Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wird der Akt an das Oberlandesgericht Wien übermittelt.
Text
Gründe:
Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des angefochtenen Urteils wurde Eveline B***** vom Anklagevorwurf, sie habe zu dem von Erwin Gustav B***** - der unter einem dahin schuldig erkannt wurde - an ihrer Tochter Manuela B***** nahezu ein Jahr hindurch regelmäßig begangenen Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen (§ 206 Abs. 1 StGB) durch die Nichterfüllung der ihr als Mutter insoweit oblegenen Erfolgsabwendungspflicht beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), deswegen freigesprochen, weil das Schöffengericht erheblich bezweifelte, daß sie imstande gewesen sei, das Unrechtmäßige ihres Verhaltens einzusehen, und weil es ferner annahm, ein einer derartigen Einsicht gemäßes Handeln wäre ihr auf Grund ihres Schwachsinns auch gar nicht möglich gewesen (US 4, 15).
Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde gegen diesen Freispruch kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der die im folgenden reklamierten Begründungsmängel des Urteils in bezug auf die Feststellungen zur Diskretions- und Dispositionsfähigkeit der Angeklagten (Z 5) auch als "Feststellungsmängel" deklariert werden. Denn damit wird nicht etwa ein auf irriger Rechtsansicht beruhendes Unterbleiben von Feststellungen behauptet, welches mit dem in Rede stehenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund releviert werden könnte, sondern die Ablehnung bestimmter Konstatierungen als Ergebnis des Beweisverfahrens; eine solche jedoch unterliegt ausschließlich der Anfechtung aus prozessualen Gründen.
Auch damit (Z 5) indessen ist die Beschwerde nicht zielführend.
Darin, daß die höhergradig debile Angeklagte (US 5, 12/13) in der Hauptverhandlung beim Versuch, durch das nunmehrige Bestreiten sämtlicher Wahrnehmungen über den regelmäßigen Geschlechtsverkehr ihrer Tochter mit dem Mitangeklagten auch sich selbst zu entlasten, zugleich die wiederholte Ausübung des Beischlafs durch die Unmündige mit einem anderen Mann behauptete, ohne zu erkennen, daß sie als Mutter auch zur Verhinderung derartiger Sexualkontakte verpflichtet gewesen wäre, konnte das Erstgericht logisch und empirisch unbedenklich ein Indiz dafür erblicken, daß sie sich überhaupt ihrer Verhinderungspflicht in bezug auf geschlechtliche Beziehungen ihrer unmündigen Tochter zu Männern nicht bewußt und demgemäß der Ansicht gewesen sein könnte, sie habe insoweit ihrer Mutterpflicht mit der mehrfachen Aufforderung an das Mädchen und an B*****, "damit" aufzuhören, sowie durch gelegentliche Hinweise an ihre Tochter dahin, daß letztere "das" nicht tun müsse, Genüge getan (US 8, 11/12, 13/14).
Soweit die Staatsanwaltschaft dementgegen die vorerwähnte Bezichtigung eines anderen Mannes durch die Angeklagte nicht auf deren Unkenntnis ihrer auch jenem gegenüber vorgelegenen Verhinderungspflicht zurückführt, sondern vielmehr auf den Umstand, daß ihr im vorliegenden Verfahren nur die "Verletzung ihrer Unterlassungspflicht" (gemeint: die Unterlassung der Erfolgsabwendung) in bezug auf strafbare Handlungen des Mitangeklagten angelastet wird, richtet sich diese Rüge, ohne daß damit ein formeller Begründungsmangel des Urteils geltend gemacht wird, der Sache nach bloß in unzulässiger Weise gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Demnach bringt die Beschwerdeführerin, in dem sie solcherart das in Rede stehende Beweis-Argument des Schöffengerichts negiert und umdeutet, auch mit dem darauf beruhenden Einwand, die Belastung allein jenes anderen Mannes durch die Angeklagte sei kein hinreichender Grund für die Annahme des Fehlens von deren Diskretionsfähigkeit, die Mängelrüge nicht zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.
