Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der klagende Rechtsanwalt schloß am 31. Mai 1985 mit der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei einen Programm-Nutzungsvertrag über ein EDV-Programm für eine Rechtsanwaltskanzlei ab, in dem der Kläger als "Anwender" und die beklagte Partei als "VE" bezeichnet werden; statuiert ist u.a.:
"Präambel. Die VE hat die Absicht, die Programme weiterzuentwickeln, zu überarbeiten und auszubauen, diese Überarbeitungen und Weiterentwicklungen sind jedoch nicht Gegenstand dieses Vertrages. 1. Die VE räumt dem Anwender das unübertragbare und nicht ausschließliche Recht ein, die in der Anlage ./2 zu dieser Vereinbarung angeführten Programme auf der in der Anlage ./1 zu diesem Vertrag bezeichneten elektronischen Datenverarbeitungsanlage ausschließlich für sich zu nutzen. Für das .... Recht der Programmnutzung (ausschließlich der gesondert zu vereinbarenden Einschulung) entrichtet der Anwender an die VE ein einmaliges Entgelt von S 205.250 zuzüglich Umsatzsteuer. .... Der vorbezeichnete Betrag ist a) ab Zusendung des Datenträgers mit den Programmen mit zwei Dritteln und b) ab Beendigung der gemeinsamen Einschulung mit dem restlichen Drittel; längstens aber nach Ablauf von sechs Wochen nach dem ersten Einschulungstag je innerhalb von 14 Tagen zur Zahlung fällig. .....
5. Die VE wird neben der Fehlerbehebung auch eine Neugestaltung und Wartung der Programme durchführen. Diese Neugestaltung und Wartung der Programme ist jedoch nicht Gegenstand des Vertrages. Unter Neugestaltung und Wartung sind Überarbeitungen, Änderungen oder Neugestaltungen von Programmen oder Programmteilen infolge von geänderten Randbedingungen, insbesondere unter Berücksichtigung faktischer, gesetzlicher, technischer oder wissenschaftlicher Änderungen oder aufgrund neugewonnener Erkenntnisse zu verstehen. Solche im Rahmen der Wartung und Neugestaltung entwickelten Programmversionen werden zunächst bei den Mitgliedern der VE eingesetzt und sodann nach durchgeführten Testreihen dem Anwender gegen Zahlung eines von der VE festzusetzenden Entgeltes angeboten. Es besteht jedoch keine Verpflichtung der VE, diese Programme dem Anwender anzubieten. Ebenso besteht keine Verpflichtung des Anwenders, diese neu entwickelten Programme zu übernehmen.
Sollten jedoch durch eine Änderung der Randbedingungen (z.B. des Umsatzsteuersatzes) Teilprogramme unbrauchbar werden und deshalb die VE für ihre Mitglieder im Rahmen der Wartung dieses Teilprogramm geändert haben, dann hat der Anwender gegen die VE den Anspruch, diese Programmversion gegen Kostenersatz zu beziehen.
Die VE verpflichtet sich weiters, jeweils auch allen anderen Anwendern den Bezug neuer Programme oder Programmversionen anzubieten, wenn sie dies auch nur einem Anwender angeboten hat (diese Zusage beschränkt sich auf die Anbietung an sich).
Mit dem Zeitpunkt, dabei der VE im Rahmen der Fehlerbehebung,
Wartung und Neugestaltung der Programme geänderte Programme
eingesetzt werden, werden bei den dadurch ersetzten Programmen
keine Fehlerbehebungen, Programmwartung und Datensicherung der
Programmplatten ("SYSO") mehr vorgenommen. Der Anwender muß in
diesem Fall selbst eine ausreichende Anzahl von Programmplatten
....... herstellen lassen. Fehlerbehebungen werden dann nur mehr
an den neu gestalteten, den Anwendern auch angebotenen Programmen
vorgenommen. ......"
