Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und in der Sache selbst erkannt, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.175,80 (darin S 1.029,30 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 18.154,-- (darin S 1.359,-- an Umsatzsteuer und S 10.000,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens beim Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer eines PKWs, der am 29.10.1987 auf ihn zugelassen wurde. Am 29.6.1988 wurde dieses Fahrzeug, das bei der beklagten Partei vollkaskoversichert war, bei einem Verkehrsunfall beschädigt.
Der Kläger begehrt den Ersatz des Schadens von S 164.825,-- s.A. Der Lenker des PKWs, Josef A*****, sei durch ein über die Fahrbahn laufendes Reh gezwungen gewesen, das Fahrzeug abrupt auszulenken und abzubremsen, so daß es über den Straßenrand geraten und über eine Böschung abgestürzt sei. Der als Beifahrer mitfahrende Kläger sei dadurch schwer verletzt worden. Die beklagte Partei lehne eine Liquidierung des Schadens mit der Begründung ab, der Kläger habe bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus unrichtige Angaben über die Ursache seiner Verletzungen gemacht und dadurch eine Obliegenheitsverletzung im Sinne des Art.5 Abs.3 der Allgemeinen Bedingungen für die Fahrzeugkaskoversicherung und die Fahrzeuginsassen-Unfallversicherung (AFIB 1986) begangen. Eine Obliegenheitsverletzung liege jedoch nicht vor, weil der Kläger unter einem schweren Schock gestanden sei. Der Fahrer Josef A***** habe nur deshalb die sofortige Verständigung der Gendarmerie unterlassen, weil auch er bei dem Unfall verletzt worden sei und sich in einem Zustand der Unzurechnungsfähigkeit befunden habe; er habe den Unfall aber gemeldet, sobald ihm dies möglich gewesen sei, und zwar noch am 29.6.1988. Josef A***** sei zur Zeit des Unfalls fahrtüchtig gewesen.
Die beklagte Partei bestreitet das Klagebegehren nur dem Grunde nach. Es liege sowohl seitens des Klägers als auch seitens des Fahrers Josef A***** eine Obliegenheitsverletzung vor. Der Kläger habe bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus angegeben, er sei zu Hause gestürzt. Er habe sich dabei nicht in einem Schockzustand befunden. Josef A*****, der die Unfallstelle fluchtartig verlassen habe, habe erst am 30.6.1988 den Unfall bei der Gendarmerie gemeldet. Der Kläger habe es vorsätzlich unterlassen, nach Eintritt des Versicherungsfalls nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen. Josef A***** habe gegen die Bestimmung des § 4 Abs.5 der StVO verstoßen. Der beklagten Partei sei dadurch die Möglichkeit genommen worden, nachzuweisen, daß der Fahrer infolge Alkoholisierung und Übermüdung fahruntüchtig gewesen sei. Anhaltspunkte hiefür seinen Gasthausbesuche des Fahrers vor dem Unfall und eine Darstellung des Unfalls, die aus technischer Sicht Widersprüchlichkeiten aufweise. Der Kläger selbst habe durch seine unrichtigen Angaben über die Unfallsursache verhindert, daß die erhebenden Sicherheitsorgane unverzüglich Nachforschungen anstellen. Es bestehe der Verdacht einer verabredeten Vorgangsweise zwischen dem Kläger und dem Fahrzeuglenker. Überdies habe der Kläger auf seine Ansprüche gegenüber Josef A***** verzichtet, sodaß die beklagte Partei die nach § 67 VersVG auf sie übergegangenen Ansprüche nicht mehr geltend machen könnte, was ihrerseits Leistungsfreiheit zur Folge habe.
