Spruch:
1. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin S***** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Aussprüchen laut Punkt III des Urteilssatzes über einen 25.000 S übersteigenden Gesamtwert weggenommener Sachen und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung der dem Angeklagten Martin S***** laut Punkt III des Urteilssatzes zur Last liegenden Tathandlungen als Verbrechen des Diebstahls, teilweise durch Einbruch, nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und als Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB sowie demzufolge in dem den Angeklagten Martin S***** betreffenden Strafausspruch (einschließlich des ihn betreffenden Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung nach § 38 StGB), ferner im (damit im Sachzusammenhang stehenden) Adhäsionserkenntnis betreffend den Anspruch des Privatbeteiligten Johann S***** aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
2. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin S***** im übrigen sowie die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard S***** werden zurückgewiesen.
3. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Martin S***** auf die zu Punkt 1 getroffene Entscheidung verwiesen.
4. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Gerhard S***** werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.
5. Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 13.Oktober 1966 - in der Urteilsausfertigung ist das Geburtsjahr unrichtig mit "1964" angeführt - geborene Gerhard S***** und sein am 14.September 1971 geborener Bruder Martin S***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB (Punkt I/A des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB (Punkt I/B) und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB (Punkt II/), ferner des Verbrechens des Diebstahls, teilweise durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB, Martin S***** außerdem auch noch des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (Punkt III/) schuldig erkannt.
Darnach haben sie im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter
(zu I) am 4.November 1990 in Gössendorf und anderen Orten der Steiermark "Gerhard" (richtig: Gerald) W***** mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), indem Gerhard S***** den Gerald W***** in dessen Taxi von hinten in den Würgegriff nahm und zwischen den Vordersitzen des PKWs nach hinten in den Fond des Wagens zerrte und ihm androhte, es werde etwas passieren, wenn er sich rühre,
A) eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Bargeldbetrag von
ca. 1.000 S, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei Martin S***** die Brieftasche des Gerald W***** beinhaltend den angeführten Geldbetrag aus dem Ablagefach an der Fahrertür nahm und Gerhard S***** aushändigte, der sodann den Geldbetrag der Brieftasche entnahm,
B) zu Duldungen und Handlungen genötigt, wobei Gerhard S*****
zusätzlich noch den Kopf des Gerald W***** gegen dessen Knie drückte und der Genannte in dieser Stellung mehrmals längere Zeit hindurch verharren mußte, zur Duldung der Lenkung des PKWs durch Martin S***** und Gerhard S***** von Gössendorf nach Graz und Kapfenberg sowie zum Lenken des PKWs von Kapfenberg nach Schloßberg;
(zu II) Fahrzeuge, die zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet sind, ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen, und zwar
1. am 4.November 1990 in Gössendorf und Kapfenberg den PKW Marke Mercedes 200 D, Kennzeichen G 20 BDA, der Anna K*****, und
2. am 5.November 1990 in Graz einen Klein-LKW der Marke Mercedes 207 D, Kennzeichen G 67 JKA, des Kurt N*****;
(zu III) nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Gesamtwert, teilweise durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
A) am 4.November 1990 in Graz
1. ein tragbares Fernsehgerät unbekannten Wertes dem Artur K*****,
2. eine Stereoanlage mit Lautsprecherbox und sechs Musikkassetten in unbekanntem Gesamtwert dem Manfred S*****,
B) am 8.November 1990 in Großklein, Bezirk Leibnitz, drei
Wolldecken, eine Steppdecke, ein Fernglas der Marke Swarowski Habicht S 1, ein Batterieradio der Marke Yoko Receiver sowie zahlreiche Gebrauchsgegenstände, Lebensmittel und Toiletteartikel in unbekanntem Gesamtwert der Hermine P*****, indem sie an deren Haus eine Fensterscheibe mit einem Ziegelstein einschlugen und durch die Fensteröffnung in das Haus einstiegen,
C) am 9.November 1990 in Fresing, Bezirk Leibnitz, 30 Liter
Dieseltreibstoff im Wert von 180 S der Heidemarie R*****, sowie
Martin S***** allein am 20.Mai 1990 in Spittal an der Drau dem Johann S***** nachangeführte fremde bewegliche Sachen "in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Gesamtwert, nämlich eine Kellnerbrieftasche mit zumindest 17.000 S und 120 DM Inhalt", mit Bereicherungsvorsatz weggenommen.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten Martin S***** mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, welche sich der Sache nach nur gegen den Schuldspruch wegen Raubes und wegen des zuletzt bezeichneten Diebstahlsfaktums (begangen am 20.Mai 1990 zum Nachteil des Johann S*****) richtet; der Beschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.