In dem - noch in erster Instanz anhängigen - Verfahren 8 Cg 64/87 des Landesgerichtes Salzburg (im folgenden Vorverfahren) begehrt die beklagte als dort klagende (im folgenden nur beklagte) Partei vom Kläger als dort Beklagten (im folgenden nur Kläger) die Zahlung von zuletzt S 567.215,07 (incl. kapitalisierter Zinsen) sA als vereinbartem Programmnutzungsentgelt, für Hardware-Erweiterung und für Wartung, die der Kläger im wesentlichen mit der Begründung verweigert, das Programm entspreche nicht seinen Erwartungen, sei fehlerhaft und für seine Kanzlei nicht oder kaum geeignet; er sei deshalb mit Schreiben vom 16. Mai 1986 vom Vertrag zurückgetreten. Hilfsweise werde Anfechtung wegen "mangelnder Geschäftsgrundlage", Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes und Verstoßes gegen die guten Sitten geltend gemacht. Die beklagte Partei nahm die Rücktrittserklärung des Klägers nicht an, so daß eine einvernehmliche Vertragsauflösung nicht zustandekam.
Nicht den Gegenstand der Programm-Nutzungsverträge bildende Programm-Wartungsverträge wurden mit den Anwendern erst ab April 1986 abgeschlossen. Von derzeit etwa 80 Anwendern haben alle mit Ausnahme des Klägers einen Wartungsvertrag mit einer Mindestdauer von 18 Monaten und einem monatlichen Entgelt von S 1.900 netto abgeschlossen. Auf Grund dieser Wartungsverträge besteht ein Anspruch des Anwenders, daß gesetzliche Änderungen und Verbesserungen jeweils berücksichtigt werden und der Anwender die jeweils letzte Programmversion erhält. Neue Programme sind von den Wartungsverträgen nicht umfaßt. Die Programmänderungen, Wartungen und Verbesserungen erfolgen technisch durch die G***** Gesellschaft mbH. Im Hinblick auf die mit 1. Jänner 1989 bevorstehende Änderung des USt-Satzes auch für Leistungen der Rechtsanwälte (Erhöhung von 10 % auf den Normalsteuersatz von 20 %) interessierte sich der Kläger für eine Änderung seiner EDV-Programm, führte darüber ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei und schrieb am 1.Dezember 1988 an den Beklagtenvertreter, er sei bereit, die Hälfte der Wartungsgebühr von S 62.700, somit 31.350 S, zu bezahlen und einen, vorerst auf ein Jahr befristeten Wartungsvertrag ab 1.Jänner 1989 abzuschließen. Nach Rücksprache mit der Geschäftsführung der beklagten Partei teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger am 6. Dezember 1988 brieflich mit, daß die beklagte Partei bereit sei, die vom Kläger derzeit benützten Programme gegen die neuen Programmversionen einschließlich der Umstellung des USt-Satzes ab 1. Jänner 1989 auszutauschen, wenn der Kläger S 54.000 brutto vorauszahlt, die Forderung der beklagten Partei im Vorverfahren der Höhe nach außer Streit stellt und zur Kenntnis nimmt, daß für den Einsatzz der neuen Programmversionen ein Ausbau des Hauptspeichers (am Rechner des Klägers) auf 1.024 Kilobyte (KB) notwendig ist. Mit 14.Dezember 1988 übermittelte der Kläger dem Beklagtenvertreter einen Verrechnungsscheck über S 84.000 und stellte im Begleitschreiben klar, daß S 54.000 als Vorauszahlung an die beklagte Partei gemäß dem Schreiben vom 6. Dezember 1988 und S 30.000 als Vorauszahlung an die B***** Aktiengesellschaft zum Ausbau des Hauptspeichers auf 1.024 KB bestimmt sei. Daraufhin erhielt der Kläger von G***** letztlich die Programmversion mit dem Auslieferungsdatum 2.Mai 1989, die dem Programmstand 15. April 1989 entspricht.