Das Erstgericht wies die Klage ab und traf folgende Feststellungen:
Am 28.6.1988 nachmittags begab sich der Kläger, der damals keinen Führerschein besaß, zu einer Tankstelle in L***** und trank dort ein oder zwei Bier. Gegen Abend traf er an dieser Tankstelle Josef A***** und fuhr gegen 21 Uhr gemeinsam mit ihm zu einem Gasthof in L*****, in dem sie sich bis knapp nach Mitternacht aufhielten. Der Kläger trank dort noch ein großes Bier und mehrere Weinwein gespritzt.
Nicht festgestellt werden kann, ob Josef A***** an der Tankstelle oder im Gasthaus Alkohol getrunken oder ob er keinen Alkohol konsumiert hat.
Kurz nach Mitternacht fuhren Josef A***** und der Kläger mit dem PKW des Klägers in Richtung Reith bei Seefeld, wobei Josef A***** das Fahrzeug lenkte und der Kläger auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Auf einem geraden Stück der Leutascher Landesstraße geriet Josef A***** mit einer Geschwindigkeit von zumindest 75 km/h auf das Bankett rechts der Fahrbahn. Er brachte das Fahrzeug nicht mehr unter Kontrolle und schleuderte in der Folge über den linken Fahrbahnrand hinaus, wobei der PKW an der rechten Seite etwa auf der Höhe der Beifahrertüre gegen einen außerhalb des Fahrbahnbanketts einbetonierten Eisenzaun prallte und, sich überschlagend, auf dem Dach liegend unmittelbar neben einer Gleisanlage der ÖBB zum Stillstand kam. Josef A***** hatte das Abblendlicht eingeschaltet, weil wegen eines starken Regens schlechte Sicht herrschte. Nicht festgestellt werden kann, weshalb Josef A***** mit dem PKW von der Fahrbahn abkam, insbesondere, ob dies wegen eines Rehs geschah oder ob er unter Alkoholeinfluß stand oder übermüdet war. Durch den schleudernden PKW wurden zwei Zaunsäulen niedergestoßen und der Zaundraht abgerissen, wodurch den ÖBB ein Schaden entstand. Josef A***** wurde wegen des Unfalls rechtskräftig verurteilt.
Nach dem Unfall krochen der Kläger und Josef A***** aus dem PKW in Richtung Straße. Josef A***** hielt sofort einen vorbeifahrenden PKW an und ersuchte dessen Lenker, den schwerverletzten Kläger in die Universitätsklinik nach I***** zu bringen. Bei der Aufnahme in der Klinik wurde der Kläger, der einen Schaftbruch des rechten Oberschenkels und Prellungen im Bereich der rechten Schulter und des rechten Oberarms erlitten hatte, von einer Krankenschwester und vom diensthabenden Arzt ***** befragt, woher er seine Verletzung habe, worauf der Kläger antwortete, er sei zu Hause über die Stiege gestürzt. Beim Kläger wurde nach seiner Einlieferung festgestellt, daß er leicht schockiert war; Hinweise auf ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Gehirnerschütterung mit Bewußtseinsverlust oder eine Erinnerungslücke gab es jedoch ebensowenig wie darauf, daß eine Beeinträchtigung mentaler Funktionen durch eine etwaige Schocksymptomatik bestanden hätte. Es gibt demnach keine Indizien, die auf eine Unzurechnungsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in der Unfallchirurgie schließen lassen. Auch allfällige Schmerzen können nicht Ursache seiner falschen Angaben über die Entstehung seiner Verletzung sein. Schmerzstillende Mittel - mit Ausnahme von Morphin und sonstiger Substanzen, die der Suchtgiftkonvention unterliegen, die aber dem Kläger nach den Aufzeichnungen in der Krankengeschichte nicht verabreicht wurden - führen nicht zu einer Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit.
Der Kläger wurde erst gegen Mittag des 29.6.1988 in Vollnarkose operiert.
