Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 18.673,38 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.112,23 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Begründung der angefochtenen Entscheidung ist - von noch zu behandelnden Einzelfragen abgesehen, - zutreffend, so daß es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Den Ausführungen des Revisionswerbers ist folgendes entgegenzuhalten:
Der Kläger war seit 1948 bei der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten beschäftigt. Er trat als Schlosser ein und stieg bis zum Leiter der Hauptwerkstätte E***** auf; diese Funktion bekleidete er bis 31.12.1986. Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen bezog der Kläger zunächst bis 30.9.1987 Sonderunterstützung und seit 1.10.1987 die Knappschaftsalterspension.
Während seiner langjährigen Tätigkeit erwarb der Kläger auch Anwartschaftsrechte auf eine Betriebspension ("Statutarpension").
Hinsichtlich der Entwicklung der Rechtsgrundlagen dieser
Betriebspension vom Jahre 1953 bis zur unwiderruflichen
Einstellung (und Abfindung) der Pensionsleistungen mit
Betriebsvereinbarung vom November 1987 ab 1.12.1988 kann auf die
den Feststellungen der Vorinstanzen entsprechende
Sachverhaltsdarstellung in den Verfahren 9 Ob A 503/88 (SZ 61/274
= DRdA 1990/1,35 (Grillberger)) und 9 Ob A 512/88 (SZ 61/275 =
RdW 1989, 137 (Andexlinger) = JBl 1989, 193 = Arb 10.763 =
ZAS 1989, 94 (Tomandl) = DRdA 1990/8, 111 (Grillberger))
verwiesen werden.
Der Kläger erklärte ausdrücklich, daß der vom Obersten Gerichtshof in den Verfahren 9 Ob A 502-512/88 zugrundegelegte Sachverhalt auf ihn nicht zutreffe, weil ihm die Erstbeklagte anläßlich der Gespräche über die Beförderung zum Leiter der Hauptwerkstätte E***** zugesagt habe, daß er eine Einschränkung der Betriebspension nicht zu befürchten habe, weil diese bei ihm im Wege der Korrektur der innerbetrieblichen Pensionsbemessungsgrundlage ("cum grano salis") ausgeglichen werden würde. Um so weniger dürfe daher eine Einstellung auf Grund der genannten Betriebsvereinbarung erfolgen.
Beide Vorinstanzen wiesen das auf Feststellung des Pensionsanspruches des Klägers, der künftigen Valorisierbarkeit des Pensionszuschusses und des Anspruches auf Witwenpension und Zahlung der bisherigen Pensionsrückstände gerichtete Klagebegehren ab.
Das Erstgericht stellte fest, daß der Kläger bei den Gesprächen mit einem Prokuristen der Beklagten über die Übernahme der Leitung der Hauptwerkstätte E***** am 2.10.1984 vergeblich versucht habe, für sich einen (nicht dem Widerrufsvorbehalt der Statutarpensionen unterliegenden) Sondervertrag zu erreichen. Dem Kläger ging es damals darum, daß er durch sein Verbleiben im Betrieb - er hätte schon damals in Pension gehen können - keinen Nachteil erleide. Er wollte eine Pension in dem Ausmaß erhalten, wie dies vor der beabsichtigten Betriebsvereinbarung vom Dezember 1984 der Fall war, also auf der Basis der Betriebsvereinbarung 1982. Vor der Betriebsvereinbarung 1984 war es nämlich durchaus denkbar, daß bereits in Pension gegangene Mitarbeiter weiterhin die höhere Pension beziehen und nur künftige Pensionisten Kürzungen erleiden würden. Der Prokurist der Beklagten versprach dem Kläger schriftlichen Bescheid. Mit Schreiben vom 10.10.1984 teilte die Erstbeklagte dem Kläger folgendes mit:
"Betreff: Besprechung vom 2.10.1984
Sehr geehrter Herr Ingenieur!
