Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf
3 (drei) Jahre
herabgesetzt wird.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde Horst M***** des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 und 2 StGB (Punkt I des Urteilsspruches), ferner nach den §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB (Punkt II) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, in der Nacht zum 26.Mai 1990 in Wien im einverständlichen Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Jugendlichen Richard L***** mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gegen Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
I. dem Gernot H***** 500 S, indem sie ihn in ein Haustor zerrten, festhielten und mit Schlägen bedrohten, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde, die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog und es sich um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelte,
II. unter Verwendung einer eisernen Mauerklammer als Waffe dem Luigi Gianni L***** 700 S und 10 englische Pfund und dem Ricardo F***** 500 S.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil erhobenen, auf Gründe der Z 6 und 13 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund moniert der Beschwerdeführer unter Zitierung seiner (wechselnden) Verantwortungen vor der Polizei, vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung sowie der Aussagen der Zeugen F***** und L***** das Unterbleiben einer uneigentlichen Zusatzfrage (vgl. EvBl. 1989/126) zur Hauptfrage 2 (Raub an L***** und F*****) in Richtung des § 142 Abs. 2 StGB, allenfalls verbunden mit einer Zusatz- (gemeint: Eventual-) Frage nach Nötigung oder gefährlicher Drohung; er meint, aus Verfahrensergebnissen folgern zu können, daß mit einer Mauerklammer erst gedroht worden sei, nachdem den Raubopfern das Geld abgenommen worden war.
Zu einer Fragestellung in Richtung eines minderschweren Raubes nach dem § 142 Abs. 2 StGB war schon mangels Geringfügigkeit der Beute von 1.200 S und 10 englischen Pfund kein Raum (EvBl. 1989/112 = RZ 1989/60 = JBl. 1990, 55 ua).
Davon abgesehen war die begehrte Fragestellung auch aus weiteren Überlegungen nicht indiziert:
Soweit der Beschwerdeführer sich nämlich auf die Aussage des Zeugen F***** (S 21) bezieht, übersieht er, daß F***** nur das Verhalten des ihm unmittelbar gegenüberstehenden Täters beschreibt, nämlich jenes mit kurzen blonden Haaren (S 13 und 21), also des Mittäters L*****, der - auch nach dem Beschwerdevorbringen (S 203) - zur Tatzeit das Haar kurz trug (vgl. S 173). Der Zeuge L***** hingegen erklärte nichts Genaueres über das Verhalten jenes Täters aussagen zu können, der seinen Freund F***** attackierte, beschreibt aber deutlich die Vorgangsweise des anderen Täters, der ihn selbst beraubte (S 23), also des Beschwerdeführers, der nackenlange Haare trug (vgl. S 13, 27, 29, 176). Nach der Darstellung des Zeugen L***** ist jedoch unzweifelhaft, daß sein Widerpart ihn zuerst durch Drohung mit einer "Eisenstange" zum Heben der Hände nötigte und ihm daraufhin die Geldbörse aus der Hosentasche zog, bei welchem Vorgang er weiterhin mit der Stange auf den Kopf des Beraubten zielte (S 23).
Der Beschwerdeführer gelangt zu seinen Folgerungen nur, indem er die Aussagen der Zeugen F***** und L***** derart miteinander verquickt, als ob sie das Verhalten ein und derselben Person beschrieben hätten, wobei er außerdem die Aussage des Komplizen L***** übergeht, wonach beide Täter vor der Tat "Maurerklampfen" einsteckten (S 172).
Die Verantwortung des Beschwerdeführers hinwieder, soweit darin die Verwendung einer Mauerklammer in Abrede gestellt wird, ist kein Tatsachenvorbringen im Sinn der §§ 313 f StPO, denn dieser Angeklagte beschränkt sich darauf, Erinnerungslosigkeit an die Vorgänge um den in Rede stehenden Raub zu behaupten (S 169 f, 135 ff), und meint, er könne sich (bloß) nicht vorstellen, daß er mit einer Mauerklammer agiert habe (S 170), wobei er selbst in seinem schriftlichen Widerruf des - diesen Umstand einbekennenden - Geständnisses vor dem Untersuchungsrichter die "Möglichkeit dieses Tatbestandes nicht ausschließen" konnte (S 95).
Die bloße unsubstantiierte Vermutung des Beschwerdeführers, er hätte keine Mauerklammer zum Einsatz gebracht, bot demnach auch im Verein mit der Aussage des Zeugen F***** (über das Verhalten des Komplizen L*****) keinen Anlaß zu einer Fragestellung in Richtung eines minderschweren Raubes sowie einer Nötigung oder Erpressung.