Josef A***** begab sich nach dem Unfall nach S*****; es kann nicht festgestellt werden, ob er dabei zu Fuß ging oder von einem PKW mitgenommen wurde. Kurz vor 1 Uhr (des 29.6.1988) kam Josef A***** in S***** zum Würstelstand des Klaus L*****. Klaus L***** kannte Josef A***** nicht. Josef A***** fragte nach der Telefonnummer eines seiner Freunde und erzählte, daß er einen Autounfall gehabt habe und daß das Auto auf dem Gleiskörper liege; sein Freund solle das Fahrzeug mit dem Traktor wegziehen. Die Tochter des Klaus L***** und ihr Mann brachten Josef A*****, der sehr aufgeregt war und etwas stotterte, mit ihrem PKW in seinen Wohnort L*****. Zu Hause legte sich Josef A***** ins Bett.
Gegen 1,20 Uhr (des 29.6.1988) erkundigte sich Klaus L***** telefonisch beim Gendarmeriepostenkommando S*****, ob ein Unfall zwischen R***** und S*****, bei dem ein Fahrzeug auf den Gleiskörper der ÖBB geraten sei, bereits angezeigt worden sei. Die Gendarmeriebeamten Heinrich L***** und Friedrich O***** begaben sich auf Grund dieses Telefonanrufes zur Unfallstelle, wobei sie diese erst suchen mußten, weil ihnen Klaus L***** den genauen Unfallsort nicht hatte angeben können. Sie ließen das Wrack entfernen und stellten auf Grund des Kennzeichens und des im Wrack vorgefundenen Zulassungsscheins fest, daß der PKW auf den Kläger zugelassen war. Eine Anfrage in der ***** Universitätsklinik ergab, daß der Kläger mit schweren Verletzungen von einem unbekannten Privatfahrzeug eingeliefert worden sei. Beamte der Bundespolizeidirektion I*****, die von den Beamten des Gendarmeriepostenkommandos S***** ersucht wurden, den Kläger in der Klinik einzuvernehmen, konnten diesem Ersuchen nicht nachkommen, weil es hieß, der Kläger stehe unter Medikamenteneinfluß und sei nicht ansprechbar. Sie teilten den Gendarmeriebeamten in S***** jedoch mit, daß der Kläger angegeben habe, er sei über eine Stiege gestürzt und habe sich dabei die Verletzungen zugezogen. Der erhebende Gendarmeriebeamte Heinrich L***** ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, daß der Kläger selbst mit dem Fahrzeug gefahren sei.
Gegen Mittag des 29.6.1988 stand Josef A***** auf. Er besuchte am Nachmittag dieses Tages den Kläger - der gerade aus der Narkose aufwachte - in der Universitätsklinik. Gegen 18 Uhr suchte er den Gendarmerieposten S***** auf und gab an, er habe das Fahrzeug des Klägers zum Unfallszeitpunkt gelenkt. Der diensthabende Beamte ersuchte A*****, am Morgen des nächsten Tages wiederzukommen, weil dann der den Unfall bearbeitende Beamte, Heinrich L*****, Dienst habe. Noch am Abend des 29.6.1988 suchte Josef A***** auch den Versicherungsvertreter Werner R***** auf, der mit ihm eine Schadensanzeige aufnahm. Zum Unfallshergang gab Josef A***** an:
"Ich fuhr Richtung R*****, als ich plötzlich rechts einen Schatten wahrnahm (vermutlich Wild) und stark bremste, dadurch ins Schleudern kam und den Zaun der ÖBB beschädigte. Beim Auto entstand Totalschaden". Die Schadensanzeige, die auch vom Kläger unterfertigt wurde, traf am 1.7.1988 bei der beklagten Partei ein.
Am Morgen des 30.6.1988, gegen 8 Uhr, suchte Josef A***** neuerlich den Gendarmerieposten S***** auf. Er wurde niederschriftlich zum Unfallshergang und zu seinem Alkoholkonsum einvernommen.
Die Gendarmerie erfuhr erstmals am 29.6.1988 gegen 18 Uhr, als Josef A***** den Gendarmerieposten aufsuchte, daß dieser beim Unfall dabei war und das Fahrzeug des Klägers gelenkt hatte.
