Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß dieser Beschwerde wird von Amts wegen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten Karol J***** zu den Punkten B 1 a und b zur Last liegenden Tathandlungen als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB und als Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB sowie demzufolge in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Karol J***** hat durch die in den Punkten B 1 a und b des Urteilsspruches bezeichneten Tathandlungen das Verbrechen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt bleibenden Teil des Schuldspruchs zur Last fallende Verbrechen des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB sowie die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB, der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB und der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB gemäß dem § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft des Karol J***** und über dessen Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens werden aus dem Ersturteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte J***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Den Berufungen der Angeklagten Jerzy P***** und Wieslaw L***** wird dahin Folge gegeben, daß die verhängten Freiheitsstrafen auf je 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt werden.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen sämtlichen Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Jerzy P*****, Wieslaw L***** und Karol J***** des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB (Punkt A. 1.) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB (Punkt A./ 2./), der Angeklagte Karol J***** überdies des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (Punkt B./ 1./ a/) und der Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB (Punkt B./ 1./ b/), der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (Punkt B./ 2./) und der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB (Punkt B./ 3./) schuldig erkannt.
Nur der Angeklagte Wieslaw L***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer (undifferenziert) auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Dem Beschwerdeführer liegt zur Last, (A./) gemeinsam mit den gleichzeitig abgeurteilten Jerzy P***** und Karol J***** sowie einem weiteren nicht ausgeforschten Mittäter am 29.August 1990 in Wien
(1./) dadurch mit Gewalt gegen eine Person einem anderen fremde bewegliche Sachen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben, daß sie Zbigniew S***** festhielten, auf ihn einschlugen und ihm eine Jacke, sein Hemd, seine Schuhe sowie seine Geldbörse mit 300 S und 10.000 Zloty wegnahmen; und
(2./) eine Urkunde, über die sie nicht verfügen durften, nämlich den Reisepaß des Zbigniew S*****, durch Wegnahme unterdrückt zu haben, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes oder einer Tatsache gebraucht werde.
Die in diesen Schuldspruchfakten der Sache nach gegen die erstgerichtliche Annahme der Zurechnungsfähigkeit erhobenen Einwände vernachlässigen, soweit sie auf die Angaben des Beschwerdeführers über seine Alkoholisierung abstellen, die mängelfrei begründete Verwerfung dieser Verantwortung als unglaubwürdige Schutzbehauptung durch die Tatrichter; auch die ins Treffen geführten vagen und unbestimmten Angaben der Zeugen S***** und K*****, wonach "alle (so auch der Beschwerdeführer) betrunken waren" (AS 61) bzw "einer (der Täter) ziemlich stark betrunken war" (AS 178), indizieren, insbesondere bei Berücksichtigung des Gutachtens des Polizeiamtsarztes, der knapp 90 Minuten nach der Tat nur eine leichte Alkoholisierung des Beschwerdeführers feststellte (AS 53), lediglich eine alkoholbedingte Enthemmung, nicht aber das Vorliegen eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustandes. Von einer formellen Mangelhaftigkeit (Z 5) oder Bedenklichkeit (Z 5 a) der in Rede stehenden Urteilsannahme im Sinn der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe kann darum nicht gesprochen werden.
Gleiches gilt auch für das Beschwerdevorbringen, soweit es "genügend Anhaltspunkte" für einen deliktsspezifischen Vorsatz im Sinn des § 229 Abs. 1 StGB vermißt: Die Überzeugung der Tatrichter, der Vorsatz des Beschwerdeführers habe sich auch auf die Verhinderung des Gebrauchs der Urkunde durch den Berechtigten erstreckt, ist formell einwandfrei und unbedenklich mit dem Hinweis darauf begründet, daß der Reisepaß des S***** beim Beschwerdeführer selbst sichergestellt wurde und widersprüchliche Angaben über die Herkunft vorliegen.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war darum der Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch eine dem Mitangeklagten Karol J***** zum Nachteil gereichende materiellrechtliche Urteilsnichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen:
Nach den Urteilsannahmen liegen diesem Angeklagten (u.a.) zwei diebische Angriffe in Wien zur Last, und zwar versuchte er, am 20. Februar 1990 dem Efrem S***** keramische Fliesen im Wert von 1.200 S durch Einbruch in ein Gebäude und am 19.Mai 1990 der Firma H***** diverse Lebensmittel und Bekleidungsstücke im Gesamtwert von 341,70 S zu stehlen. Entgegen der Vorschrift des § 29 StGB, derzufolge ein Täter bei mehreren diebischen Angriffen unter Zusammenrechnung der Werte der weggenommenen bzw der wegzunehmen versuchten Sachen nur ein Delikt zu verantworten hat, subsumierte das Erstgericht die in Rede stehenden Fakten unter die Tatbestände der §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (Punkt B./ 1./ a/) und der §§ 15, 127 StGB (Punkt B./ 1./ b/), wodurch dem Urteil Nichtigkeit gemäß dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO anhaftet. Rechtsirrig wertete das Erstgericht demzufolge
auch - insoweit - das Zusammentreffen von Verbrechen (unter anderem des versuchten Diebstahls laut Punkt B./ 1./ a/) und Vergehen (so auch des versuchten Diebstahls laut Punkt B./ 1. b/) als erschwerenden Umstand (§ 281 Abs. 1 Z 11, zweiter Fall, StPO, vgl 11 Os 107/90, 114/90).
