OGH 14Os28/91

OGH14Os28/917.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl-Heinz A***** wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18.Oktober 1990, GZ 8 Vr 86/90-90, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Allmer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der unter den Punkten IV/1 und 2 des Urteilsspruchs beschriebenen Taten des Angeklagten Karl-Heinz A***** als die Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG und nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG, demgemäß auch im Strafausspruch (mit Ausnahme des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Karl-Heinz A***** hat durch die unter den Punkten IV/1 und 2 des Urteilsspruchs beschriebenen Taten das Vergehen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG begangen und wird hiefür, sowie für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs unverändert zur Last liegenden strafbaren Handlungen nach §§ 28 Abs. 1, 297 Abs. 1 zweiter Strafsatz StGB zu 3 (drei) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß §§ 43 Abs. 1, 43 a Abs. 4 StGB wird ihm ein Teil dieser Strafe im Ausmaß von 2 (zwei) Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Im angefochtenen Urteil werden dem Angeklagten Karl-Heinz A***** das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB (I), das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB (II), das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (III) sowie "die Vergehen nach § 16 Abs. 1 (SGG) und § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG" (IV) angelastet.

Darnach hat er in Graz

I. vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz als Zeuge bei seinen förmlichen Vernehmungen zur Sache durch nachstehende Behauptungen falsch ausgesagt, und zwar:

1. am 23.November 1987 im Vorverfahren und am 12.Jänner 1988 in der Hauptverhandlung in der Strafsache gegen Peter H*****, AZ 10 Vr 3411/87 (nunmehr AZ 10 Vr 2375/89), indem er angab, anläßlich eines von Peter H***** in die Geschäftsräume der Firma S***** L***** und in die Redaktionsräume der Zeitung "DER G*****" am 16.Oktober 1987 begangenen Einbruchs sei eine AUDEMARS PIQUET-Herrenarmbanduhr im Wert von 188.000 S abhanden gekommen;

2. am 26.Jänner 1988 in der Medienstrafsache AZ 3 b E Vr 3982/87, indem er angab, die oben zu 1. bezeichnete Uhr habe nach dem Einbruch des Peter H***** vom 16.Oktober 1987 gefehlt;

II. von Oktober 1987 bis zumindest Ende Jänner 1988 den Peter H***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB falsch verdächtigte, wobei er wußte (§ 5 Abs. 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch war, indem er sowohl vor Beamten der Bundespolizeidirektion Graz als auch vor den in den zu I. bezeichneten Strafsachen erkennenden Richtern des Landesgerichtes für Strafsachen Graz behauptete, nach dem von Peter H***** am 16.Oktober 1987 verübten Einbruch habe ihm eine AUDEMARS PIQUET-Herrenarmbanduhr im Wert von 188.000 S gefehlt;

III. im Oktober 1987 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der M***** Versicherungsanstalt durch Erstattung einer Schadensmeldung, wonach Peter H***** eine AUDEMARS PIQUET-Herrenarmanduhr im Wert von 188.000 S durch Einbruch gestohlen habe, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Erbringung einer Versicherungsleistung für den angeblich erlittenen Schaden im Betrage von 125.000 S verleitet, somit zu einer Handlung, die die Versicherungsgesellschaft an ihrem Vermögen schädigte;

IV. außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider nachstehende Suchtgifte

1. erworben und besessen, und zwar zwischen Jahresmitte 1987 und August 1989 jeweils Cocain im Grammbereich zum Eigenkonsum sowie 75 Gramm Cocain bei unentgeltlichen Einladungen zum Cocainschnupfen an einen mindestens 39 Personen umfassenden Konsumentenkreis überlassen;

2. einem anderen überlassen, und zwar als mehr als zwei Jahre ältere volljährige Person einer minderjährigen Person, nämlich der am 14.Juli 1972 geborenen M***** R***** im Sommer 1989 einige "Straßen" Cocain zum Aufschnupfen, somit der genannten Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht.

Lediglich gegen die rechtliche Beurteilung (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO) der ihm in den Punkten IV/1 und 2 des Schuldspruchs zur Last liegenden Taten als Vergehen nach § 16 Abs. 1 SGG (IV/1) und (zusätzlich) als Vergehen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG (IV/2) wendet sich der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdevorwurf ist berechtigt, weil die in § 16 Abs. 1 SGG angeführten Begehungsformen bloße Modifikationen eines und desselben Deliktes sind und der Täter daher auch bei Zusammentreffen mehrerer Begehungsformen nur für ein Vergehen haftet, was auch dann gilt, wenn - wie hier - das Grunddelikt in Ansehung eines der zusammentreffenden Deliktsfälle mit einem nach § 16 Abs. 2 SGG strafsatzerhöhenden Umstand beschwert ist (SSt. 49/56, 50/16, 50/36, 9 Os 54/86 nv, siehe auch Leukauf-Steininger Nebengesetze2 E 14 zu § 16 SGG). Demnach hat der Beschwerdeführer durch die zu Punkt IV/1 und 2 des Schuldpruches bezeichneten Taten nur ein (einziges) Vergehen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 SGG begangen, weshalb in Stattgebung seiner Beschwerde die verfehlte Subsumtion richtigzustellen war.

Diese (wenngleich bloß formale) Korrektur des Schuldspruchs in einem seiner wesentlichen Punkte (§ 260 Abs. 1 Z 2 StPO) hatte eine Aufhebung auch des Strafausspruches zur Konsequenz, wovon allerdings der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung unberührt bleiben konnte. Bei der darnach notwendigen Strafneubemessung war erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit drei Vergehen, die Wiederholung des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht, der längere Deliktszeitraum beim Suchtgiftvergehen und dessen Begehung in bezug auf einen größeren Personenkreis, die Verleitung des Alfred P***** zur Verhehlung der Herrenarmbanduhr und daß Peter H***** infolge der Verleumdung tatsächlich zu einer Strafe verurteilt worden ist; mildernd hingegen, daß der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt und ein reumütiges Geständnis abgelegt hat, die Schadensgutmachung in Ansehung des Versicherungsbetruges und die Bezahlung eines Entschädigungsbetrages an Peter H*****. Eine Freiheitsstrafe von drei Jahren entspricht - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der an sich gegenstandslos gewordenen Berufung des Angeklagten - der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Verurteilten, zumal der dem Erstgericht unterlaufene Subsumtionsirrtum auf deren substantiellen Gehalt keinerlei Einfluß zu üben vermochte. Der Ausspruch über die bedingte Nachsicht eines Teiles dieser Strafe (§ 43 a Abs. 4 StGB) folgt schon aus dem in § 290 Abs. 2 StPO normierten Verschlimmerungsverbot, wobei allerdings die vom Gesetz verlangte hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens des Rechtsbrechers sowie die allgemeinen Präventionserfordernisse nach Lage des Falles nur unter der Voraussetzung eines unmittelbaren Vollzuges im höchstzulässigen Ausmaß von einem Drittel der Strafe (§ 43 a Abs. 3 und Abs. 4 letzter Satz StGB) gewährleistet sind.

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