Bezugnehmend auf die Aussprache mit Linksunterfertigtem(....) bestätigen wir hiermit, daß wir eine aus einer allfälligen Einschränkung der betrieblichen Pensionsregelung resultierende Beeinträchtigung Ihrer Altersversorgung - cum grano salis - ausgleichen werden; dies würde im Wege einer Korrektur der innerbetrieblichen Pensionsbemessungsgrundlage erfolgen. Diese Zusage erfolgt unter der Bedingung, daß Sie sich an eventuell vorgesehenen Modellen einer Eigenbeteiligung für Ihre restliche aktive Laufbahn beteiligen.
Diese Vorgangsweise erfolgte im Hinblick auf die vorgesehene zukünftige Aufgabenstellung im Rahmen der Hauptwerkstätte, wobei wir, wie besprochen, von Ihrem Verbleiben im Dienstverhältnis über das Jahr 1985 hinaus ausgehen. Wir ersuchen um streng vertrauliche Behandlung der Mitteilung."
Zweck des Schreibens war, daß für den Kläger das Statut 1982 beibehalten und er nicht schlechtergestellt werden sollte, als wenn er bereits im Herbst 1984 das Dienstverhältnis beendet hätte.
Mit Schreiben vom 15.12.1987 teilte die Erstbeklagte dem Kläger (so wie vielen anderen Statutarpensionisten) mit, daß sie aus wirtschaftlichen Erwägungen gezwungen sei, die Pensionszusage und die Pensionsleistungen des Unternehmens mit 30.11.1988 unwiderruflich einzustellen, und kündigte ihm die Überweisung der in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Abfertigung an, die der Kläger mit Vorbehalt entgegennahm.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß es der Sinn der dem Kläger gemachten Zusage gewesen sei, ihn von etwaigen Kürzungen des Pensionsanspruches mit der Betriebsvereinbarung 1984 dadurch auszunehmen, daß die erwartete Kürzung durch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage bei der Berechnung der Zusatzpension ausgeglichen würde. Ein Verzicht der Beklagten auf den Widerrufsvorbehalt gemäß Punkt XII der Betriebsvereinbarung 1974 sei weder Absicht der Parteien gewesen, noch entspreche diese Auslegung der Übung des redlichen Verkehrs.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Weder der Kläger noch der Prokurist der Beklagten hätten beim Gespräch am 2.10.1984 einen völligen Widerruf der Pensionsleistungen in Erwägung gezogen. Dem Kläger sei es in Kenntnis der Widerrufbarkeit der Firmenpension wegen der damals im Gespräch befindlichen Kürzung dieser Pensionen darum gegangen, so gestellt zu werden, als ob er im Oktober 1984 aus dem aktiven Dienst ausscheiden würde. Das ergebe sich auch aus dem Schreiben der Erstbeklagten, mit dem dem Kläger für den Fall der Einschränkung der betrieblichen Pensionsregelung eine Korrektur der innerbetrieblichen Pensionsbemessungsgrundlage zugesagt worden sei. Das wäre aber nur möglich gewesen, wenn überhaupt ein betrieblicher Pensionsanspruch bestanden hätte. Im Falle eines Widerrufes der Pensionszusage sei aber eine korrigierbare Pensionsbemessungsgrundlage nicht mehr vorhanden. Der Kläger sollte also nur vor einer Pensionskürzung bewahrt bleiben, doch sei es nicht in der Absicht der Erstbeklagten gelegen, dem Kläger einen unwiderruflichen Pensionsanspruch einzuräumen. Da die Absicht der Parteien feststellbar gewesen sei, komme § 915 ABGB nicht zur Anwendung.
Auf Grund der Tatsachenrüge des Klägers stellte das Berufungsgericht aus der Betriebsvereinbarung 1984 auch den restlichen (vom Erstgericht nicht wiedergegebenen) Inhalt des Punktes XI fest, wonach sich das Unternehmen vorbehält, die Leistungen... zu kürzen oder einzustellen, wenn... b) die rechtliche, insbesondere die steuerliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen (Bildung von Pensionsrückstellungen) vom Unternehmen gemacht wurden oder zu machen sind, sich so wesentlich ändert, daß dem Unternehmen die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann.
Es besteht Übereinstimmung darüber, daß über die Anwendung der Bestimmungen gemäß Punkt XI der Richtlinien frühestens ab 1. Dezember 1988 mit Bilanzwirksamkeit 1988 entschieden wird. ..."