Der Angeklagte Gerhard S***** hat zwar gleichfalls fristgerecht Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet, brachte jedoch in der Folge nur das Rechtsmittel der Berufung zur Ausführung (ON 28). Da er weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch in einer Rechtsmittelausführung einen der in § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Die Beschwerde des Angeklagten Martin S***** hinwieder ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Raubes wendet.
Rechtliche Beurteilung
Das Vorbringen zur Mängelrüge (Z 5) läuft der Sache nach bloß auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren - nach wie
vor - unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinaus, indem versucht wird, die Glaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen Gerald W***** über Ausmaß und Intensität der von den beiden Angeklagten angewendeten Raubmitteln nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen. Formale Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO werden damit nicht dargetan. Die Beschwerde übersieht zudem, daß der Beschwerdeführer auch noch in der Hauptverhandlung sein Geständnis aufrechterhalten und sich im Sinn der Anklage ausdrücklich für schuldig bekannt hat (S 248). Entgegen dem Beschwerdevorbringen findet die Urteilsannahme, wonach der Angeklagte Gerhard S***** im Zuge der gemeinsamen (tatplangemäßen) Ausführung des Raubes den Taxilenker Gerald W***** drohte, es werde etwas passieren, wenn er sich rühre, in der von den Tatrichtern (gemäß § 258 Abs. 2 StPO) als glaubwürdig beurteilten Aussage des genannten Zeugen ebenso Deckung wie die weitere Urteilsfeststellung, daß W***** von den Angeklagten, als diese den PKW abwechselnd lenkten, aufgefordert worden war, seinen Kopf zwischen die "Füße" (gemeint: die Beine) zu geben (vgl. insbesondere S 198, 254). Daß der dem Taxilenker Gerald W***** geraubte Geldbetrag "ca. 1.000 S" (vgl. S 269) betragen hat, konnte das Erstgericht nicht nur aus der Aussage des genannten Zeugen in der Hauptverhandlung (S 256), sondern auch aus der Verantwortung des Angeklagten Gerhard S***** ableiten, der die Möglichkeit einräumte, daß die Geldtasche (nicht ca. 700 S, sondern) "auch 900 S" enthalten haben könne. Abgesehen davon betrifft die Frage, ob die Raubbeute 700 S oder ca. 1.000 S betragen hat, keine entscheidende Tatsache; würde doch selbst der zuletzt angegebene (höhere) Betrag den Richtwert für die Geringwertigkeit einer Sache, der nach der neueren Rechtsprechung mit etwa 1.000 S anzunehmen ist, nicht übersteigen (vgl. EvBl. 1989/112 = RZ 1989/60 = JBl. 1990, 55; NRsp 1990/253 ua).
Die Mängelrüge versagt demnach zur Gänze.
Die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Angeklagte die Tatbeurteilung als minderschweren Raub nach § 142 Abs. 2 StGB anstrebt, geht schon in Ansehung der von den beiden Angeklagten bei der Raubtat angewendeten Gewalt nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt aus und gelangt solcherart nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Denn die Beschwerdebehauptung, das Nachhintenziehen des Zeugen W***** (vom Lenkersitz in den Fond des Fahrzeuges) sei "die einzige Gewaltanwendung" der beiden Angeklagten gewesen, wobei W***** noch selbst mitgeholfen habe, übergeht die ausdrückliche Urteilsfeststellung (S 268 f), wonach die beiden Angeklagten bei der Ausführung der Raubtat - jedenfalls erhebliche - Gewalt auch dadurch angewendet haben, daß der Angeklagte Gerhard S***** dem Taxilenker Gerald W***** von hinten den angewinkelten Arm um den Hals legte, wodurch W***** "der Hals zugedrückt und die Luft abgeschnürt wurde". Solcherart setzt sich die Rüge in Widerspruch zu den gegenteiligen Urteilskonstatierungen und ist daher - mangels Festhaltens an den Sachverhaltsfeststellungen des Schöffengerichts - nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin S***** war daher, soweit sie gegen den Schuldspruch wegen Raubes gerichtet ist, gemäß § 285 d Abs. 1 StPO (gleichfalls) schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Berechtigt ist die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch soweit sich der Angeklagte Martin S***** aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Beurteilung einer ihm laut Punkt III des Urteilssatzes angelasteten Diebstahlstat (vom 20.Mai 1990) als schweren Diebstahl nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB wendet.
