Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Brüder Gerhard K***** und Norbert K***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben sie in der Nacht zum 6.März 1990 in Wien in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Beteiligte (§ 12 StGB) dem Wilhelm Z***** durch Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten und die Aufforderung, insgesamt 5.000 S herzugeben, mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen, nämlich den genannten Geldbetrag, mit dem Vorsatz weggenommen (gemeint wohl: abgenötigt), sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten. Beide stützen sich auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO, Gerhard K***** außerdem auf Z 5 dieser Gesetzesstelle.
Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Divergenzen in den Aussagen der Zeugen Z***** und H*****, die der Angeklagte Gerhard K***** in seiner Mängelrüge (Z 5) herausstreicht, wurden vom Schöffengericht keineswegs außer acht gelassen, sondern durchaus in den Kreis der beweiswürdigenden Erwägungen einbezogen, wobei sie jedoch teils mit der Alkoholisierung der Zeugen zur Tatzeit und einem Schockzustand des Zeugen Z***** erklärt, teils auf die mittlerweile verstrichene Zeit zurückgeführt wurden (US 11 f).
Die Einzelheiten dieser Divergenzen, nämlich ob der Angeklagte Gerhard K***** bei dem den Raub vorangehenden Schnapsen mit Z***** 2.000 S bis 3.000 S oder 3.000 S bis 4.000 S (somit in keiner der Varianten den insgesamt geraubten Betrag) verloren hatte, ob Z***** das letzte Spiel um eine vom Angeklagten Gerhard K***** eingesetzte (ohnedies nicht in die Hände des Zeugen Z***** gelangte) Halskette gewonnen oder verloren hatte, ob die Entfernung vom Würstelstand, wo gespielt wurde, zum abgestellten Moped des Zeugen H***** 150 m bis 200 m oder nur 5 m betrug (was außerdem für das erst nach Zurücklegen dieser Strecke einsetzende Raubgeschehen bedeutungslos ist) und in welcher Reihenfolge sich die dem Raub vorausgehenden Tätlichkeiten beim Moped des Zeugen H***** abspielten, mußten im Urteil demnach nicht eigens erörtert werden.
Auch der vom Zeugen Z***** als möglich eingeräumte Umstand, daß ihm beim Kartenspiel eine Karte zu Boden gefallen sein könnte, war nicht erörterungsbedürftig, bietet doch ein derartiges Geschehen keinerlei lebensnahe Anhaltspunkte dafür, daß er - wie der Angeklagte Gerhard K***** in der erst in der Hauptverhandlung gewählten Verantwortung behauptet - falsch gespielt hätte.
Rechtliche Beurteilung
Die Subsumtionsrügen (Z 10), mit denen Gerhard K***** die Beurteilung seines Verhaltens als Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 (Abs. 1) StGB und Norbert K***** die Subsumtion seiner Handlungsweise als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 (Abs. 1 oder 2) StGB und als Vergehen der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 288 Abs. 1 StGB anstreben, sind nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie durchwegs nicht vom festgestellten Sachverhalt (in seiner Gesamtheit) ausgehen.
Der Angeklagte Gerhard K***** verläßt mit seiner Beschwerdebehauptung, er sei irrtümlicherweise der Meinung gewesen, vom Zeugen Z***** beim Spiel betrogen worden zu sein, die Urteilsfeststellung, wonach er zumindest ab jenem Zeitpunkt, als das Opfer nach den Attacken beim Moped des Zeugen H***** über die Straße hinweg verfolgt wurde, in der "Absicht" (mit dem Vorsatz) handelte, Z***** zu berauben (US 6); seine Verantwortung, er hätte bloß seine Verluste aus einem Falschspiel zurückerlangen wollen, wurde vom Schöffengericht hingegen als widerlegt abgelehnt (US 12).
Soweit er aus der Tatsache, daß Z***** außer dem geraubten noch einen weiteren Geldbetrag bei sich hatte, seine Veantwortung zu unterstützen sucht, unternimmt er einen ihm im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile verwehrten Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.
Ähnliches gilt für die Subsumtionsrüge des Angeklagten Norbert K*****.