Die Fahrtüchtigkeit des Josef A***** zum Unfallszeitpunkt konnte nicht überprüft werden. Die sonstigen Erhebungen zum Unfallshergang, insbesondere die Spurensicherung an Ort und Stelle durch die Gendarmerie, wurden durch die Nichtmeldung des Unfalls seitens des Klägers und des Josef A***** nicht beeinträchtigt, weil die Gendarmerie auch dann, wenn der Unfall sofort gemeldet worden wäre, kaum früher am Unfallsort gewesen wäre als tatsächlich.
Der Kläger führte hinsichtlich des Unfalls von der Universitätsklinik aus keine Veranlassungen durch; er wurde am 5.7.1988 von einem Erhebungsbeamten zum Unfallshergang befragt.
Mit Schreiben vom 27.10.1988 wurde dem Kläger von der beklagten Partei mitgeteilt, daß für den Schadensfall vom 29.6.1988 kein Versicherungsschutz bestehe, weil er eine Obliegenheitsverletzung gemäß Art.5 Abs.3 der AFIB 1986 begangen habe.
In den dem Vollkaskoversicherungsvertrag zwischen den Streitteilen zugrundeliegenden AFIB 1986 ist unter Art.5 Z 3 normiert, daß als Obliegenheiten, deren Verletzung nach Eintritt des Versicherungsfalls den Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung befreit (§ 6 Abs.3 VVG 1958), bestimmt werden, nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen.
Josef A***** wurde bereits im Jahr 1985 einmal der Führerschein wegen Lenkens eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand entzogen. Der Kläger wußte davon.
Am 5.4.1989 wurde Josef A***** von der Gendarmerie neuerlich beim Lenken seines PKWs in alkoholisiertem Zustand angetroffen; es wurde ihm der Führerschein abgenommen. Am 26.4.1989 wurde Josef A***** von der Bezirkshauptmannschaft I***** zu einer Geldstrafe von S 12.000,-- rechtskräftig verurteilt.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Aufklärungspflicht iS des Art.5 Z 3 der AFIB 1986 treffe den Versicherten nicht nur, wenn er selbst den Verkehrsunfall verursacht habe, sondern auch dann, wenn er bei einem von einem berechtigten Lenker des versicherten Fahrzeuges verschuldeten Unfall anwesend gewesen sei. Der Kläger habe zwar, bedingt durch seine schweren Verletzungen, nicht selbst die Gendarmerie rufen können. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, an der Unfallsstelle zu verbleiben. Er habe aber bei seiner Einlieferung in die Universitätsklinik wahrheitswidrig angegeben, sich seine Verletzungen zu Hause durch einen Sturz über die Stiege zugezogen zu haben. Damit seien jedenfalls nicht alle Möglichkeiten zur Aufklärung des Unfalls ausgeschöpft worden; der Kläger habe offenbar die Herkunft seiner Verletzungen verschleiern wollen. Bei wahrheitsgetreuen Angaben hätte allenfalls für die Gendarmerie die Möglichkeit bestanden, den Lenker noch in der Nacht auszuforschen und seine Fahrtüchtigkeit zu überprüfen. Der Kläger sei bei seiner Einlieferung ins Krankenhaus nicht unzurechnungsfähig gewesen, er habe bewußt falsche Angaben gemacht. Dies stelle eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung dar, die die beklagte Partei von der Verpflichtung zur Leistung aus dem Versicherungsvertrag befreie.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und sprach aus, daß gegen seine Entscheidung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Gegen die vorliegenden Feststellungen bestünden keine Bedenken, das Berufungsgericht lege sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde. Josef A***** sei als Lenker des beschädigten Kraftfahrzeuges in der Kaskoversicherung nicht mitversichert, sondern Dritter iS des § 67 Abs.1 VersVG. Obliegenheitsverletzungen des Lenkers berührten, da dieser keine Obliegenheit gegenüber dem Versicherer wahrzunehmen habe, den Kaskoversicherungsanspruch des Versicherten nicht unmittelbar. Den Versicherungsnehmer treffe zwar eine Aufklärungspflicht gegenüber der Versicherung, nicht aber gegenüber dem behandelnden Arzt oder dem Krankenhauspersonal, weshalb die vom Erstgericht angenommene Obliegenheitsverletzung nicht vorliege. Es bleibe jedoch zu klären, ob und in welchem Umfang der Kläger auf Ersatzansprüche gegen Josef A***** verzichtet habe und ob darin eine Obliegenheitsverletzung gelegen sein könne.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.