Nicht zu entnehmen jedoch ist den Beschwerdeausführungen, inwiefern die Ansicht des Erstgerichts, die Angeklagte habe mit dem letztlichen Bestreiten von Wahrnehmungen über den regelmäßigen Geschlechtsverkehr ihrer Tochter mit B***** auch sich selbst zu entlasten versucht, in einem logischen Widerspruch zu den dem Freispruch zugrunde liegenden Zweifeln daran stehen sollte, ob sie zur Tatzeit imstande gewesen war, das in der Verletzung der ihr als Mutter oblegenen Verhinderungspflicht gelegene Unrecht ihres Verhaltens einzusehen (US 8, 12, 14, 15, 18); dazu ist die Mängelrüge demgemäß einer sachbezogenen Erledigung nicht zugänglich.
Nicht stichhältig hinwieder ist die Beschwerdeansicht, daß die Art, in der die Angeklagte ihre den Mitangeklagten belastenden ursprünglichen Angaben beim Jugendamt in der Hauptverhandlung abzuschwächen trachtete, entgegen der Urteilsbegründung mit ihrer Fähigkeit zur Einsicht in ihre "Unterlassungspflichten" (gemeint: Verhinderungspflicht) als Mutter "in keinerlei Verbindung" stehe; konnte doch das Schöffengericht daraus, daß sie eine Aufforderung, die Wahrheit zu sagen, als Zwang zu einer wahrheitswidrigen Darstellung gedeutet zu haben behauptete, sehr wohl ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungswissen negative Rückschlüsse auf ihr speziell das Erkennen von Unrechts-Sachverhalten betreffenden intellektuellen Qualitäten ziehen (US 13).
Die damit im Zusammenhang stehende Bemerkung schließlich, daß im Hauptverhandlungsprotokoll auffallenderweise keine Frage an die Angeklagte darüber aufscheine, ob sie sich in ihrer Rolle als Mutter der Verletzung einer "Unterlassungspflicht" (abermals gemeint: Verhinderungspflicht) in bezug auf die Sexualhandlungen ihrer Tochter mit B***** bewußt gewesen sei, worin im Hinblick auf das Unterbleiben eines darauf bezogenen Protokollberichtigungs-Antrags sinnvollerweise nur ein Vorwurf gegen das Unterbleiben einer dahingehenden Fragestellung erblickt werden kann, ist - vom Fehlen der prozessualen Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verfahrensrüge (Z 4) ganz abgesehen - bereits deswegen funktionslos, weil dem Staatsanwalt derartige Fragen in der Hauptverhandlung durchaus unbenommen gewesen wären.
Begründungsmängel des Urteils in Ansehung jener Zweifel des Erstgerichtes, denen zufolge nicht auszuschließen ist, daß die Angeklagte zur Tatzeit wegen Schwachsinns diskretionsunfähig, also außerstande war, das Unrecht ihrer Tat einzusehen (§ 11 erste Alternative StGB), vermag die Anklagebehörde sohin nicht aufzuzeigen. Demzufolge gehen aber auch alle (mit Beziehung auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. G***** erhobenen) weiteren Beschwerdeeinwände gegen die erstgerichtliche Annahme einer darüber hinaus jedenfalls vorgelegenen Dispositionsunfähigkeit ihrerseits (§ 11 zweite Alternative StGB) und gegen die dieser Annahme zugrunde liegenden Konstatierungen - wie etwa über den Zeitpunkt, in dem ihr erstmals die Möglichkeit einer Anzeigeerstattung (als Mittel zur Durchsetzung ihrer Aufforderung an ihre Tochter und an den Mitangeklagten, "damit" aufzuhören) bewußt geworden sei (US 14 f.) - fehl: betreffen doch die damit relevierten Feststellungen angesichts dessen, daß schon die erörterten Zweifel an der Diskretionsfähigkeit der Angeklagten zu deren Freispruch führen mußten, keine im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (hier: für die Schuldfrage) entscheidenden Tatsachen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).
Zur Entscheidung über die den Angeklagten B***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft ist dementsprechend der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig (§ 285 i StPO).
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