Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben; die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt wie folgt zu lauten haben:
- "1) Die Klagsforderung besteht mit 167.472,20 S sA zu Recht.
- 2) Die Gegenforderung der beklagten Partei besteht nicht zu Recht.
- 3) Die beklagte Partei ist daher schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 167.472,20 S samt 4 % Zinsen seit 11. März 1989 und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen 14 Tagen zu bezahlen sowie die mit 271,67 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
4) Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei einen weiteren Betrag von 134.772,-- S samt 4 % Zinsen seit 11. März 1989 und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.857,-- S (darin 1.143,-- S Umsatzsteuer) und 6.172,20 S (darin 1.028,70 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ein Rechtsanwalt (im folgenden Vertragserrichter), der für einen Schweizer Klienten (im folgenden Käuferin) eine Realität suchte, fand Kontakt zur Beklagten, die ihre Liegenschaft in ***** mit dem darauf situierten Golf-Hotel verkaufen wollte; er führte in der Folge die Verhandlungen zwischen der Beklagten, die dem Vertragserrichter Vollmacht erteilte, und der Käuferin. Da das Budget der Käuferin für die Jahre 1984 und 1985 erschöpft war, ein sofortiger Kauf deshalb nicht in Frage kam und eine langfristige Bindung der Beklagten für den Kauf angestrebt war, entwarf der Vertragserrichter einen schriftlichen Optionsvertrag. Eine Einigung über den Kaufpreis war noch nicht erzielt worden, die Beklagte wünschte einen Preis von 27,160.000,-- S. Der Vertragserrichter sprach den ersten Entwurf des Optionsvertrages mit der Beklagten genau durch; die Beklagte erklärte schließlich, das Wesen einer Option nicht zu verstehen und darüber mit ihrem Freund sprechen zu wollen. Nach etwa einer Woche teilte sie dem Vertragserrichter mit, nach Rücksprache mit ihrem Freund gegen eine Option nichts einzuwenden. Sie wolle aber noch den Anwalt ihres Freundes konsultieren. Die Beklagte beauftragte am 1. März 1985 telefonisch den klagenden Rechtsanwalt, er solle sich den Optionsvertragsentwurf ansehen, ob dieser ihren Interessen entspreche, im besonderen gelte dies für die lange Bindung bis 1987, innerhalb welcher Zeit sie zwar den Betrieb führen, ihre Eigentumsrechte aber nicht geltend machen könne, und für die Frage, ob die von der Käuferin angebotene Abstandszahlung von 1,000.000,-- S für den Fall, daß es zu keinem Kauf komme, angemessen sei und ihre Rechte umfassend gesichert seien. Der Kläger äußerte beim Telefonat der Beklagten gegenüber grundsätzlich Bedenken, daß dieses geschäftliche Vorhaben zu riskant sei und vor jeder Offertlegung durch die Beklagte sichergestellt sein müsse, daß der Betrag in Österreich sei und die Treuhandschaft eines österreichischen Notars begründet werde. Ferner müsse die andere Vertragspartei den Vertrag vor der Beklagten unterschreiben. In der Folge übermittelte die Beklagte dem Kläger den ersten Optionsvertragsentwurf. Am 5. März 1985 teilte der Vertragserrichter dem Kläger telefonisch mit, die Beklagte habe ihm erklärt, der Kläger vertrete den Freund der Beklagten, der eine Vertragsüberprüfung wünsche. Die Vertragsverhandlungen standen unter enormen Zeitdruck, weil der Vertragserrichter dem Kläger ua erklärt hatte, die Beklagte