Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Nach Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO durch das Titelgericht verhängte das Erstgericht als Exekutionsgericht über zwei verpflichteten Parteien wegen eines im Exekutionsantrag behaupteten Verstoßes gegen den Exekutionstitel eine Beugestrafe von je S 80.000,--. Auf Grund mehrerer Strafanträge verhängte das Erstgericht in der Folge für behauptete weitere gleichgelagerte Verstöße weitere Beugestrafen in der jeweils gleichen Höhe. Die verpflichteten Parteien erhoben gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes im Oktober 1989 jeweils Rekurse an das Gericht zweiter Instanz.
Mit Beschluß vom 30. August 1990 wies das Gericht zweiter Instanz diese Rekurse zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000,-- übersteige und "der Rekurs" gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz nicht zulässig sei.
Das Gericht zweiter Instanz ging davon aus, daß die Beschwer nachträglich weggefallen sei, weil infolge eines anderen Rekurses der verpflichteten Parteien der Exekutionsbewilligungsbeschluß mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. November 1989 abgeändert und der Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution abgewiesen wurde. Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien sei vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 16. Mai 1990, 3 Ob 4/90, bestätigt worden. - Die Entscheidung über die Unzulässigkeit des "Rekurses" stütze sich auf § 78 EO sowie § 528 ZPO.
Der Rekurs der jetzt auch als Gesamtrechtsnachfolgerin der früher erstverpflichteten Partei auftretenden früheren zweitverpflichteten Partei ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat sich schon wiederholt der Ansicht von Petrasch (ÖJZ 1989, 743 751) angeschlossen, daß auch ein Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz auf Zurückweisung eines Rekurses ein Revisionsrekurs im Sinne des § 528 ZPO ist, welcher in allen Fällen des § 528 Abs. 2 ZPO jedenfalls unzulässig, im übrigen aber nur zulässig ist, wenn die Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 ZPO vorliegen (3 Ob 52/90, 3 Ob 1534/90 uva unter Ablehnung der anderen Ansicht von Fasching, ZPR2 Rz 2015/1).
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein Rechtsmittel nur zulässig ist, wenn auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung die sogenannte Beschwer gegeben ist (MietSlg 38.836 uva). In der Hauptsache war aber im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz jede Beschwer der verpflichteten Partei durch die Beseitigung der Exekutionsbewilligung weggefallen; denn gemäß § 70 Abs. 2 EO ist die Aufhebung aller vom Exekutionsgericht gesetzten Vollzugsakte eine zwingende Folge der rechtskräftigen Abweisung des Exekutionsantrages. Auf das "Zufallsergebnis", ob die verpflichtete Partei oder die betreibende Partei schon einen Einstellungsantrag gestellt hat, und ob über einen solchen Antrag schon entschieden ist, kommt es dabei nicht an. Ob auf Grund der vom Titelgericht erteilten Exekutionsbewilligung und auf Grund der weiteren Strafanträge Beugestrafen verhängt werden durften und in welcher Höhe die Strafen zu bemessen waren, war damit nur mehr von theoretisch-abstrakter Bedeutung. Dabei kann es nur auf den objektiven Wegfall der Beschwer ankommen, sodaß die Gründe einer allfälligen Verzögerung der Entscheidung zweiter Instanz hier keine Rolle spielen.
Das Interesse an einer für den Rechtsmittelwerber günstigeren Kostenentscheidung vermag die fehlende Beschwer in der Hauptsache nicht zu ersetzen (SZ 61/6 = EvBl 1988/100).
Es entspricht aber auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zB SZ 43/1 mwN; SZ 51/153; ÖBl 1979, 49; RdW 1990,
113) und der überwiegenden Auffassung der Lehre (Holzhammer, ZPR2, 321; Rechberger-Simotta, ZPR3, Rz 681; Matscher, Entscheidungsbesprechungen zu JBl 1968, 574 und JBl 1969, 398), daß ein Rechtsmittel bei fehlender Beschwer zurückzuweisen ist. Der Ansicht von Böhm (JBl 1974, 1 7 f) und Fasching (zuletzt ZPR2, Rz 1986), die Beschwer nicht als Zulässigkeits-, sondern als Erfolgsvoraussetzung zu behandeln, ist der Oberste Gerichtshof nicht gefolgt. Auch der Rekurs führt keine neuen Argumente an, die eine neuerliche Überprüfung erfordern würden. Die im Rekurs angeführte Judikatur (4 Ob 93/90 und 4 Ob 129/90) betrifft die Behandlung des Rechtsschutzbedürfnisses als Erfolgsvoraussetzung für eine Unterlassungsklage; dort ist der Unterlassungsanspruch davon abhängig, daß ein Bedürfnis nach urteilsmäßigem Ausspruch der Unterlassungspflicht besteht. Bei der im Rechtsmittelverfahren weggefallenen Beschwer geht es aber darum, daß zur Überprüfung einer gerichtlichen Entscheidung kein Anlaß mehr besteht, weil auch eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung in der Hauptsache ohne jeden Effekt bliebe. Ist aber die Beschwer eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Rechtsmittel, dann gilt hier auch nicht das Neuerungsverbot; denn die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind von amtswegen zu prüfen.
Im Zusammenhang mit der Beurteilung der von der zweiten Instanz ausgesprochenen Zurückweisung der strittigen Rekurse liegt daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO vor, weshalb der Rekurs gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO zurückzuweisen ist.
Falls man der Ansicht wäre, die zweite Instanz hätte trotz Zurückweisung der Rekurse eine Kostenentscheidung zugunsten der verpflichteten Partei treffen können, könnte der Oberste Gerichtshof überdies auch gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 3 ZPO nicht angerufen werden.
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