OGH 10ObS83/91

OGH10ObS83/9123.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Anton Haschka (Arbeitgeber) und Johann Sallmutter (Arbeitgeber in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna B*****, vertreten durch Dr.Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. November 1990, GZ 13 Rs 136/90-45, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 3.August 1990, GZ 4 Cgs 9/90-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 2 Abs 1 ASGG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist richtig (§ 48 ASGG). Das Berufungsgericht hat die Frage der Zumutbarkeit des sozialen Abstiegs entgegen der in der Revision vertretenen Meinung in Übereinstimmung mit dem Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes vom 26.9.1989 (= SSV-NF 3/108) gelöst. Es hat alle Kenntnisse und Fähigkeiten, welche die Klägerin zur Zeit ihrer Berufstätigkeit besaß, und nicht bloß die - im übrigen nicht festgestellten - Kenntnisse und Fähigkeiten, über die sie zur Zeit des Stichtags verfügte, in Rechnung gestellt. Daß die früheren Kenntnisse der Klägerin zur Zeit des Stichtags niederer als früher bewertet wurden und noch werden, geht darauf zurück, daß nunmehr bei vergleichbaren Angestellten Kenntnisse in größerem Umfang und auf anderen Gebieten als zu der Zeit verlangt werden, in der die Klägerin ihre Berufstätigkeit aufgab; dies gilt vor allem für den Bereich der elektronischen Datenverarbeitung.

Es entspricht durchaus der Lebenserfahrung, daß Berufstätige, die ihren Beruf längere Zeit nicht ausgeübt haben, später nur mehr in geringer eingestuften Berufstätigkeiten eingesetzt werden, also gleichsam "von vorn beginnen" müssen. Dies kann aber bei der Frage der Zumutbarkeit eines sozialen Abstiegs nicht unberücksichtigt bleiben. Es wäre nicht gerechtfertigt, für den Pensionsanspruch jene Behandlung außer Betracht zu lassen, die dem Versicherten im Berufsleben tatsächlich zuteil würde.

Unter diesen Umtänden ist auch der Oberste Gerichtshof der Meinung, daß die Kenntnisse und Fähigkeiten, welche die Klägerin zur Zeit der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit besaß, zur Zeit des 22 Jahre später liegenden Stichtags höchstens die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätten, das in die Beschäftigungsgruppe 3 des Kollektivvertrags für Angestellte im Handel oder in die Verwendungsgruppe III des Kollektivvertrags für Angestellte in der Industrie einzustufen wäre. Einen höheren Wert hat die Allgemeinheit diesen Kenntnissen und Fähigkeiten zur Zeit des Stichtags nicht mehr beigemessen. Daß die Klägerin in einem solchen Fall auf die Berufstätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 2 oder der Verwendungsgruppe II der angeführten Kollektivverträge verwiesen werden darf, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 3/13, 3/80, 4/15 ua) und wird in der Revision auch nicht in Zweifel gezogen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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