müsse den Optionsvertrag ehestens, spätestens am 7. März 1985, unterschreiben, weil er mit dem unterfertigten Vertrag zur Käuferin in die Schweiz fahren müsse. Bei einer zweistündigen Besprechung am 5. März 1985 über den ersten Entwurf des Optionsvertrages legte der Kläger dem Vertragserrichter seine Bedenken insbesondere wegen wirtschaftlicher Unsicherheiten zu Lasten der Beklagten dar und setzte handschriftliche Abänderungsvorschläge ein. Der Vertragserrichter sicherte dem Kläger zu, diesen Bedenken (gegen die Einbeziehung eines "natürlichen" Zubehörs, bessere Formulierung der Einlösungserklärung, Treuhandlösung bei der Kaufpreiszahlung, Beschränkung der der Beklagten auferlegten Konventionalstrafe auf Vereitelungsmaßnahmen, Eliminierung der Möglichkeit des Erlags des Betrages von 1,000.000,-- S auch durch eine Bankgarantie, Wegfall der Bindungswirkung auf Seiten der Beklagten wenn keine Baubewilligung oder keine Zustimmung nach dem AusländergrunderwerbsG erreicht werden könne ua) Rechnung zu tragen, diese beim nächsten Vertragsentwurf zu berücksichtigen und den neuen Entwurf vorweg dem Kläger zur Stellungnahme zu übermitteln. Am 6. März 1985 übermittelte der Vertragserrichter der Kanzlei des Klägers den zweiten Optionsvertragsentwurf und bat eine Angestellte der Kanzlei, sie möge auf den Kläger einwirken, daß dieser den Entwurf baldigst durchsehe, damit die Beklagte diesen so schnell wie möglich in seiner Kanzlei unterschreiben könne, weil er nur zwei Tage später damit in die Schweiz fahren müsse. Der Kläger erörterte dann mit der Beklagten in der Besprechung vom 7. März 1985 den zweiten Entwurf des Optionsvertrages, fügte seine Abänderungswünsche handschriftlich ein bzw diktierte sie der Beklagten, die die entsprechenden Vertragsergänzungen bzw Berichtigungen auf ihrer Vertragsdurchschrift vornahm. Bei einem genauen Textvergleich zwischen dem ersten und zweiten Entwurf stellte der Kläger fest, daß der Vertragserrichter einen Großteil der Einwände des Klägers inhaltlich berücksichtigt hatte, der Text aber noch nicht akzeptiert werden könne. Es sollte nicht die Einlösungserklärung der Optionsnehmerin befristet, sondern diese Einlösungserklärung bis zum genannten Termin (30. April 1987) bei der Beklagten eingelangt sein; Leistungszeitraum für den Erlag des Kaufpreises von 27,160.000,-- S sollte spätestens die Unterfertigung des Kaufvertrages sein, die unwiderrufliche Anweisung zur Auszahlung desselben sollte von der Käuferin erfolgen, weiters sollte der Kaufschilling zwischen Erlag und Vorliegens der Auszahlungsbedingungen zugunsten der Beklagten verzinst werden und die Fälligkeit des Kaufpreises von der behördlichen Genehmigung des Rechtsgeschäftes und nicht von der Lastenfreistellung abhängig sein. Weitere Änderungswünsche betrafen eine klare Leistungsanweisung an den Treuhänder (Vertragserrichter), um allfällige Kompensationen zu verhindern, und die Gerichtsstandsvereinbarung. Weiters diktierte der Kläger der Beklagten noch einen weiteren Vertragspunkt, daß ihre Unterschrift unter dem Optionsvertrag nur Gültigkeit erlange, wenn der Vertrag durch die andere Vertragspartei bis längstens 31. März 1985 firmenmäßig unterfertigt sei. Noch am 7. März 1985 teilte der Kläger der Kanzleileiterin des Vertragserrichters telefonisch mit, daß einige Änderungen am Vertragsentwurf vorzunehmen seien, die Beklagte aber gegen