OGH 9Oba35/91

OGH9Oba35/9110.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dkfm. Dr. Franz Schulz und Winfried Kmenta als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. B***** R*****, Graphikerin, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei J***** & V*****

*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 150.530 S sA (Revisionsstreitwert 123.318 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Oktober 1990, GZ 33 Ra 84/90-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10. Mai 1990, GZ 5 Cga 1/89-24, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.789,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.131,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des angefochtenen Berufungsurteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kommt dem Bezug eines vom Verkaufserfolg der Zeitung unabhängigen fixen Entgeltes für die Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis und freiem Dienstvertrag keine entscheidende Bedeutung zu. Maßgebliches Kriterium für diese Abgrenzung ist nach herrschender Lehre (siehe Wachter, Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Person, 81 ff;

dasselbe DRdA 1984, Der sogenannte freie Dienstvertrag 405 ff [406]; Tomandl, Wesensmerkmale des Arbeitsvertrages, 121;

Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, 281; Spielbüchler in Spielbüchler Floretta-Strasser Arbeitsrecht I3, 39; Krejci in Rummel ABGB2 § 1151 Rz 36 - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin zieht Krejci aaO Rz 60 keineswegs die persönliche Abhängigkeit als wesentliches Kriterium des Arbeitsverhältnisses in Zweifel, sondern lehnt lediglich ab, auf den Umfang der Inanspruchnahme des Dienstpflichtigen abzustellen - ; Grillberger in Schwimann ABGB IV/2 § 1151 Rz 12) und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 54/75

= Arb 9972 = DRdA 1982/9 [Strasser] = ZAS 1982/1 [Tomandl];

Arb 10060 = ZAS 1983/13 [Gitter]; Arb 10096 = DRdA 1985/20

[Wachter]; ZAS 1989/19 [Schäffl]; Arb 10697, zuletzt 9 Ob A 320/90) die beim Arbeitsvertrag gegebene persönliche Abhängigkeit, also die Unterworfenheit des Arbeitnehmers uner die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, die sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle - nicht notwendig auch an Weisungen über die Art der Ausführung der Tätigkeit - äußert, während die arbeitnehmerähnliche Person ihre Arbeit weitgehend selbständig und frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens leistet. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung ecolex 1990, 183 bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auf andere Kriterien als die persönliche Abhängigkeit abstellte, vermag ihm der Oberste Gerichtshof daher nicht zu folgen.

Geht man von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen aus, daß die Klägerin lediglich verpflichtet war, ihre Arbeit, die nicht an bestimmte Termine gebundene Tätigkeiten, wie etwa den Umbruch, umfaßte, nach einem vorgegebenen Terminplan sowie einem vorgegebenen Inhalt und Schema der graphischen Gestaltung zu leisten, dabei aber in ihrer Arbeitszeiteinteilung frei war, für die beklagte Partei weder zur Verfügung stehen noch erreichbar sein mußte, sich fast nie in den Räumen der beklagten Partei aufhielt und die Arbeit fast ausschließlich in ihrem eigenen Atelier in Frankfurt/Main ausführte und dann per Post übersandte, durch kein Konkurrenzverbot gebunden war und auch tatsächlich für andere Verlage als Graphikerin tätig war, dann mangelte es ebenso wie in dem vergleichbaren Fall RdW 1988, 429 (völlig anders gelagert hingegen WBl 1990, 77) an der für ein Arbeitsverhältnis charakteristischen persönlichen Abhängigkeit.

Der Revisionswerberin kann auch nicht darin beigepflichtet werden, daß ihr selbst im Falle der Beurteilung ihres Rechtsverhältnisses als das eines freien Dienstvertrages, Abfertigung, Urlaubsentgelt und Urlaubsentschädigung zustünden. Eine Anwendung des Urlaubsgesetzes ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit völlig frei war (siehe Klein-Martinek, Urlaubsrecht, 31 f; Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag DRdA 1984, 405 ff [415]; 9 Ob A 320/90). Auch eine Abfertigung kann die Klägerin nicht mit Erfolg beanspruchen (siehe Wachter aaO 416; Arb 10055 = ZAS 1983/3 [Wachter]; Arb 10697; zuletzt 9 Ob A 320/90). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß auch dann, wenn man nicht mit Wachter (ZAS 1983 33) die Anwendung arbeitsrechtlicher Abfertigungsbestimmungen auf den freien Dienstvertrag aufgrund ihres spezifischen Schutzzweckes ganz generell ablehnte, auch nach Inkrafttreten des ArbAbfG die Begründung der Entscheidung ZAS 1983/3 weiterhin tragfähig ist, weil für wichtige Bereiche - insbesondere die mit der Tätigkeit der Klägerin einige Gemeinsamkeiten aufweisende Heimarbeit - nach wie vor kein Abfertigungsanspruch besteht. Aus der Entscheidung ZAS 1988/25, in der der Oberste Gerichtshof unter Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke Art I ArbAbfG auf einen Bundesbediensteten analog anwendete, dem ansonsten bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses weder ein Abfertigungsanspruch noch ein über die Pensionsleistungen nach dem ASVG hinausgehender Versorgungsanspruch zugestanden wäre, kann die Revisionswerberin, die anders als der Bundesbedienstete keine Arbeitnehmerin war, nichts für ihren Standpunkt gewinnen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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