OGH 3Ob128/90

OGH3Ob128/9023.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia L*****, vertreten durch die Sachwalterin Maria L*****, diese vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ing. Thomas B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen gemäß § 36 EO, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 13.Juni 1990, GZ 21 R 34/90-50, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Johann/Pg vom 24.November 1989, GZ 3 C 68/89z-45, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Dem Beklagten wurden am 20.1.1986 Liegenschaften der Klägerin zugeschlagen. Mit Beschluß vom 18.12.1986 wurde der Vollzug der Übergabe der ersteigerten Liegenschaften an den Beklagten bewilligt.

Gegenstand der von der Klägerin dagegen erhobenen Impugnationsklage ist ein behaupteter Exekutionsverzicht.

Im ersten Rechtsgang hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen, welche das Klagebegehren abgewiesen hatten, im wesentlichen mit der Begründung auf, bisher nicht getroffene Tatsachenfeststellungen über die näheren Umstände der Äußerungen des Beklagten seien nachzuholen, um den objektiven Erklärungswert beurteilen zu können. Sollte es auch nach der Ergänzung des Verfahrens nicht zur Feststellung eines ausdrücklich vereinbarten Exekutionsverzichtes kommen, müßten Feststellungen über alle Begleitumstände, vor allem auch das Verhalten des Beklagten nach der Zuschlagserteilung zu einem allenfalls in Betracht kommenden konkludenten Vertragsabschluß getroffen werden.

Im einzelnen wird zu den strittigen Tatumständen und den relevanten Rechtsfragen auf den Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 132/88 verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang nahm das Erstgericht eine Reihe von Äußerungen des Beklagten als erwiesen an und stellte dazu fest, es habe sich um Angebote des Beklagten gehandelt, welche die Klägerin angenommen habe. Im wesentlichen geht es dabei um die Zusage, der Beklagte werde von den Liegenschaften, welche er nur erstanden habe, um der Familie der Klägerin einen Teil ihres Besitzes zu erhalten, zunächst nur die Baugründe und einzelne Waldgrundstücke verkaufen, während die Landwirtschaft letzen Endes an einen Sohn der Klägerin übergeben werden solle und bis dahin von der Familie der Klägerin betrieben werden dürfe. Grundsätzlich habe der Beklagte die Liegenschaften deshalb erstanden, um durch den späteren geordneten Abverkauf einzelner Grundstücke soviel zu erlösen, daß nicht nur das von der Hausbank der Klägerin kreditierte Meistbot, sondern auch ein Betrag von zusätzlich etwa 7 Millionen Schilling hereingebracht würde, für welchen Betrag der Beklagte der Bank gegenüber als Bürge der Klägerin haftete.

An Indizien für den objektiven Erklärungswert in Richtung eines verbindlichen Exekutionsverzichtes stellte das Erstgericht außer den eigentlichen Äußerungen folgende Umstände fest: Als der Beklagte einmal ein Waldgrundstück zum Verkauf inserierte, hat die Tochter der Klägerin beanständet, daß dies nicht ausgemacht worden sei, worauf der Beklagte erklärte, er wolle ohnedies nicht den ganzen Wald verkaufen. Als der Beklagte bei Grundstücken im Nahebereich des Bauernhofes Bodenuntersuchungen vornehmen wollte und ein Sohn der Klägerin dies untersagte, unternahm der Beklagte nichts gegen diese Behinderung. Als der Beklagte einen Weg errichten wollte, wartete er über Ersuchen des Sohnes der Klägerin zu, bis die dafür vorgesehene Fläche abgeweidet war. In einem Vertrag zwischen dem Beklagten und der Hausbank der Klägerin war unter anderem eine Stundung sämtlicher Forderungen der Bank gegen die beiden Streitteile für drei Jahre ab dem Zuschlag vorgesehen. Von der weiteren Betreibung der zwangsweisen Räumung nach § 156 EO hat der Beklagte im März 1987 durch eine Eingabe an das Exekutionsgericht mit der Begründung Abstand genommen, der Übergangsvorgang sei durch die Klägerin und ihren Sohn faktisch vereitelt worden. Über den von der Klägerin mit ihrem Sohn abgeschlossenen Pachtvertrag ist ein Verfahren nach dem Pachtschutzgesetz anhängig.

Auf Grund dieser Feststellungen gelangte das Erstgericht jetzt zur Klagsstattgebung.

Das Berufungsgericht nahm eine Beweiswiederholung vor und stellte abweichend vom Erstgericht fest, daß alle schon vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Äußerungen des Beklagten als reine Absichtsäußerungen gedacht waren, ohne daß er sich dadurch rechtsverbindlich zu einer bestimmten Vorgangsweise verpflichten wollte. Er habe nicht die Absicht gehabt, auf seine Rechte als Ersteher der Liegenschaften zu verzichten. Die Klägerin habe auf einen derartigen Verpflichtungswillen des Beklagten auch gar nicht vertraut. Der Beklagte habe es offenbar bewußt vermieden, sich auf eine bestimmte Vorgangsweise bei der Verwertung der Liegenschaften im Detail festzulegen. Seine allgemein gehaltenen Erklärungen hätten beschwichtigenden und hinhaltenden Charakter gehabt. Er habe als politischer Gemeindemandatar einen offenen Eklat solange als möglich vermeiden wollen, habe sich aber mit seinen bewußt "weichen" Formulierungen nicht rechtlich festlegen wollen. Auch die Klägerin sei offenbar nicht von einer rechtsverbindlichen Vereinbarung ausgegangen, sondern habe sich mit den eher vagen mündlichen Beteuerungen des Beklagten begnügt, obwohl diese Äußerungen offensichtlich auch der Klägerin nicht die Gewißheit verschafft hätten, daß damit eine rechtsverbindliche Abmachung erfolgt sei.