Außerdem wurden die Geschwornen über die Möglichkeit einer bloß teilweisen, einschränkenden Bejahung der Fragen sowohl im Rahmen der auf § 325 Abs. 2 StPO gestützten allgemeinen, als auch im Zuge der fallbezogenen Rechtsbelehrung nach dem § 321 StPO aufmerksam gemacht (S 1 und 2 der Beilage B zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 19). Sie waren also ohnedies davon unterrichtet, die Hauptfrage 2 im Sinn der Verantwortung des Angeklagten auch unter Ausklammerung der Worte "durch Verwendung einer eisernen Mauerklammer als Waffe" beantworten zu können.
In der Strafzumessungsrüge (Z 13) reklamiert die Beschwerde, das Geschwornengericht habe es unterlassen, den Umstand, daß sich die Täter im Urteilsfaktum I. der Zufügung möglichen weiteren Schadens enthalten hätten, sowie die besonders schwere Alkoholisierung des (fast unzurechnungsfähigen) Beschwerdeführers als mildernd zu werten.
Damit bringt der Rechtsmittelwerber keinen der drei Fälle des angerufenen Nichtigkeitsgrundes zur Darstellung. Daß mit der Verhängung einer Freiheitsstrafe von vier Jahren die Strafbefugnis nicht überschritten wurde, ist evident. Im Vorbringen, Milderungsgründe seien nicht berücksichtigt worden, liegt für sich allein weder die Behauptung einer offenbar unrichtigen Beurteilung der für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsachen noch der Einwand eines unvertretbaren Verstoßes gegen allgemeine Strafbemessungsgrundsätze (RZ 1988/47, 1989/19 uam); es stellt sich als Berufungsvorbringen dar und ist als solches zu behandeln.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren (ohne im Urteilsspruch - und im Aktenvermerk über das verkündete Urteil, ON 21 - die Anwendung des § 41 StGB anzuführen; nur in den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle gegeben seien).
Es wertete bei der Strafbemessung die Wiederholung des Deliktes als erschwerend, dagegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, sein Geständnis, die Zustandebringung des "Diebsgutes" (gemeint wohl: der Raubbeute) und die Alkoholisierung des Angeklagten während der beiden Taten als mildernd.
Der eine "Neubemessung" (gemeint: Herabsetzung) anstrebenden Berufung des Angeklagten kommt Berechtigung zu.
Wohl gab der Zeuge H***** an, zum Tatzeitpunkt einen höheren Geldbetrag als die ihm geraubten 500 S bei sich gehabt zu haben. Die Berufungsbehauptung, H***** habe ausgesagt, dieser Umstand sei für die Täter "eindeutig erkennbar" gewesen, entspricht jedoch nicht dem Aussageinhalt. Im Gegenteil: Der Zeuge betont, er habe deshalb sofort 500 S herausgegeben, um nicht "die ganze Geldbörse zeigen" zu müssen (S 175). Es kann demnach keine Rede davon sein, daß sich die Täter freiwillig der Zufügung größeren Schadens enthalten hätten.
Die Alkoholisierung wurde dem Angeklagten vom Erstgericht ohnedies als mildernd zugute gehalten. Die dadurch bewirkte Minderung der Hemmfähigkeit kann nicht zusätzlich als Umstand, der einem Schuldausschließungsgrund nahekommt, geltend gemacht werden, wie es der Berufungswerber unternimmt.
Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers kann bei Androhung des Einsatzes einer Waffe, der zu erheblichen Körperverletzungen führen könnte, nicht davon gesprochen werden, daß der Raub "von der Gewaltanwendung her beinahe als Minderraub zu qualifizieren" wäre.
Dennoch erscheint das vom Geschwornengericht gefundene Strafmaß überhöht: Dem Berufungswerber kommen mehrere gewichtige Milderungsumstände zugute, denen nur ein Erschwerungsgrund gegenübersteht. Bei entsprechender Würdigung und Gewichtung der vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe erscheint eine Freiheitsstrafe von drei Jahren tatadäquat und der Täterschuld entsprechend.
Es war daher der Berufung Folge zu geben und mit einer entsprechenden Herabsetzung des Strafmaßes vorzugehen.
Die Kostenentscheidung ist in der zitierten Gesetzesstelle verankert.
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