OGH 8Ob6/90

OGH8Ob6/9027.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Angst, Dr. Graf und Dr. Schinko als weitere Richter in der Konkurssache über das Vermögen des Gemeinschuldners Walter F*****, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in Wels, infolge Revisionsrekurses des Gemeinschuldners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 5. Februar 1990, GZ 2 R 348/89-97, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 23. November 1989, GZ S 23/87-88, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

In dem über das Vermögen des Walter F***** eröffneten Konkursverfahren meldete die A*****gesellschaft ***** unbeschadet allenfalls bestehender Aussonderungs- und Absonderungsrechte eine Kaufpreisforderung einschließlich Verzugszinsen samt Umsatzsteuer von S 287.857,76 als Konkursforderung mit dem Vorbringen an, sie habe die Ware unter Eigentumsvorbehalt und verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert, das Aussonderungsrecht werde nach Verarbeitung hinsichtlich des entsprechenden Miteigentums angemeldet. Sie stütze sich auch auf die mit dem nunmehrigen Gemeinschuldner bei der Lieferung getroffene Vereinbarung einer an sie erfolgten Abtretung der ihm gegen seine Kunden entstehenden, von diesen noch nicht beglichenen Forderungen. An solchen Forderungen habe die A***** ein zumindest anteilsmäßiges Absonderungsrecht, das ebenfalls geltend gemacht werde.

Der Masseverwalter anerkannte einen Betrag von S 188.490,76 als Konkursforderung und bestritt die behauptete Restforderung, weil diese durch Absonderungsansprüche gedeckt sei.

Nach dem Abschluß eines Zwangsausgleiches beantragte die A***** die Sicherstellung ihrer allfälligen Masseforderungen bzw. Aussonderungs- und Absonderungsansprüche in der Höhe von S 100.000. Sie machte nun den Betrag von S 88.490,76 als anerkannte Konkursforderung und S 100.000 als Aussonderungsanspruch (Ersatzaussonderungsanspruch), Masseforderung und allenfalls Absonderungsanspruch geltend (ON 55) und verwies darauf, daß Ware auch bereits zurückgenommen worden sei. Da der Masseverwalter die geforderte und entsprechende Informationserteilung verweigert habe, werde darüber zu 9 Cg 70/87 des Kreisgerichtes Wels ein Prozeß mit dem Begehren auf Auskunft des Masseverwalters darüber geführt, an wen die seit 3. Dezember 1986 gelieferten Waren veräußert worden seien und wann diese Erwerber welche Beträge dafür bezahlt hätten. In der Folge beantragte die A***** wiederum die Sicherstellung ihrer allfälligen Masseforderung bzw. Aussonderungs- und Absonderungsansprüche mit S 100.000 sowie die Sicherstellung ihrer Prozeßkosten von S 46.156,95 aus den Massemitteln (ON 73). In der Zwischenzeit habe der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 30. März 1989 im Rechtsstreit 9 Cg 19/89 (9 Cg 70/87) des Kreisgerichtes Wels die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und ausgeführt, daß der eingeklagte Informationsanspruch bestehe. Bei einer Weiterveräußerung von Aussonderungsgut nach der Konkurseröffnung könne die A***** einen Ersatzaussonderungsanspruch oder Absonderungsanspruch haben, bei einer Weiterveräußerung vor Konkurseröffnung hätte sie einen Absonderungsanspruch an den Kaufpreisforderungen. Der A***** seien bisher Prozeßkosten von S 46.156,85 entstanden. Am 28. September 1989 wurde der Zwangsausgleich mit den erforderlichen gesetzlichen Mehrheiten angenommen (ON 74). Mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 3. Oktober 1989 wurde der angenommene Zwangsausgleich bestätigt (ON 76). Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft. Der Masseverwalter äußerte sich in der Folge zu den Anträgen der A***** dahin, daß er gegen das in der Zwischenzeit ergangene stattgebende Urteil des Kreisgerichtes Wels im Verfahren 7 Cg 17/89, mit dem er auch verurteilt worden sei, der A***** Prozeßkosten von S 38.522,07 zu ersetzen, Berufung erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei. Er müsse daher nur die Prozeßkosten von S 38.522,07 sicherstellen und dies habe er auch tatsächlich bereits getan (ON 79).