Unter Bezugnahme auf die eingetretene Änderung der Randbedingungen iS des Programm-Nutzungsvertrages vom 31. Mai 1985 zufolge der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 und der Änderung des Normalkostentarifs mit 1. August 1989 brachte der Kläger in seinem Schreiben vom 7.August 1989 an den Geschäfstführer der beklagten Partei seine Verwunderung zum Ausdruck, daß sich mit ihm noch niemand in Verbindung gesetzt habe, weil die Verpflichtung bestehe, den Anwendern die geänderten Programmversionen anzubieten. Die G***** Betriebsberatung Gesellschaft mbH machte darauf dem Kläger nach Rücksprache mit der beklagten Partei folgenden Vorschlag: Der Kläger soll an den Beklagtenvertreter unter der ausschließlichen Widmung "A*****-Programmwartung Jänner 1989 bis Juni 1990" S 41.040 (18 Monate x S 1.900 + 20 % Umsatzsteuer) überweisen, dafür erhält er sofort nach Geldeingang die neue "SYSO" per 28. Juli 1989 samt Beschreibungen und eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer und nimmt an der Programmwartung bis einschließlich Juni 1990 teil. Mit Schreiben vom 17.August 1989 nahm die beklagte Partei zum Schreiben des Klägers vom 7.August 1989 Stellung und teilte ihm mit, daß er mit der Bezahlung des Software-Nutzungsentgeltes in Verzug sei und ihm auch seinerzeit ein Wartungsvertrag angeboten worden sei, den er abgelehnt habe. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 25.September 1989, daß der Anwender bei Änderung der Randbedingungen Anspruch auf die neue Programmversion gegen Kostenersatz habe. Er ersuchte um Beistellung dieser Programmversion binnen acht Tagen gegen Bezahlung der damit verbundenen, angemessenen Kosten.
Die Programmversion unter Berücksichtigung der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 und des neuen Normalkostentarifs kam Anfang August 1989 an alle Anwender, die einen Programmwartungsvertrag abgeschlossen hatten, zur Auslieferung. Zwischen dem 15.April 1989 und August 1989 wurde von "G***** das Programm ständig weiterentwickelt, aber keine reguläre neue "SYSO" ausgeliefert. Wäre aber zB bei einem Anwender am 15.Juli 1989 die "SYSO" gebrochen, hätte der Anwender eine bis dahin aktualisierte Version erhalten. Nur wegen der erwarteten Probleme mit dem Kläger wurde eine "SYSO"-Version mit Auslieferungsdatum 2. Mai 1989 aufbewahrt. G***** hat für die Berücksichtigung der WGN 1989 in den Programmen der beklagten Partei einen rechnerischen Entgeltanspruch von S 734.000 brutto, der teils durch Zahlung beglichen und teils mit Gegenleistungen kompensiert wurde.
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei, ihm die Programmversion ihres EDV-Programms, die auf Grund der Bestimmungen des BGBl Nr 343/89 (Erweiterte Wertgrenzennovelle 1989) und BGBl Nr 386/89 (VO zum Normalkostentarif) entwickelt worden sei, "gegen Kostenersatz" zu übergeben. Er habe Anspruch auf Übergabe der neuesten Programmversion, weil auf Grund der genannten Gesetzesänderungen Änderungen der Randbedingungen iS des Programm-Nutzungsvertrages eingetreten seien. Der Betrag von S 41.040 könne kaum angemessen sein, weil die Entwicklungskosten auf angeblich mehr als 75 Anwender aufzuteilen seien. Bei 75 Anwendern entfielen auf ihn maximal 10.000 S brutto. Er habe sich mit Schreiben vom 25.September 1989 verpflichtet, die angemessenen Kosten zu ersetzen und dem Geschäftsführer der beklagten Partei überdies eine Bankgarantie für die Bezahlung eines angemessenen Betrages angeboten.
