OGH 1Ob9/91 (1Ob10/91)

OGH1Ob9/91 (1Ob10/91)24.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Kellner, Dr. Schiemer und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Wolfgang B*****,

2.) Inge B*****, 3.) Helga B*****, 4.) Berta B*****, 5.) Elfriede B*****, 6.) Ludwig D*****, 7.) Aloisia D*****, 8.) Clemens D*****, 9.) Anna F*****, 10.) Marianne Gertrud G*****, 11.) Robin G*****, 12.) Peter H*****, 13.) Josef H*****, 14.) Albert I*****,

15.) Charlotte K*****, 16.) Günter K*****, 17.) Johann K***** *****, 18.) Josef K*****, 19.) Günther F.S. K*****, 20.) Wilhelm K*****, 21.) Johanna L*****, 22.) Lorenz L*****, 23.) Marianne M*****, 24.) Helmut O*****, 25.) Eduard P*****, 26.) Dr. Martin P*****, 27.) Franz P*****, 28.) Gertraud P*****, 29.) Alois P*****, 30.) Maria P*****, 31.) Theresia R*****, 32.) Hans R*****, 33.) Kurt R*****, 34.) Elisabeth R*****, 35.) Maria R*****, 36.) Karoline R*****, 37.) Karl S*****, 38.) Barbara S***** *****, 39.) Erwin S*****, 40.) Hedwig S*****,

  1. 41.) Karolina S*****, 42.) Therese S*****, 43.) Josef T*****,
  2. 44.) Peter W*****, 45.) Dr. Christa W*****, und 46.) B*****, sämtliche vertreten durch Dr. Michael Neumann, Rechtsanwalt in Schärding am Inn, wider die beklagten Parteien 1.) Alexander F*****, und 2.) Anton Wolfgang F*****, beide vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in Schärding am Inn, wegen Feststellung und Unterlassung (Streitwert S 350.000 und S 33.000), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Dezember 1990, GZ 12 R 27, 28/90-32, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 29. März 1990, GZ 1 Cg 401, 402/89-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit S 23.487,30 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.914,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Eigentümer des auf 43 Anteile aufgeteilten Fischereirechtes an der Donau, das im Grundbuch Passau-Neumarkt des Amtsgerichtes Passau (Band 23, Blatt 1009) eingetragen ist. Nach der ursprünglichen Eintragung erstreckte sich dieses Recht über die gesamte Strombreite vom rechten bis zum linken Ufer. In der Fließrichtung gesehen beginnt es an der Staatsgrenze zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland beim Kräutelstein und reicht etwa 21,5 km weit stromabwärts bis zur Gemeindegrenze von Engelhartszell. Dieser Bereich war nach den älteren fischereirechtlichen Bestimmungen auch von der Fischereirevierbildung ausgenommen, weil ausschließlich bayerische, in Passau wohnhafte Staatsangehörige das Fischereirecht besaßen. Erst auf der Grundlage des OÖ Fischereigesetzes 1983 hat die durch den Verein ***** vertretenen Rechtsgemeinschaft der Kläger die Eintragung ihres Fischereirechtes im Fischereibuch für den politischen Bezirk Schärding beantragt. Diesem Antrag wurde mit - allerdings derzeit noch nicht rechtskräftigem - Bescheid vom 30.Jänner 1990 stattgegeben.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß ihnen das Fischereirecht auch an den zum Hauptgerinne der Donau gehörigen, im bücherlichen Eigentum der Beklagten befindlichen Altwässern - dem "O*****" und dem "Ö*****" - zustehe; die Beklagten seien deshalb schuldig, in diesen Gewässern selbst nicht zu fischen und jede Behinderung der Kläger bei der Ausübung ihrer Fischereirechte zu unterlassen. Sie brachten vor, ihre Rechte gingen auf eine Zeit zurück, als die Donau noch an beiden Ufern zu Bayern gehört habe und sich auch die genannten Altwässer auf bayerischem Boden befunden hätten. Als die Grenze mit Staatsvertrag von 1851 vom rechten Donauufer in die Talschiffahrtsrinne verlegt worden sei, seien den Rechtsvorgängern der Kläger diese Rechte ausdrücklich vorbehalten worden. Auch nach 1851 hätten diese das Fischereirecht an den genannten Gewässern ungehindert ausgeübt. Auch bei Errichtung des Donaukraftwerkes Jochenstein sei auf diese Rechte an den Altwässern besonders Bedacht genommen worden. Die Beklagten störten dieses Fischereirecht durch Vertreibung der Fischereiberechtigten und durch den Versuch, eine Verlandung zwischen den Altwässern und dem Hauptgerinne der Donau herbeizuführen, und maßten sich selbst die Fischereiberechtigung an.

