OGH 12Os59/91

OGH12Os59/914.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Juli 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Glatz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dusan R***** und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Slavica N***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10.Jänner 1991, GZ 33 Vr 1443/90-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuld-, Straf- und Kostenausspruch bezüglich Slavica N***** aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die genannte Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Slavica N***** bekämpft ihre Verurteilung wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen des § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO.

Schon mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund ist die Angeklagte im Recht. Zutreffend verweist sie nämlich darauf, daß für das ihr angelastete vorsätzliche Handeln (allenfalls Unterlassen) in bezug auf die Sachwegnahme einschließlich des Bereicherungsvorsatzes eine widerspruchsfreie Begründung fehlt.

Nach dem Spruch des Urteils war Slavica N***** Mittäterin des von ihrem Lebensgefährten Senko N***** und dessen Bekanntem Dusan R***** - die beide ihren Schuldspruch unangefochten ließen - begangenen Diebstahls, bei dem durch Einbruch aus einem Lastkraftwagen Kleidung im Wert von 50.000 S erbeutet wurde. Demgegenüber geht das Urteil in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, daß N***** (nur) Beitragstäterin des von den beiden Männern begangenen Einbruchsdiebstahls war, weil sie hiefür einen (von ihrem Vater ihr überlassenen) Personenkraftwagen - den allerdings auch ihr Lebensgefährte ständig benützte - zur Verfügung gestellt hat. Nach den vorangehenden Urteilskonstatierungen wiederum, war die Beschwerdeführerin mit dem geplanten Einbruchsdiebstahl nicht einverstanden, als die beiden Männer diesen in ihrer Gegenwart besprachen. Sie hat dagegen auch Einwände vorgebracht; vor und während der Fahrt zum Tatort hat die im Personenkraftwagen mitfahrende N***** ihren Lebensgefährten wiederholt unter Tränen aufgefordert, von seinem Vorhaben abzulassen. Allerdings - so die weiteren Urteilskonstatierungen - habe sie ihm nicht die Benützung des Fahrzeuges untersagt und es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß die Mitangeklagten den in ihrem Beisein geplanten Einbruch auch ausführen.

Rechtliche Beurteilung

Das bloße Wissen um eine (geplante) Tat stellt (noch) keinen Beitrag zu deren Ausführung dar. Die Förderung einer Tat (iS des § 12 dritter Fall StGB) kann allerdings auch in einem Unterlassen bestehen, vorausgesetzt, daß dem Beitragstäter eine Garantenstellung hinsichtlich des vom unmittelbaren Täter beeinträchtigten Rechtsgutes zukommt; folglich haftet als Beitragstäter auch jeder, der die ihm mögliche Abwendung eines Deliktserfolges vorsätzlich unterläßt, obwohl er hiezu infolge einer ihn im besonderen treffenden Verpflichtung durch die Rechtsordnung verhalten wäre, wodurch sich Beihilfe durch Unterlassung von der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 286 StGB) unterscheidet (SSt 54/42 uva). Eine solche persönliche Erfolgsabwendungspflicht hinsichtlich des von ihrem Lebensgefährten und dessem Bekannten begangenen Einbruchsdiebstahls hat nach den Urteilskonstatierungen - aber auch nach der Aktenlage - für Slavica N***** nicht bestanden. Der Umstand, daß sie es daher unterließ ihrem Lebensgefährten die Benützung ihres (ihr von ihrem Vater überlassenen) Fahrzeuges zu verbieten, weil - so die weiteren Urteilsannahmen - sie fürchtete, daß dadurch die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten in Brüche gehen könnte bzw weil sie meinte "es entscheidet der Mann", kann daher Beitragstäterschaft in bezug auf den begangenen Einbruchsdiebstahl ebensowenig begründen, wie die bloße Ortsanwesenheit bei Begehung der Tat. Allerdings könnte eine Beitragstäterschaft durch N***** dadurch geleistet worden sein, wie die Rechtsausführungen des Ersturteils zutreffend erkennen lassen, daß sie das Fahrzeug ausdrücklich ihrem Lebensgefährten zur Begehung des Einbruchsdiebstahls als Transportfahrzeug zur Verfügung gestellt hat. Eine solche "Zurverfügungstellung" ist aber im Urteil ebensowenig entsprechend konstatiert wie, daß der Einbruchsdiebstahl mit Wissen und Willen der Angeklagten geschehen ist.

Damit zeigt sich, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, weshalb schon bei der nichtöffentlichen Beratung über die zum Vorteil der Angeklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde dieser sofort Folge gegeben und dem Erstgericht die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung aufgetragen wurde (§ 285 e StPO).

Mit ihrer Berufung aber ist die beschwerdeführende Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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