Daß die Aufklärungspflicht hinsichtlich eines Unfallsereignisses den Versicherten nicht nur trifft, wenn er selbst den Verkehrsunfall verursacht hat, sondern auch, wenn er bei einem von einem berechtigten Lenker des versicherten Fahrzeuges verschuldeten Unfall anwesend ist (ZVR 1979/294) - wie die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel geltend macht -, wurde von den Vorinstanzen nicht bezweifelt; Artikel 5 Z 3.1. der AFIB 1986 - der es als eine Obliegenheit im Sinne des § 6 Abs.3 VersVG bestimmt, nach Möglichkeit zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen - macht insoweit ebensowenig eine Einschränkung wie die wortgleiche Bestimmung des Art.6 Abs.2 Z 3 der AKIB. Hätte gemäß § 4 Abs.2 StVO auch nur Josef A***** als der Lenker sofort die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle von dem Verkehrsunfall zu verständigen gehabt, war doch der Kläger als Versicherungsnehmer gegenüber der beklagten Partei verpflichtet, alles Zweckdienliche zur Aufklärung des Unfallsereignisses selbst dann zu unternehmen, wenn dies seinen eigenen Interessen zuwiderlaufen sollte (SZ 42/173; ZVR 1979/294). Die Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers soll nicht nur die nötigen Feststellungen über den Unfallsablauf, die Verantwortlichkeit der Beteiligten und den Umfang des entstandenen Schadens ermöglichen, sondern auch die Klarstellung aller jener Umstände gewährleisten, die für allfällige Regreßansprüche des Versicherers von Bedeutung sein können; darunter fällt auch die objektive Prüfung der körperlichen Beschaffenheit des an einem Unfall beteiligten Kfz-Lenkers in bezug auf eine allfällige Alkoholisierung oder Übermüdung (ZVR 1979/294). Da nach § 67 VersVG Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer - soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt - übergehen, wäre die beklagte Partei zum Regreß gegen Josef A*****, sofern dieser den Unfall vorsätzlich oder grob fahrlässig (Art.6 KKB) herbeigeführt haben sollte, berechtigt (vgl. hiezu Schauer, Einführung in das Österreichische Versicherungsvertragsrecht, 360). Eine Alkoholisierung des Lenkers ist als grobe Fahrlässigkeit anzusehen (ZVR 1978/305).
