OGH 15Os21/91

OGH15Os21/912.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Mai 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael S***** und andere, AZ 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Beschwerde des Michael F***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 12.Dezember 1990, AZ 24 Ns 358/90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Wien festgestellt, daß dem 26 Jahre alten Michael F***** für die durch seine strafgerichtliche Anhaltung im Verfahren AZ 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien in der Zeit vom 12. August 1988, 8,30 Uhr, bis zum 25.August 1988, 18,15 Uhr, entstandenen vermögensrechtlichen Nachteile ein Ersatzanspruch gemäß § 2 Abs 1 lit a StEG nicht zusteht.

Nach den Konstatierungen des Oberlandesgerichtes wurde Michael F***** am 12.August 1988 um 8,30 Uhr über Anordnung des an Ort und Stelle in Wien 6, Aegidigasse 13 anwesenden Journalrichters festgenommen und anschließend in das Landesgericht für Strafsachen Wien eingeliefert. Nach Erlassung eines schriftlichen Haftbefehls durch den Journalrichter wurde am 14.August 1988 die Voruntersuchung gegen Michael F***** wegen des Verdachts der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt (§§ 15, 269 Abs. 1 StGB), der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 2 Z 2 und Z 4 StGB) und des Landfriedensbruchs (§ 274 Abs 1 StGB) eingeleitet und über ihn gemäß § 180 Abs 2 Z 1, Z 2 und Z 3 lit a (richtig: § 180 Abs 2 Z 2 sowie Z 3 lit b und c - vgl S 122/Bd II) StPO die Untersuchungshaft verhängt.

Am 25.August 1988 um 18,15 Uhr wurde Michael F***** enthaftet und schließlich am 4.November 1988 das gegen ihn eingeleitete Strafverfahren gemäß § 109 Abs 1 StPO eingestellt.

Das Begehren auf Feststellung eines Entschädigungsanspruchs nach § 2 Abs 1 lit a StEG erachtete das Oberlandesgericht deshalb als nicht berechtigt, weil die Festnahme des Michael F***** aufgrund eines mündlichen Haftbefehls des Journalrichters erfolgt sei, wobei gegen ihn ein dringender Tatverdacht (zumindest in Richtung einer Beitragstäterschaft zu den bezeichneten Vergehen) bestanden habe und die Voraussetzungen des Haftgrundes nach § 175 Abs 1 Z 1 StPO gegeben gewesen seien; die Haft sei auch nicht gesetzwidrig verlängert worden, zumal F***** sogleich nach Einlangen der Vollanzeige enthaftet worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde des Michael F***** kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, daß aufgrund der Ermittlungen der Sicherheitsbehörden zum Zeitpunkt der Anordnung der vorläufigen Festnahme des Michael F***** durch den Journalrichter der dringende Verdacht bestanden hat, daß F***** sich zumindest eines sonstigen Tatbeitrags (§ 12 dritter Fall StGB) zu den oben bezeichneten Vergehen schuldig gemacht habe, indem er an der Herbeischaffung der zum Einsatz gegen die einschreitenden Polizeibeamten gebrachten Molotowcocktails und Steinschleudern sowie der sichergestellten Waffen und Wurfgeschoße (vgl S 35 bis 41/Bd I im Akt 23 c Vr 8033/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) beteiligt war und zum aktiven Widerstand der unmittelbaren Täter gegen die Sicherheitsorgane zumindest psychische Beihilfe geleistet hat (vgl ON 2 und 5 im bezeichneten Akt). Dieser Verdacht wurde dadurch erhärtet, daß der Beschwerdeführer selbst angab, zur Tatzeit am Tatort, nämlich im Haus Aegidigasse 13 bei seiner Freundin W***** gewesen zu sein (S 122/Bd III).

Wenn die Beschwerde damit argumentiert, das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer sei eingestellt worden, woraus sich ergebe, daß es von vornherein an einem entsprechenden Tatverdacht gegen ihn gefehlt habe, sodaß seine vorläufige Verwahrung (und die anschließende Untersuchungshaft) gesetzwidrig gewesen sei, so übersieht sie, daß bei der Prüfung der - unter dem Aspekt des § 2 Abs 1 lit a StEG allein maßgebenden - Frage, ob die Anordnung der vorläufigen Verwahrung dem Gesetz entsprach, ausschließlich auf den Erhebungsstand im Zeitpunkt dieser Anordnung (und nicht etwa auf den endgültigen Ausgang des Verfahrens) abzustellen ist (NRsp 1988/11), was gleichermaßen auch für die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verhängung der Untersuchungshaft gilt. Im entscheidenden Zeitpunkt war der Beschwerdeführer aber nach dem Stand der Erhebungen dringend tatverdächtig und es waren in bezug auf seine Person die Voraussetzungen des § 175 Abs 1 Z 1 StPO gegeben, wurde er doch am Tatort im unmittelbaren Naheverhältnis zu jenen gefährlichen Gegenständen (Molotowcocktails, Steinschleudern, Waffen, Wurfgeschoße), die bei den unmittelbar zuvor begangenen strafbaren Handlungen (nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 und Z 4 bzw §§ 15, 269 Abs 1 StGB) verwendet wurden, betreten, sodaß seine Beteiligung daran nahelag. Der dringende Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer bestand auch noch im Zeitpunkt der Verhängung der Untersuchungshaft. Als die weiteren Erhebungen Zweifel in dieser Richtung ergaben, wurde Michael F***** ohnedies sogleich enthaftet.

Mithin trifft es nicht zu, daß das Bestehen eines konkreten Tatverdachts gegen den Beschwerdeführer bloß auf willkürliche Annahmen gegründet worden sei, ebensowenig wie es zutrifft, daß das Oberlandesgericht davon ausgegangen sei, der Tatverdacht bestehe nach wie vor, wird doch in der bekämpften Entscheidung unmißverständlich auf den Erhebungsstand im Zeitpunkt der Festnahme abgestellt.

Wenn letztlich ins Treffen geführt wird, der Polizeieinsatz gegen das Haus Aegidigasse 13 sei als solcher rechtswidrig gewesen, so vermag dies, selbst wenn es zuträfe, eine Beteiligung am Widerstand gegen die einschreitenden Polizeibeamten und an deren Körperverletzung keineswegs zu rechtfertigen, womit demnach auch unter dieser (vom Beschwerdeführer unterstellten) Prämisse die angeordnete Festnahme nicht gesetzwidrig gewesen wäre.

Die Beschwerde ist somit zur Gänze nicht begründet, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein kann.

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