Spruch:
Durch das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. August 1989, GZ 6 d Vr 11.781/88-102, ist das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 12 Abs. 3 Z 3, 16 Abs. 1 SGG verletzt worden. Gemäß § 292 letzter Satz StPO werden
1. dieses Urteil, welches sonst unberührt bleibt, in dem zum Schuldspruch lt. Pkt A. ergangenen Ausspruch, der Angeklagte habe die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmache, in der darauf beruhenden Unterstellung der betreffenden Tat auch unter § 12 Abs. 3 Z 3 SGG, im Schuldspruch lt. Pkt B. und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung), jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über den Verfall; sowie
2. alle gerichtlichen Beschlüsse und Verfügungen, die auf den von Pkt 1. erfaßten Teilen des Urteils beruhen,
aufgehoben.
Die Sache wird unter Ausschaltung des Schuldspruchs lt. Pkt B. zu neuer Verhandlung und Entscheidung im übrigen Umfang der Urteilsaufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen (rechtskräftigen) Urteil wurde Kiemba U***** (zu A.) des - zum Teil in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB)
begangenen - Verbrechens nach § 12 Abs. 1 (zweiter, dritter und vierter Fall) und Abs. 3 Z 3 SGG sowie (zu B.) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 (fünfter Fall) SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Dem Schuldspruch zufolge hat er in der Zeit zwischen dem 23. November und dem 17.Dezember 1988 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift
(A.) in einer großen Menge aus- und eingeführt sowie teils in Verkehr gesetzt und teils in Verkehr zu setzen versucht, wobei er die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen habe, dessen Menge das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmache, indem er (1.) zumindest 180 g "Heroin" aus Ungarn nach Österreich einführte und in Wien (2.) insgesamt 25 g davon dem abgesondert verfolgten Gerhard T***** verkaufte sowie
(3.) weitere rund 150 g davon zum Weiterverkauf bereithielt; und ferner
(B.) in Österreich besessen, und zwar (lt. US 4, 6, 8 die nach Abzug der unter A.2. und 3. bezeichneten Mengen von dem unter A.1. angeführten Quantum verbleibenden) rund 5 g "Heroin".
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil steht in der Annahme der Verbrechensqualifikation nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG und im Schuldspruch lt. Pkt B. mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Die Feststellung der (abstrakten) Eignung einer bestimmten Suchtgiftmenge, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen (§ 12 Abs. 1 zweiter Satz SGG), setzt nämlich die Ermittlung des in ihr enthaltenen Quantums suchtauslösender Wirkstoffe voraus, sodaß sich die das Gewicht der (insoweit maßgebenden, nach medizinischen und rechtlichen Kriterien festgelegten) sogenannten "Grenzmenge" des jeweils aktuellen Suchtgifts betreffenden Angaben durchwegs auf dessen Reinsubstanz beziehen (vgl. hiezu das Gutachten im Anh. zu JABl. 1985/28 Abschn. II.2. Pkt IV.1. sowie RZ 1987/48 uva). Dahingehende Konstatierungen über den Reinheitsgrad des tatgegenständlichen "Heroins" läßt das in Rede stehende Urteil vermissen.
Solche waren zwar fallbezogen zur Subsumtion des Tatverhaltens lt. den Pkten A.1. bis 3. unter § 12 Abs. 1 (zweiter, dritter und vierter Fall) SGG entbehrlich, weil sich nach den Verfahrensergebnissen (ON 87, 92) sowohl die Aus- und Einfuhr als auch das - auf einem einheitlichen Willensentschluß (US 5) beruhende, zum Teil noch nicht gelungene - Inverkehrsetzen des Suchtgifts jeweils auf Mengen erstreckte, welche die für Heroin anzunehmende Grenzmenge von 1,5 g Reinsubstanz (vgl. RZ 1989/22 uva) unzweifelhaft deutlich überstiegen. Wohl aber wären Feststellungen über den reinen Heroin-Gehalt des den Gegenstand des Schuldspruchs lt. Pkt A. bildenden Suchtgifts zur Annahme der Qualifikation nach § 12 Abs. 3 Z 3 SGG schon in objektiver Hinsicht (zur subjektiven Tatseite vgl. NRsp 1988/183 = JUS 1988/42/26) umso unumgänglicher gewesen, als nach den bisher vorliegenden, nur einen Teil des sichergestellten "Heroins" betreffenden Untersuchungsergebnissen eine dazu vorauszusetzende Begehung des Suchtgift-Verbrechens mit Beziehung auf eine Menge von zumindest 37,5 g Reinsubstanz nicht bloß keineswegs klar auf der Hand liegt, sondern im Gegenteil eher als unwahrscheinlich erscheint.
Der Schuldspruch nach § 16 Abs. 1 (fünfter Fall) SGG hinwieder war deswegen rechtlich verfehlt, weil der damit erfaßte Besitz des vom Angeklagten letzten Endes selbst verbrauchten "Heroins" in Österreich insoweit, als er mit dessen Einfuhr (lt. Pkt A.1.) verbunden war, zufolge der in dieser Strafbestimmung enthaltenen Subsidiaritätsklausel und für den daran anschließenden Zeitraum (bis zum letztlichen Eigenverbrauch) infolge Konsumtion (als "vorbestrafte Nachtat") schon durch die Verurteilung nach § 12 Abs. 1 zweiter Fall SGG strafrechtlich abgegolten ist (vgl. ÖJZ-LSK 1978/257 ua).
Diese dem Schöffengericht unterlaufenen Gesetzesverletzungen waren daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wie im Tenor festzustellen und nach § 292 letzter Satz StPO zu beheben.
Im zu erneuernden Verfahren wird bei der Ermittlung der Menge reinen Heroins, die den Gegenstand der verpönten Einfuhr bildete, auch der Reinheitsgehalt jener - nicht
unerheblichen - Suchtgift-Teilmengen zu prüfen sein, in Ansehung deren ein darauf bezogenes Untersuchungsergebnis bisher nicht aktenkundig ist (vgl. ua S 183/II iGgs zu ON 87, 92).
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