Mittag mit dem, mit Änderungen versehenen Vertragsentwurf beim Vertragserrichter erscheinen werde. Trotz der bis dahin an den Tag gelegten Eile hörte der Kläger in der Folge etwa 14 Tage nichts von der Beklagten und urgierte am 20. März 1985 schriftlich ihre Kontaktaufnahme. Die Beklagte sagte am Tag darauf der Kanzleiangestellten des Klägers, daß sie den Vertrag unterschrieben habe und dieser bereits in die Schweiz geschickt worden sei. Am 27. März 1985 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die andere Vertragspartei Änderungen wünsche und übergab dem Kläger am 2. Mai 1985 den dritten Entwurf des Optionsvertrages des Vertragserrichters mit der Bitte um schriftliche Überprüfung, um Bedenken gegenüber dem Vertragserrichter leichter argumentativ darlegen zu können. Mit Brief an die Beklagte vom 6. Mai 1985 äußerte der Kläger in 19 Punkten Bedenken zu einzelnen Vertragspunkten - von denen manche neu waren - und führte eine Reihe ihm zweckmäßig erscheinender Vertragsänderungen an. In der Zwischenzeit hatte sich ohne Wissen des Klägers die rechtsgeschäftliche Erledigungsvorstellung der Käuferin geändert, die nun einen Kaufvertrag abschließen und eine Kaufpreisreduktion erreichen wollte. Der Kläger wies die Beklagte in einer halbstündigen Besprechung am 23. Mai 1985 darauf hin, daß er die diesbezüglichen Vorstellungen der Käuferin erst dann rechtlich beurteilen könne, wenn ihm ein Vertragsentwurf des Vertragserrichters vorliege und besprach am 4. Juni 1985 mit der Beklagten in einer eineinhalbstündigen Besprechung den ersten Kaufvertragsentwurf des Vertragserrichters. Er erörterte dessen Inhalt und wies im einzelnen auf Ungereimtheiten, juristische Unzulänglichkeiten, Widersprüche und Risken für die Beklagte hin. Als Ergebnis war die Beklagte zur Unterfertigung des Vertrages in der vorliegenden Form nicht bereit. Der Kläger teilte auch dem Vertragserrichter über dessen Anruf seine Bedenken mit; der Vertragserrichter kündigte die Übersendung eines neuen Vertragsentwurfs an und sicherte zu, auf die Bedenken des Klägers Bedacht zu nehmen. Am 10. Juni 1985 übermittelte der Vertragserrichter einen zweiten Kaufvertragsentwurf zur neuerlichen Durchsicht. In einer einstündigen Besprechung am 13. Juni 1985 erörterten die Streitteile den zweiten Entwurf des Kaufvertrages, wobei der Kläger verschiedene Änderungen und Neuformulierungen (betreffend die Kaufpreiszahlung, dessen Verzinsung, Vereinbarung eines allfälligen Rücktrittsrechtes der Beklagten bei Nichtzahlung des Kaufpreises, Kostentragung eines Bauverfahrens ua) besprach. Am 19. Juli 1985 teilte ihm die Beklagte mit, daß "alles gelaufen" sei. Die Vertragsänderung nach ihren Vorstellungen habe all das gebracht, was der Kläger verlangt habe.
Die Streitteile trafen keine Vereinbarung über die Bemessungsgrundlage oder die Höhe der Kosten des Klägers, wohl aber darüber, daß der Kläger seine Honorarnote erst im Dezember 1986 legen solle. Der Kläger übermittelte der Beklagten eine Honorarnote mit einem "ermäßigten Pauschalbetrag" von 440.000,-- S (inkl. Umsatzsteuer) mit der Erklärung, sich bei Abrechnung nach Einzelleistungen an die vorgenommene Pauschalierung nicht gebunden zu erachten; die Beklagte bezahlte 50.000,-- S. Die Bemessungsgrundlage der vom Kläger seiner Honorarverrechnung zugrundezulegenden Bemessungsgrundlage beträgt mindestens S 18 Millionen.
