OGH 14Os142/90

OGH14Os142/9015.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Franz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Querim S* und andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Querim S* sowie über die Berufungen der Angeklagten Rasim S* und Petar K* gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. August 1990, GZ 6 e Vr 5971/89-95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:0140OS00142.9000.0115

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Querim S* die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der 54-jährige jugoslawische Staatsangehörige Querim S* des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffenG und des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei unter erschwerenden Umständen nach §§ 37 Abs. 1 lit a, 38 Abs. 1 lit a FinStrG schuldig erkannt (Punkte A/I und II, B und D des Urteilssatzes).

Darnach hat er in Wien

(zu A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, welche die im § 12 Abs. 1 SGG genannte Menge um das Fünfundzwanzigfache bei weitem übersteigt, in Verkehr gesetzt, und zwar

I. im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Rasim S* im Frühjahr 1988 durch den Verkauf von 1,2 kg Morphinbase an einen unbekannt gebliebenen bulgarischen Staatsangehörigen namens "DANCE",

II. im Frühjahr 1988 außerdem allein durch Verkauf von zumindest 2 kg Heroin an bislang unbekannte Personen;

(zu B) nachstehende Faustfeuerwaffen unbefugt besessen, und zwar im Sommer 1988 eine Pistole der Marke Walter PPK, Kaliber 7,65 mm und in der Zeit zwischen 1984 und Frühjahr 1988 eine Pistole Kaliber 6,35 mm unbekannten Fabrikates;

(zu D) durch die zu A/I und II angeführten Tathandlungen vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich gebracht und verhandelt, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßige Begehung).

Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach dem Suchtgiftgesetz und des damit in Tateinheit verübten Finanzvergehens bekämpft der Angeklagte Querim S* mit einer auf die Gründe nach Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der am 23.August 1990 gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung wiederholten Antrages (S 326, 327/II) auf Vernehmung des jugoslawischen Staatsangehörigen Nikolle K* - des Sohnes des Mitangeklagten Petar K* - im Rechtshilfeweg. Das Schöffengericht wies den Antrag mit der Begründung ab (S 328/II), daß die Vernehmung des genannten Zeugen im Rechtshilfeweg bereits seit über zehn Monaten versucht worden und ein weiteres Zuwarten im Hinblick auf die bisherige Dauer der Untersuchungshaft der Angeklagten untunlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Begründung des Schöffengerichtes ist beizupflichten: Aus der Aktenlage ergibt sich, daß ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen (vom 7.November 1989, ON 78) am 20. November 1989 an die zuständige jugoslawische Behörde in P* gerichtet wurde. Da diesem Ersuchen trotz Urgenz des Bundesministeriums für Justiz (vgl ON 86) bis zur Hauptverhandlung am 23.August 1990 nicht entsprochen worden war, wobei für die Nichtgewährung der Rechtshilfe bis zu diesem Zeitpunkt keine Begründung bekanntgegeben wurde, konnte das Erstgericht ohne eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten davon ausgehen, daß im vorliegenden Fall ungeachtet des aufrechten Bestandes des zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien bestehenden Vertrages über die Rechtshilfe in Strafsachen die erbetene Rechtshilfe faktisch nicht zu erlangen und demgemäß die beantragte Beweiserhebung nicht durchführbar sei. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang noch bemerkt, daß der Verteidiger des Mitangeklagten Petar K* in der Hauptverhandlung vom 12.Oktober 1989 bekanntgegeben hat, daß es ihm "wegen des gespannten Verhältnisses zwischen Vater und Sohn" nicht gelungen sei, Nikolle K* zu einer Zeugenaussage zu bewegen (S 254/II); schließlich wurde dem Bundesministerium für Justiz mit Schreiben des Gebietssekretariates für Justiz und Verwaltung P* vom 2.Oktober 1990 mitgeteilt, daß dem zuvor bezeichneten Rechtshilfeersuchen zufolge Auslandsaufenthaltes nicht entsprochen werden konnte (ON 107). Die behauptete Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten liegt demnach nicht vor; aber auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht zielführend.

Mit ihr führt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen Begründung ins Treffen, das Schöffengericht habe sich nicht mit allen Details der Verfahrensergebnisse auseinandergesetzt und insbesondere einzelne Passagen der Verantwortung des Drittangeklagten Petar K* unerörtert gelassen. Die Beschwerde zeigt indes damit keinen formalen Begründungsmangel auf; denn das Schöffengericht hat - abgesehen davon, daß es nicht verpflichtet war, alle Verfahrensergebnisse im Detail zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen bzw sich bei deren Würdigung mit allen (zum Teil nachträglich) ins Treffen geführten Argumenten zu befassen - unter aktengetreuer Wiedergabe der verwerteten Verfahrensergebnisse mit einer den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Begründung (S 355 ff/II) zum Ausdruck gebracht, aus welchen Erwägungen es der - nur in Ansehung von 1,2 kg Morphinbase geständigen (siehe zuletzt S 491/II) - Verantwortung des Angeklagten (im übrigen) den Glauben versagte.

So hat das Erstgericht die Feststellung, daß die von Punkt A/I und II des Schuldspruchs erfaßten Suchtgifte keineswegs - wie dies der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung zuletzt darzustellen versuchte - ident sind, insbesondere auf die Aussage des Zeugen Bajram A* sowie auf die Verantwortung der Mitangeklagten Rasim S* und Petar K* gestützt und dabei - insoweit im Einklang mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers - zum Ausdruck gebracht, daß die im März 1988 von (dem mittlerweile verstorbenen - S 351/II) Arsin K* um den Kaufpreis von 35.000 DM erworbenen 1,2 kg Morphinbase bis zur Übergabe an den bulgarischen Staatsangehörigen "DANCE" in der Wohnung des Beschwerdeführers (unter dessen Bett) versteckt war (vgl S 109/I = S 61/II, 190 II), während das dem Schuldspruchfaktum A/II zugrundeliegende Heroin in einem zur Hausbesorgerwohnung des Mitangeklagten Petar K* gehörigen Lagerraum versteckt gewesen ist. Soweit sich die Mängelrüge gegen die vom Schöffengericht festgestellte Heroinmenge von 2 kg wendet, übersieht sie, daß dieses Quantum in der von den Tatrichtern für glaubwürdig erachteten Verantwortung des Angeklagten Petar K* (vgl S 87, 89, 91, 103/II) eine ausreichende Stütze findet, derzufolge die bei K* in einem Sack verwahrt gewesene Heroinmenge 2.000 - 3.000 Gramm betragen hat. Demzufolge betraf aber die von der Beschwerde vermißte Feststellung, daß der Angeklagte Querim S* in der Wohnung des Mitangeklagten K* auch einen Karton beinhaltend insbesondere Gläser und Teller deponiert hatte, keine entscheidungswesentliche Tatsache.

Mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder, das sich im wesentlichen in einer Wiederholung der in der Mängelrüge erhobenen Einwände mit dem Hinweis erschöpft, daß "die belastenden Momente, was die Deponierung von angeblich zwei Kilogramm Heroin beim Drittangeklagten (K*) betrifft, auf Vermutungen aufgebaut sind" und "auch eine Verwechslung der Säcke nicht auszuschließen ist", werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der (auch) den Schuldspruch des Angeklagten Querim S* tragenden Feststellungen aufgezeigt; es wird vielmehr der Sache nach nur die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft, wobei jene Erwägungen, auf die das Schöffengericht seine diesbezüglich gewonnene Überzeugung gestützt hat, mit Stillschweigen übergangen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach zur Gänze offenbar unbegründet, weshalb sie gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war. Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen der drei Angeklagten der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285 i StPO).

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