OGH 12Os23/91

OGH12Os23/9111.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Springer als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann H***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Linz vom 27.November 1990, GZ 29 Vr 1433/90-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und der Verteidigerin Mag. Prossliner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 6.Februar 1967 geborene Johann H***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB und der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - am 10.Juli 1990 in Linz dem Karl G***** unter Verwendung einer Waffe (einer ungeladenen Schreckschußpistole) eine Barschaft von 1.200 S geraubt und dem Genannten nach dieser Tat weiteres Bargeld durch die Drohung abgenötigt, er werde allenfalls dessen Arbeitgeber (den Magistrat Linz) oder seine Gattin über seine homosexuelle Veranlagung informieren.

Die vom Angeklagten allein gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes aus § 345 Abs. 1 Z 8, 9 und 10 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Sache nach stützten sich die Beschwerdeausführungen zu

sämtlichen Punkten darauf, daß die Geschwornen zunächst zwar die

anklagekonforme Hauptfrage 1 (in Richtung schweren Raubes) wenn

auch nicht in Ansehung des gesamten unter Anklage gestellten

Betrages (6.000 S) so doch bezüglich einer Summe von 1.200 S

einhellig bejaht, in der gemäß § 331 Abs. 3 StPO verfaßten

Niederschrift jedoch vermerkt hatten, der Zeuge G***** wäre bei

der Aushändigung dieser Barschaft schon von der Ungefährlichkeit

der bei der Tat verwendeten Schreckschußpistole überzeugt gewesen

und darauf, daß die Geschwornen - gemäß § 332 Abs. 4 StPO zur

Verbesserung ihres Wahrspruches aufgefordert - ihr ursprüngliches

Abstimmungsverhalten wiederholten und niederschriftlich

klarstellten, daß sie schon "in der 1. Niederschrift ..... nur

zum Ausdruck bringen (wollten), daß der Angeklagte nach Erhalt

des Betrages von S 1.200 Herrn G***** zeigte, daß die Waffe

ungefährlich ist", wobei sie noch hinzufügten, daß "die Pistole

..... vom Angeklagten als Druckmittel eingesetzt (wurde), um an

Geld des Zeugen zu gelangen".

Rechtliche Beurteilung

Wenn der Angeklagte nun unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund (Z 8) vermeint, der (weil auf dem Vergleich einer mißglückten mit einer gelungenen Aussage über eine unveränderte Meinung beruhende, in Wahrheit daher nur scheinbare) Gesinnungswandel der Geschwornen sei nicht nachvollziehbar, ein derartiger Vorgang lasse sich nur dadurch erklären, daß die Geschwornen von allem Anfang an die Rechtsbelehrung nicht verstanden hätten, verkennt er das Wesen der behaupteten Nichtigkeit; denn diese ist nur im Falle einer unrichtigen Rechtsbelehrung - die nicht einmal vom Beschwerdeführer substantiell behauptet wird - gegeben, nicht aber dann, wenn eine an sich richtige Instruktion durch die Laien mißverstanden oder unrichtig interpretiert wird (Mayerhofer-Rieder2 § 345 Z 8 StPO, EGr 6).

In gleicher Weise unbegründet ist der Vorwurf, der Wahrspruch der Geschwornen "leide an Undeutlichkeit und an einem Widerspruch" (Z 9). Übersieht der Beschwerdeführer doch, daß dieser Nichtigkeitsgrund ausschließlich aus dem (hier vollkommen eindeutigen) Wahrspruch selbst und nicht aus anderen aktenmäßigen Vorgängen - hier: den Umständen des Moniturverfahrens - abgeleitet werden kann (Mayerhofer-Rieder2 § 345 Z 9 StPO, EGr 6 und 7).

Der Tatsachenrüge (Z 10 a) schließlich genügt es global zu erwidern, daß die darin ins Treffen geführten im wesentlichen gleichfalls auf das oben umrissene Moniturverfahren abstellenden Argumente weder einzeln noch im Zusammenhalt geeignet sind, erhebliche Bedenken gegen die im Wahrspruch getroffenen Tatsachenfeststellungen zu erwecken, und zwar auch unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen G***** in der Hauptverhandlung, zumal er bereits vor dem Untersuchungsrichter die in Konfrontation mit dem Angeklagten erkennbare Abschwächung seiner Beschuldigungen mit seiner Furcht vor dem Angeklagten motiviert hatte (S 7 in ON 6), dies auch in der Hauptverhandlung vorbrachte (S 117) und, befragt, ob er sich (auch) "heute" fürchte, erklärte, schon "ein ungutes Gefühl" zu haben (S 118 unten).

Die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sonach zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB sowie gemäß § 31 StGB unter Bedachtnahme auf ein Urteil des Landesgerichtes Linz (mit dem der Angeklagte wegen des Vergehens des schweren Diebstahls zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war) eine Zusatzfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten, wobei erschwerend die Deliktskonkurrenz, die einschlägigen Vorstrafen sowie der Umstand waren, daß die Straftat noch während eines anhängigen Strafverfahrens kurz vor der bereits anberaumten Hauptverhandlung begangen wurde, wogegen als mildernd das Teilgeständnis des Angeklagten und die objektive Schadensgutmachung gewertet wurden. Eine außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB lehnte das Geschwornengericht ab, weil weder die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen noch angesichts der Delinquenz während eines anhängigen Strafverfahrens eine im Sinne der angeführten Gesetzesstelle günstige Wohlverhaltensprognose möglich sei.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht begründet.

Dem Rechtsmittel zuwider kann weder dem Umstand, daß er durch einen von G***** geschriebenen Zettel auf dessen homosexuelle Neigung aufmerksam gemacht worden war, eine mildernde Wirkung im Sinne einer besonders verlockenden Gelegenheit (zum Raub!) zugebilligt werden, noch ist dem Angeklagten in diesem Sinne zugutezuhalten, daß es sich bei der verwendeten Waffe um eine ungeladene Schreckschußpistole handelte. Die erstinstanzlichen Strafzumessungsgründe bedürfen mithin keiner Korrektur. Geht man aber von diesen aus und legt man namentlich dem einschlägig belasteten Vorleben des Angeklagten und der Tatbegehung während eines anhängigen Strafverfahrens die gebührende Bedeutung bei, dann erscheint die an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens geschöpfte Unrechtsfolge schon mangels Anwendbarkeit des § 41 StGB hier keineswegs überhöht.

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