Die beklagte Partei wendete ein, es sei zwar richtig, daß durch die Wertgrenzennovelle und die Verordnung über den Normalkostentarif Änderungen der Randbedingungen eingetreten seien; der Kläger habe aber schlüssig auf Wandlung verzichtet, so daß der Programm-Nutzungsvertrag und damit auch die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung des vereinbarten Entgelts nach wie vor aufrecht seien. Solange der Kläger seiner Vertragsverpflichtung nicht nachkomme, müsse auch die beklagte Partei keine weiteren Leistungen erbringen, auch wenn Änderungen der Randbedingungen eingetreten seien, wodurch Teile der Programme nur mehr beschränkt bzw. nicht mehr mit dem bisherigen Komfort eingesetzt werden könnten. Alle Anwender mit Ausnahme des Klägers hätten Wartungsverträge abgeschlossen und benützten daher die neuesten Programmversionen. Die beklagte Partei sei dem Kläger insoferne entgegen gekommen, als sie ihm die neueste Programmversion gegen Bezahlung von 34.200 S netto - welcher Betrag sich an den Wartungsentgelten orientiere - angeboten habe; dieses Anbot habe der Kläger abgelehnt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger sei, wie sein späteres Verhalten zeige, konkludent von seinem Wandlungsbegehren wieder abgegangen, der Programm-Nutzungsvertrag zwischen den Streitteilen sei daher aufrecht. Wie sich aus der Präambel zum Vertrag und aus dessen Punkt 5. ergebe, bestehe allerdings kein Rechtsanspruch auf eine Neugestaltung und Wartung der Programme. Selbst wenn man einen derartigen Anspruch annehme, habe sich die beklagte Partei die Kalkulationsgrundlage für das Entgelt vorbehalten wollen. Wenn die beklagte Partei das Entgelt darnach berechne, was die Vertragspartner von Wartungsverträgen zu bezahlen hätten, könne darin keine unangemessene Festsetzung des Entgelts gesehen werden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteigt, die ordentliche Revision ließ es nicht zu. In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz im wesentlichen davon aus, daß die beklagte Partei zu Recht von der Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 1052 ABGB Gebrauch gemacht habe; während ein Teil des Entgeltes durch den in Punkt 5. des Vertrages genannten Kostenersatz zu entrichten sei, stecke der restliche, auf den Gewinnanteil fallende Teil des Entgelts im ursprünglich bezahlten Nutzungsentgelt. Soweit der Fälligkeitszeitpunkt des Nutzungsentgeltes vor dem Zeitpunkt der Änderungen der Randbedingungen liege, sei der Kläger vorleistungspflichtig. Ein Größenschluß aus § 1052 ABGB führe zwingend dazu, die Einrede des nicht erfüllten Vertrages auch dem Nachleistungspflichtigen zu gewähren. Dies führe zur Abweisung des Klagebegehrens.
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Programm-Nutzungsvertrag der Streitteile enthält die Bestimmung, daß bei einer Änderung der Randbedingungen (z.B. des Umsatzsteuersatzes), einem dadurch bedingten Unbrauchbarwerden von Teilprogrammen und einer Änderung dieses Teilprogramms durch die "VE" (beklagte Partei) für ihre Mitglieder im Rahmen der Wartung der Anwender gegen die "VE" den Anspruch hat, diese Programmversion "gegen Kostenersatz" zu beziehen. Da sich nach übereinstimmender Auffassung der Streitteile die Randbedingungen durch die Anhebung des Umsatzsteuer-Satzes für Rechtsanwälte auf den Normalsteuersatz und durch die Änderung des Normalkostentarifs änderten, hat der Kläger auch ohne Abschluß eines Wartungsvertrages mit der beklagten Partei Anspruch auf Lieferung der entsprechenden neuen Programm-Version "gegen Kostenersatz". Der erkennende Senat erblickt in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht in Punkt 5. des Nutzungsvertrages nicht nur, wie das Erstgericht, eine programmatische Absichtserklärung der Vertragsparteien, sondern einen auch klagsweise durchzusetzenden Anspruch des Anwenders, zumal bei Abschluß des Programm-Nutzungsvertrages der Abschluß eines Wartungsvertrages noch gar nicht möglich, im Vertrag auch nicht als Verpflichtung vorgesehen war, die Vertragsparteien auf eine Änderung der sogenannten Randbedingungen keinen Einfluß haben und das Programm ohne seine jeweilige Anpassung an diese Randbedingungen nur von wesentlich geringerem Nutzen sein kann.