Die Beklagten wendeten insbesondere ein, bei den umstrittenen Gewässern handle es sich um drei Weiher, an welchen der Erstbeklagte und seine Rechtsvorgänger das Fischereirecht schon seit mehr als 30 Jahren ausübten. Der Erstbeklagte stütze die Eigentumsfreiheit auch auf lastenfreien Eigentumserwerb. Erst in Verteidigung seines Eigentums habe er zahllose Fischer, die die Au rechtlos bevölkerten und sie dabei zerstörten, vertrieben und gerichtlich verfolgt. Im übrigen werde die behauptete Ersitzung bestritten; sollte das Recht aber im Zeitraum von 1779 bis 1851 ersessen worden sein, sei jedes dadurch erworbene Recht infolge der 1783 von Joseph II. begonnenen und 1803 abgeschlossenen Säkularisation erloschen. Der Zweitbeklagte sei passiv nicht legitimiert, weil er nicht mehr Liegenschaftseigentümer sei. Die B***** sei deshalb nicht zur Klage berechtigt, weil die von dieser behaupteten Fischereirechtsanteile dem F***** zustünden. Gegen die Anordnung der Eintragung des Fischereirechtes im Fischereibuch für den politischen Bezirk Schärding habe der Erstbeklagte rechtzeitig berufen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte - soweit für die Erledigung der Revision noch bedeutsam - fest, im streiterheblichen Bereich der Donau zwischen Passau und Engelhartszell hätten bis zum Jahre 1779 das Hochstift Passau am linken Ufer und Kur-Bayern am rechten Ufer aneinander gegrenzt. Schon 1778 habe sich Österreich im Zuge des Bayerischen Erfolgekrieges eines Großteils des Innviertels bemächtigt, was schließlich im darauffolgenden Jahr im Frieden von Teschen seinen rechtlichen Niederschlag gefunden habe. Das darin Österreich zugeschlagene Gebiet werde in diesem Friedensvertrag durch die Nennung der Ämter und Städte konkretisiert und "überhaupt" als der "ganze Teil" bezeichnet, "welcher zwischen der Donau, dem Inn und der Salzach liegt". In diesem Vertrag sei auch vereinbart worden, daß die "benannten Flüsse dem Hause Österreich und dem Kurfürsten von der Pfalz insoweit gemein sind, als sie die abgetretenen Länder berühren". Gleichzeitig sei aber auch in Art. 2 des "eigentlichen Friedensvertrages von Teschen" bestimmt worden:

"Gleich wie alles, was vor oder während diesem Kriege geschehen, in eine ewige Vergessenheit gesetzt werden solle, also sollen auch die Untertanen der beiden friedenschließenden Teile eine allgemeine und vollkommene Amnestie genießen und infolgedessen ihnen auf nicht nur alle ihre Güter, Fahrnisse und Einkünfte wiederum eingestanden werden, sondern auch unter keinerlei Vorwand an ihren Personen, Gütern, Ehren und Rechten gekränkt werden."

