OGH 3Ob41/91

OGH3Ob41/9126.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Geoffrey M*****, ***** vertreten durch Dr. Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dipl.Ing.Christian W*****, vertreten durch Dr. Hanns Christian Baldinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen zwangsweiser Räumung eines Geschäftslokals, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 30. Jänner 1991, GZ 48 R 28, 29, 30/91-33, womit u.a. der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 4. Oktober 1990, GZ 5 C 2574/89i-16, über den Rekurs der betreibenden Partei abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Liegenschaftseigentümer erhob gegen den Mieter die Klage auf Räumung des aus zwei Geschäftsräumen bestehenden Mietgegenstandes Nr. 2 im Haus ***** in 1170 Wien. Die Ladung zur ersten Tagsatzung wurde, weil der Empfänger an der bezeichneten Abgabestelle ***** in 1150 Wien nicht angetroffen wurde, beim Postamt hinterlegt und unbehoben zurückgesendet. Das Versäumungsurteil vom 12. Jänner 1990 konnte zunächst nicht zugestellt werden. Erst nach Angabe einer neuen Anschrift des Beklagten in H***** wurde die Ausfertigung beim dortigen Postamt hinterlegt.

Am 4. Juli 1990 bewilligte das Erstgericht die Exekution durch zwangsweise Räumung der Geschäftsräumlichkeit. Die beim Postamt hinterlegte Sendung mit der für den Verpflichteten bestimmten Ausfertigung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses langte als nicht behoben zurück.

Am 14. September 1990 wurde die zwangsweise Räumung durch den Gerichtsvollzieher im Beisein des Rechtsvertreters der betreibenden Partei und in Anwesenheit des Verpflichteten vollzogen. Nach dem Bericht des Gerichtsvollziehers blieben die Fahrnisse des Verpflichteten im Lager der Transportunternehmung, die zum Abtransport beigezogen war und zum Verwahrer bestellt wurde, in dem zu räumenden Mietgegenstand ***** in 1170 Wien. Die Schlüssel zu der Räumlichkeit wurden dem Partieführer des Transportunternehmers übergeben.

Am 25. September 1990 kam der Verpflichtete und gab zu Protokoll, daß er erst bei seiner (zufälligen) Anwesenheit beim Räumungstermin von dem Verfahren Kenntnis erlangt habe. Er sei seit Mitte September 1989 auf Dienstreisen im Ausland gewesen. In seiner Wohnung ***** in 1150 Wien habe er sich nicht aufgehalten. In H***** sei er schon lange nicht mehr. Auf sein Ersuchen sei die zwangsweise Räumung "unterbrochen" worden. Er habe in dem Lager Meßgeräte und Dokumente zur Berufsausübung. Er beantrage, ihm die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der ersten Tagsatzung am 12. Jänner 1990 zu bewilligen, die Klage zuzustellen, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufzuheben und die Exekution durch zwangsweise Räumung unter Aufhebung der bisher gesetzten Exekutionsschritte gegen Sicherheitsleistung bis zur Entscheidung im Räumungsprozeß aufzuschieben.

Das Erstgericht schob, ohne die aufgetragene Äußerung des betreibenden Gläubigers abzuwarten, am 4.Oktober 1990 die Räumungsexekution gegen eine Sicherheitsleistung von S 5.000 auf.

Das Rekursgericht wies über den Rekurs der betreibenden Partei den Aufschiebungsantrag des Verpflichteten ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zu Recht habe die betreibende Partei geltend gemacht, daß die Räumungsexekution seit dem 14.September 1990 beendet sei, weil die betreibende Partei auf Entfernung der Sachen des Verpflichteten verzichtet und zugestimmt habe, daß die Schlüssel dem Verwahrer übergeben wurden. Der Liegenschaftseigentümer habe den Mietgegenstand dem Transportunternehmer als Lager in Bestand gegeben. Der Räumungsanspruch sei damit erfüllt und die Exekution beendet.

