OGH 5Ob1596/90

OGH5Ob1596/9015.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard *****, vertreten durch Dr. Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz *****, vertreten durch Dr. Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Widerruf (Streitwert S 200.000,-) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Oktober 1990, GZ 5 R 91/90-10, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Die angefochtene Entscheidung ist das Ergebnis der Auslegung einer konkreten Erklärung, die im Regelfall keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft (vgl. ZVR 1988/143; VersRdSch 1988, 99 und 364; MR 1989, 210 u.a.). Eine solche könnte unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nur bei unvertretbaren Auslegungsergebnissen vorliegen (vgl. ÖA 1986, 50). Tatsächlich bestreitet jedoch auch der Kläger nicht, daß das Wort Manipulation in verschiedenen Bedeutungen verwendet wird, darunter auch so, wie es im konkreten Fall vom Berufungsgericht verstanden wurde (s. z.B. Österreichisches Wörterbuch; Der Große Duden, Fremdwörterbuch, 18. Auflage; Herders Fremdwörterbuch u.a.). Er hat gar nicht erst den Versuch unternommen, die Zulässigkeit seiner Revision mit der Unvertretbarkeit dieser Auffassung zu begründen. Sein diesbezügliches Vorbringen erschöpft sich im wesentlichen darin, daß man sich am "landläufigen" Begriffsverständnis zu orientieren habe, das mit "Manipulation" einen unzulässigen Vorgang verbinde. Die Auslegung einer Erklärung hat jedoch - insbesondere bei mehrdeutiger Wortwahl - immer auch den konkreten Wort- und Sachzusammenhang zu berücksichtigen, sodaß die vom Berufungsgericht gewählte Methode nicht zu beanstanden ist. Sie schließtt ein unvertretbares, den Gesetzen der Logik widersprechendes Auslegungsergebnis jedenfalls aus.

Als eigentliche Begründung für die Zulässigkeit der Revision hat der Kläger ins Treffen geführt, daß ihm und offensichtlich auch dem Berufungsgericht keine Entscheidung über die Verwendung des Wortes "Manipulation" bekannt sei. Das Fehlen einer solchen Rechtsprechung indiziert jedoch keineswegs eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, weil ein in verschiedenen Bedeutungen verwendetes Wort seine konkrete Sinngebung immer erst aus dem Wort- und Sachzusammenhang erhält. Insofern kann der entschiedene Fall nicht als Leitjudikatur dienen. Rückschlüsse und Beispielswirkungen auf andere Fälle der Verwendung des Wortes "Manipulation" sind nicht zu erwarten.

Ebenfalls zur Darlegung der Revisionszulässigkeit bemängelt der Kläger schließlich noch, daß die Unrichtigkeit der inkriminierten Tatsachenbehauptung gar nicht geprüft wurde. Das Berufungsgericht habe eine "Wertung" des Ausdrucks "Manipulation" vorgenommen und sei dabei von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage Tatsache oder Werturteil abgewichen. Offensichtlich ist damit gemeint, das Berufungsgericht habe in der Verwendung des Wortes "Manipulation" durch den Beklagten ein Werturteil erkannt. Die von Judikatur und Lehre herausgearbeiteten Unterschiede zwischen Tatsachenmitteilungen und Werturteilen spielen jedoch in der Entscheidung des Berufungsgerichtes keine Rolle. Es ist auf diese schon vom Erstgericht im Einklang mit der Judikatur (E 13 ff zu § 1330 ABGB, MGA13; s.a. 4 Ob 61/89) behandelte Frage gar nicht mehr eingegangen. Die Klagsabweisung wurde damit begründet, daß das Wort "Manipulation" im Sinn von "Handhabung" oder "Kunstgriff" zur Umschreibung eines tatsächlichen, überprüfbaren Vorgangs (mangelnde Berücksichtigung des Mietzinsentgangs durch leerstehende Wohnungen sowie des eingehobenen Erhaltungsbeitrages) verwendet wurde. Dem wiederum liegt erschließbar die zutreffende Rechtsansicht zugrunde, daß auch Urteile, die auf entsprechende Tatsachen schließen lassen, als Tatsachenmitteilung ("konkludente Tatsachenbehauptung") gelten (MR 1990, 66 und 68; vgl. auch JBl 1980, 481). Ein Abweichen des Berufungsgerichtes von der höchstgerichtlichen Judikatur in der Beurteilung der inkriminierten Äußerung als Tatsachenbehauptung ist also nicht erkennbar. Der Kläger hat auch gar keine Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes genannt, die der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes widersprechen.

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