Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.716,80 (darin S 452,80 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der am 26. Juni 1989 eingelangten Aufkündigung kündigte der Kläger der beklagten Partei das von ihr gemietete Geschäftslokal gemäß § 30 Abs 2 Z 7 MRG gerichtlich auf. Das Geschäftslokal sei zuvor an Paula K***** zum Betrieb eines Frisiersalons vermietet gewesen. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1988 hätten diese und die gekündigte Partei dem Kläger mitgeteilt, daß das Unternehmen mit 1. Februar 1989 auf die gekündigte Partei übergehe und diese in die Mietrechte eintreten werde. Die beklagte Partei habe seit der behaupteten Übernahme keinerlei Geschäftstätigkeit ausgeübt.
Die beklagte Partei erhob Einwendungen. Der Kläger habe der beklagten Partei nach der Übernahme des Unternehmens einen Mietzins in der zehnfachen Höhe des Mietzinses ihrer Vorgängerin vorgeschrieben. Es sei deshalb ein Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit dieses Mietzinses bei der Schlichtungsstelle anhängig. Die beklagte Partei warte mit der Fortführung des Unternehmens bis zur Beendigung dieses Verfahrens zu.
In der Tagsatzung vom 15. Jänner 1990 brachte die beklagte Partei weiter vor, die Schlichtungsstelle habe nunmehr einen angemessenen Hauptmietzins von S 990,-- - gegenüber dem vom Kläger begehrten Betrag von S 4.800,-- - ermittelt. Die beklagte Partei habe am 12. Jänner 1990 die Ergänzung ihres Betriebsgegenstandes auf Ausübung des Friseurgewerbes und die Eintragung eines Herrn Rune N***** als gewerberechtlichen Geschäftsführer beim Handelsgericht Wien beantragt.
Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Mieterin des aufgekündigten Geschäftslokals war vor der beklagten Partei Paula K*****. Sie betrieb darin einen Frisiersalon, zuletzt nur mehr in eingeschränktem Umfang. Die Einrichtung dieses Frisiersalons war bereits veraltet. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1988 teilte Paula K***** dem (vom Kläger bestellten) Hausverwalter die Veräußerung des Unternehmens an die beklagte Partei per 1. Februar 1989 mit. Die beklagte Partei beabsichtigte, den Frisiersalon nach Durchführung von Renovierungs- und Adaptierungsarbeiten größeren Umfangs in den aufgekündigten Räumlichkeiten fortzuführen.
Die beklagte Partei betreibt ein Bauunternehmen; ihr Unternehmensgegenstand umfaßt nicht auch die Ausübung des Friseurgewerbes. Der Geschäftsführer der beklagten Partei beabsichtigte deshalb, den Unternehmensgegenstand der beklagten Partei entsprechend zu erweitern und eine ihm bekannte Friseurmeisterin als gewerberechtliche Geschäftsführerin anzustellen.
Mit Schreiben vom 19. Jänner 1989 wurde der beklagten Partei die Höhe des von ihr zu zahlenden Mietzinses mit
S 4.800,-- bekanntgegeben. Die beklagte Partei brachte daraufhin am 2. Februar 1989 einen Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses bei der Schlichtungsstelle für den 16. Bezirk ein und entschloß sich, mit den Renovierungs- und Adaptierungsarbeiten erst nach Ermittlung des angemessenen Hauptmietzinses durch die Schlichtungsstelle zu beginnen. Das Lokal blieb deshalb in unverändertem Zustand, eine Geschäftstätigkeit wurde von der beklagten Partei bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 15. Jänner 1990 nicht entfaltet.
Die als gewerberechtliche Geschäftsführerin in Aussicht genommene Friseurmeisterin erwartete im Herbst 1989 ein Kind, sodaß ihre Bestellung ausschied. Der Geschäftsführer der beklagten Partei nahm deshalb mit dem Friseurmeister Rune N***** Konkakt auf und nahm mit diesem in Aussicht, ihm die Stellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers einzuräumen.
