Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen sowie der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
I. Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 27-jährige Harald B***** und der 32-jährige Siegfried J***** auf Grund des Wahrspruches der Geschwornen (zu A/ und B/) des (in vier Angriffen verübten) Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB - J***** in einem der Fälle als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB -, (zu C/) des (in sieben Angriffen verübten) Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 sowie § 15 StGB und (zu D/) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 2 WaffG schuldig erkannt.
Sie wurden hiefür gemäß §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je acht Jahren verurteilt. Außerdem wurden in zugleich mit dem Urteil gefaßten und verkündeten, jedoch gesondert ausgefertigten Beschlüssen gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO eine bedingte Entlassung des Angeklagten B***** aus Freiheitsstrafen und eine bedingte Strafnachsicht des Angeklagten J***** (hinsichtlich einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten) widerrufen.
II. Der Angeklagte J***** bekämpft mit seiner auf § 345 Abs. 1 Z 6 und "5 a" (gemeint 10 a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich den auf dem Wahrspruch zur Hauptfrage II/1 beruhenden Schuldspruch zu Punkt C/1 des Urteilssatzes. Inhaltlich dieses Schuldspruches liegt den beiden Angeklagten zur Last, im "bewußt gemeinsamen" Zusammenwirken am 18. Juni 1990 in Wien dem Peter M***** den PKW Marke Toyota Carina, Kennzeichen W*****, im Wert von ca. 198.000 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Der Beschwerdeführer reklamiert in Ansehung dieses Faktums das Unterbleiben einer Eventualfrage (§ 314 Abs. 1 StPO) nach dem Tatbestand des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen gemäß § 136 Abs. 1 StGB und behauptet erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Geschwornen getroffenen Annahme eines Bereicherungsvorsatzes.
Beide Rügen versagen:
Rechtliche Beurteilung
Die Angeklagten bekannten sich in der Hauptverhandlung unter Aufrechterhaltung ihrer geständigen Verantwortung im Vorverfahren uneingeschränkt im Sinne der Anklage (S 437 ff/I) schuldig, somit auch hinsichtlich des ihnen darin angelasteten Diebstahls des PKWs (S 4, 13/II). Der Beschwerdeführer J***** gab zudem in der Hauptverhandlung wiederholt ausdrücklich einen Diebstahl des PKWs als richtig zu (S 13 f/II). Mit den Verantwortungen der Angeklagten vor dem Geschwornengericht stehen auch deren in der Hauptverhandlung verlesenen (S 19/II) Darstellungen vor der Sicherheitsbehörde und vor dem Untersuchungsrichter - auf die sich die Angeklagten in der Hauptverhandlung ausdrücklich bezogen (S 4, 13/II) - über den Diebstahl des Kraftfahrzeuges (S 81, 89, 91, 95 bis 99, 159 b, 163 b/I) und dessen zeitweilige Tarnung mit nicht zugehörigen, von einem anderen Kraftfahrzeug entfremdeten Kennzeichentafeln (S 81, 95, 99, 159 b, 163 b/I) im Einklang. Da die Angeklagten den PKW vom 18. (oder 19.)Juni 1990 bis zu ihrer Festnahme am 28.Juli 1990 (S 41/I), also durch mehr als einen Monat und in mehreren Bundesländern über weite Strecken und insbesondere bei und zwischen der Begehung von Straftaten benützten, lag eine tatsächliche Verwendung nach Art einer zumindest zeitweiligen Überführung des Wirtschaftswertes des Fahrzeuges in das Vermögen der Täter mit Begründung eines eigentümerähnlichen, die Sache gegen Abnahme sichernden Verhältnisses daran nach außen vor, das unter Berücksichtigung der Geständnisse der Angeklagten in subjektiver Beziehung keinen anderen Tatsachenschluß zuläßt, als daß auch der Vorsatz der Täter auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtet war. Angesichts dieser Konstellation kann der Verwendung der Worte "..... unbefugt in Betrieb genommen ....." in der Niederschrift über die polizeiliche Vernehmung des Angeklagten J***** (S 95/I), in der er in unmittelbarem Anschluß daran ohnedies wieder von "gestohlenem Fahrzeug" spricht, und im Protokoll über die Vernehmung des Angeklagten B***** vor dem Untersuchungsrichter (S 162/I) keine den Bereicherungsvorsatz in Frage stellende, für die rechtliche Beurteilung der Tat entscheidende Bedeutung zukommen. Vielmehr handelt es sich nach dem Sinnzusammenhang der jeweiligen Aussagen bloß um die Kennzeichnung des faktisch-technischen Vorganges des Fahrens mit dem Kraftfahrzeug.
Demnach wurden weder in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht (§ 314 Abs. 1 StPO), welche die Stellung der reklamierten Eventualfrage nach dem Vergehen gemäß § 136 Abs. 1 StGB indizierten, noch ergeben sich aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Vorsatzes der Angeklagten, sich durch die Zueignung des PKWs unrechtmäßig zu bereichern.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten J***** war demnach zu verwerfen.
