OGH 15Os46/91

OGH15Os46/9125.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner,Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dietmar W***** und einen anderen wegen des Verbrechens der versuchten vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel nach §§ 15, 173 Abs. 1 StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 26.November 1990, GZ 4 a Vr 2559/89-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 23.Februar 1973 geborene Jugendliche Dietmar W***** und der am 26.August 1970 geborene Ewald S***** des Verbrechens der versuchten vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel nach §§ 15, 173 Abs. 1 StGB, Ewald S***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Darnach haben sie in Graz

1. Dietmar W***** vorsätzlich einen Sprengstoff als Sprengmittel zur Explosion zu bringen und dadurch eine Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) eines anderen herbeizuführen versucht, indem er

a) am 16.Oktober 1989 in einer Toilettenanlage des Grazer Hauptbahnhofes und

b) am 20.Oktober 1989 in einer Toilettenanlage der Grazer Annenpassage

jeweils eine von ihm selbst hergestellte sogenannte "unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung" (Bombe) deponierte und

2. Ewald S*****

a) am 16.Oktober 1989 zur Ausführung der unter 1/a dargestellten Straftat des Dietmar W***** dadurch beigetragen, daß er gemeinsam mit diesem den Hinterlegungsort des Sprengkörpers bestimmte und Dietmar W***** mit seinem PKW zum Tatort brachte und

b) zwischen dem 17. und 20.Oktober 1989 zur Ausführung der unter 1/b dargestellten strafbaren Handlung dadurch beigetragen, daß er Dietmar W***** in seinem Entschluß, einen weiteren Sprengkörper zu bauen, bestärkte und gemeinsam mit diesem den Hinterlegungsort dieses Sprengkörpers bestimmte.

Während Dietmar W***** dieses Urteil unangefochten ließ, bekämpft der Angeklagte Ewald S***** den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch teils offenbar unbegründet, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Angeklagte zunächst in seiner Verfahrensrüge (Z 4) durch die Abweisung des Antrages auf Beischaffung des den Mitangeklagten Dietmar W***** betreffenden Aktes AZ 4 Vr 3017/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz (S 483/Bd. I) in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt fühlt, ist er nicht im Recht. Dies schon deswegen, weil die Tatrichter ausreichend Gelegenheit hatten, sich auf Grund der ausführlichen Einvernahme des Dietmar W***** und des dabei gewonnenen persönlichen Eindrucks ein Bild über dessen Glaubwürdigkeit zu machen und daher dem Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 258 StPO) gemäß keinen Anlaß hatten, auf ein insoweit subsidiäres Beweismittel, nämlich den Inhalt eines anderen Strafaktes zurückzugreifen. Im übrigen spricht der Umstand, daß ein Angeklagter für mehrere Straftaten verantwortlich ist, für sich allein keineswegs zwingend gegen die Glaubwürdigkeit seiner einen Komplizen bei einer dieser Taten belastenden Angaben. Hiezu bedürfte es vielmehr der Angabe konkreter Gründe, die jedoch der Beschwerdeführer weder in seinem Beweisantrag (S 466, 467/Bd. I) noch - abgesehen von unsubstantiierten Hinweisen auf eine seiner Meinung nach aus der Dietmar W***** in dem anderen Verfahren zur Last liegenden Straftat ableitbaren erheblichen Charakterschwäche - in seiner Beschwerde dargetan hat (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr. 99 und 106 zu § 258, ENr. 112 zu § 281 Z 4). Soweit sich der Beschwerdeführer nunmehr auch auf den inzwischen vorliegenden Ausgang dieses Verfahrens beruft, stellt sein Vorbringen zudem eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Neuerung dar.