Der Kläger begehrte von der Beklagten aufgrund der Pauschalverrechnung zunächst die Zahlung des restlichen Pauschalhonorars von 390.000,-- S sA, schlüsselte dann den Klagsbetrag in Beratungs- und Vertretungseinzelleistungen zu den Options- und Kaufverträgen betreffend die Verwertung der Liegenschaft einerseits und Stellungnahme zu einer Provisionsforderung des Vertragserrichters andererseits mit einem Betrag von insgesamt 180.637,60 S auf, ohne die Differenz auf den Pauschalbetrag von 440.000,-- S bzw den Klagsbetrag von 390.000,-- S aufzuklären. Nach Einholung von zwei Sachverständigengutachten schränkte der Kläger, den Einordnungsbewertungen von Einzelleistungen durch den Sachverständigen Rechtsanwalt Dr. Leo G***** in allen Punkten seines Gutachtens folgend - mit Ausnahme der Honorierung der nach dem Standpunkt des Klägers kontradiktorischen Besprechung vom 6. März 1985 mit dem Vertragserrichter nach TP 3A statt wie vom Sachverständigen nach TP 8 RAT bewertet - sein Begehren auf Zahlung von 302.244,20 S sA (Honorar von 314.017,-- S netto laut Beurteilung durch den Sachverständigen Rechtsanwalt Dr. Leo G*****, zuzüglich 6.205,-- S für die abweichende Bewertung der Besprechung vom 6. März 1985, zuzüglich 10 % Umsatzsteuer von 32.022,20 S, abzüglich der Teilzahlung von 50.000,-- S) ein.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe lediglich zusätzliche Ratschläge zu der vom Vertragserrichter, der sie und die Käuferin vertreten habe, entfalteten Tätigkeit erteilt; die Leistungen des Klägers umfaßten nur einige Besprechungen und Telefonate sowie geringfügige Vertragskorrekturen.
Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung mit 160.646,70 S sA als zu Recht, eine Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend, verhielt die Beklagte demgemäß zur Zahlung von 160.664,70 S sA.
Rechtlich erblickte der Erstrichter in der Ablehnung der
Pauschalhonorarverrechnung durch die Beklagte eine schlüssige
Vereinbarung der Streitteile über die Abrechnung der einzelnen
Leistungen des Klägers entsprechend ihrer Angemessenheit. Bei
Erörterung der Angemessenheit des Honorars (zusätzlich zu den
Einzelleistungen) verwarf der Erstrichter mehrere von den
Gebührengutachtern aufgezeigte rechtliche Varianten zur analogen
Anwendung des Notariatstarifes und folgte im wesentlichen der von
einem der Sachverständigen vertretenen Ansicht, wonach die
Leistungen nach § 8 Abs 2 AHR iVm TP 3B RATG zu honorieren seien,
weil die Tätigkeit des Klägers am ehesten mit der Erarbeitung
einer Berufung zu einem vorliegenden Ersturteil unter
Bedachtnahme auf die Prüfung des gesamten Vorakts vergleichbar
sei. Auch die kritische Durchleuchtung einer vom Vertreter einer
Partei bereits verfaßten Berufung zu einem erstinstanzlichen
Urteil durch einen weiteren zur Überprüfung und Erstattung von
Verbesserungsvorschlägen herangezogenen Rechtsanwalt sei
artverwandt. Alle diese Tätigkeiten des "kontrollierenden"
Rechtsanwaltes bezögen sich sowohl auf den Sachverhalt als auch
auf die rechtliche Beurteilung und hätten zur Voraussetzung, daß
auch die verbesserten Entwürfe wiederum neu durchgesehen werden
müßten. Gerechtfertigt sei für die Leistungen des Klägers,
jeweils einschließlich Umsatzsteuer, für die
a) Einzelleistungen im Zusammenhang mit der Überprüfung der
Options- und Kaufvertrags
entwürfe 128.348,-- S,
b) Auseinandersetzung wegen der Provision
des Vertragserrichters 28.092,90 S,
c) Begutachtung der Verträge nach Tarifpost
3B RATG 54.205,80 S,
wovon erkennbar 27.499,-- S auf den Options vertrag, 21.779,-- S auf den Kaufvertrag und 4.927,80 S auf die Umsatzsteuer entfallen.