III. Das Geschwornengericht wertete bei der Strafbemessung das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die jeweils mehrfache Verübung der Raubüberfälle und der Einbruchsdiebstähle, die vier einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten B***** und die drei einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten J***** sowie den raschen Rückfall innerhalb der Probezeit als erschwerend, dagegen die reumütigen und umfassenden Geständnisse, die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes und den Umstand, daß es (bei einem der diebischen Angriffe) beim Versuch blieb, als mildernd.
Den Berufungen der Angeklagten, die jeweils eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstreben, kommt keine Berechtigung zu.
Ein Rückfall innerhalb der Probezeit ist entgegen der Ansicht des Erstgerichtes kein Erschwerungsgrund (Leukauf-Steininger StGB2 RN 8 zu § 33); denn die hiefür vorgesehene Sanktion ist der Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder Entlassung. Der angeführte Erschwerungsgrund hat demnach zu entfallen. Allerdings verbleibt beim Angeklagten B***** der Erschwerungsumstand des raschen Rückfalles nach der Verurteilung vom 29.Jänner 1990 durch das Bezirksgericht für Strafsachen Graz, AZ 2 U 46/90.
Der Umstand, daß die geständigen Verantwortungen der beiden Angeklagten auch zur Aufdeckung von bisher ihnen nicht zugerechneten Straftaten beitrugen, wurde vom Geschwornengericht entgegen der Meinung der beiden Berufungswerber ohnedies berücksichtigt, indem es ihnen ihr umfassendes Geständnis als mildernd zugutehielt (US 6).
Von einem geringen Wert der Beute, den der Angeklagte J***** für sich als mildernd reklamiert, kann schon angesichts des Wertes des gestohlenen Fahrzeuges von nahezu 200.000 S keine Rede sein.
Eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage, die beide Berufungswerber für sich beanspruchen, lag nicht vor, denn der Angeklagte B***** lehnte zwei ihm vermittelte Arbeitsplätze ab (S 5/II) und der Angeklagte J***** hat selbst ein aufrechtes Arbeitsverhältnis gekündigt, um mit B***** nach Wien zu gehen (S 93, 159 a verso/I und 13/II).
Daß der Angeklagte B***** bis 1982 in Heimen und bei Pflegeeltern lebte, ist nicht mehr beachtlich. Eine vernachlässigte Erziehung fällt nämlich bei einem zur Tatzeit bereits 27 Jahre alten Mann nicht mehr als mildernd ins Gewicht (Leukauf-Steininger StGB2 RN 5 zu § 34).
Zutreffend weist allerdings der Angeklagte J***** darauf hin, daß ihm im Urteilsfaktum C/1 der Milderungsgrund des § 34 Z 9 StGB zuzurechnen ist (was im übrigen auch für den Angeklagten B***** zutrifft): Denn der Umstand, daß der Eigentümer des auf einer öffentlichen Verkehrsfläche geparkten PKWs den Schlüssel am Kofferraumdeckel stecken ließ, ist als besonders verlockende Gelegenheit zu werten.
Den aufgezeigten Korrekturen der vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründe zugunsten der beiden Angeklagten steht aber ein vom Geschwornengericht übersehener Erschwerungsumstand gegenüber. Die Berufungswerber nützten planmäßig die Kenntnis des Angeklagten B***** von den Lebensumständen der Manuela W***** aus, mit der er früher bekannt war, um ihr nächtens aufzulauern und sie anläßlich ihrer Heimkehr zu ihrem abgeschieden gelegenen Wohnhaus zu berauben. In der Ausnützung der durch persönliche Bekanntschaft erlangten Kenntnis der Lebensumstände des Opfers liegt ein besonders verwerflicher Beweggrund (§ 33 Z 5 StGB); außerdem vermochte das Opfer deshalb weniger Vorsicht gegen die Tat zu gebrauchen (§ 32 Abs. 3 StGB).
Insgesamt ergibt sich somit keine Änderung in der Bewertung der personalen Täterschuld der beiden Angeklagten, wobei insbesondere auch der hohe Tatunwert von vier zum Teil äußerst brutal ausgeführten Raubüberfällen in Anschlag zu bringen ist.
Davon ausgehend sind aber die über die Berufungswerber verhängten Freiheitsstrafen nicht überhöht, sondern durchaus schuldangemessen. Den Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.
IV. Der Angeklagte J***** bekämpft überdies (S 67/II) den Widerruf der ihm im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 28.Oktober 1986, GZ 10 E Vr 2193/86-15, gewährten bedingten Nachsicht der über ihn wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten (S 43 ff/II).
Das Geschwornengericht begründete den Widerruf mit dem auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Rückfall innerhalb der Probezeit. Damit erkannte es der Sache nach zutreffend, daß der Vollzug der vorerst bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung geboten erscheint, um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Dieses spezialpräventive Erfordernis besteht im vorliegenden Fall auch angesichts der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren.
Auch der Beschwerde war daher ein Erfolg zu versagen.
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