Im Jänner 1990 wurde dem Geschäftsführer der beklagten Partei mitgeteilt, daß die Schlichtungsstelle einen monatlichen Hauptmietzins von S 900,-- als angemessen ansehe. Die beklagte Partei wird deshalb in Kürze mit den Bauarbeiten beginnen.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, eine vorübergehende Stillegung des Geschäftsbetriebes infolge notwendiger Renovierungs- oder Vorbereitungsarbeiten könne einer mangelnden regelmäßigen geschäftlichen Betätigung nicht gleichgehalten werden, wenn beabsichtigt sei, nach Abschluß der Arbeiten die geschäftliche Tätigkeit fortzusetzen. Eine derartige Stillegung sei jedoch auch zur Durchführung eines Verfahrens zur Überprüfung des Hauptmietzinses gerechtfertigt. Einem Unternehmenserwerber dürfe nicht die Möglichkeit genommen werden, zur Abwägung des geschäftlichen Risikos den Ausgang eines Verfahrens zur Überprüfung des Hauptmietzinses abzuwarten. Mit den beim Handelsgericht Wien gestellten Anträgen auf Ergänzung des Betriebsgegenstandes auf die Ausübung des Friseurgewerbes und Eintragung des Rune N***** als gewerberechtlichen Geschäftsführer habe die beklagte Partei geeignete Schritte zur Wiederaufnahme der geschäftlichen Tätigkeit gesetzt.
Das Berufungsgericht erkannte die Aufkündigung als rechtswirksam und gab dem Räumungsbegehren statt. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG setze das Fehlen einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit und den Mangel eines schutzwürdigen Interesses voraus. Habe der Vermieter das Fehlen der regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit nachgewiesen, könne der Mieter die Kündigung noch immer durch den Nachweis abwehren, daß eine vertragsmäßige Verwendung in naher Zukunft mit Sicherheit zu erwarten, sein schutzwürdiges Interesse somit gegeben sei. Zur Beurteilung dieser Frage sei auch auf die Sachlage bei Schluß der Verhandlung erster Instanz Bedacht zu nehmen. Die Gründe, aus denen eine Wiederaufnahme regelmäßiger geschäftlicher Betätigung berechtigterweise zu erwarten sei, müßten jedoch bereits zu dem für die Aufkündigung maßgebenden Zeitpunkt konkret faßbar sein. Zur Rechtfertigung der Stillegung des Geschäftsbetriebes (Verfahren vor der Schlichtungsstelle) habe die beklagte Partei ein Vorbringen erstattet, das keineswegs auf eine mit Sicherheit zu erwartende, konkret faßbare regelmäßige geschäftliche Betätigung schließen lasse, sondern die Geschäftsaufnahme gerade vom Ergebnis des Mietzinsüberprüfungsverfahrens und damit verbunden von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit abhängig gemacht habe. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung sei die Beendigung des außerstreitigen Verfahrens noch in keiner Weise abzusehen gewesen; von einem konkret faßbaren Termin habe daher keine Rede sein können. Das Interesse des Unternehmenserwerbers an der Kenntnis des ihm zulässigerweise vorzuschreibenden Hauptmietzinses rechtfertige nicht die Stillegung des Geschäftsbetriebes bis zum Vorliegen einer entsprechenden behördlichen Entscheidung; ein Mietzinsüberprüfungsverfahren könne sich über Jahre erstrecken, ein konkreter Endtermin sei üblicherweise nicht vorhersehbar. Anders als eine Stillegung des Geschäftsbetriebes wegen notwendiger Renovierungsarbeiten könne das bloße Abwarten einer Entscheidung der Schlichtungsstelle oder des Gerichts über die Angemessenheit des Mietzinses nicht als geschäftliche Betätigung angesehen werden. Der geltend gemachte Kündigungsgrund liege deshalb vor. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob das Zuwarten bis zum Vorliegen einer behördlichen Entscheidung über die Angemessenheit des Hauptmietzinses eine den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 7 MRG ausschließende Stillegung des Geschäftsbetriebes rechtfertige, nicht vorliege.
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Die beklagte Partei macht geltend, sie habe lediglich während des kaum mehr als ein halbes Jahr dauernden erstinstanzlichen Verfahrens keine Verwirklichung ihrer Absichten, das Unternehmen fortzuführen, herbeigeführt. Das Berufungsgericht übergehe die Feststellung des Erstgerichtes, daß die beklagte Partei in Kürze mit den Bauarbeiten beginnen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof schließt sich jedoch den Ausführungen des Berufungsgerichtes an. Ganz abgesehen davon, daß das Verfahren vor der Schlichtungsstelle fast ein Jahr dauerte, hat die beklagte Partei die gemieteten Räumlichkeiten weder zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an sie (Würth in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 33 MRG), noch auch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung - auf den unter anderem bei Kündigungsgründen Bedacht zu nehmen ist, die eine Zukunftsprognose erfordern (Würth aaO) - zu einer regelmäßigen geschäftlichen Tätigkeit verwendet; sie hat sie vielmehr überhaupt nicht benützt.