Vom somit angemessenen Honorar des Klägers
von 210.646,70 S
ergebe sich abzüglich der Teilzahlung der
Beklagten ein offener Rest von 160.646,70 S.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, daß das Mehrbegehren von 141.597,50 S sA abgewiesen wurde. Die ordentliche Revision ließ es zu. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters und billigte dessen Rechtsauffassung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist teilweise gerechtfertigt. Auf den durch Inanspruchnahme des Klägers als Rechtsanwalt zustande gekommenen Vertrag finden in erster Linie die Vorschriften der RAO, hilfsweise die Bestimmungen des ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag Anwendung (AnwBl 1990, 45 mit Anm Pritz; EvBl 1972/124 = NZ 1973, 104 ua; Stanzl in Klang2 IV/1, 794). Da nach den Feststellungen Unentgeltlichkeit der Tätigkeit des Klägers nicht vereinbart war, hat er für seine der Beklagten gegenüber erbrachten Leistungen Anspruch auf Entgelt. In erster Linie gebührt ihm das vereinbarte Entgelt (§ 17 Abs 1 RAO). Eine ausdrückliche Honorarvereinbarung wurde nicht getroffen; der Kläger hat Anspruch auf angemessene Entlohnung (AnwBl 1990, 45;
NZ 1973, 156; EvBl 1972/124; 8 Ob 688/89 ua). Soweit für Leistungen ein besonderer Tarifansatz besteht, ist regelmäßig dieser als angemessenes Entgelt anzusehen (AnwBl 1990, 45;
SZ 51/27; EvBl 1972/124; 8 Ob 688/89 ua). Wiewohl den von der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages gemäß § 37 RAO beschlossenen Autonomen Honorarrichtlinien (AHR 1976) kein normativer Charakter zukommt (8 Ob 688/89, 7 Ob 1525/86 ua), so stellen sie doch ein kodifiziertes Sachverständigengutachten über die Angemessenheit (§ 1152 ABGB) der im RATG nicht näher geregelten anwaltlichen Leistungen dar (AnwBl 1990, 45; SZ 51/27; EvBl 1972/124 ua; Grillberger in Schwimann, § 1152 ABGB Rz 20; Orator in AnwBl 1984, 39 ff), für die keine besondere Vereinbarung getroffen wurde (AnwBl 1990, 45; 1 Ob 557/82).
Der Revisionswerber macht im wesentlichen geltend, daß im vorliegenden Fall das ihm zustehende Honorar gemäß der nach § 8 Abs 5 AHR 1976 anzuwendenden Bestimmung des § 4 NTG zu bemessen und ihm daher die halbe tarifmäßige Wertgebühr zuzuerkennen gewesen wäre. Wenn der Notar einen ihm zur Verfügung gestellten schriftlichen Vertragsentwurf nicht einmal ändern oder ergänzen müsse und gerade wegen dieses Entfalls von Mehrleistungen für die Errichtung des "Mantels" noch die halbe tarifmäßige "Wertgebühr" verlangen dürfe, sei es richtig, ihm für seine überprüfende Tätigkeit, die zu Änderungen und Ergänzungen des Vertragsentwurfes geführt habe, ein Honorar zuzuerkennen, wie es einem Vertragsverfasser für die Erstellung eines Vertrages gebühre. Selbst wenn man aber der vom Sachverständigen ***** vorgeschlagenen Lösungsvariante folgen wollte (Honorar wie für die Erstellung eines Rechtsgutachtens nach TP 3B RAT) gebührte ihm eben ein Honorar wie für drei Rechtsgutachten und in Ansehung der geprüften Kaufverträge für zwei weitere Gutachten. Der Inhalt des Schreibens vom 6. Mai 1985 sei als (schriftliches) Rechtsgutachten zu qualifizieren.
