Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Beide Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der beklagte Politiker äußerte in einer Mediensendung ua, der Kläger lasse sich von einer dem Land gehörigen Gesellschaft, deren Zentralbetriebsratsobmann er ist, "auch noch eine zweite Werkswohnung" in der Landeshauptstadt von der Landeselektrizitätsgesellschaft "finanzieren", obwohl er ohnedies in der Nähe wohne. Grundlage dieser Äußerung war ein Rechnungshofbericht über das Ergebnis einer bei dieser Gesellschaft durchgeführten Gebarungsprüfung.
Die dem Kläger auf Vorschlag des Betriebsrates durch einen Vorstandsbeschluß für die Zeit seiner aktiven Tätigkeit zugewiesene und mietrechtlich bis zu seiner Pensionierung unkündbare Dienstwohnung besteht aus einem Vorraum, einer Dusche mit WC, einem Zimmer und hat eine Größe von nicht ganz 20 m2; für diese Wohnung bezieht er einen monatlichen Mietzins von S 288. Eine weitere ("zweite") Werkswohnung hat der Kläger nicht.
Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung und zum Widerruf dieser Behauptung sowie zur Veröffentlichung des Widerrufs, weil die Äußerung des Beklagten unwahr und geeignet sei, seinen, des Klägers, wirtschaftlichen Ruf und sein Ansehen und somit auch seinen Kredit und sein Fortkommen zu gefährden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung durch das Erstgericht. Es vertrat die Ansicht, die Äußerung des Klägers wäre zwar an sich geeignet, den wirtschaftlichen Ruf des Beklagten zu gefährden; sie sei aber nicht unwahr. Eine Äußerung verstoße nämlich dann nicht gegen § 1330 Abs 2 ABGB, wenn die Behauptung im wesentlichen der Wahrheit entspräche. Auf Nebensächlichkeiten und Details komme es nicht an. Eine Äußerung sei nur dann als unwahr iS des § 1330 Abs 2 ABGB zu bewerten, wenn ihr sachlicher Kern nicht der Wahrheit entspräche (JBl 1950, 341; Harrer in Schwimann, ABGB Rz 18 zu § 1330). Die Äußerung des Beklagten sei zwar sprachlich ungenau und unscharf, aber im Kern richtig. Kern der Aussage sei nämlich gewesen, der Kläger nehme finanzielle Aufwendungen von der Gesellschaft für eine Wohnung als unnötiges Privileg in Anspruch. Dieser Vorwurf sei richtig, wie sich aus dem Rechnungshofbericht ergebe. Daß die Gesellschaft für diese Wohnung bei einem Mietzins von S 288 Aufwendungen tätigen müsse, könne nicht bezweifelt werden, ebensowenig, daß diese Aufwendungen einem bedürftigeren Dienstnehmer dieses Unternehmens als dem Kläger zukommen könnten. Die Revision ließ es mit Rücksicht "auf die Bedeutung dieses Falles" für die Rechtsentwicklung zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig. Der Kläger konzediert nämlich ausdrücklich, daß die vom Berufungsgericht zitierte Judikatur zum Thema "Tatsachenkern" richtig ist; eine Äußerung ist danach noch grundsätzlich als richtig anzusehen, wenn sie nur in unwesentlichen Details nicht der Wahrheit entspricht (neben der bereits vom Berufungsgericht zitierten Literatur und Rechtsprechung - der Oberste Gerichtshof hatte sich, soweit ersichtlich, nur einmal (JBl 1950, 341) ausdrücklich mit dieser Frage zu befassen - vgl für den Bereich der BRD mit vergleichbarer Rechtslage (§ 824 BGB) BGH NJW 1985, 1621; 1987, 1403). Er bringt in seiner Revision lediglich vor, das Berufungsgericht habe diese Judikatur im konkreten Fall unrichtig angewandt: im Zweifel müsse nämlich eine zweideutige Äußerung zu Lasten desjenigen ausgelegt werden, der sie gebraucht habe, und dies sei der Beklagte. Im übrigen sei die Äußerung nicht zweideutig, sondern eindeutig unwahr: der Beklagte habe von einer zweiten Werkswohnung gesprochen und dies träfe nicht zu, weil er, der Kläger, nur eine Werkswohnung habe, die im übrigen nur eine Garconniere sei, für die er einen der Ausstattungskategorie angemessenen Mietzins bezahle.
Bei der Frage, ob das Berufungsgericht den konkreten Sachverhalt richtig unter die zutreffend dargestellten Rechtsgrundsätze subsumiert hat, handelt es sich zwar um eine Rechtsfrage (vgl NJW 1987, 1403), aber um keine von erheblicher Bedeutung iS des § 502 Abs 1 ZPO. Sie ist daher grundsätzlich nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen, sofern nicht durch eine unvertretbare Anwendung dieser Rechtssätze auf den konkreten Einzelfall die Rechtssicherheit gefährdet wird (dazu Petrasch, ÖJZ 1983, 169 ff (177)). Das ist hier nicht der Fall.
Für die Beurteilung der Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung ist auch bei Verstößen gegen § 1330 Abs 2 ABGB das Verständnis der Mitteilungsempfänger maßgebend (MR 1988, 84). Auch wenn man dem Kläger in der Ansicht folgt, daß der Beklagte bei Zweideutigkeit seiner Äußerungen die ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß, und zu dessen Ungunsten annimmt, seine unpräzise und ungenaue Ausdrucksweise habe von den Mitteilungsmpfängern, nämlich den potentiellen Zuhörern der Mediensendung, auch dahin verstanden werden können, daß der Kläger zwei Werkswohnungen besitzt, ändert dies nichts daran, daß die Mitteilungsempfänger den Kern des Vorwurfs richtig verstehen mußten, nämlich daß der Kläger von der Gesellschaft, deren Zentralbetriebsratsobmann er ist, ein für ihn unnötiges Privileg in Form einer von dieser zur Verfügung gestellten Unterkunft in Anspruch nimmt, die anderen, Bedürftigeren, zugute kommen könnte. Dieser Kern ist wahr. Unwesentlich ist, ob der Kläger über eine zweite "Werks"-Wohnung verfügt - der Vorwurf der Unnötigkeit richtete sich jedenfalls nur gegen eine - und in welchem Ausmaß die Gesellschaft diese Werkswohnung finanziell unterstützt. Daß dies der Fall ist, entspricht dem Wesen einer Werkswohnung und wird vom Kläger auch gar nicht bestritten (Revision S 5 unten); ob der Kläger eine dem Kategoriemietzins entsprechende Miete zahlt, ist ebenso unwesentlich: der Vorwurf des Beklagten ging erkennbar dahin, daß der Kläger als Zentralbetriebsratsobmann diese gegenüber dem allgemeinen Wohnungsmarkt besonders günstige Wohngelegenheit überflüssigerweise und zu Lasten der Landesgesellschaft aufgrund seiner Vorzugsstellung als Zentralbetriebsratsobmann in Anspruch nimmt.
Mangels erheblicher Rechtsfrage ist daher die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO; dem Beklagten sind die Kosten seiner Revisionsbeantwortung nicht zuzusprechen, weil er auf die Unzulässigkeit der Revision mangels vom Kläger relevierter erheblicher Rechtsfragen - der Kläger selbst konzediert ja ausdrücklich die Richtigkeit der vom Berufungsgericht dargelegten Rechtsgrundsätze - nicht hingewiesen hat.
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