Nach dem Tode Maria Theresias sei Joseph II. bestrebt gewesen, das Innviertel territorial abzurunden. Er habe deshalb 1782 vom Hochstift Passau dessen Landeshoheit über Obernberg, Vichtenstein und Wernstein erworben. In diesem Vertrag sei ausdrücklich davon ausgegangen worden, daß die Grenze zwischen dem Hochstift Passau und dem Innviertel am rechten Donauufer verlaufe und dem Hochstift weiterhin die Landeshoheit an der Donau über die gesamte Breite zustehe. Die im Friedensvertrag zu Teschen gewählte Formulierung, nach der Donau, Inn und Salzach beiden Teilen gemein seien, sei ein Kompromiß gewesen, der nicht den exakten Grenzverlauf geregelt habe. Erst im Grenzvertrag vom 4. Juli 1784 hätten Joseph II. und der Kurfürst von der Pfalz vereinbart, daß bei allen drei Flüssen das Hauptrinnsal zur Grenzziehung herangezogen werde. Der rechts gelegene Teil habe zum Innviertel, der Teil links davon habe dagegen zu Bayern gehören sollen. Bezüglich der Fischereirechte heiße es in Punkt X. dieses Vertrages:

"In Ansehung der Untertanen als der Herrschaft selbst in künftig zu halten sein mögen, ist für Recht erklärt worden, dasselbe außer dem Falle, wo jemand eine besondere Gerechtsame darauf hergebracht hat, jedem Teil auf seiner Seite das Fischereirecht ganz gebühre."

Damit habe durch diese Grenzziehung nach dem Hauptgerinne in bestehende Rechte nicht eingegriffen werden sollen. Obgleich sowohl im Frieden von Teschen 1779 als auch im Grenzvertrag von 1784 über die Donau Vereinbarungen getroffen worden seien, sei doch unbestritten, daß Österreich und Bayern damals entlang der Donau keine gemeinsame Grenze hatten, sondern das Hochstift Passau in diesem Bereich Nachbarstaat Österreichs war. Das Hochstift habe immer schon den Standpunkt vertreten, daß die Donau zwischen Passau und Engelhartszell zur Gänze unter seine Gebietshoheit falle. Schon im 16.Jahrhundert habe sich Bayern - zu dessen Gebiet das Innviertel damals noch gehört habe - bemüht, dem Hochstift die Hoheit an der Donau zur Hälfte abzuringen; es habe sogar beim Reichskammergericht einen petitorischen Prozeß angestrengt. Während dieses Rechtsstreites sei das Passauer Possesorium festgestanden; es sei im Besitz der Hoheit geblieben und habe neben der Gerichtsbarkeit auch das Zollregal allein ausgeübt. 1690 habe Bayern diesen Stand der Dinge anerkannt. Im Rechtsstreit sei Ruhen eingetreten. Auch gegenüber Österreich habe das Hochstift Passau im Kaufvertrag von 1782, wie schon erwähnt, seine Hoheitsrechte behauptet. Es habe auch stets den Wasserzoll für die Strecke Passau-Jochenstein allein eingehoben. Von alters her habe auch kein österreichischer Fischer oberhalb Jochenstein fischen dürfen, weil die Donau ein einheitliches Fischwasser gebildet habe und das Fischereirecht insoweit den Passauer und Oberzeller Fischern zugestanden sei, denen es die Fürstbischöfe Sebastian und Leopold in Urkunden vom 19. März 1684 und 21. Juli 1780 auf Grund hergebrachter Rechte und Gewohnheiten bestätigt hätten. Die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte über den Grenzverlauf im Bereich der Donau hätten sich im übrigen auch in abweichenden Darstellungen des Grenzverlaufes in den von den beteiligten Staaten herausgegebenen Landkarten niedergeschlagen.

