OGH 13Os15/91

OGH13Os15/9118.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Alexander M***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18.Dezember 1990, GZ 5 Vr 2546/90-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alexander M***** der Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB (1.) sowie der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB (2.) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 30.August 1990 in Graz Christine K*****

1. außer dem Fall des § 201 Abs. 1 StGB mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, nämlich zu einem Oralverkehr, zu nötigen versucht, indem er ihr Faustschläge in das Gesicht versetzte, sie würgte und mit dem Umbringen bedrohte, wobei die Vollendung der Tat infolge der Gegenwehr und der Flucht der Genannten unterblieb sowie

2. durch die Äußerung, er werde sie umbringen, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung wegen der unter Punkt 1. beschriebenen Tat zu nötigen versucht.

Vom Anklagevorwurf, das erstgenannte Verbrechen überdies dadurch begangen zu haben, daß er Christine K***** durch Schläge und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben auch zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versuchte, wurde er - rechtskräftig - freigesprochen.

Nur den Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Der an die Spitze der Nichtigkeitsbeschwerde gestellte Einwand, die Schuldsprüche - ersichtlich gemeint: jener wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung - stünden zum erwähnten Freispruch im Widerspruch, läßt jegliche Substantiierung vermissen. Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe war Christine K***** "ohnedies" bereit, mit dem Beschwerdeführer einen normalen Geschlechtsverkehr zu vollziehen; sie mußte daher dazu nicht genötigt werden, weshalb Alexander M***** von diesem Anklagepunkt freigesprochen wurde. Da die Genannte aber den Oralverkehr mit dem Nichtigkeitswerber ablehnte und dieser sie hiezu zu nötigen trachtete, erging diesbezüglich ein Schuldspruch nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB. Inwieweit diese Verurteilung mit dem Freispruch in Widerspruch stehen sollte, bleibt unerfindlich.

Unverständlich ist auch die Passage in der Nichtigkeitsbeschwerde, das gegenständliche Urteil sei "zweifellos mit dem Nichtigkeitsgrund des § 201 Abs. 3 StPO" behaftet (S 90).

Zur Verfahrensrüge (Z 4):

Rechtliche Beurteilung

Durch die Unterlassung der Vernehmung der Zeugen Marlies S*****, Heinz W***** und Roland B***** wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt. Diese Zeugen waren zum Beweis dafür angeboten worden, daß die Zeugin K***** bereits im Cafe "LEGER" sich dem Angeklagten geradezu aufgedrängt und ihn zum Geschlechtsverkehr animiert hat. Davon aber ist das Schöffengericht ohnedies ausgegangen (S 82 oben).

Daß der Rechtsmittelwerber versuchte, die Zeugin K***** zum Geschlechtsverkehr zu nötigen, ist nicht Gegenstand des Schuldspruchs. Die erwähnten Zeugen waren aber nicht zum Beweis dafür beantragt worden, daß der Angeklagte die Zeugin "in keiner Weise" zu einer sexuellen Handlung nötigen wollte (vgl S 74); zur Erhebung dieser Rüge ist er demnach nicht legitimiert, denn die Verfahrensrüge hat stets von dem in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag, sonach von den dort genannten Beweismitteln und Beweisthemen auszugehen.

Für den Sachausgang unentscheidend ist die Frage, ob die Zeugin K*****, als sie von der Zeugin Dr. M***** gesehen wurde, nackt war. Dies wird vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO auch eingeräumt (S 92 unten). Daß "nur so sich das Erstgericht ein wirkliches Bild vom damaligen Ablauf hätte machen können", ist ein unsubstantiierter und demnach untauglicher Versuch des Nichtigkeitswerbers, die Relevanz des der Ablehnung verfallenen Antrags auf Einvernahme der Zeugin Dr. Emma M***** zum Beweis dafür, daß Christine K***** sich von Anfang an sofort nackt ausgezogen habe, darzutun.

Zur Mängelrüge:

Das Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO, die "nachfolgende Tätlichkeit des Angeklagten" könne "nicht mehr als Versuch im Sinn des § 201 oder 105 StGB gewertet werden, weil der Angeklagte mit dieser Tätlichkeit ja keine sexuelle Handlung mehr erzwingen wollte" sowie die Tätlichkeiten seien nur Züchtigungshandlungen des Rechtsmittelwerbers gewesen, der plötzlich sexuell enttäuscht gewesen sei, zeigt keinen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf, sondern erweist sich der Sache nach als Rechtsrüge gemäß dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO, die aber - weil sie nicht von der Gesamtheit des Urteilssachverhaltes ausgeht und dabei die Konstatierung, der Beschwerdeführer habe der Zeugin K***** in der Absicht, sie zum Oralverkehr zu zwingen, negiert - eine gesetzmäßige Darstellung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes vermissen läßt. Auch mit den Beschwerdebehauptungen, daß zwischen der Aufforderung zur Vornahme eines Oralverkehrs und den nachfolgenden Tätlichkeiten im Sinne des § 201 StGB keinerlei Zusammenhang bestehe, daß § 15 StGB nicht anwendbar sei, weil diese Tätlichkeiten keinen Versuch dargestellt haben, und daß nicht festgestellt sei, daß der Angeklagte die Zeugin "sozusagen willen- und wehrlos machen wollte", wird weder eine Undeutlichkeit oder Unvollständigkeit noch ein innerer Widerspruch in den Entscheidungsgründen, auch nicht das Fehlen von (zureichenden) Gründen überhaupt oder eine Aktenwidrigkeit, jeweils im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, aufgezeigt.

Das Vorbringen, der Urteilsbegründung sei nicht zu entnehmen, daß der Nichtigkeitswerber Gewalt anwenden wollte, um die Zeugin K***** sexuell zu mißbrauchen, ist nicht aktengetreu (S 80, dritter Absatz).

Auch die (weiteren) Rechtsrügen gelangen nicht zur prozeßordnungsgemäßen Ausführung, denn materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können dem Gesetz gemäß nur dargetan werden, wenn sie den gesamten Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen.

Demgegenüber vernachlässigt der Beschwerdeführer mit dem Einwand, es "fehlten sämtliche Feststellungen, daß der Angeklagte mit seinen Tätlichkeiten eine sexuelle Handlung erzwingen wollte" (Z 9 lit a), die ausdrückliche Urteilsannahme, daß er der Zeugin Christine K***** in der Absicht, sie zum Oralverkehr zu zwingen, einen Faustschlag gegen das Kinn versetzte (S 80 dritter Absatz).

Auch das Vorbringen zur Subsumtionsrüge (Z 10) negiert die erwähnte Urteilsfeststellung, indem sie eine isolierte Unterstellung der Tathandlungen des Beschwerdeführers unter die Bestimmung des § 83 StGB anstrebt.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO; § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe ist das Oberlandesgericht Graz zuständig (§ 285 i StPO).

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