Spruch:
1. Das mit hg Beschluß vom 12. September 1989, 10 Ob S 5/89 unterbrochene, im Revisionsstadium befindliche Verfahren wird nach rechtskräftiger Entscheidung über die Vorfrage von Amts wegen aufgenommen.
2. Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die einschließlich S 108,-- Umsatzsteuer mit
S 1.188,-- bestimmten Revisionskosten zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit Bescheid vom 27. Dezember 1985 stellte die beklagte Partei auf Antrag der Klägerin deren Versicherungszeiten der Pensionsversicherung zum Stichtag 1. Oktober 1985 außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens mit 413 Versicherungsmonaten, die 28 Kalendermonate von April 1954 bis Juli 1956 jedoch nicht als Versicherungszeiten fest (§§ 247 und 367 Abs 1 ASVG).
In ihrer rechtzeitigen Klage machte die Klägerin geltend, daß es sich auch bei den erwähnten 28 Kalendermonaten um Beitragszeiten der Pflichtversicherung handle, weil sie vom 15. Oktober 1951 bis 5. Oktober 1958 ununterbrochen bei dem Dienstgeber Friedrich G***** beschäftigt gewesen sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, für die Klägerin lägen nur für die Zeiten von Oktober 1951 bis 15. Oktober 1953, vom 1. Jänner bis 31. März 1954 und vom 1. August 1956 bis Oktober 1958 Meldungen vor, und zwar für den 1. und 3. Zeitraum bei der Wiener, für den 2. Zeitraum bei der NÖ Gebietskrankenkasse.
Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren, "die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Zeitraum vom April 1985" (richtig 1954) "bis Juli 1956 als erworbene Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung anzurechnen", ab.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, "daß der Beklagten gegenüber feststeht, daß die Klägerin die im Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 1985 angeführten Versicherungszeiten erworben hat".
Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision der Klägerin wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, die vorinstanzlichen Urteile im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder sie allenfalls zwecks Zurückverweisung an das Erstgericht aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Mit hg Beschluß vom 12. September 1989, 10 Ob S 5/89 wurde das im Revisionsstadium befindliche Verfahren nach § 74 Abs 1 ASGG solange unterbrochen, bis über die Vorfrage des Beginnes bzw Endes der Versicherung der Klägerin als Dienstnehmerin des Friedrich G***** als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens rechtskräftig entschieden worden ist. Für den Fall, daß im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens noch kein Verfahren in Verwaltungssachen anhängig sein sollte, wurde die Einleitung des Verfahrens bei der Niederösterreichischen und bei der Wiener Gebietskrankenkasse angeregt. Diese Versicherungsträger wurden ersucht, den Obersten Gerichtshof seinerzeit zwecks Aufnahme des unterbrochenen Revisionsverfahrens im Wege des Erstgerichtes von der Entscheidung im Verfahren in Verwaltungssachen zu verständigen.
Im Sinne dieses Ersuchens übermittelte die Wiener Gebietskrankenkasse dem Obersten Gerichthof im Wege des Erstgerichtes ua eine Ablichtung ihres Bescheides vom 19. September 1990, VA-VR HG O/BOGN/90-Aig/Ze, in dessen Punkt 1. nach § 410 ASVG festgestellt wurde, daß die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit für Friedrich G***** in der Zeit vom 15. Oktober 1951 bis 31. Dezember 1955 gemäß §§ 165 und 1226 RVO in der Kranken- und Invalidenversicherung pflichtversichert ist und vom 1. Jänner 1956 bis 5. Oktober 1958 gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG und § 1 Abs 1 ALVG 1949 bzw § 1 Abs 1 lit a ALVG 1958 der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegt. Gleichzeitig teilte die genannte Gebietskrankenkasse mit, daß dieser Bescheidpunkt unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist.
Schon vor dieser Verständigung hatte die beklagte Partei dem Erstgericht bekanntgegeben, daß sie nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens und Anerkennung weiterer 28 Versicherungsmonate für die Zeit vom 1. April 1954 bis 31. Juli 1956 mit Bescheid vom 22. Jänner 1991 die der Klägerin gebührende vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer vom 1. September 1987 an unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Versicherungsmonate mit S 5.863,20 mtl festgestellt habe.
Nunmehr legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof wieder vor.
Weil über die strittig gewesene Vorfrage als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist, war das im Revisionsstadium befindliche unterbrochene Verfahren nach § 74 Abs 1 ASGG und § 190 Abs 3 ZPO von Amts wegen aufzunehmen (Fasching, ZPR2 Rz 2301; derselbe in Tomandl, SV-System 4. ErgLfg 721; Feitzinger-Tades, ASGG § 74 FN 4, 5; Kuderna, ASGG § 74 Erl 4) (Punkt 1. des Spruches).
Mit einem vom 12. April 1991 datierten Schriftsatz "schränkte die Klägerin im Hinblick darauf, daß sie zwischenzeitlich durch einen ihrem Begehren entsprechenden neuerlichen Bescheid klaglos gestellt wurde, das Klagebegehren auf Kosten der Revision, wie sie nachstehend bekanntgegeben werden, ein und beantragte daher nunmehr das Urteil, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Kosten der Revision von S 3.623,04 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen".
Damit erklärte die Klägerin jedenfalls eindeutig, daß sie wegen der während der Unterbrechung des Revisionsverfahrens erfolgten Klaglosstellung durch die beklagte Partei nur mehr eine Entscheidung über den Ersatz der Kosten der Revision begehre, aber keine Entscheidung über ihr auf Feststellung ihrer Versicherungszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens gerichtetes Klagebegehren, an dem sie wegen des auch die im Feststellungsverfahren strittigen 28 Versicherungsmonate berücksichtigenden Leistungsbescheides der beklagten Partei vom 22. Jänner 1991 über die seit 1. September 1987 gebührende vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer kein Interesse mehr haben kann.
Diese Prozeßerklärung im Schriftsatz der Klägerin vom 12. April 1991 ist als eine nach den §§ 484 und 513 ZPO zulässige Zurücknahme der Revision unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des diesbezüglichen Kostenersatzanspruches zu verstehen. Die Klägerin hat nach § 77 Abs 1 Z 2 ASGG gegenüber dem beklagten Versicherungsträger Anspruch auf Ersatz der durch die Prozeßführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Verfahrenskosten, zu
denen - jedenfalls nach Billigkeit (lit b leg cit) - auch die der Revision zu zählen sind, weil die auf Feststellung auch der 28 Kalendermonate von April 1954 bis Juli 1956 als Versicherungszeiten gerichtete Klage berechtigt war (Kuderna, ASGG § 72 Erl 1).
Nach den §§ 52 Abs 3 und 54 Abs 1 ZPO gebührt der Klägerin der Ersatz der Revisionskosten jedoch nur in der in der Revision rechtzeitig verzeichneten, nicht jedoch in der erst im Schriftsatz vom 12. April 1991 verzeichneten Höhe.
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