Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Adela E***** wurde (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und (zu II) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB schuldig erkannt, weil sie am 31. Jänner 1991 in Innsbruck
I. eine übergroße Menge Suchtgift, nämlich 891,20 g Kokain von Südamerika kommend über die Schweiz nach Österreich eingeführt und
II. bei der Paßkontrolle zum Beweis ihrer Identität einen verfälschten Reisepaß vorgewiesen hat.
Die Angeklagte bekämpft ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde nach § 281 Abs. 1 Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit. b StPO.
Unter den beiden erstgenannten Nichtigkeitsgründen macht die Verteidigung geltend, daß die Angeklagte in der Hauptverhandlung wiederholt in ihrem Vortrag unterbrochen worden sei, mit dem Hinweis, sich auf das Wesentliche zu beschränken.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 3 StPO liegt nicht vor, weil § 245 StPO, auf den sich die Verteidigung hiezu beruft, in der genannten Nichtigkeitsbestimmung nicht zitiert ist. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll geht nicht hervor, daß ein Antrag abgewiesen oder unerledigt geblieben wäre (Z 4). Gemäß § 244 Abs. 3 StPO wurde vielmehr dem Verteidiger Gelegenheit gegeben, auf den Vortrag der Anklage sofort mit einer Gegenäußerung zu erwidern und anschließend die Angeklagte auch gemäß § 245 Abs. 1 StPO belehrt, daß sie berechtigt ist, der Anklage eine zusammenhängende Erklärung des Sachverhalts entgegenzustellen und nach Anführung jenes einzelnen Beweismittels Bemerkungen darüber vorzubringen (S. 133). Gemäß § 232 Abs. 2 StPO hatte der Vorsitzende nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht dafür zu sorgen, daß Erörterungen unterbleiben, die die Hauptverhandlung ohne Nutzen für die Aufklärung der Sache verzögern würden. Er mußte daher auch im Interesse der Wahrheitsfindung Weitschweifigkeiten und Vorbringen der Angeklagten, die mit der Anklage nicht zusammenhängen, unterbinden. Selbst die Rechtsmittelausführungen können nicht darlegen, welche konkreten, gegen die Anklage gerichteten Erklärungen, der Angeklagten vorzubringen verwehrt gewesen sein sollten, vielmehr zeigen die umfassenden Protokolle über ihre Vernehmungen bei der Polizei, dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Recht sich zu verantworten nicht beschränkt wurde. Eine Verweigerung des Rechtes auf Gehör (Art. 6 Abs. 1 MRK) kann daher den gesamten Verfahrensunterlagen nicht entnommen werden.
Die Erstrichter haben ihre Erwägungen, warum sie der Verantwortung der Angeklagten, sie sei von der kolumbianischen Drogenmafia erpreßt worden, nicht folgten, durchaus lebensnah begründet und sich eingehend mit dem Inhalt der Aussagen der Angeklagten und ihrem Verhalten in der Hauptverhandlung sowie allen bekanntgewordenen Tatumständen auseinandergesetzt. Die Einwände des Verteidigers (Z 5) mit dem Ziel eine andere mögliche Wertung von Verfahrensergebnissen aufzuzeigen, bekämpfen vielmehr nur unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter und gründen sich ihrerseits teilweise auf Spekulationen.
Gegen die Verlesung der von der Polizei aufgenommenen Vernehmungsprotokolle mit der Angeklagten hat sich weder diese noch ihr Verteidiger in der Hauptverhandlung verwahrt (siehe § 281 Abs. 1 Z 2 StPO), im Gegenteil, die Angeklagte hat sich in Gegenwart einer allgemein beeideten Dolmetscherin ausdrücklich darauf berufen (S. 133). Dies steht dem nunmehrigen Beschwerdeeinwand, der von der Polizei beigezogene Dolmetscher sei nicht ausreichend sprachkundig gewesen, entschieden entgegen, wozu noch kommt, daß derselbe Dolmetscher unbeanstandet auch vom Untersuchungsrichter beigezogen wurde (ON 3). Abgesehen davon, daß durch die Sicherheitsbehörde verfaßte Protokolle niemals als nichtige Vorerhebungsakte im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 2 StPO in Betracht kommen (Mayerhofer-Rieder3 ENr. 4 zu § 281 Z 2 StPO), kann daher auch inhaltlich dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen nicht gefolgt werden.
Aus den Akten ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a). Soweit die Angeklagte aber vermeint, das Gericht hätte bei Urteilsfällung ihr Verhalten in der Hauptverhandlung nicht beachten dürfen, ist sie auf § 258 Abs. 1 StPO zu verweisen, welcher eine diesbezügliche Beweisregel nicht kennt.
Die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 9 lit. b StPO) ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie ihren Erwägungen die vom Schöffengericht mit mängelfreier Begründung für widerlegt erachtete Variante der Verantwortung der Angeklagten, wonach sie nur wegen eines auf sie ausgeübten "Psychoterrors" gehandelt habe, zugrundelegt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Damit hat das Oberlandesgericht Innsbruck gemäß § 285 i StPO über die Berufung zu entscheiden.
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