Dazu vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, daß zwar die Ruhestandsverhältnisse ausgeschiedener Arbeitnehmer, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhten, durch nachfolgende Betriebsvereinbarungen nicht mehr geändert werden könnten. Der Kläger übersehe aber, daß der Widerrufsvorbehalt schon in den Betriebsvereinbarungen von 1972 und 1984 enthalten gewesen sei. Wenn der Kläger aus Punkt XI der Betriebsvereinbarung, wonach über die Anwendung der Bestimmung gemäß Punkt XI der Richtlinien frühestens ab 1.12.1988 entschieden werde, ableite, daß über die Herabsetzung oder den Widerruf seines Pensionsanspruches erst ab 1.12.1988 eine neue Vereinbarung hätte getroffen werden können, lasse er unberücksichtigt, daß durch die Zahlungen der Beklagten seine Zuschußpension bis Juni 1989 gedeckt worden sei. Die Betriebsvereinbarung 1987 greife daher in Rechte, die ihm durch die Betriebsvereinbarung 1984 bis 1.12.1988 zugesichert worden seien, nicht ein. Der Kläger habe sein Begehren auch nicht auf den Wegfall der Voraussetzungen für den Widerruf, sondern auf einen sondervertraglichen Widerrufsverzicht gestützt.
Rechtliche Beurteilung
In der Revision macht der Kläger neuerlich geltend, die Beklagte
hätte seinen Pensionszuschuß vor Dezember 1988 nicht
rechtswirksam widerrufen können. Darauf kann sich aber der Kläger
in diesem Verfahren nicht berufen: Geht man mit der Entscheidung
9 Ob A 512/88 vom 14.12.1988 (Nachweise siehe oben; aM dazu
Tomandl ZAS 1989, 102; ausführlich Marhold, Zur Regelungsbefugnis
der Betriebspartner, ZAS 1991, 95) davon aus, daß eine
Betriebsvereinbarung über Betriebspensionen zwar für die noch im
Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, nicht aber auch mit Wirkung
für die schon ausgeschiedenen Arbeitnehmer durch eine neuerliche
Betriebsvereinbarung (verschlechternd) abgeändert werden kann, so
war die den Punkt XI der Betriebsvereinbarung 1984
verschlechternde Betriebsvereinbarung 1987, womit schon ab
1.12.1987 alle Pensionszuschüsse (mit einer gleichzeitigen
Abfindungsregelung) eingestellt wurden, für den am 1.1.1987 aus
dem Unternehmen ausgeschiedenen Kläger nicht anzuwenden. Auf
Grund der Betriebsvereinbarung 1984 hätte sein
Zusatzpensionsanspruch erst ab 1.12.1988 rechtswirksam widerrufen
werden können. Ohne einen solchen Widerruf wäre sein Anspruch
aufrecht geblieben, da das Verständigungsschreiben der
Erstbeklagten vom 15.12.1987 trotz Zahlung einer die
Pensionsleistungen bis Mitte 1989 deckenden Abfindung nicht als
zulässiger Widerruf im Sinne des Art XI der Betriebsvereinbarung
1984 angesehen werden kann. Vor 1.12.1988 durfte eben nach dieser
Betriebsvereinbarung eine solche Gestaltungserklärung nicht
abgegeben werden.
Ob die Beklagte von dem schon in den Betriebsvereinbarungen 1972 und 1984 enthaltenen Widerrufsvorbehalt gegenüber dem Kläger nach dem 1.12.1988 durch Abgeben einer entsprechenden Gestaltungserklärung wirksam Gebrauch gemacht hat, ob die Widerrufsvoraussetzungen gegeben waren und ob an der in der Entscheidung 9 Ob A 512/88 vom 14.12.1988 ausgesprochenen Rechtsansicht im Hinblick auf die Kritik der Lehre und die Änderungen der Rechtslage durch die ArbVG Nov 1990/282 und das Betriebspensionsgesetz (siehe dazu Marhold ZAS 1991, 105 f) festzuhalten ist, kann aber im vorliegenden Fall auf sich beruhen.
