Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger war vom 15.April 1967 bis 31.Juli 1989 mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt S 32.440 bei der Beklagten angestellt. Er bezog ein Überstundenpauschale für 10 Überstunden pro Monat.
Mit der vorliegenden Klage begehrt er S 151.606 brutto sA als restliches Entgelt für 444 Überstunden, die er über die Abgeltung durch das Überstundenpauschale hinaus in den letzten drei Jahren geleistet habe. Seine Arbeitszeit sei durch einen Buchungsautomaten genau festgehalten worden. Er habe stets eine monatliche Aufstellung seiner Arbeitszeit erhalten, diese unterfertigt und an seinen Vorgesetzten weitergegeben. Aus dieser Aufstellung seien auch die Überstunden zu entnehmen gewesen. Damit habe der Kläger - so wie die anderen Dienstnehmer der Beklagten - seine Überstunden im Sinne des Kollektivvertrags für die Angestellten des Verbandes ländlicher Genossenschaften ***** (kurz KV) geltend gemacht. Er sei der einzige gewesen, dem keine (weiteren) Überstunden ausgezahlt worden seien.
Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Durch den Zeiterfassungsautomaten würden die außerhalb der Rahmenzeit geleisteten Arbeitsstunden automatisch als Überstunden erfaßt. Aus den jeweiligen EDV-Ausdrucken seien die tatsächlichen Arbeitszeiten nicht ersichtlich, sondern nur die reinen Anwesenheitszeiten. Die EDV-Ausdrucke könnten daher keine Grundlage für eine Überstundenabrechnung bieten. Dafür seien eigene Formulare zum Zweck der Überstundenmeldung vorgesehen, die der Kläger nie ausgefüllt und eingereicht habe. Die geltend gemachten Ansprüche seien gemäß § 6 Z 5 des Kollektivvertrags, der eine schriftliche Geltendmachung bis zum folgenden Gehaltsabrechnungstermin vorsehe, erloschen.
Soweit der Kläger tatsächlich Überstunden geleistet haben sollte, die das durch das Überstundenpauschale gedeckte Ausmaß übersteigen, seien diese weder angeordnet worden, noch habe die Beklagte Arbeitsleistungen entgegengenommen, die bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht in der normalen Arbeitszeit hätten erledigt werden können. Forderungen bis eischließlich Oktober 1986 seien überdies verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Dienstnehmer der Beklagten bedienen jeweils beim Betreten und Verlassen des Betriebsgebäudes einen Zeiterfassungsautomaten, wobei eine vorübergehende Unterbrechung der Anwesenheit besonders gekennzeichnet wird. Die sich daraus ergebenden Anwesenheitszeiten werden durch automatische Ausdrucke erfaßt, die der Angestellte seinem zuständigen Abteilungsleiter übergibt. Dieser stellt dann anhand der Zeitlisten die Überstundenmeldungen zusammen und leitet sie monatlich an das Lohnbüro weiter.
Auch der Kläger verwendete dieses Zeiterfassungssystem zur Feststellung seiner Anwesenheitszeiten. Auch er übergab die ihn betreffenden Zeitlisten regelmäßig monatlich an seinen vorgesetzten Abteilungsleiter. Da aber eine interne Weisung an die Abteilungsleiter bestand, Überstundenmeldungen nur für jene Angestellte an das Lohnbüro weiterzugeben, die kein Überstundenpauschale beziehen, meldete der für den Kläger zuständige Abteilungsleiter dessen Anwesenheitszeiten nicht. Der Kläger erhielt kein das Pauschale übersteigendes Überstundenentgelt. Er unternahm auch diesbezüglich nichts, so daß keine schriftlichen Unterlagen über allenfalls geleistete Überstunden an das Lohnbüro der Beklagten gelangten.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Übergabe der Zeitaufzeichnungen nicht als eine Geltendmachung von Überstundenentlohnung durch den Kläger angesehen werden könnten. Der Sinn des Ausdruckes "Geltendmachung" sei auf ein Einfordern des Anspruches gerichtet und nicht nur auf die Abgabe von Unterlagen, die die Bestimmung des Anspruches möglich machten. Allenfalls zustehende Überstundenentgelte seien im Sinne des § 6 Z 5 des Kollektivvertrags sohin verfallen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß auch keine Ungleichbehandlung des Klägers vorliege. Jene Dienstnehmer, die bereits durch die Vorlage der EDV-Ausdrucke die Entlohnung ihrer Überstunden erreicht haben, hätten keine Pauschalentlohnung ihrer Überstunden erhalten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Nach § 6 Z 5 des Kollektivvertrags müssen Ansprüche auf Überstundenentlohnung bis zum folgenden Gehaltsabrechnungstermin schriftlich geltend gemacht werden, widrigenfalls der Anspruch erlischt. Die Überstundenaufstellung ist grundsätzlich vom zuständigen Geschäftsgruppenleiter zu fertigen und dem Lohnbüro zu übergeben. Gemäß § 14 des Kollektivvertrags erfolgt die Auszahlung der Gehälter im nachhinein am letzten Arbeitstag jedes Monats. Abgesehen davon, daß es durch diese Anordnung zu unangemessen kurzen Ausschlußfristen kommen kann, die wegen Sittenwidrigkeit nichtig wären (vgl. Strasser in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 II, 137 mwH; Arb.10.578, 10.475 ua), besteht kein sachlicher Grund, Angestellte mit Überstundenpauschale schlechter zu behandeln als die anderen Dienstnehmer der Beklagten. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war dem Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung auf Überstundenentlohnung im Sinne des § 6 Z 5 des Kollektivvertrags dadurch Genüge getan, daß die betroffenen Angestellten ihre ausgedruckten Zeitlisten dem zuständigen Abteilungsleiter übergaben. Schon diese Übergabe wurde sohin seitens der Beklagten als ernstliches und erkennbares Fordern einer allfälligen Überstundenentlohnung verstanden
(Infas 1986 A 50 = RdW 1985, 380). Der Abteilungsleiter - und nicht etwa die Angestellten selbst - verfaßte daraufhin die Überstundenmeldungen. Eine zusätzliche "schriftliche Geltendmachung" war nach den Feststellungen gar nicht vorgesehen (vgl. Beilage 3) und auch nicht erforderlich, da die Überstunden auf diese Weise ohnehin Bestandteil der Lohnabrechnung waren (9 Ob A 60/90).
Auch ein Überstundenpauschale darf nicht unter jene Vergütung sinken, die sich aus der durchschnittlichen Berechnung der tatsächlich erbrachten Überstunden ergibt. Inwieweit die erbrachten Überstunden durch das Überstundenpauschale tatsächlich abgedeckt sind, hat grundsätzlich der Dienstgeber zu überprüfen (vgl. Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 315 mwH; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 192 mwH; auch ZAS 1974/30 ua). Daraus folgt nicht nur die Rechtswidrigkeit der internen Weisung der Beklagten, hinsichtlich der Angestellten mit Überstundenpauschale grundsätzlich keine Überstundenmeldung zu erstellen, sondern auch ihre Verpflichtung, die unterfertigten Zeitlisten des Klägers - so wie im übrigen bei den anderen Angestellten - als Geltendmachung von Überstundenentlohnung anzuerkennen.
Die Arbeitsrechtssache ist jedoch noch nicht spruchreif, da das Erstgericht noch Feststellungen über Grund und Höhe der geltend gemachten Ansprüche auf Überstundenentlohnung zu treffen hat.
Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.
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