Erst durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 und den Preßburger Frieden im Jahre 1805 habe Bayern das Gebiet des früheren Hochstiftes Passau erworben; seither seien Österreich und Bayern an der Donau Grenzanrainer. Bayern habe sich sogleich den Passauer Standpunkt zu eigen gemacht und die gesamte Donau bei Verlauf der Grenze am rechten Donauufer für sich in Anspruch genommen. Zu Verhandlungen mit Österreich sei es aber deshalb nicht gekommen, weil Bayern im Zuge der napoleonischen Feldzüge Kriegsgegner Österreichs gewesen sei. Dem Kriegsverlauf gemäß habe Österreich das Innviertel 1809 dem Rheinbund übergeben müssen; schon 1810 sei dieses Gebiet auf Grund eines Vertrages zwischen Bayern und Frankreich wieder an Bayern zurückgefallen. Damit habe sich die Grenzfrage vorübergehend erübrigt. Als sich Bayern in der Folge aber aus der napoleonischen Front gelöst habe, sei es im Vertrag von Ried im Innkreis am 8.Oktober 1813 mit Österreich übereingekommen, das Innviertel rückabzutreten, was dann auch durch den Pariser Vertrag vom 3.Juni 1814, den Wiener Kongreß und den Münchner Vertrag vom 14.April 1816 vollzogen worden sei. Österreich habe damit das Hausruck- und das Innviertel in dem Umfang zurückerhalten, wie dies bei dem Gebiete im Jahre 1809 abgetreten worden seien. Artikel IX des vorher genannten Vertrages regle die Schiffahrt "auf den Flüssen, welche durch die Staaten beider Souveräne fließen oder deren Grenzen ausmachen" mit Beibehaltung der "Stipulationen des Teschner Friedens"; Art XV regle schließlich die privatrechtlichen Verhältnisse:

"....... Den Privatpersonen jeglicher Klasse, sowie allen und jeden öffentlichen Anstalten und milden Stiftungen soll der freie Genuß ihres liegenden und beweglichen Eigentums, welches sich im Gebiete des einen oder anderen der hohen kontrahierenden Teile befindet, ohne Ausnahme und Hindernisse gestattet bleiben."

Wegen der unscharfen Formulierungen in diesen Verträgen sei es zu nachhaltigen Meinungsverschiedenheiten über den Grenzverlauf gekommen, weil Bayern den Standpunkt des Hochstiftes Passau eingenommen und die gesamte Donau für sich reklamiert habe. Erst im Staatsvertrag vom 2.Dezember 1851 hätten Österreich und Bayern über den Grenzverlauf in diesem Bereich Einigung erzielen können. Künftighin habe der "jeweilige Haupttalweg der Donau" die Hoheitsgrenze zwischen den beiden Staaten über die gesamte Strecke bilden sollen. Es sei auch festgelegt worden, daß alle Regalien und alles Domäneneigentum auf jedem Teil der Donaustrecke, der danach in das österreichische Hoheitsgebiet einbezogen werde, fortan Österreich zufalle. Artikel 3 regle die durch diesen Grenzvertrag betroffenen Privatrechte wie folgt:

"Den Privatpersonen, sowie den Gemeinden und Stiftungen soll der freie Genuß des liegenden Eigentums unter sonstigen Rechte, welche infolge des Artikels 1 des gegenwärtigen Vertrages unter österreichischer Hoheit stehen werden, ohne Ausnahme oder Hindernisse gestattet bleiben."