Das im übrigen unberührt bleibende Urteil war deshalb von Amts wegen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO im Ausspruch über die rechtliche Unterstellung der dem Karol J***** zu den Punkten B./ 1./ a/ und b/ des Urteilssatzes zur Last liegenden Tathandlungen als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB und als Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB sowie dementsprechend auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufzuheben. Gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO hatte der Oberste Gerichtshof im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu erkennen, daß dem genannten Angeklagten (nur) das Verbrechen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB zur Last fällt.
Bei der hiedurch notwendigen Strafneubemessung waren das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie die Wiederholung der diebischen Angriffe erschwerend, während der Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb, als mildernd Berücksichtigung fand. Der besondere Milderungsgrund des § 34 Z 2 StGB kommt Karol J***** schon deswegen nicht zugute, weil er sich - insbesondere zur Tatzeit des Raubes - trotz eines bestehenden Aufenthaltsverbots im Inland aufhielt und weder von einem ordentlichen Lebenswandel (vgl das Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 26.Juni 1990, AZ 4 U 2192/90; § 287 Abs. 1 (§§ 15, 127) StGB) noch davon gesprochen werden kann, daß seine wiederholte Delinquenz mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stünde.
Bei den festgestellten Strafzumessungsgründen war eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren tat- und schuldangemessen.
Eine - auch nur teilweise - bedingte Nachsicht der Unrechtsfolge kam in Anbetracht der Deliktshäufung nicht in Betracht.
Mit seiner Berufung war Karol J***** auf diese Entscheidung zu verweisen.
Soweit er in diesem Rechtsmittel das ihm zur Last gelegte Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB als "straflose Nachtat" bezeichnet und den angeführten Tatbestand nicht als erfüllt ansieht, ist er darauf zu verweisen, daß er bei seiner Rechtsmittelanmeldung (S 193) nicht zu erkennen gegeben hat, daß er das Urteil auch wegen (im übrigen nicht vorliegender) Mängel materiell-rechtlicher Natur zu bekämpften wünscht (11 Os 143/75, 12 Os 19/83).
Über die Angeklagten Jerzy P***** und Wieslaw L***** verhängte das Schöffengericht nach dem § 142 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafen in der Dauer von je zwei Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber den bisherigen untadeligen Lebenswandel als mildernd.
P***** und L***** streben mit ihren Berufungen die Herabsetzung der Freiheitsstrafen und teilweise bedingte Nachsicht dieser Unrechtsfolgen gemäß dem § 43 a Abs. 3 StGB an.
Die Berufungen sind begründet.
Beiden Berufungswerbern kann zwar - entgegen ihrem Vorbringen - (auch) keine in den Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit reichende Alkoholisierung (§ 34 Z 11 StGB) zugute gehalten werden; Jerzy P***** erklärte in der Hauptverhandlung ausdrücklich (S 169), weder betrunken noch stark alkoholisiert gewesen zu sein. Den Berufungswerbern ist jedoch beizupflichten, daß den unzutreffenden Ausführungen des Schöffengerichtes zur Frage der Generalprävention ("offenbarer" Aufenthalt in Österreich, um strafbare Handlungen zu begehen) nicht gefolgt werden kann und sich die vom Erstgericht über die beiden (im Inland unbescholtenen) Angeklagten P***** und L***** verhängten Strafen - auch im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen - als überhöht darstellen. Die Art und Weise der von den Angeklagten P***** und L***** zu verantwortenden Rechtsgutbeeinträchtigungen lassen allerdings auch die Annahme eines besonders gelagerten Falles, bei welchem eine Herabsetzung der im Bereich der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens ausgemessenen Unrechtsfolgen unter achtzehn Monate vertretbar erschiene, nicht zu.
Der Gewährung bedingter Nachsicht eines Teiles der Strafen standen nach Lage des Falles spezialpräventive Erwägungen entgegen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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