In seiner Mängelrüge (Z 5) reklamiert der Angeklagte eine Undeutlichkeit sowie eine Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Keiner der behaupteten formalen Begründungsmängel liegt vor. Das Schöffengericht hat die bekämpften Urteilsfeststellungen über den Tatbeitrag des Beschwerdeführers vornehmlich aus dem ihn belastenden Geständnis des Mitangeklagten Dietmar W***** zu beiden Fakten, aus den eigenen Einlassungen des Beschwerdeführers und aus den Depositionen des Zeugen Manfred O***** abgeleitet. Da die Tatrichter dabei auch berücksichtigten, daß Dietmar W***** den Beschwerdeführer aus Verärgerung über dessen Redseligkeit zunächst fälschlich der Anwesenheit am Tatort auch anläßlich der Deliktsverübung am 20.Oktober 1989 bezichtigt hatte, ohne diesem Umstand freilich das ihm vom Beschwerdeführer zugeschriebene Gewicht zuzuerkennen, erweist sich ihre Begründung insgesamt als mängelfrei. Wenn die Beschwerde mit ihren weitwendigen Ausführungen Teile der Verantwortung beider Angeklagten sowie Teile von Zeugenaussagen aus dem Gesamtzusammenhang löst und isoliert betrachtet, bekämpft sie damit in Wahrheit nur in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, ohne darzutun, worin die Undeutlichkeit der Urteilsannahmen gelegen sein soll, welche Tatsachen des angefochtenen Urteiles nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen könnten und schließlich auch, welche Beweisergebnisse unerörtert geblieben seien. In Anbetracht des Gebotes der Abfassung der Urteilsbegründung in bedrängter Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) war das Erstgericht nicht verhalten, auf alle diese Einzelheiten einzugehen. Vielmehr haben die Tatrichter ihrer Begründungspflicht schon dadurch entsprochen, daß sie auf Grund der vorerwähnten denkrichtigen Schlußfolgerungen dem entgegenstehenden Vorbringen des Beschwerdeführers als ganzes die Glaubwürdigkeit versagten (siehe insbesondere EvBl. 1972/17). Die Behauptung, die Verantwortung des Beschwerdeführers habe im angefochtenen Urteil keine Berücksichtigung gefunden, ist im übrigen aktenwidrig, hat doch das Erstgericht diese Verantwortung ausdrücklich in seine Erwägungen miteinbezogen (S 490, 491/Bd. I). Auch mit der Aussage des Zeugen Manfred O***** haben sich die Tatrichter - wie bereits erwähnt - hinlänglich auseinandergesetzt (S 497, 498/Bd. I). Hingegen kommt weder der völlig vagen Andeutung des Beschwerdeführers (am 18. oder 19.Oktober 1989) gegenüber Helmut G*****, möglicherweise sei Dietmar W***** der Bombenleger vom 16. Oktober 1989, über den die Medien berichteten (S 149/Bd. I), noch der Tatsache entscheidungswesentliche Bedeutung zu, daß der Beschwerdeführer zufolge der Bekundung des Zeugen Manfred O***** durch die sinngemäße Äußerung, mit der Realisierung eines weiteren Tatplanes nichts zu tun haben zu wollen, eine (unmittelbare) Mitwirkung als Mittäter am Sprengstoffdelikt vom 20. Oktober 1989 abgelehnt habe (S 325 und 477/Bd. I), weswegen beide Umstände keiner Erörterung bedurften. Gleiches gilt nach den schon dargestellten Grundsätzen des § 270 Abs. 1 Z 5 StPO für die vom Beschwerdeführer vermißte Erörterung sämtlicher Details seiner leugnenden Verantwortung.

Schließlich werden mit diesen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholten Argumenten ebensowenig wie mit deren übrigen Vorbringen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Beschwerdeführers zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufgezeigt.

Da der Angeklagte in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) entgegen der dort eingangs getroffenen Ankündigung keine rechtlichen, sondern nur tatsächliche Argumente gegen die Annahme seiner Tatbeteiligung vorträgt und dabei zum Teil von urteilsfremden Prämissen (Bestimmung iS des § 12 zweiter Fall StGB anstelle des vom Urteil angenommenen Tatbeitrages iS des § 12 dritter Fall StGB) ausgeht, zum Teil neuerlich dem als erwiesen angenommenen Tatsachensubstrat über seinen Tatbeitrag seine leugnende Einlassung entgegenhält und damit die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen beweiswürdigend kritisiert, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung das Oberlandesgerichtes Graz zuständig ist (§ 285 i StPO).

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