In dem durch den Vertrag von 1851 unter österreichische Hoheit gestellten Teil der Donau übe die Fischereiinnung Passau-Obernzell - die Rechtsvorgängerin der Kläger - seit unvordenklichen Zeiten, jedenfalls aber seit dem 17.Jahrhundert, ihr Fischereirecht aus.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Rechtsvorgänger der Kläger hätten das Fischereirecht an der Donau in ihrer gesamten Breite von unvordenklicher Zeit nach bayerischem Landrecht ersessen. Dieses Recht sei in allen Staatsverträgen, in denen seit 1779 Gebietsabtretungen und Grenzfragen geregelt worden seien, gewahrt worden. Das Fischereirecht erstrecke sich aber nicht nur auf den Hauptstrom, sondern auch auf die Altwässer, zu welchen auch die streitverfangenen Gewässer zählten. Der Rechtsvorgänger der Beklagten habe dieses Fischereirecht nie bestritten; von einem lastenfreien Erwerb der Liegenschaft könne keine Rede sein.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes in der Rechtssache jedes einzelnen Klägers S 50.000 übersteige, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Einwand, daß infolge der Säkularisation auch alle Privatrechte der Untertanen untergegangen seien, könne schon deshalb nicht richtig sein, weil - SZ 59/200 zufolge - nicht einmal das Fischereirecht eines damals tatsächlich aufgelösten beschaulichen Ordens untergegangen sei. Daß es auf den Grenzverlauf zwischen 1779 und 1851 nicht mehr ankomme, habe der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung im Vorprozeß (1 Ob 19/89) ausgesprochen. Das umstrittene Recht sei schon lange vor der ersten Gebietsveränderung 1779 erworben worden und habe sich von Anfang an über die gesamte Breite der Donau erstreckt. Mit der in der Berufung ins Treffen geführten "Verschweigung" hätten die Beklagten offenbar geltend machen wollen, daß sie gemäß § 1488 ABGB die Freiheit ihres Eigentums ersessen hätten. Konkrete Maßnahmen, mit welchen den Klägern von den Beklagten die Ausübung des Fischereirechtes unmöglich gemacht worden sei, hätten diese gar nicht behauptet; solche seien auch nicht festgestellt worden. Wie schon im vorangegangenen Negatorienstreit festgestellt, könne von einer Freiheitsersitzung schon deshalb keine Rede sein, weil sich die Kläger bzw. die tätig gewordenen Fischer den Verboten nicht gefügt und die errichteten Hindernisse nicht beachtet bzw. überwunden hätten. Einer Klage der Fischereiberechtigten hätte es dann aber nicht bedurft, weil sie ihr Recht ungeachtet der Widersetzlichkeit ohnedies weiterhin ausgeübt hätten. Daß die Kläger ihr Fischereirecht an den umstrittenen Gewässern nach wie vor ausübten, sei ohnehin unbestritten. Gehe man weiters davon aus, daß die Kläger die Donau seit Jahr und Tag in ihrer gesamten Breite befischten, könnten sich die Beklagten auch nicht auf lastenfreien Erwerb im Jahre 1966 berufen. Im guten Glauben werde derjenige nicht geschützt, der den Widerspruch zwischen bücherlichem und tatsächlichem Stande kannte oder leicht hätte feststellen können. Dem Beklagten und deren Rechtsvorgängern sei bekannt gewesen, daß die "Passauer Fischer" an der gesamten Donau ein Fischereirecht besitzen. Daß sich dieses Recht auch auf die Altwässer beziehe, sei eine Rechtsfolge, die der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung im Vorprozeß (1 Ob 25, 26/87) als "Erstreckung der Rechte als gesetzliche Folge" näher dargelegt habe. Das Fischereirecht sei nicht erst durch die Kläger, sondern schon von ihren Rechtsvorgängern vor dem Jahre 1779 ersessen worden. Das sei damals aber unbestrittenermaßen die Fischereiinnung Passau-Obernzell und nicht die Bundesrepublik Deutschland gewesen. Auf die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland das Fischereirecht überhaupt ersitzen könnte, sei daher nicht weiter einzugehen. Diese habe im übrigen auch gar nicht behauptet, daß sie selbst, sondern daß ihre Rechtsvorgänger das Fischereirecht seit unvordenklicher Zeit ausgeübt und somit ersessen hätten. Die Passivlegitimation des Zweitbeklagten ergebe sich schon aus § 234 ZPO im Zusammenhang damit, daß dieser zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rechtsstreit anhängig gemacht wurde, noch bücherlicher Miteigentümer der Liegenschaften, auf welchen sich die Gewässer befinden, gewesen sei. Da, soweit die Veräußerung einer Liegenschaft auf einen Prozeß von Einfluß sei, nicht das Datum des Kaufvertrages, sondern die Einverleibung des Eigentums für den Käufer im Grundbuch maßgeblich sei, hätten die Kläger den Zweitbeklagten zu Recht in Anspruch genommen.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zwar zulässig, weil zu den im Zusammenhang mit der Josephinischen Säkularisation aufgeworfenen Rechtsfragen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, sie ist aber nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß der erkennende Senat schon im vorausgegangenen Negatorienprozeß, den die Beklagten gegen den Verein ***** angestrengt hatten, dargelegt hat, im strittigen Bereich der Donau vor der Säkularisierung sei nicht Bayern, sondern das Hochstift Passau Nachbar Österreichs gewesen. Demnach sei es auch unerheblich, ob und welche Vereinbarungen Österreich mit dem Kurfürsten von der Pfalz bzw. mit Bayern vor den Jahren 1803 bzw. 1810 getroffen hat und ob zwischen Österreich und Bayern eine Kriegsgrenze bestand. Dem Hochstift Passau gegenüber habe Österreich im Vertrag vom 27.Juni 1782 das rechte Donauufer ausdrücklich als Grenze anerkannt. Die gesamte Donau sei demgemäß unter der Hoheit des Hochstiftes gestanden. Daß sich dieses infolge der Säkularisierung geändert habe, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Im Vertrag vom 12.Dezember 1851 sei nicht festgestellt worden, daß die Grenze in der Mitte der Talschiffahrtsrinne verlaufe, sondern sei die Grenze dorthin verlegt worden, müsse deshalb vorher anders verlaufen sein. Der (dort) beklagten Partei sei somit der Nachweis gelungen, daß die vom umstrittenen Fischereirecht betroffene Donaustrecke erst 1851 erstmals unter die Gebietshoheit Österreichs gefallen sei. Im ehemals bayerischen Teil seien die Fischereirechte jedenfalls aufrecht geblieben.