Entgegen seiner Beschwerdebehauptung wird auch sein Raubvorsatz im Urteil festgestellt, desgleichen, wann dieser auftrat, nämlich spätestens während des schon erwähnten Überquerens der Straße (US 6). Indem er in den Raum stellt, er könne dabei nur in Mißhandlungsabsicht oder aus bloßer Neugierde mitgelaufen sein, weicht er von dieser Feststellung ab.
Soweit er das "bloße Nachlaufen" als "noch keine Tathandlung" erklärt, übergeht er die weitere Feststellung über sein demonstrativ-beifälliges Aufstellen neben seinem Bruder, als dieser - insgesamt fünfmal wiederholt - nach Fußtritten gegen das am Boden liegende Opfer fünf Tausend-Schilling-Scheine forderte, womit er die einschüchternde Wirkung auf Z*****, der außerdem unter dem Eindruck der vorausgehenden brutalen Attacke des Beschwerdeführers Norbert K***** stand, verstärkte (US 7).
Indem er sein festgestelltes beifälliges Lachen in dieser Phase erneut bloß isoliert einer Betrachtung unterzieht, übergeht er den vom Schöffengericht festgestellten Einschüchterungscharakter seiner Präsenz im Zusammenhang mit der von ihm unmittelbar zuvor verübten massiven Gewalttätigkeit gegen das Opfer (US 12), die bereits zum Verlust eines Schneidezahnes und zur Lockerung zweier weiterer Schneidezähne geführt hatte (US 7 iVm S 141).
Soweit der Beschwerdeführer Norbert K***** in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß sein zu diesen Verletzungen führender Fußtritt vor dem Raubentschluß geführt worden sei, ist für ihn nichts zu gewinnen und die Beschwerde gar nicht zu seinem Vorteil ausgeführt. Denn diesfalls läge ihm eine mit dem Raub realkonkurrierende - allenfalls sogar nach § 84 Abs. 1 StGB als an sich schwer zu qualifizierende (SSt. 28/11) - Körperverletzung zur Last, wobei die Tathandlung in der Begründung der Anklageschrift dargestellt wird (S 153) und somit eine Verurteilung auch deshalb in Frage gekommen wäre (Mayerhofer/Rieder StPO3 E 8 zu § 281 Abs. 1 Z 8). Allerdings ließ das Schöffengericht mit der Annahme des Einsetzens des Raubvorsatzes "zumindest" beim Überqueren der Straße offen, ob er nicht auch bereits bei den vorherigen Attacken gegen das Opfer gegeben gewesen sein könnte; demnach stellt sich das Unterbleiben einer gesonderten Verurteilung als folgerichtig dar.
Die Behauptung des Beschwerdeführers Norbert K***** hinwieder, er habe seinen Tatbeitrag nicht als solchen erkannt und seinen Bruder nicht durch "wörtliche Deponierung" bestärkt, übergeht die Urteilsfeststellung seiner demonstrativ-beifälligen Präsenz bei der wiederholten Geldabnötigung durch seinen Bruder nach seiner eigenen brutalen Attacke und nach der gemeinsamen Verfolgung des Opfers.
Gleiches gilt für seine Beschwerdeausführungen, wonach er aus Mitteilungen seines Bruders hätte annehmen müssen, dieser sei betrogen worden und fordere den ihm zu Unrecht abgenommenen Gewinn gewaltsam zurück. Diese Version des Angeklagten Gerhard K***** wurde vom Schöffengericht als unglaubwürdig abgelehnt. Der Beschwerdeführer Norbert K***** behauptet aber in seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung (S 192 ff) gar nicht, von seinem Bruder eine Mitteilung solchen Inhaltes erhalten oder ein Falschspiel beobachtet zu haben.
Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Gerhard K***** und Norbert K***** waren daher, soweit von ersterem eine Mängelrüge geltend gemacht wird, als offenbar unbegründet, soweit Subsumtionsrügen erhoben werden, als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).
Die Entscheidung über die von der Anklagebehörde und von beiden Angeklagten erhobenen Berufungen fällt demnach in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).
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