OGH 11Os16/91

OGH11Os16/9119.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1991 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Paulin als Schriftführerin in der Strafsache gegen E***** S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach dem § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten E***** S***** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten E***** P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom *****, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten E***** D***** S***** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.Mai 1969 geborene Kraftfahrer E***** D***** S***** (I.) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB und (II.) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SGG schuldig erkannt. Soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung, liegt ihm (als das erstbezeichnete Verbrechen) zur Last,

I. am 18. und 19.April 1990 in Ansfelden und Innsbruck den bestehenden Vorschriften zuwider versucht zu haben, Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 1.959 Gramm Cannabisharz, durch Übergabe an M***** F***** in Verkehr zu setzen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen (S 97, 99/III) begab sich der Angeklagte S***** am 18.April 1990 auf Ersuchen des Mitangeklagten M***** F***** mit dessen PKW zur Autobahnstation Ansfelden, um dort vereinbarungsgemäß 1.959 Gramm Cannabisharz von einer unbekannten Person zu übernehmen, die das Suchtgift auch tatsächlich am Boden des Personenkraftwagens hinter dem Fahrersitz deponierte. Der Angeklagte S***** transportierte das Gift in der Folge nach Innsbruck, wo er es vom Wagenfond in den Kofferraum umschlichtete und dort einschloß. Den Autoschlüssel übergab er am 19.April 1990 an Manfred F*****, dem er dabei auch das Versteck des Suchtgiftes mitteilte. Der weitere Suchtgiftvertrieb durch M***** F***** scheiterte am zwischenzeitigen Einschreiten der Gendarmerie.

Allein diesen Schuldspruch (I.) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch - ebenso wie der Mitangeklagte E***** H***** P***** und zum Nachteil des Angeklagten A***** J***** R***** die Staatsanwaltschaft - mit Berufung.

Mit seiner undifferenziert verbundenen Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5 a) macht der Beschwerdeführer geltend, das ihm angelastete Umschlichten des Suchtgifts vom Fond in den Kofferraum des Personenkraftwagens sei mangels eigenständiger Verfügungsgewalt über das in Rede stehende Suchtgiftquantum keine ausreichende Grundlage für die Urteilsfeststellung, daß er das Suchtgift (mit dem Vorsatz auf Weitergabe) an sich genommen hat. Damit setzt er sich jedoch über wesentliche Komponenten seines inkriminierten Verhaltens hinweg, das neben dem (tatplangemäß vertriebsorientierten) Verwahren des Cannabisharzes im versperrten Kofferraum des F***** gehörigen Personenkraftwagens auch den Suchtgifttransport von Ansfelden nach Innsbruck mitumfaßte. Davon ausgehend ist aber dem Beschwerdestandpunkt, dem Tatverhalten fehle es an einer zur Tatbestandsverwirklichung nach § 12 Abs. 1 SGG erforderlichen eigenständigen Verfügung über das Suchtgift, der Boden entzogen.

Gleichermaßen unerwähnt bleibt der dem Angeklagten zur Last fallende Suchtgifttransport von Ansfelden nach Innsbruck in der Argumentation zur Subsumtionsrüge (Z 10), die an die das Tatverhalten nur partiell erfassende Betrachtung zur Mängel- und Tatsachenrüge anknüpft, daraus auf einen bloßen "Botendienst" schließt, dem sie die rechtliche Eignung zur Tatbestandsverwirklichung nach § 12 Abs. 1 SGG abspricht und eine Tatbeurteilung nach § 16 SGG (in Form der Beitragstäterschaft des § 12 dritter Fall StGB) bzw § 14 a SGG im wesentlichen erneut mit der Begründung anstrebt, dem Angeklagten S***** sei als " Werkzeug des M***** F***** " keine eigene Verfügungsgewalt über das tatverfangene Suchtgift zugekommen. Solcherart wird aber mangels Orientierung am gesamten Urteilssachverhalt der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.

Rechtliche Beurteilung

Bei der gebotenen umfassenden Berücksichtigung sämtlicher (Tat-)Phasen stellen sich die Tathandlungen des Angeklagten vielmehr als der Art nach unzweifelhaft deliktstypische Ausführungshandlungen im Sinn unmittelbarer Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) dar. Der Angeklagte übernahm das (tatplangemäß zum weiteren Vertrieb bestimmte) Suchtgift (wenn auch nur vorübergehend) zum Transport und zur Übergabe an den Mitangeklagten F***** und verfügte in diesem Umfang auch darüber in strafrechtlich nach § 12 Abs. 1 SGG faßbarer Weise. Das vom Entschluß auf Weitergabe des übernommenen Suchtgifts gekennzeichnete Verhalten des Angeklagten, das einer (im Sinn des § 15 StGB ausführungsnahen) Zwischenlagerung (ua 9 Os 138/80, 14 Os 54,55/90) gleichkommt, stellt sich daher - im Zusammenhang gesehen - insgesamt als eine (hier versuchte - § 15 StGB) gemäß § 12 Abs. 1 SGG tatbestandsmäßige Übertragung der Verfügungsgewalt über das Suchtgift auf eine andere Person dar.

Die Rechtsrüge verfehlt aber auch eine prozeßordnungsgemäße Darstellung, soweit sie Subsumtionsüberlegungen an die urteilsfremde (S 81/III) Prämisse knüpft, der Mitangeklagte F***** habe die in Rede stehende Suchtgiftmenge nicht mit auf gewerbsmäßigen Vertrieb gerichteter Absicht eingeführt.

Die insgesamt nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach § 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten E***** D***** S***** und E***** H***** P***** wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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