OGH 9ObA43/91

OGH9ObA43/9113.3.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Köck und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** Z*****, Angestellte, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei D***** G***** mbH & Co KG, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen 99.017 S sA (Streitwert im Revisionsverfahren 79.559,93 s sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. November 1990, GZ 8 Ra 66/90-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Februar 1990, GZ 31 Cga 111/89-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.094 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 849 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die Unterlassung der Beiziehung eines Sachverständigen für Berufskunde war bereits Gegenstand der Mängelrüge der beklagten Partei in der Berufung. Das Berufungsgericht hat diesen Mangel nicht für gegeben erachtet. Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes kann aber ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua).

Da die rechtliche Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Auszugehen ist davon, daß dem Geschäftsführer der beklagten Partei wie auch seiner Gattin, die im Unternehmen beschäftigt war und ihn in seiner Leitungstätigkeit wesentlich unterstüzte, bekannt war, daß die Klägerin wiederholt Überstunden leistete. Dies war auch der Grund dafür, daß der Geschäftsführer der Klägerin aus eigenem ein Überstundenpauschale angeboten hat. Ob die Zahl der Überstunden bei besserer Arbeitseinteilung durch die Klägerin geringer hätte gehalten werden können, ist unmaßgeblich, wenn die Überstunden tatsächlich geleistet wurden. Hätte die beklagte Partei die Überstunden der Klägerin auf die mit dem Überstundenpauschale abgegoltene Zahl beschränken wollen, so wäre es am Geschäftsführer gelegen, der Klägerin die Leistung von darüber hinausgehenden Überstunden zu verbieten. Dies ist aber nicht erfolgt. Es steht vielmehr fest, daß die Klägerin wiederholt mit dringenden Arbeiten betraut wurde, die ihre Arbeitsleistung über die normale Arbeitszeit hinaus, oft bis spät abends, erforderten.

Dem Umstand, daß die Klägerin zur Aufzeichnung von Überstunden nicht die firmeninternen Formblätter verwendete, kommt keine Bedeutung zu. Nach Punkt VII des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs ist der Arbeitgeber zur Führung von Überstundenaufzeichnungen ohne Rücksicht darauf verpflichtet, ob der Arbeitnehmer die Bezahlung von Überstunden beansprucht hat. Diese Pflicht ist weder abdingbar noch kann sie vom Arbeitgeber einseitig außer Kraft gesetzt werden. Eine Vereinbarung, die die Meldung von Überstunden in Form der Abgabe von Überstundenbescheinigungen den Arbeitnehmern überträgt, ist unwirksam. Überstundenentgeltansprüche eines Arbeitnehmers, der diese Ansprüche mangels Führung von Überstundenaufzeichnungen durch seinen Arbeitgeber in anderer Weise geltend macht, unterliegen in analoger Anwendung des Punktes VII lit. b des KV für die Handelsangestellten Österreichs den Verjährungsbestimmungen des ABGB (Arb 9661). Den Ausführungen, mit denen die Revision darzutun versucht, der Anspruch auf Überstundenentlohnung sei wegen Nichtgeltendmachung durch einen längeren Zeitraum verlorengegangen, ist entgegenzuhalten, daß ein Verlust von Arbeitnehmeransprüchen auf Entgelt für Überstunden nicht schon deshalb eintritt, weil die Ansprüche während einer längeren Zeit nicht geltend gemacht wurden, sondern erst dann, wenn wegen besonderer Umstände die verspätete Geltendmachung als ein Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden müßte (Arb 8788 ua). Für eine solche Annahme bestehen aber hier keine Anhaltspunkte. Da die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Überstunden innerhalb der Frist des § 1486 Z 5 ABGB vor Klagseinbringung geleistet wurden, kann auch der Verjährungseinwand dem Anspruch der Klägerin nicht entgegengehalten werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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