OGH 9ObA68/91

OGH9ObA68/9129.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Eduard Giffinger als Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** E*****, diese im Revisionsrekursverfahren nicht vertreten, wider die beklagte Partei Landeshauptstadt L*****, vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen Feststellung (Streitwert 51.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. März 1991, GZ Jv 9174-17.3/90-4, womit der Ablehnungsantrag der beklagten Partei zur Rechtssache 13 Ra 88/90 gegen das Mitglied des Berufungssenates des Oberlandesgerichtes Linz in Arbeits- und Sozialrechtssachen ***** W***** K***** abgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies das auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes des Dienstverhältnisses der Klägerin gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin in nichtöffentlicher Sitzung Folge und änderte das Ersturteil im Sinn des Klagebegehrens ab.

Dieses Urteil wurde von der beklagten Partei mit Revision bekämpft.

Zugleich lehnte die beklagte Partei den als Mitglied des Berufungssenates beigezogenen fachkundigen Laienrichter Dr. W***** K***** wegen Vorliegens eines Ausschließungsgrundes und wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Er sei Bediensteter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, dort in derselben Abteilung tätig wie der Klagevertreter und habe wie dieser die Befugnis zur Vertretung gemäß § 40 Abs 1 Z 2 ASGG. Nach Einholung einer Äußerung Dris K***** - in der dieser mitteilte, den üblichen kollegialen Kontakt zum Klagevertreter zu haben, aber eine Befangenheit verneinte - wies der zuständige Senat des Berufungsgerichtes den Ablehnungsantrag ab. Da Dr. K***** in der vorliegenden Sache nicht als Klagevertreter aufgetreten sei, liege der Ausschließungsgrund des § 20 Z 4 JN nicht vor. Der Umstand, daß Dr. K***** ebenso wie der Klagevertreter Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich mit Vertretungsbefugnis sei, lasse noch nicht besorgen, daß er bei seiner Entscheidung den Erfolg seines Arbeitskollegen als Parteienvertreter im Auge gehabt habe. Auch der Umstand, daß Dr. K***** aus seiner beruflichen Tätigkeit die sich aus der Anwendung der VBO der Stadt Linz ergebenden Rechtsprobleme und damit auch die sich im gegenständlichen Fall ergebenden Rechtsfragen vertraut seien und er sie im Kollegenkreis - ohne Bezug auf den vorliegenden konkreten Fall - diskutiert habe, rechtfertige nicht die Besorgnis, er sei befangen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Stattgebung des Ablehnungsantrages abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin ist im § 40 Abs 1 Z 2 ASGG nicht die Vertretungsbefugnis der gesetzlichen Interessenvertretungen normiert; die Vollmacht ist nicht etwa der Interessenvertretung, sondern einer namentlich bestimmten physischen Person zu erteilen (siehe Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz § 40 Rz 4), so daß der Ausschließungsgrund des § 20 Z 4 JN jedenfalls nicht vorliegt.

Soweit die Rekurswerberin auf das Standesrecht der Rechtsanwälte verweist und die Tätigkeit in derselben Abteilung der Arbeiterkammer mit der von Rechtsanwälten im Rahmen einer Kanzleigemeinschaft vergleicht, ist ihr zu erwidern, daß nur bei Bestehen einer echten Sozietät mit Teilung aller Einnahmen und Ausgaben auch der Sozius von der Vertretung gegen Klienten des Partners in derselben Sache ausgeschlossen ist (OBDK 1. Februar 1988, Bkd 102/87). Das bloß räumliche Zusammentreffen zweier selbständiger Kanzleien mit gemeinsamem Wartezimmer und Telefondienst begründet hingegen keine so enge Verbindung, daß die Vertretung gegen Klienten des anderen Anwaltes dieser bloßen Regiegemeinschaft unzulässig wäre, und zwar auch dann, wenn die beiden Rechtsanwälte einander häufig substituieren (OBDK 1. Dezember 1986, AnwBl 1988, 270). Der Grund für diese Differenzierung besteht darin, daß im erstgenannten Fall - anders als bei einer bloßen, überdies nur partiellen Regiegemeinschaft - beide Anwälte auch an dem vom Gegner gezahlten Honorar partizipieren und dadurch veranlaßt sein könnten, die Sache ihres jeweiligen Mandanten nicht mit der nach § 9 Abs 1 RAO gebotenen Treue zu vertreten. Da Dr. K***** wirtschaftlich weder unmittelbar noch mittelbar an einem allfälligen Erfolg seines Arbeitskollegen als Parteienvertreter partizipiert, spricht ein Vergleich mit dem Standesrecht der Rechtsanwälte eher gegen das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes.

Die Beschäftigung durch denselben Arbeitgeber und die Bekanntheit auf kollegialer Basis rechtfertigt es hingegen für sich allein nicht, die Unbefangenheit eines Richters in Zweifel zu ziehen, selbst wenn der Arbeitskollege Partei des Verfahrens ist (siehe EvBl 1990/145; Leipold in Stein-Jonas Kommentar dZPO20 § 42 Rz 4; vgl auch Arb 7809); umsoweniger bilden diese Umstände einen Befangenheitsgrund, wenn der Arbeitskollege - wie im vorliegenden Fall - nicht unmittelbar betroffene Partei, sondern Parteienvertreter ist. Weitere Umstände, aus denen sich in concreto eine Befangenheit des Laienrichters im vorliegenden Fall ergeben könnte, hat die beklagte Partei nicht vorgebracht. Daraus aber, daß sich Dr. K***** mit den auch im vorliegenden Fall zu beurteilenden Rechtsfragen bereits aus anderem Anlaß auseinandergesetzt hatte, kann nicht abgeleitet werden, daß er sich bei seiner Entscheidung im vorliegenden Fall von anderen als sachlichen Erwägungen leiten ließ (siehe auch RZ 1989/110; Fasching ZPR2 Rz 164; Leipold aaO § 42 Rz 8).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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