Die Beklagten führen nun in ihrer Revision unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senates vom 23.September 1987, 1 Ob 25, 26/87, im ersten Rechtsgang des vorangegangenen Negatorienprozesses ins Treffen, der Oberste Gerichtshof habe dort für das fortgesetzte Verfahren bindend festgelegt, daß es entscheidungswesentlich sei, ob die umstrittenen Gewässer von 1779 bis 1851 auf dem Hoheitsgebiet Österreichs oder Bayerns lagen; die Beklagten übersehen dabei jedoch, daß der Oberste Gerichtshof diese Frage - wie vorher wiedergegeben - im zweiten Rechtsgang deshalb nicht mehr als bedeutsam ansah, weil hervorgekommen war, daß Österreich und Bayern mit dem Frieden von Teschen 1779 im Bereich der umstrittenen Donaustrecke noch gar nicht Nachbarn geworden waren.

Der Schwerpunkt der Revisionsausführungen liegt in der Frage, ob und inwieweit die Säkularisierung der Besitztümer und Rechte des Hochstiftes Passau durch Joseph II. die Fischereirechte der Kläger berühren konnten. Diese Frage ist schon deshalb zu erörtern, weil sie im Vorprozeß unbeachtet geblieben war, für den Standpunkt der Beklagten ist durch deren Lösung indessen nichts zu gewinnen:

Die Revision selbst zitiert den hier maßgeblichen Teil der Säkularisationsanordnung Josephs II. vom 13.März 1783, mit der "der Beschlag der sämtlichen, dem Hochstift Passau zugehörigen, in den Österreich, Ober- und Unterennsischen Landen gelegenen Güter, Besitzungen, Zehenten, Ritter- und Beutellehen, Rechte, Herrlichkeiten und Gerechtsame verfügt" wurde. Auch dem am 23. Juli 1784 - wenige Wochen nach dem Frieden von Passau (4.Juli 1784) - von Joseph II. und dem Fürstbischof von Passau unterzeichneten Säkularisationsedikt kann nur entnommen werden, daß damit das Eigentum an den in den Habsburgischen Erblanden belegenen Besitztümern und Rechten des Hochstiftes Passau von diesem an Österreich überlassen wurden. Gegenstand dieser Säkularisation Josephs II. waren demnach nur die in den Erblanden Habsburgs belegenen Besitztümer und Rechte, nicht indessen auch jene Güter und Rechte, die das Hochstift innerhalb seiner Landesgrenzen besaß. Die umstrittene Donaustrecke fiel damals aber fraglos zur Gänze unter die Landeshoheit des Hochstiftes, weil zu dieser Zeit das rechte Ufer des Stroms die Landesgrenze zwischen Österreich und dem Hochstift bildete. Weder die Donau selbst noch die daran bestehenden Fischereirechte der Rechtsvorgänger der Kläger in diesem Bereich waren daher Gegenstand der Säkularisation und daher von dieser Verfügung auch nicht betroffen.

