OGH 11Os58/91 (11Os59/91)

OGH11Os58/91 (11Os59/91)2.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zacek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann K***** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 2 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung bzw die Beschwerde des Angeklagten gegen das Urteil bzw den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.März 1991, GZ 6 b Vr 8903/90-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Hauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26.Dezember 1964 geborene Johann K***** zu I./1/ des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 und 2 SGG und zu I./2/ des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt. Nach dem allein angefochtenen Punkt I./1/ des Schuldspruchs setzte er in Wien in der Zeit von August 1988 bis August 1990 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr, indem er mindestens fünf Kilogramm Haschisch dem gesondert verfolgten Alexander T***** "auf Kommission" übergab.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Undeutlich, unvollständig und unzureichend begründet (Z 5) sei das Urteil, weil es lediglich die Weitergabe von insgesamt 5 kg Haschisch in kleinen Mengen während zweier Jahre feststelle, nicht aber, wann und in welchen Teilmengen diese Verkäufe stattfanden. Die vermißte Feststellung betrifft aber keine entscheidende Tatsache und ist daher zur Darstellung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes nicht geeignet. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Suchtgiftmengen mehrerer einzelner Tathandlungen zu addieren, wenn der Vorsatz des Täters von vornherein auf die Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war (vgl Kodek Anm 4, 6 zu § 12 SGG, Foregger-Litzka S 29). Von einem solchen Vorsatz ging aber das Urteil ersichtlich aus (siehe insb US 7 unten).

Gegen die - für die Beurteilung der Tat als gewerbsmäßig bedeutsame - Feststellung, der Angeklagte habe beschlossen, Suchtgift auch zu verkaufen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, wendet der Beschwerdeführer ein, diese Feststellung sei aktenwidrig und durch kein Beweismittel gedeckt. Die Feststellung sei auch unvollständig, weil sie weder anführe, wann dieser Entschluß gefaßt, noch wie er in die Tat umgesetzt worden sei.

Hiezu konstatierte das Erstgericht auf Grund des Aktes AZ 18 d BE 504/88 (ON 18) des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, daß der am 1.März 1988 aus dem Vollzug einer fünfjährigen Freiheitsstrafe wegen schweren Raubes entlassene Angeklagte "ziemlich bald" arbeits- und unterstandslos war, sodaß auch die Bewährungshilfe wegen Aussichtslosigkeit aufgehoben werden mußte. Der Angeklagte selbst gab an, mit der Arbeit "aufgehört" zu haben (S 269). Für die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit kommt es nun nicht darauf an, daß der Täter seinen Lebensunterhalt (ausschließlich) durch die strafbare Handlung bestreitet, es genügt schon, wenn er einen - nicht als unbedeutend zu vernachlässigenden - Teil seiner Bedürfnisse auf kriminelle Weise deckt und solcherart einen Zuschuß zu einem ansonsten redlich erworbenen Einkommen erzielt. Eben dies trifft auf den Angeklagten zu, der seiner eigenen Verantwortung nach jedenfalls einen Teil seines Suchtgiftbedarfs dadurch deckte, daß er beim Verkauf des Suchtgiftes, das er selbst auf Kommissionsbasis erhielt, entsprechende Mengen für den Eigenbedarf abzweigte. Entbehrlich ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers eine Feststellung über den genauen Zeitpunkt dieser Absicht, sich durch wiederkehrende Suchtgiftgeschäfte ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 7), so lange diese Absicht nur den urteilsgegenständlichen Taten, wie vom Erstgericht angenommen, zugrunde liegt. Wie besagte Absicht verwirklicht wurde, ergibt sich aus den erwähnten Urteilsfeststellungen.

Wenn das Urteil den belastenden Aussagen der Zeugen K***** und T***** Glauben beimaß, so liegt darin ein Akt der freien und im Nichtigkeitsverfahren unbekämpfbaren richterlichen Beweiswürdigung. Daß diese Aussagen "keine konkreten Angaben für den entscheidungswesentlichen Ausspruch" enthielten, ist aktenfremd (vgl demgegenüber insb S 91, ON 13, S 273 f).

