzin übergoß und diese sodann anzündete, wobei das ausgebrochene Feuer wegen Sauerstoffmangels infolge geschlossener Fenster alsbald wieder erloschen ist, an einer fremden Sache ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, wobei der Schaden der Hauseigentümer Miltrud A***** und Ingrid M*****

247.904 S, jener der "F***** GesmbH" als Lokalpächterin 965.000 S und jener der Gabriela G***** als Automatenverpächterin ca. 18.000 S betragen hat;

b) durch Verübung der unter Punkt 2/a bezeichneten Tat zur Ausführung der unter Punkt 1/b beschriebenen Betrugstat des Hermann Franz K***** beigetragen.

Den Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit einer (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerde, die von beiden Angeklagten auf die Gründe nach Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird.

Rechtliche Beurteilung

Berechtigt ist die Verfahrensrüge (Z 4) der beiden Angeklagten schon, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Durchführung eines Lokalaugenscheines in (Lustenau) in der Philipp-Krapfstraße (Nr. 7) richtet. Hiedurch sollte nachgewiesen werden, daß die Zeugin Silvia L***** (die frühere Ehefrau des Angeklagten K*****) bei verschlossenen Türen das zwischen den Angeklagten geführte (von ihr belauschte) Gespräch gar nicht hören konnte und ihre diesbezügliche Behauptung demnach nicht glaubwürdig sei. Der Schöffensenat lehnte den Beweisantrag mit der Begründung ab, daß sich das Gericht durch die ausführliche Einvernahme der Zeugin (L*****) einen Eindruck von ihrer Aussagekraft verschaffen konnte (S. 538/Bd III).

Den Beschwerdeführern ist jedoch einzuräumen, daß die Vornahme des bezeichneten Ortsaugenscheines jedenfalls erforderlich gewesen wäre. Denn das Schöffengericht stützte seine Überzeugung von der Täterschaft der beiden - leugnenden - Angeklagten, deren Angaben zufolge sich das bezügliche Gespräch um den Kaufpreis für einen PKW gedreht habe (US 12), insbesondere (auch) auf die "absolut glaubwürdige Aussage der Zeugin Silvia L*****" (US 12), die zwar anläßlich ihrer ersten Vernehmung durch die Kriminalpolizei lediglich einen Verdacht gegen ihren Mann gehegt hatte und auch dem als seriösen Menschen eingestuften Peter R***** niemals zugetraut hätte, mit der Brandstiftung etwas zu tun zu haben, dann aber auf Grund des im Büro des Hauses Philipp-Krapfstraße 7 von den beiden Angeklagten geführten, von ihr vom Nebenraum aus bei der Verbindungstür belauschten Gesprächs (II), mit Sicherheit zur Überzeugung gelangt sei, daß R***** im Auftrag des Angeklagten K***** die Brandstiftung durchgeführt hat (US 10 iVm 381, 527 f/Bd III).

Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang noch das sich aus der Aussage des Zeugen Hans Peter H***** (S. 507 e/Bd III) ergebende gespannte Verhältnis der seinerzeitigen Eheleute K***** und die eigenen Angaben der Zeugin Silvia L***** (S. 530/Bd III), wonach sie selbst die vom Gruppeninspektor der Kriminalabteilung Bregenz Kaspar M***** (S. 369 n/Bd III) genannte "V-Person" gewesen sei, so konnte das Erstgericht den bezüglichen Beweisantrag ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte der beiden Angeklagten umsoweniger abweisen, als ihnen gerade bei der hier aktuellen Indizien-Beweisführung keine nach den Umständen gangbare Möglichkeit einer Entkräftung oder doch immerhin wesentlichen Erschütterung einzelner Indizien in ihrem (sie belastenden) Beweiswert abgeschnitten werden durfte; kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß letztlich gerade das mit dem in Rede stehenden Antrag relevierte Indiz für die Annahme der Täterschaft der beiden Angeklagten den Ausschlag gab.

Da sohin die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war den berechtigten Nichtigkeitsbeschwerden - wobei ein Eingehen auf deren sonstiges Vorbringen nicht erforderlich war - Folge zu geben und nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

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