Die beklagte Partei tritt dem Begehren des Klägers auf Übergabe einer bestimmten Programmversion unter Hinweis auf ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 ABGB entgegen, weil der Kläger - unbestritten - das Programm-Nutzungsentgelt noch nicht entrichtet habe. Das Leistungsverweigerungsrecht (Einrede des nicht erfüllten Vertrages) nach § 1052 erster Satz ABGB gilt für alle zweiseitig verbindlichen entgeltlichen Verträge, auch Dauerschuldverhältnisse (SZ 58/144), bei denen nicht eine Vorleistung vereinbart oder eine gesetzliche Sonderregelung vorgesehen oder etwas anderes vereinbart ist (NZ 1987, 146; EvBl 1974/161; SZ 42/162 ua; Aicher in Rummel2, Rz 1 zu § 1052 ABGB), weshalb auf die rechtliche Natur des vorliegenden Programm-Nutzungsvertrages als Software-Überlassungsvertrages (vgl. dazu Aicher aaO, Rz 52 zu § 1053 ABGB mwN) nicht eingegangen werden muß. Die Anwendung des § 1052 erster Satz ABGB setzt ein gegenseitiges Verpflichtungsverhältnis, eine Zug-um-Zug- oder Nachleistungspflicht und die fehlende Erfüllungsfähigkeit oder -bereitschaft auf der Gegenseite (Binder in Schwimann, § 1052 ABGB Rz 5) voraus. Wer auf die Übergabe dringen will, muß seine Verbindlichkeiten erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit, somit selbst vertragstreu sein. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bezieht sich immer nur auf Pflichten, die miteinander im Austauschverhältnis stehen, also auf die Haupt- und äquivalenten Nebenpflichten (SZ 61/15; MietSlg. 35.128). Das nach der Übung des redlichen Verkehrs zu beurteilende (SZ 61/15; NZ 1980, 6) Gegenseitigkeitsverhältnis ist hier gegeben. Denn die Verpflichtung des Klägers zur Leistung des Entgelts für den Programm-Nutzungsvertrag und die Verpflichtung der beklagten Partei zur Lieferung einer neuen Programm-Version "gegen Kostenersatz" bei einer Änderung der Randbedingungen nach Punkt 5. des Programm-Nutzungsvertrages entspringen demselben Vertrag.
Stünde der beklagten Partei die Einrede nach § 1052 ABGB zu, so führte dies schon deshalb zur Abweisung des Klagebegehrens, weil der Kläger nicht bereit ist, die nach Ansicht der beklagten Partei noch offene Gegenleistung zu erfüllen. In einem solchen Fall käme auch eine Verurteilung Zug um Zug nicht in Betracht (SZ 53/63 mwN). Ob die Voraussetzungen nach § 1052 ABGB vorliegen, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Tatsache, daß der Kläger eine Wandlungserklärung abgab, wurde von der beklagten Partei zum Prozeßgegenstand gemacht. Das Prozeßgericht erster Instanz wies auf Grund dieses Vorbringens das Begehren deshalb ab, weil der Kläger auf sein Wandlungsrecht in der Folge schlüssig verzichtet habe. Zutreffend führt die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zwar aus, daß, wie auch immer das zwischen den Streitteilen anhängige Verfahren 8 Cg 64/87 des Erstgerichtes rechtskräftig entschieden werden wird, dem hier geltend gemachten Anspruch des Klägers der Boden entzogen sein wird. Verliert die beklagte (dort klagende) Partei den Prozeß auf Zahlung des Programmnutzungsentgeltes wegen erfolgreicher Wandlung, ist der Vertrag gänzlich aufgehoben, so daß dem auf Punkt 5. des Vertrages gestützten Begehren des Klägers der Boden entzogen wäre; wird der Kläger aber dort zur Zahlung verurteilt, folgt daraus, daß hier von der beklagten Partei das Leistungsverweigerungsrecht zu Recht geltend gemacht wurde. Damit ist aber noch nicht beantwortet, wie die Rechtslage vor rechtskräftigem Abschluß des Vorprozesses ist.
Die Wandlung vollzieht sich nicht durch die einseitige Erklärung des Erwerbers; es bedarf dazu vielmehr nach einheitlicher Rechtsprechung und überwiegender Lehre der - hier