Die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach dem § 12 Abs. 2 SGG bekämpft der Beschwerdeführer auch unter Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO, weil das Erstgericht nicht festgestellt habe, ob er - in Verfolgung der Absicht, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren - Suchtgift tatsächlich verkaufte.

Die Rüge verengt den Urteilsinhalt, wonach der Angeklagte in Teilmengen mindestens 5 kg Haschisch an den gesondert verfolgten Alexander T***** auf Kommissionsbasis weitergab. Denn damit ist ein entgeltliches Inverkehrsetzen festgestellt, das zur Deliktsverwirklichung ausreicht. Da die Weitergabe auch zu einem über dem Einkaufspreis (des Angeklagten) liegenden Preis stattfand, wie das Urteil weiter konstatiert, ist die Verwirklichung der gewerbsmäßigen Absicht des Angeklagten, der sich nach seiner Verantwortung überdies auch Teile des Suchtgifts für den Eigenbedarf zurückbehielt, ohnedies festgestellt. Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß Gewerbsmäßigkeit auch dann gegeben sein kann, wenn der Täter seine Absicht, sich fortlaufende Einnahmen zu verschaffen, infolge Fehlkalkulation oder widriger Umstände nicht zu verwirklichen vermochte (Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 42 zu § 70).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 2 SGG unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, den raschen Rückfall des Johann K***** nach seiner bedingten Entlassung, die Tatwiederholung während eines anhängigen Strafverfahrens sowie eine die "Übermenge" nahezu erreichende Suchtgiftmenge als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Teilgeständnis als mildernd.

Johann K***** strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht begründet.

In Anbetracht des Zusammentreffens zweier strafbarer Handlungen, darunter eines Verbrechens, und vor allem des Umstandes, daß der Angeklagte eine relativ große Menge Suchtgift (fortgesetzt) während eines längeren Zeitraumes verhandelte, erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß nicht als zu hoch. Der Angeklagte vermochte in seiner Berufung keine weiteren relevanten Umstände ins Treffen zu führen, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Seine Sucht stellt hier keinen ins Gewicht fallenden Grund für eine Herabsetzung der Sanktion dar. Die Vorstrafe wegen Raubes ist zwar nicht einschlägig, weist jedoch auf einen erheblichen Handlungsunwert hin.

Eine - wenn auch nur teilweise - bedingte Nachsicht der verfahrensgegenständlichen Freiheitsstrafe schied schon deswegen aus dem Kreis der Erwägungen aus, weil bei Johann K***** eine Charakterstruktur vorliegt, die angesichts der Notwendigkeit der Aufhebung einer Bewährungshilfe wegen Aussichtslosigkeit (vgl das Verfahren 18 d BE 504/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) sowie der bisherigen Delinquenz aus präventiven Erwägungen eine entsprechende Nacherziehung im Strafvollzug erfordert.

Der Berufung konnte daher in keiner Richtung ein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Das Schöffengericht widerrief zugleich mit dem angefochtenen Urteil (§ 494 a Abs. 1 Z 4 StPO) die mit dem Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 21.Jänner 1988, GZ BE 145/88-7, gewährte bedingte Entlassung des Johann K***** aus der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.März 1986 zum AZ 20 l Vr 8294/85 wegen Raubes verhängten Freiheitsstrafe.

Der dagegen vom Angeklagten erhobenen Beschwerde, die sich im wesentlichen auf die Berufungsgründe stützt, kommt keine Berechtigung zu, weil es angesichts der bereits wiederholten Wirkungslosigkeit bisheriger Abstrafungen sowie in Anbetracht der massiven Delinquenz während der gewährten Probezeit geboten ist, auch den noch offenen Rest der wegen Verbrechens des Raubes verhängten Freiheitsstrafe zu vollziehen, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen wirkungsvoll abzuhalten.

Es war daher über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluß spruchgemäß zu beschließen.

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