Zwar ist, wie die zweite Instanz zutreffend dargelegt hat, eine vorübergehende Stillegung des Geschäftsbetriebes infolge notwendiger Renovierungs- und Vorbereitungsarbeiten einer mangelnden regelmäßigen geschäftlichen Betätigung nicht gleichzusetzen, wenn geplant ist, die geschäftliche Tätigkeit im Geschäftslokal nach Abschluß der Arbeiten wieder fortzusetzen. Steht die Nichtbenützung des Geschäftslokals fest, ist es Sache des Mieters, den Beweis dafür zu erbringen, daß die Nichtbenützung nur eine vorübergehende ist. Die Gründe, aus denen eine Wiederaufnahme regelmäßiger geschäftlicher Betätigung berechtigterweise zu erwarten ist, müssen in dem für die Kündigung maßgeblichen Zeitpunkt bereits konkret faßbar sein. Lassen die Verhältnisse bei Schluß der Verhandlung die Wiedereröffnung in naher Zukunft sicher erwarten, so kann dem Mieter ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrages nicht abgesprochen werden. Ungewisse künftige Entwicklungsmöglichkeiten haben außer Betracht zu bleiben (MietSlg 38.471, 34.482).
Die beklagte Partei hat nach den getroffenen Feststellungen keineswegs bewiesen, daß die Wiederaufnahme eines regelmäßigen Geschäftsbetriebes in den aufgekündigten Geschäftsräumen zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung an sie bereits konkret faßbar gewesen wäre und daß die Verhältnisse bei Schluß der Verhandlung die Wiedereröffnung in naher Zukunft sicher erwarten ließen. Zum Zeitpunkt der Aufkündigung war lediglich ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle über die Angemessenheit des vom Kläger begehrten Hauptmietzinses anhängig, dessen Dauer nicht abschätzbar war. Bei Schluß der Verhandlung war dieses Verfahren zwar abgeschlossen (wobei allerdings nicht feststeht, ob sich der Kläger mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle zufrieden gegeben oder die Sache bei Gericht anhängig gemacht hat - § 40 MRG), doch war der Zeitpunkt der Wiederaufnahme eines regelmäßigen Geschäftsbetriebes weiterhin völlig ungewiß. Festgestellt wurde lediglich, daß die beklagte Partei mit den Renovierungsarbeiten "in Kürze" beginnen wollte (nicht etwa wenigstens begonnen hat); doch hat auch zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung der Unternehmensgegenstand der beklagten Gesellschaft die Ausübung des Friseurgewerbes noch nicht umfaßt, und die beklagte Partei hatte auch einen gewerberechtlichen Geschäftsführer erst "in Aussicht genommen" - nachdem die zunächst in Aussicht genommene gewerberechtliche Geschäftsführerin ausgefallen war. Alle diese Umstände, die auch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung noch nicht geklärt waren, lassen die künftige Entwicklung durchaus ungewiß erscheinen und die Eröffnung eines regelmäßigen Geschäftsbetriebes in naher Zukunft keineswegs mit Sicherheit erwarten. Die Sache wäre gewiß anders zu beurteilen, hätte die beklagte Partei zum Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung mit den Renovierungsarbeiten bereits begonnen gehabt und wäre zu diesem Zeitpunkt ihr Unternehmensgegenstand entsprechend erweitert und die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sichergestellt gewesen. So aber hatte die beklagte Partei lediglich ein Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit des von ihr begehrten Hauptmietzinses eingeleitet, dessen Erledigung sie abwartete. Das Berufungsgericht hat in diesem Umstand mit Recht eine geschäftliche Tätigkeit nicht gesehen; dies umso weniger, als die beklagte Partei durch einen zeitgerecht gestellten Antrag ihrer Vormieterin die Höhe des nach § 12 Abs 3 MRG angemessenen Hauptmietzinses durch die Schlichtungsstelle ohne weiteres noch vor der Unternehmensübernahme hätte bestimmen lassen können (§ 12 Abs 4 MRG).
Mit Recht hat deshalb das Berufungsgericht die Aufkündigung als wirksam erkannt und dem Räumungsbegehren stattgegeben, sodaß der Revision ein Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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