Auszugehen ist davon, daß der Vertragserrichter sowohl vom Käufer als auch von der Beklagten mit der Vertragsverfassung beauftragt war. Der dem Kläger von der Beklagten erteilte Auftrag ging dahin, Entwürfe zum Optionsvertrag bzw zwei Entwürfe zu einem Kaufvertrag, die vom Vertragserrichter ausgearbeitet worden waren, daraufhin zu prüfen, ob den Interessen der Beklagten von dem auch im Interesse der Käuferin tätigen Vertragserrichter angemessen Rechnung getragen wurde. Der dem Kläger erteilte Auftrag ging also von vornherein nicht dahin, einen eigenen Vertragsentwurf für die Beklagte zu konzipieren, er sollte nur Bedenken aufzeigen und allfällige Änderungsvorschläge (inhaltlicher oder redaktioneller Art) erstatten. Gemäß § 6 AHR 1976 ist das Honorar nach den Tarifposten des RATG (TP 1 bis 3 und TP 5 bis 9 RAT) einschließlich allfälliger Zuschläge gemäß § 25 RATG unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 7 und 8 AHR 1976 zu berechnen. Es ist keineswegs ungewöhnlich, daß bei Errichtung eines Vertrages die vertragsschließenden Parteien jeweils von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens beraten und vertreten werden und der von einem Rechtsanwalt erstellte Vertragsentwurf einer kritischen Überprüfung durch den anderen Rechtsanwalt unterzogen wird, die unter Umständen auch zu Änderungen bzw Ergänzungen führt. Klare gesetzliche Vorschriften wie in einem solchen Fall der Honoraranspruch des Rechtsanwaltes, der mit der überprüfenden Tätigkeit befaßt war, zu ermitteln ist, fehlen. Für die Verfassung von Urkunden, Verträgen und sonstigen Erklärungen jeder Art sieht § 8 Abs 5 AHR 1976 vor, daß - unter gesonderter Verrechnung der sonstigen Leistungen - zumindest die Ansätze des Notariatstarifes unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage der AHR angemessen sind. Nun kann der Kläger gewiß nicht als Vertragsverfasser im eigentlichen Sinn des Wortes angesprochen werden, weil mit der Verfassung des Vertrages ein anderer Rechtsanwalt beauftragt war und der Kläger nur den (bzw die) vorliegenden Vertragsentwürfe zu überprüfen hatte. Es kann freilich eine solche Tätigkeit praktisch der Verfassung eines Vertrages gleichstehen, wenn dem überprüfenden Rechtsanwalt nur ein "Rohentwurf" geliefert wird und daher praktisch ihm die Ausarbeitung des Vertrages obliegt oder aber wenn der vorgelegte Entwurf so unzureichend ist, daß die kritische Stellungnahme zum Entwurf der Verfassung einer neuen Vertragsurkunde gleichzuhalten ist. Die "Stellungnahme" zu einem Vertragsentwurf kann dann in einem Gegenentwurf bestehen, auf den § 8 Abs 5 AHR jedenfalls dem Sinn nach angewendet werden könnte. Liegen weniger weitgehende Änderungsvorschläge vor - wie dies im vorliegenden Fall angenommen werden kann - oder billigt der Rechtsanwalt den vorgelegten Entwurf nach Prüfung als unbedenklich, kann seine Tätigkeit nicht der eines Vertragsverfassers gleichgehalten werden. Im vorliegenden Fall kann nicht gesagt werden, daß die vom Vertragserrichter verfaßten Verträge unbrauchbar oder als bloße Rohentwürfe zu bezeichnen wären; eigenständige Gegenentwürfe mußte der Kläger daher nicht verfassen. Die Bestimmung des § 8 Abs 5 AHR findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Die Tätigkeit des Klägers kann auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes am ehesten der Verfassung eines Rechtsgutachtens gleichgehalten werden. Gemäß § 8 Abs 2 AHR ist für Rechtsgutachten und letztwillige Verfügungen, deren Gegenstand oder Abfassung eine durchschnittliche Bewertung zulassen, der Honoraransatz gemäß TP 3 RAT bis zum doppelten Betrag der TP 3 RAT angemessen. Es ist einzuräumen, daß ein Rechtsgutachten im engeren Sinn des Wortes nicht vorliegt, weil darunter herkömmlicherweise schriftlich ausgearbeitete Lösungen komplizierter Rechtsfragen unter Heranziehung von Literatur und Judikatur verstanden werden. Abänderungsvorschläge zu einem Vertrag, die im vorliegenden Fall mit Ausnahme der Stellungnahme vom 6. Mai 1985 auch nur im Zuge