Das Konkursgericht wies den Antrag, dem Masseverwalter die Weisung zu erteilen, ihre Forderungen bis zum Betrag von S 100.000 sicherzustellen, ab (ON 80). In der Folge erklärte der Masseverwalter, sämtliche Masseforderungen bezahlt und für die im Zwangsausgleich notwendigen Sicherheitsleistungen vorgesorgt zu haben. Weitere Sicherstellungen müßten nicht gemacht werden, da die A***** nur von möglichen Ansprüchen ausgehe, nicht aber tatsächliche Masseforderungen bzw. Aussonderungs- oder Absonderungsansprüche behauptet habe (ON 87).

Im Verfahren 9 Cg 19/89 des Kreisgerichtes Wels wurde von der A***** eine Berufungsbeantwortung erstattet und Kostenersatz in Höhe von S 3.857,40 geltend gemacht.

Mit dem konkursgerichtlichen Beschluß ON 88 vom 7.April 1987 hob das Konkursgericht den über das Vermögen des Gemeinschuldners eröffneten Konkurs nach rechtskräftiger Bestätigung des am 28. September 1989 angenommenen Zwangsausgleiches gemäß § 157 Abs 1 KO auf. Alle die freie Verfügung des Gemeinschuldners beschränkenden Maßnahmen wurden aufgehoben und der Masseverwalter seines Amtes enthoben.

Das von der A***** mit Rekurs angerufene Gericht zweiter Instanz hob den konkursgerichtlichen Beschluß auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht faßte den Standpunkt der Rekurswerberin dahin zusammen, daß sich ihre Ansprüche (Ersatzaussonderung, Absonderung und Masseforderung) gegen die Konkursmasse richteten, sodaß sie Massegläubigerin sei. Ihren Anträgen auf Sicherstellung in der Höhe von S 100.000 sei aber nicht entsprochen worden. Die eingeklagten Ansprüche auf Informationserteilung durch den Masseverwalter könnten zwar auch nach Konkursaufhebung durchgesetzt werden, nach Verteilung der Masse sei aber die Betreibung voraussichtlich aussichtslos. Hiezu verwies das Rekursgericht auf § 157 Abs 1 KO, wonach der Konkurs erst dann aufzuheben sei, wenn für die nach den §§ 149 Abs 1 und 150 Abs 1 KO etwa erforderlichen und für die im Ausgleich sonst noch bestimmten Sicherheitsleistungen vorgesorgt und der Nachweis darüber vorgelegt worden sei. Die Ansprüche der Aussonderungsberechtigten und der Absonderungsgläubiger würden durch den Zwangsausgleich nicht berührt (§ 149 Abs 1 KO). Massegläubiger müßten im Zwangsausgleich voll befriedigt werden; ihre Forderungen seien, soweit sie festgestellt wurden, zu bezahlen, andernfalls sicherzustellen (§ 150 Abs 1 KO). Die Aufhebung des Konkurses nach einem rechtskräftig bestätigten Zwangsausgleich habe daher auch zur Voraussetzung, daß der Masseverwalter die Bezahlung der fälligen oder Sicherstellung der noch nicht feststehenden Masseschulden nachgewiesen habe. Die nicht festgestellten Ansprüche der Aussonderungsberechtigten seien jedenfalls sicherzustellen. Bei Absonderungsgläubigern sei ebenfalls die nach der Sachlage erforderliche Sicherstellung durch den Masseverwalter vorzusorgen. Wenn die Erfüllung (Sicherstellung) gemäß § 149 Abs 1 und § 150 Abs 1 KO nicht nachgewiesen werde, sei das Konkursverfahren fortzusetzen. Im gegenständlichen Falle stehe durch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 8 Ob 48/88 und des Kreisgerichtes Wels vom 26. September 1989 (9 Cg 19/89) fest, daß die Rekurswerberin Absonderungsansprüche an den Kaufpreisforderungen gegen die Dritterwerber des vor der Konkurseröffnung veräußerten Vorbehaltsgutes haben könne. Dagegen schieden Weiterveräußerungen der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren nach der Konkurseröffnung und damit Ersatzaussonderungsansprüche (§ 44 Abs 2 KO) oder diesbezügliche Absonderungsansprüche aus. Absonderungsansprüche bis S 100.000 seien geltend gemacht und ihre Sicherstellung sei begehrt worden. Diese Ansprüche seien daher vom Masseverwalter sicherzustellen. Dazu kämen behauptete Prozeßkosten in Höhe von S 46.156,95 (bisher zugesprochen und sichergestellt S 38.522,07) und die in der Berufungsbeantwortung verzeichneten Kosten von S 3.857,40. Wenn der Masseverwalter in einem Prozeß unterliege, seien die Prozeßkosten Masseschulden nach § 46 Abs 1 Z 2 KO. Da die möglichen Absonderungsansprüche (bis 100.000 S) und die weiter möglichen Masseforderungen (Prozeßkosten) bisher nicht bzw. nicht ausreichend durch gerichtliche Hinterlegung sichergestellt worden seien, lägen die Voraussetzungen für die Konkursaufhebung nach § 157 Abs 1 KO trotz der rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsausgleiches noch nicht vor.

Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs des Gemeinschuldners mit dem Abänderungsantrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Der Rekurswerber bringt vor, der Masseverwalter habe die Prozeßkosten von S 38.522,07 bereits erlegt, die darüberhinausgehenden Ansprüche seien nicht gerechtfertigt. Die geltendgemachten weiteren Masseforderungen und Aussonderungs- und Absonderungsansprüche seien vollkommen unbestimmte, möglicherweise eintretende Ansprüche, wofür eine Sicherstellung keineswegs verlangt werden könnte. Daß tatsächlich solche Forderungen zustünden, werde im Antrag auf Sicherstellung selbst nicht behauptet. Jedenfalls sei zu prüfen, ob der Konkursgläubigerin in irgendeiner Form Forderungen zustehen könnten, welche sicherzustellen wären. Dabei handle es sich stets um finanzielle Forderungen, die der Konkurs- oder Massegläubiger geltend mache. Die Ansprüche von Aussonderungsberechtigten und Absonderungsgläubigern würden durch einen Ausgleich nicht berührt und eine Sicherstellung sei daher nicht notwendig. Für irgendwelche möglichen Ersatzansprüche aus dem Titel des Schadenersatzes bei Vereitelung von Ab- oder Aussonderungsansprüchen gebe es nach den Bestimmungen der Konkursordnung keine Sicherstellung. Darüberhinaus sei, wie vom Masseverwalter bereits im Verfahren 9 Cg 19/89 des Kreisgerichtes Wels dargelegt, Voraussetzung für Aussonderungs- bzw. Absonderungsansprüche, daß eine wirksame Vorausabtretung durch Verständigung des Drittschuldners oder Setzung eines Buchvermerks erfolgt wäre. Im vorgenannten Verfahren habe die Konkursgläubigerin die Nichtverständigung des Drittschuldners sowie die Nichtsetzung eines entsprechenden Vermerkes zugegeben. Somit sei eine wirksame Abtretung nicht zustandegekommen und es bestehe kein möglicher Schadenersatzanspruch, der in irgendeiner Form sicherzustellen wäre.

Den Rekursausführungen kann nicht gefolgt werden.