fehlenden - Parteienübereinkunft oder mangels einer solchen eines richterlichen Urteils, das dann die Rechtslage rückwirkend gestaltet (SZ 61/238; SZ 50/85; SZ 47/138 ua; Binder in Schwimann, Rz 37 zu § 932 BGB; Mayrhofer-Ehrenzweig Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 444, FN 1 mwN). Die Wandlung hebt das auf Erfüllung der vorgesehenen Leistungen gerichtete Vertragsverhältnis auf, sie verpflichtet zur Rückabwicklung (Koziol-Welser8 I 244). Solange der Vertrag aber noch aufrecht ist, kann grundsätzlich jeder Teil weiterhin auf die Erfüllung vertraglicher Pflichten der Gegenseite dringen. Auf Grund des hier vorliegenden Sachverhaltes kann nicht angenommen werden, daß die im Vorverfahren erhobene Einwendung der Wandlung des Vertrages schon deshalb nicht zum Tragen käme, weil der Kläger auf sein Wandlungsrecht schlüssig verzichtet habe. Der Weiterbenützung der Sache trotz Ausübung des Wandlungsrechtes kommt nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung allein noch nicht die Bedeutung eines schlüssigen Verzichtes auf Wandlung zu (RZ 1984/3; SZ 48/103; 6 Ob 529, 530/79). Für die Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ist besondere Vorsicht geboten (Rummel in Rummel2 Rz 14 zu § 863 ABGB mwN). Es müssen besondere Umstände gegeben sein, die darauf hinweisen, daß ein Verzicht ernstlich gewollt war (Binder aaO). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Daß der Kläger ungeachtet zu einer Wandlungserklärung aber vor gerichtlicher Rechtsgestaltung aus dem seiner Meinung nach rückwirkend aufzuhebenden Vertrag weitere im Vertrag vorgesehene Leistungen in Anspruch nehmen will, läßt noch nicht mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund am Abgehen von seiner Wandlungseinwendung zu zweifeln, wird doch die weitere Benützung der Vertragsgegenstände nach erfolgreicher Wandlung bei der sodann zu erfolgenden Rückstellung der gelieferten Programme im Rahmen der Rückabwicklung des Vertrages ohnedies zu berücksichtigen sein (SZ 48/103; Binder aaO Rz 38; Rummel in Rummel, ABGB Rz 10 zu § 1435); das Bestehen auf Einhaltung des Vertrages durch den Kläger bis zur gerichtlichen Entscheidung kann aber auch gerade deshalb angestrebt worden sein, um bei berechtigtem Rücktritt des Klägers und daraus sich ergebenden Schadenersatzforderungen einen allenfalls von der beklagten Partei zu vertretenden Schaden entsprechend zu mindern, könnte doch der Kläger bei Nichtbenützung oder infolge Anschaffung eines gleichwertigen Programms von dritter Seite ein höherer Schaden entstehen als bei Weiterbenützung der von der beklagten Partei gelieferten Programme.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann auch noch nicht abschließend beurteilt werden, daß der Kläger seiner Vorleistungspflicht aus dem Vertrag nicht nachgekommen sei. Das Leistungsverweigerungsrecht des Nachleistungspflichtigen beruht auf dem Gedanken, daß derjenige treuwidrig handelt, der aus einem wechselseitigen Leistungsverhältnis die ihm gebührende Leistung fordert, ohne seine eigene Vorleistung selbst vollbracht zu haben (Heinrichs in Palandt50 311). Das Leistungsverweigerungsrecht kann daher dem Nachleistungspflichtigen dann nicht zustehen, wenn der Vorleistungspflichtige, wie der Kläger in seiner Revision zutreffend ausführt, aus stichhältigen Gründen die eigene Leistung ablehnte; die Stichhältigkeit dieser Gründe ist dann aber vom Gericht zu prüfen (HS 6478/18; Aicher aaO Rz 17 zu § 1052).
Da weder ein schlüssiger Verzicht auf Wandlung anzunehmen ist, noch die Stichhältigkeit der Weigerung des Klägers, das von der beklagten Partei mit Klage begehrte Programm-Nutzungsentgelt zu entrichten, geprüft wurde, erweist sich das Verfahren der Vorinstanzen als mangelhaft. Ihre Urteile sind daher aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO). Derzeit steht dem Begehren des Klägers auch nicht die Unbestimmtheit der von ihm angebotenen Gegenleistung ("gegen Kostenersatz") entgegen. Die Unbestimmtheit des Begehrens wurde vom Erstgericht, das aus anderen Gründen zur Abweisung des Klagebegehrens kam, nicht aufgegriffen. Nur dann, wenn die dem Prozeßgericht auch dem Kläger als Rechtsanwalt obliegende Prozeßleitungspflicht nach § 182 ZPO (AnwBl 1990, 657 mwN) zu keinem Erfolg geführt hätte, könnte die derzeitige Unbestimmtheit des Begehrens als Abweisungsgrund herangezogen werden. Sollten die Parteien divergierende Ansichten darüber haben, was unter der Leistung "gegen Kostenersatz", die an und für sich dem Gebot der objektiven Bestimmbarkeit der Gegenleistung entspräche (vgl. SZ 53/104; Aicher aaO Rz 10 zu § 1054; Binder aaO Rz 3 zu § 1058 ABGB), zu verstehen ist, wird diese Vertragsklausel im Sinn des § 914 ABGB auszulegen sein.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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