Der Kläger hat nämlich die Klage ausschließlich darauf gestützt, daß er mit der Beklagten eine Vereinbarung getroffen habe, die es ausschließe, daß die Zusatzpension so wie bei anderen ehemaligen Betriebsangehörigen überhaupt eingestellt werde. Auf Punkt XI der Betriebsvereinbarung 1974 hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen. Zwar wurden - auf Grund eines Vorbringens der Beklagten(!) - die wesentliche Entwicklung des Pensionszuschußsystems bis zur Betriebsvereinbarung 1974 außer Streit gestellt, doch hat der Kläger seinen Anspruch gerade nicht auf diese Betriebsvereinbarung gestützt, sondern deren Wirksamkeit mangels gehöriger Kundmachung ausdrücklich bestritten (AS 47, 93, 147). Auch wenn das Berufungsgericht auf Grund der Rüge des schon in erster Instanz anwaltlich vertretenen Klägers den Inhalt des Punktes XI der Betriebsvereinbarung 1984 in seinem vollen Wortlaut festgestellt hat, kann der Kläger nunmehr seine Ansprüche nicht darauf stützen, daß die am 1.12.1987 in Kraft getretene verschlechternde Betriebsvereinbarung (Beilage 11) auf ihn keine Anwendung finde. Auch die Frage, ob durch die Ausübung eines solchen Widerrufsrechts die Grenzen billigen Ermessens überschritten würden, ist aus den vorgenannten Gründen nicht zu erörtern. Im übrigen hat der Kläger auch zu dieser Frage nichts vorgebracht.
Eine unrichtige rechtliche Beurteilung ist dem Berufungsgericht auch bei der Auslegung der Willenserklärung der Erstbeklagten nicht unterlaufen. Daß die Parteien mit der auf dem Gespräch vom 2.10.1984 beruhenden, im Schreiben vom 10.10.1984 fixierten Vereinbarung nur beabsichtigten, den Kläger im Hinblick auf eine bevorstehende Kürzung der Betriebspension nicht schlechterzustellen, als wenn er sein Dienstverhältnis bereits im Herbst 1984 beendet hätte, wurde nicht bloß auf Grund reiner Urkundenauslegung, sondern auf Grund der Aussage von Zeugen und der Parteienvernehmung des Klägers festgestellt. Damit steht aber die Absicht der Parteien (§ 914 ABGB), die sie mit dieser Vereinbarung verfolgten, auf Grund einer irrevisiblen, den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellung fest. Die Vereinbarung sollte dem Kläger nur das Risiko abnehmen, daß er im Falle seines tatsächlichen späteren Ausscheidens eine niedrigere Zusatzpension erhalten hätte, als wenn er bereits im Jahre 1984 in Pension gegangen wäre; die Parteien sahen es nämlich damals als denkbar an, daß die Pension der bereits früher in Ruhestand getretenen Mitarbeiter im Fall einer nachträglichen Kürzung unberührt bleiben (und damit später in Pension gehende Mitarbeiter schlechtergestellt sein) könnten. Der vom Kläger gewünschte Größenschluß, daß die Beklagte damit umso eher auf einen Widerruf der Pension des Klägers im Falle einer generellen Einstellung der Statutarpensionen verzichtet hätte, kann aus diesem Sachverhalt nicht gezogen werden. Das folgt auch daraus, daß es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger eine Vertragspension, mit der eine solche Rechtsfolge verbunden gewesen wäre, zu gewähren. Gerade den Fall der gänzlichen Einstellung der Statutarpensionen wollten somit die Streitteile gar nicht regeln. Die Erwägungen des Berufungsgerichtes zur Auslegung des Schreibens vom 10.10.1984 sind daher zu billigen.
Steht aber die Absicht, welche die Parteien mit dem Schreiben vom 10.10.1984 (§ 914 ABGB) verfolgten, eindeutig fest, bleibt für eine Auslegung dieser Urkunden nach § 915 ABGB und für eine Vertragsergänzung nach billigem Ermessen kein Raum.
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Für die Gewährung eines Zuschlags nach § 21 RATG besteht kein Anlaß.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)