Der Revisionsrekurs des Verpflichteten, der die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Aufschiebungsbeschlusses anstrebt, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Bei aller Undeutlichkeit der Beurkundung der Vorgänge während des Vollzuges der zwangsweisen Räumung des Lagerraumes am 14. September 1990 ergibt sich doch, daß mit dem Vollzug nicht etwa innegehalten wurde, sondern daß die ausschließliche Verfügungsgewalt über den zu räumenden Mietgegenstand mit Einwilligung der betreibenden Partei dem zum Verwahrer der dort infolge Verzichtes des betreibenden Gläubigers auf die Entfernung zurückgebliebenen beweglichen Sachen des Verpflichteten bestellten Transportunternehmer überlassen wurde, dessen Leute auch die Schlüssel zu den Räumen ausgefolgt erhielten. Damit war die Räumung beendet. Ob der Gerichtsvollzieher die Schlüssel dem Vertreter der betreibenden Partei aushändigt und damit dieser die Verfügungsgewalt über den Mietgegenstand einräumt (worauf dieser sie dem Transportunternehmer verschafft, der nun als neuer Mieter das Lager in Bestand nahm), oder ob die Schlüsselübergabe mit der Zustimmung des Hauseigentümers unmittelbar an Leute des Transportunternehmers erfolgte, macht keinen Unterschied. In beiden Fällen ist die Exekution durch zwangsweise Räumung mit der Einweisung der betreibenden Partei in den Besitz des zu übergebenden Mietgegenstandes beendet. Dazu war eine Entfernung von Personen nicht erforderlich, denn der anwesende Verpflichtete nahm es hin, daß er keinen Zutritt mehr zu den nur zur Lagerung von Sachen verwendeten Räumlichkeiten hatte. Der Exekutionsvollzug ist beendet, auch wenn noch Einrichtungsgegenstände (oder andere bewegliche Sachen) des Verpflichteten zurückgeblieben sind (MietSlg. 27.752 ua).

Eine bereits beendete Räumungsexekution kann nicht aufgeschoben werden. Die bereits durchgeführte Exekution kann im Exekutionsverfahren auch nicht rückgängig gemacht werden (SZ 12/96 ua). Der Berechtigte hat seine Ansprüche im Rechtsweg geltend zu machen und erst dann durchzusetzen. Gerade die in diesem Verfahren nicht anwendbare Neuregelung nach § 34 a MRG idF nach Art II Z 14 des 2. WÄG BGBl 1991/68, auf die der Revisionsrekurswerber hinweist, soll in Fällen, in denen dem Scheinuntermieter Räumungsschutz geboten werden muß, weil offenkundig ist, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche des Mieters nach § 2 Abs 3 MRG vollzogen wird, durch Innehalten und/oder Aufschiebung der Exekution verhindern, daß die Exekution beendet wird und dann mit den Mitteln des Räumungsexekutionsverfahrens eine Rückstellung des Mietgegenstandes an den Verpflichteten ausgeschlossen ist. Das Ansinnen, auch eine beendete Exekution müsse aufgeschoben werden, um den Vermieter an einer Neuvermietung zu hindern, ist unberechtigt, weil nur bevorstehende Exekutionsschritte aufgeschoben werden können, ein Anspruch auf Verschaffung des rechtswidrig entzogenen Bestandgegenstandes jedoch nicht im Räumungsexekutionsverfahren durchgesetzt werden kann, und zur Sicherung dieses Anspruches andere Mittel zur Verfügung stehen, wenn nicht, wie es hier die betreibende Partei behauptet, die Neuvermietung an den Transportunternehmer ohnehin schon erfolgt ist und daher eine einstweilige Verfügung zu spät käme. Nach Beendigung der Exekution kommt auch eine Exekutionseinstellung nicht mehr in Betracht (Heller-Berger-Stix 490).

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

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