Der Masseverwalter hat die Forderung der A***** mit einem Betrag von S 188.490,76 als aus Warenlieferungen stammende Konkursforderung anerkannt; den hinsichtlich einer Teilforderung von S 100.000 von der Gläubigerin behaupteten Absonderungs- oder Aussonderungsanspruch hat er jedoch bestritten. Im Aufhebungsbeschluß des erkennenden Senates vom 30.März 1989, 8 Ob 48/88, wurde im Sinne des Klagebegehrens dieser Gläubigerin ausgesprochen, daß der Masseverwalter grundsätzlich verpflichtet sei, der klagenden Partei darüber Auskunft zu geben, an wen die von ihr seit 3.Dezember 1986 unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren vom nunmehrigen Gemeinschuldner veräußert wurden und wann im Hinblick auf die diesbezüglichen Forderungsabtretungen die jeweiligen Erwerber welche Beträge hiefür bezahlt haben, weil die klagende Partei nur solcherart in den Stand gesetzt werde, hieraus allenfalls resultierende Absonderungs- und (Ersatz-)Aussonderungsansprüche im Konkurs geltend zu machen. Im zweiten Rechtsgang wurde dem Klagebegehren vom Erstgericht stattgegeben, gegen das Urteil hat der Masseverwalter Berufung erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, hat das Konkursgericht gemäß § 157 Abs 1 KO den Konkurs erst dann aufzuheben, wenn für die nach § 149 Abs. 1 und § 150 Abs 1 KO etwa erforderlichen und die im Ausgleich sonst noch bestimmten Sicherheitsleistungen vorgesorgt und der Nachweis hierüber vorgelegt worden ist. Der Gesetzgeber hat also sowohl hinsichtlich der nicht bezahlten Forderungen der Massegläubiger im Sinne des § 150 Abs 1 KO als auch hinsichtlich der gemäß § 149 Abs 1 KO durch den Zwangsausgleich nicht berührten Ansprüche der Aussonderungs- und Absonderungsgläubiger die Sicherstellung vor Konkursaufhebung vorgesehen. Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 690, bejahen die Sicherstellung von Aussonderungsansprüchen und meinen, daß Absonderungsrechte grundsätzlich "zu einer Sicherheitsleistung wohl nicht Anlaß geben". Bartsch-Pollak3 I 654 verweisen darauf, daß Aussonderungsansprüche, wenn sie feststehen, zu befriedigen, ansonsten sicherzustellen sind, und vertreten hinsichtlich Absonderungsberechtigten im Sinne des § 157 Abs 1 KO den Standpunkt, daß zwar eine besondere Vorsorge für deren Befriedigung entfalle, die Vorsorge für die nach der Sachlage etwa erforderlichen Sicherstellungen jedoch verbleibe.

Grundsätzlich sind somit die der A***** aus den ersiegten Prozeßkosten gegen die Masse zustehenden Forderungen gemäß § 150 Abs 1 KO mangels Befriedigung sowie auch ihr zustehende Aussonderungs- oder Absonderungsansprüche sicherzustellen.

Eine Sicherstellung der unberichtigten Prozeßkosten ist bisher nur teilweise erfolgt, sodaß die Voraussetzungen für die Aufhebung des Konkurses nach § 157 Abs 1 KO schon deswegen nicht vorliegen. Ob der A***** auch die behaupteten Ansprüche nach § 149 Abs 1 KO zustehen, steht nicht fest, weil die Gläubigerin ohne Auskunft des Masseverwalters zur Konkretisierung grundsätzlich nicht in der Lage ist. Der Masseverwalter hat die diesbezügliche Kaufpreisforderung für von der A***** an die nunmehrige Gemeinschuldnerin gelieferte Waren in der Höhe von S 100.000 als Konkursforderung anerkannt. Insoweit steht der Bestand einer Forderung demnach fest. Bestreitet der Masseverwalter ihre Qualität als Absonderungsanspruch und verhindert er gleichzeitig eine nur ihm mögliche und zumutbare diesbezügliche Feststellung, so erscheint es auch gerechtfertigt, im Sicherungsverfahren - der Forderungsbestand ist unter Bedachtnahme auf alle erhobenen Einwendungen im diesbezüglich anhängigen Prozeß zu klären - das Vorliegen auch von Ansprüchen nach § 149 Abs 1 KO zu unterstellen.

Die Aufhebung des gegenständlichen Konkurses setzt nach § 157 Abs 1 KO daher grundsätzlich die Sicherstellung auch dieser Ansprüche und die Vorlage eines entsprechenden Nachweises voraus.

Demgemäß war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

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