Darüber hinaus wäre für die Beklagten aber nicht gewonnen, wenn diese Säkularisationsverfügung Josephs II. auch die umstrittene Donaustrecke erfaßt hätte: Gegenstand der Beschlagnahme und des Eigentumsüberganges waren lediglich die Güter und Rechte des Hochstiftes selbst und nicht auch die Besitztümer und Rechte seiner Untertanen, denen gegenüber auch von einer Säkularisation als Einziehung oder Nutzung kirchlicher Hoheitsrechte oder kirchlichen Vermögens nicht gesprochen werden könnte. Durch die Josephinische Säkularisation sind demnach die Rechtsvorgänger der Kläger der von ihnen schon längst vorher ersessenen und ihnen von den Landesherren bestätigten Fischereirechte nicht verlustig gegangen.

Aber auch die Säkularisierung des Hochstiftes Passau durch den Reichsdeputationshauptschluß vom 25.März 1803, mit dem Bayern die Landeshoheit über das Territorium des ehemaligen Hochstiftes gewann, brachte keine Änderung, weil die Donaustrecke ab nun bayerisches Hoheitsgebiet wurde. Anhaltspunkte dafür, daß den Fischereirechten der Rechtsvorgänger der Kläger dadurch Abbruch geschehen wäre, sind auch in diesem Verfahren nicht hervorgekommen.

Da die Fischereirechte der Rechtsvorgänger der Kläger im Frieden von Teschen (1779), im Vertrag vom 4.Juli 1784 und im Staatsvertrag zwischen Österreich und Bayern vom 2.Dezember 1851 durch salvatorische Klauseln aufrechterhalten und auch durch die Josephinische Säkularisation (1783/84) nicht berührt worden waren, haben die Vorinstanzen dem Klagebegehren zu Recht stattgegeben.

Soweit die Beklagten die Feststellungen über die S***** Auen in der Zwischenkriegszeit bekämpfen, genügt der Hinweis, daß die Beweiswürdigung in dritter Instanz zur Anfechtung entzogen ist. Daß sich das Fischereirecht auf neu entstandene und verbreitete Gewässer ausdehnt, hat der Oberste Gerichtshof nicht bloß in SZ 51/160, sondern auch in der Entscheidung vom 23.September 1987, 1 Ob 25, 26/87, im Vorprozeß ausgesprochen; davon abzugehen, besteht trotz der diese Auffassung bezweifelnden Revisionsausführungen kein Anlaß. Gleiches gilt auch für den nach wie vor behaupteten lastenfreien Eigentumserwerb, den der erkennende Senat bei gleicher Sachverhaltsgrundlage in der vorher genannten Entscheidung ausdrücklich verneint hat.

Auch bei den Ausführungen zur Freiheitsersitzung beschränken sich die Beklagten auf ein Detail, dessen Bewahrheitung für sich die Darlegungen des Berufungsgerichtes aber nicht widerlegt: Es mag zutreffen, daß die Fischkarteninhaber selbst nach dem Standpunkt der Kläger in den zur Fischaufzucht verwendeten Altwässern nicht fischen dürfen; damit wird die weitere Ausübung der Fischereirechte durch die Kläger ungeachtet der Widersetzlichkeit der Beklagten selbst nicht einmal in Frage gestellt. Die Widersetzung ist aber dann bedeutungslos, wenn etwa ein Verbot mißachtet und das Recht weiter ausgeübt wird (Schubert in Rummel, ABGB § 1488 Rz 2 mwN).

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. (Kostenbemessungsgrundlage ist nicht der Bewertungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz).

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