Das Schöffengericht erkannte den Beschwerdeführer für schuldig, durch die in den Punkten III/A, B und C des Urteilssatzes umschriebenen Tathandlungen in Mittäterschaft "das Verbrechen des Diebstahls, teilsweise durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB" und durch die weitere in Punkt III des Urteilssatzes bezeichnete Tat (als Alleintäter am 20.Mai 1990) außerdem auch noch "das Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB" begangen zu haben.
Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Subsumtionsrüge die vom Erstgericht (isoliert) auf das Faktum vom 20.Mai 1990 - Diebstahl zum Nachteil des Johann S***** - bezogene Beurteilung als schweren Diebstahl nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB rügt, ist er schon deshalb im Recht, weil der Ausspruch, daß der Gesamtwert der dabei gestohlenen Sachen (für sich allein) 25.000 S überstiegen hat, in der Urteilsannahme, wonach der Angeklagte damals eine Kellnerbrieftasche mit zumindest 17.000 S und 120 DM gestohlen hat, in tatsachenmäßiger Beziehung keine hinreichende Deckung findet. Damit erfaßt aber die Rechtsrüge nur einen Teil der materiellrechtlichen Fehlerhaftigkeit der die Tathandlungen laut Punkt III des Urteilssatzes betreffenden Subsumtion. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung ist nämlich schon dadurch erfolgt, daß unter Vernachlässigung des Zusammenrechnungsgrundsatzes nach § 29 StGB neben dem Schuldspruch wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch ein weiterer gesonderter Schuldspruch wegen des Vergehens des schweren Diebstahls erging. Nach § 29 StGB sind alle in einem Verfahren dem selben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammengefaßt (EvBl. 1991/12, 1989/147 ua). Demzufolge ist weder die getrennte Annahme eines Vergehens des Diebstahls neben einem Verbrechen des Diebstahls zulässig noch sind Unterschiede hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation einzelner Diebstähle zu treffen (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 5 ff zu § 29). Die rechtsirrige Beurteilung des gesetzlich zusammengefaßten Tatgeschehens als zwei gesondert strafbare Handlungen begründet Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO, die dem Angeklagten Martin S***** - dem im Rahmen der Strafbemessung eine auch insoweit angenommene Deliktskonkurrenz als besonderer Erschwerungsgrund zugerechnet wurde - zum Nachteil gereicht und mangels einer darauf abzielenden Rüge gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war (11 Os 107/90, 114/90 ua). Eine sofortige Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof in der Sache selbst kann jedoch nicht erfolgen, weil das Erstgericht erforderliche Feststellungen über den Wert der bei sämtlichen Diebstahlstaten weggenommenen Sachen unterließ und demgemäß nicht verläßlich beurteilt werden kann, ob bei rechtsrichtiger Zusammenrechnung die Summe der Werte (§ 29 StGB) 25.000 S übersteigt und das vom Angeklagten Martin S***** zu verantwortende Verbrechen des Einbruchsdiebstahls auch die Deliktsqualifikation (des schweren Diebstahls) nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB erfüllt.
Wegen dieses Feststellungsmangels entbehrt nicht nur der vom Beschwerdeführer bekämpfte Ausspruch über einen 25.000 S übersteigenden Gesamtwert der weggenommenen Sachen bei dem am 20. Mai 1990 zum Nachteil des Johann S***** verübten Diebstahls, sondern auch der - verfehlt - ohne rechtliche Folgen gebliebene, für die rechtsrichtig erforderliche umfassende Beurteilung aber beachtliche Ausspruch über die Überschreitung der Wertgrenze von 25.000 S auch in Ansehung der Diebstahlsfakten laut Punkt III/A, B und C des Urteilssatzes einer tragfähigen Untermauerung in den Urteilsgründen. Dies zwingt gemäß § 290 Abs. 1 StPO zur Aufhebung auch des letztgenannten Ausspruchs.
Es war daher in (teilweiser) Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlaß gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil - wie zu Punkt 1 des Spruches ersichtlich - aufzuheben und die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung anzuordnen (§ 285 e StPO).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte Martin S***** darauf zu verweisen. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Gerhard S***** hinwieder ist gemäß § 285 i StPO der Gerichtshof zweiter Instanz berufen.
Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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