Rechtlich gelangte das Berufungsgericht auf Grund dieser Feststellungen zum Ergebnis, daß ein ausdrücklicher Exekutionsverzicht nicht vereinbart worden sei. Die vom Erstgericht festgestellten Verhaltensweisen des Beklagten reichten für die Annahme eines konkludent zustande gekommenen Exekutionsverzichtes nicht aus.

Das Berufungsgericht änderte daher das Urteil des Erstgerichtes im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil bei der Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen und der Frage der Konkludenz auch grundsätzliche Fragen der Abgrenzung zwischen Tat- und Rechtsfragen angeschnitten würden, deren Bedeutung über den gegenständlichen Rechtsstreit hinausweise.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene Revision ist jedoch ungeachtet des Ausspruches des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs. 1 ZPO nicht gegeben sind.

Mit dem Revisionsgrund der "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" unternimmt die Klägerin im wesentlichen nur den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes zu bekämpfen, sie behauptet unzutreffend, es gebe keine Beweisgrundlage für einzelne Feststellungen, und nimmt zu einigen rechtlich unerheblichen Tatumständen Stellung:

Ob die ursprünglichen Kredite von der Klägerin oder ihrem Ehemann aufgenommen wurden, ist für die Beurteilung des vorliegend geltend gemachten Exekutionsverzichtes unerheblich. Daß der Beklagte sich die Mittel zur Aufbringung des Vadiums und des Meistbotes (das er nicht bar zu erlegen hatte) im Kreditwege von der Hausbank der Klägerin beschaffte, wurde ohnedies festgestellt. Wie sich der vom Berufungsgericht mit 35 bis 40 Millionen Schilling festgestellte Schuldenstand des Beklagten im einzelnen zusammensetzt, spielt für die Frage des Exekutionsverzichtes ebenfalls keine Rolle.

Für die Feststellung, der Beklagte habe sich nicht verpflichten wollen, gibt es in der Parteienaussage des Beklagten, er habe sich nicht binden wollen (PV S 39) und nur Absichtserklärungen abgegeben (PV S 215), eine Grundlage. Die Feststellung, der Beklagte habe nicht die Absicht gehabt, auf seine Rechte als Ersteher zu verzichten, konnte wiederum auf die Parteienaussage des Beklagten gestützt werden, er habe gegenüber der Familie der Klägerin keine Verpflichtungen übernommen, seine Äußerungen seien keinesfalls rechtsverbindlich gewesen und er sei in keiner Weise eingeschränkt worden (PV S 216). Die Feststellung, die Klägerin habe nicht auf einen Verpflichtungswillen des Beklagten vertraut, war auf Grund der Parteiaussage der Klägerin möglich, mit ihr sei nie eine Vereinbarung getroffen worden (PV S 16) und sie könne nicht sagen, daß der Beklagte ausdrücklich wörtlich gesagt hätte, daß er sich verpflichte (PV S 17). Daß es auch entgegenstehende Beweisergebnisse gibt, betrifft hingegen nur mehr die Frage der Beweiswürdigung.

Zur rechtlichen Beurteilung wurde alles Nötige schon im erwähnten Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes gesagt.

Wenn beide Streitteile nicht davon ausgegangen sind, daß der Beklagte durch seine verschiedenen Erklärungen mehr als nur einen Wunsch und eine Absicht bekunden wollte, wenn also beiderseits kein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kam, ist für zusätzliche Untersuchungen über den objektiven Erklärungswert von den Parteien etwa anders gemeinter Äußerungen kein Anlaß (WoBl 1990/59 mwN). Die ausdrückliche Feststellung des Fehlens eines solchen Vertragswillens ist eine in dritter Instanz nicht bekämpfbare Tatsachenfeststellung (ZVR 1968/103 ua). Auch unter befreundeten Personen kann bei beiderseits nur als Absichtserklärungen, aber nicht als Verpflichtung aufgefaßten Erklärungen nicht vom Zustandekommen eines Vertrages ausgegangen werden.

Wenn die Klägerin trotz des auch bei ihr fehlenden Vertragswillens auf die vom Beklagten nicht in Abrede gestellten Absichten vertraut hat, konnte dadurch allein kein Vertrag entstehen. Die in der Revision dazu angeführten Entscheidungen hatten nie zur Grundlage, daß der beiderseits fehlende Vertragswille ausdrücklich feststand. Es kommt auch nicht darauf an, wie andere Personen die Erklärungen der Streitteile beurteilen würden, wenn feststeht, ob und welche Vertragsabsicht die Streitteile selbst (nicht) hatten.

Alles in allem ist aber damit festzuhalten, daß das Berufungsgericht in keinem Punkt von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist oder daß sonst Argumente vorgetragen worden wären, die für das Vorliegen einer im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage sprechen würden.

Die unzulässige Revision ist daher zurückzuweisen.

Da die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, waren ihr für die Revisionsbeantwortung gemäß den §§ 40, 41 und 50 ZPO keine Kosten zuzusprechen.

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