mündlicher Besprechungen mit der Mandantin erteilt wurden, können nicht als Rechtsgutachten im engeren Sinn verstanden werden, gleichwohl liegt aber doch eine begutachtende Tätigkeit vor, die in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung der AHR die Anwendung der Bestimmung des § 8 Abs 2 AHR 1976 als gerechtfertigt erscheinen läßt. Derartige Stellungnahmen erfordern freilich im Regelfall nur einen geringeren Zeitaufwand als eine eingehende (wissenschaftliche) gutachterliche Tätigkeit, was bei der Frage der Höhe des angemessenen Entgelts, das dem Kläger in Ermangelung einer konkreten Honorarvereinbarung gebührt, nicht unberücksichtigt bleiben kann. Mit Recht verweisen die Vorinstanzen dabei darauf, daß es sich bei den jeweiligen Entwürfen um eine im wesentlichen gleiche rechtliche Problematik handelte, so daß die Begutachtung jeweils als Einheit angesehen werden kann. Nach dem Standpunkt des Revisionswerbers stünde ihm für die Durchsicht eines zweiten Entwurfs, selbst wenn nur die im ersten Entwurf beanstandeten Teile geändert wurden, ebenfalls die volle Gebühr für ein zweites "Rechtsgutachten" zu, selbst wenn er nach dem Vergleich der beiden Vertragsurkunden zum Ergebnis gelangt, daß seinen Einwendungen Rechnung getragen wurde und der Vertrag daher in der geänderten Form abgeschlossen werden kann. Auch bei einer von ihm als Rechtskundigen sofort als die Interessen seines Mandanten nicht schädlichen Änderung würde ihm ein Honoraranspruch für ein zweites Rechtsgutachten erwachsen. Bei einer solchen rein formellen Betrachtungsweise (zwei Vertragsentwürfe daher zwei Rechtsgutachten) würde der für die Beurteilung leitende Gesichtspunkt der Angemessenheit des Entgelts außer Acht gelassen. Der Zeitaufwand für die begutachtende Tätigkeit des Klägers liegt im vorliegenden Fall (jedenfalls nicht wesentlich) über jenem der für die Verfassung von zwei Rechtsgutachten durchschnittlicher Schwierigkeit (bzw. Berufungen) erforderlich ist, so daß die Bemessung des Honorars - das ohnehin zusätzlich zu den verrechneten Einzelleistungen gebührt - nach TP 3B noch als angemessen beurteilt werden kann. Im Einzelfall könnte in Fällen begutachtender Tätigkeit die Vereinbarung eines Zeithonorars zweckmäßig sein. Für die schriftliche Ausarbeitung der begutachtenden Stellungnahme des Klägers (zum dritten Optionsvertragsentwurf) kann ein weiteres Honorar demnach nicht zugesprochen werden, zumal das anwaltliche Schreiben ohnehin nach TP 6 honoriert wurde.
Was die Honorierung der Besprechung des Klägers mit dem Vertragserrichter vom 5. März 1985 betrifft, so legte der Kläger darin dem Vertragserrichter seine Bedenken gegen den ersten Entwurf des Optionsvertrages mündlich dar. Es ist dem Kläger darin beizupflichten, daß diese Besprechung der Artikulation verschiedener Rechts- bzw Interessenstandpunkte diente und damit kontradiktorischen Charakter hatte. Kriterium für eine (außergerichtliche) Verhandlung kontradiktorischen Charakters ist, wie der Kläger zutreffend aufzeigt, das Vorhandensein und die Artikulation unterschiedlicher (gegensätzlicher) Interessenstandpunkte durch den Parteienvertreter und/oder die Parteien. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine solche Interessengegensätzlichkeit standesrechtlich oder auf Grund eines Bevollmächtigungsverhältnisses oder auf Grund der Verpflichtung zur Wahrung der Interessen auch des anderen Vertragspartners nicht vorliegen sollte. Entscheidend ist vielmehr nur, ob bei einer solchen Verhandlung die Interessensgegensätze zutage traten und den Gegenstand der Verhandlung bildeten, was im vorliegenden Fall zutrifft. Demnach gebührt dem Kläger für diese Besprechung nach TP 3A ein Betrag von 24.315,50 S statt des von den Vorinstanzen zuerkannten Betrages von 17.490,-- S. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Der Kostenzuspruch an die beklagte Partei im Rechtsmittelverfahren erfolgte auf der Basis des Abwehrerfolges von 134.772,-- S.
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