Nun ist es zwar richtig, daß die Obliegenheit, alles Zweckdienliche zur Aufklärung des Unfallsereignisses vorzunehmen, nur gegenüber dem Versicherer besteht, und unrichtige Angaben gegenüber Sicherheitsorganen ohne Bedeutung sind, wenn der Versicherte den Versicherer rechtzeitig und richtig informiert (Petrasch, Obliegenheitsverletzung und Leistungsfreiheit in den Kfz-Versicherungen, ZVR 1985, 75 f). Daß aber die beklagte Partei im vorliegenden Fall rechtzeitig und richtig informiert worden wäre, wurde keineswegs festgestellt. Fest steht vielmehr, daß Josef A***** als Lenker gegen die Vorschrift des § 4 Abs.2 StVO verstoßen hat, hat er doch den Unfall erst nach etwa 17 Stunden bei der Gendarmeriedienststelle gemeldet; und daß der Kläger bei seiner Aufnahme im Krankenhaus bewußt falsche Angaben über die Ursachen seiner Verletzung gemacht hat. Ist nun auch gemäß § 10a ÄrzteG jeder Arzt verpflichtet, wenn er in Ausübung seines Berufes Anzeichen einer gerichtlich strafbaren Handlung gegen Leib und Leben feststellt, unverzüglich der Sicherheitsbehörde die Anzeige darüber zu erstatten, kann doch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob durch die Verweigerung von Unfallsangaben gegenüber dem Arzt (oder durch Angabe falscher Umstände) eine Obliegenheitsverletzung begangen wird. Im konkreten Fall wurden gegenüber dem Arzt Angaben gemacht, die allein dem Zweck der Spurenverwischung dienen sollten und konnten. Da für den Arzt der Unfallshergang - auch für den Patienten klar erkenntlich - ohne Bedeutung ist, liegt es auf der Hand, daß die falschen Angaben in der Absicht gemacht wurden, die für die Unfallsaufnahme zuständige Behörde in die Irre zu führen, weil dem Kläger klar sein mußte, daß die gegenüber dem Arzt gemachten Angaben von dieser Behörde erhoben werden würden. Es wurde demnach ein Sachverhalt erwiesen, der den zwingenden Schluß zuläßt, der Kläger habe seine Angaben in der Absicht gemacht, die Behörde in die Irre zu führen, um deren Erhebungen zu behindern. Ein Gegenbeweis gegen diese auf Grund des festgestellten Sachverhalts entsprechend der Lebenserfahrung überwiegend wahrscheinliche Annahme hat der Kläger nicht erbracht. Seine Angaben sind also so zu werten, als wären sie gegenüber der Behörde gemacht worden. Hätte der Kläger bei seiner Aufnahme im Krankenhaus den wahren Sachverhalt angegeben, hätte die - von dritter Seite verständigte - Gendarmerie, die tatsächlich Nachforschungen im Krankenhaus anstellte, Josef A***** nur wenige Stunden nach dem Unfall aufsuchen und die Untersuchung einer allfälligen Alkoholisierung veranlassen können. Es wurde daher zumindest auch durch das Verhalten des Klägers etwas - nämlich die Überprüfung der Fahrtüchtigkeit des Josef
A***** - verabsäumt, was im konkreten Fall zur Aufklärung des Sachverhalts dienlich gewesen wäre. Es bestand ein konkreter Verdacht der Alkoholisierung des Fahrzeuglenkers Josef A*****, der durch objektives Unbenützbarwerden eines Beweismittels zufolge einer Unterlassung des Klägers (wie auch des Josef A*****) im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann (Petrasch aaO 77, SZ 51/180). Der konkrete Verdacht und die Unbenützbarkeit des Beweismittels wurden von der beklagten Partei behauptet und auch bewiesen, weil dem Unfall zwei aufeinanderfolgende, mehrere Stunden lange Gasthausbesuche des Josef A***** und des Klägers vorausgegangen waren und Josef A***** schon im Jahr 1985 einmal der Führerschein wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand entzogen worden war (wie der Kläger wußte); daß sich Josef A***** dadurch nicht abhalten ließ, auch weiterhin in alkoholisiertem Zustand ein Fahrzeug zu lenken, beweist der festgestellte Vorfall vom 5.4.1989.
Mit Recht hat deshalb das Erstgericht die Ansicht vertreten, daß der Kläger durch seine Angaben über den Unfallshergang im Krankenhaus eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung begangen hat, sodaß es einer Ergänzung des Sachverhalts in der von der zweiten Instanz gewünschten Richtung nicht mehr bedarf.
Dem Rekurs war daher Folge zu geben und gemäß § 519 Abs.2 ZPO in der Sache selbst zu erkennen, daß die Entscheidung der ersten Instanz wieder hergestellt wird.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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