OGH 7Ob677/90

OGH7Ob677/9010.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. Hermann Aflenzer, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 214.595,- s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21. August 1990, GZ 6 R 204/90-22, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11. Mai 1990, GZ 1 Cg 221/88-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei lieferte der beklagten Partei über deren Bestellung eine bestimmte Anzahl Head Schi. Die Lieferung entsprach - zumindestens zum Teil - nicht der Bestellung. Die klagende Partei begehrt den Klagsbetrag gestützt auf die Behauptung, daß die Schi von der beklagten Partei retourniert werden sollten. Die beklagte Partei habe jedoch nur 323 Paar zurückgestellt, 220 Paar für sich verwendet.

Nach dem Vorbringen der beklagten Partei sei die klagende Partei zunächst zur Rücknahme der Schi nicht bereit gewesen, habe sich jedoch dann bereiterklärt, für die bereits verkauften Schi einen Preisnachlaß zu gewähren und zumindest verkäufliche Längen des gelieferten Modells nachzuliefern. Die klagende Partei habe diese Zusage nicht eingehalten. Die nicht verkauften Schi seien vereinbarungsgemäß der klagenden Partei zurückgestellt worden. Durch das vertragswidrige Verhalten der klagenden Partei habe die beklagte Partei einen den Klagsbetrag übersteigenden Schaden erlitten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Auffassung liege nach dem beiderseitigen Parteienvorbringen ein novationsähnlicher Aufhebungsvertrag vor, der nicht dem Schuldstatut des Kaufvertrages, sondern österreichischem Sachrecht unterliege. Danach stünde der klagenden Partei ein Anspruch auf Leistung des Interesses nur dann zu, wenn die Unmöglichkeit der Leistung vom Schuldner verschuldet oder durch einen von ihm zu vertretenden Zufall verursacht worden sei. Eine Erfüllungsvereitlung habe die klagende Partei nicht einmal behauptet.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs zulässig ist.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes ist die Rechtsansicht des Erstgerichtes über die getrennte Anknüpfung von Schuldaufhebungsverträgen durch § 45 IPRG überholt. Danach sei ein Rechtsgeschäft, dessen Wirkungen begrifflich von einer bestehenden Verbindlichkeit abhängen, nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, dessen Sachnormen für diese Verbindlichkeit maßgebend seien. Das anhängige Rechtsgeschäft werde somit der gleichen Sachnorm unterstellt, die auch das Hauptverhältnis beherrsche. Verzicht, Erlaß, Abänderungsvertrag, Aufhebungsvertrag, Vergleich, Novation und Anerkenntnis unterlägen somit nunmehr dem Schuldstatut der Haupt- bzw. ursprünglichen Verbindlichkeit. Mangels einer Rechtswahl, die mit den Parteien noch zu erörtern sei, komme, da der Kaufvertrag gemäß § 36 IPRG nach luxemburgischem Recht zu beurteilen sei, auch für die Rücknahmevereinbarung dieses Recht zur Anwendung.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Unstrittig ist, daß zwischen den Parteien ein Vertrag über die Lieferung einer bestimmten Menge näher bezeichneter Schi zustande gekommen ist und daß die Lieferung der klagenden

Partei - jedenfalls zum Teil - nicht der Bestellung entsprach. Die klagende Partei leitet ihren Anspruch auf eine Geldleistung daraus ab, daß die beklagte Partei einen Teil der Schi anstatt ihn zu retournieren, für sich verwendet habe. Sie macht somit nach der nach österreichischem Recht vorzunehmenden Primärqualifikation einen Bereicherungsanspruch geltend. Bereicherungsansprüche sind nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Bereicherung eingetreten ist. Beruht die Bereicherung jedoch auf einer Leistung, die auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbracht worden ist, so sind die Sachnormen des Staates maßgebend, dessen Sachnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind (§ 46 IPRG). Diese Regelung entspricht der Erkenntnis, daß die Gründe einer ungerechtfertigten Bereicherung zu mannigfaltig sind, um sie einer einheitlichen Anknüpfung zu unterstellen. Für Ansprüche, durch die Leistungen ausgeglichen werden sollen, die auf Grund eines zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses erbracht worden sind, ist das Recht des Staates maßgebend, das dieses Rechtsverhältnis beherrscht. Diese Rechtsordnung wird, auch im Interesse des inneren Entscheidungseinklangs, als am besten geeignet angesehen, über eine allfällige Rückabwicklung zu entscheiden (784 BlgNR. 14. GP). Unter Leistung iS des Satzes 2 des § 46 IPRG ist jedes bewußte vermögenswerte Verhalten (Zuwendung) mit Schuldtilgungsabsicht zu verstehen (Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 46 IPRG). Ein Rechtsverhältnis, auf dessen Grundlage von der klagenden Partei geleistet wurde, hat unbestrittenermaßen bestanden und die Leistung, die eine Bereicherung der beklagten Partei bewirkt haben soll, erfolgte in Schuldtilgungsabsicht. Die Unterstellung der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsansprüche unter das Recht des Kausalverhältnisses schließt auch die Beachtung einer Rück- oder Weiterverweisung aus (Schwimann aaO). Gegenüber dieser speziellen Anknüpfungsnorm ist auch § 45 IPRG nur subsidiär.

Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß die bisherige österreichische Praxis der getrennten Anknüpfung bei abhängigen Rechtsgeschäften - ausgenommen bei geringfügigen Modifikationen bestehender Schuldverhältnisse - durch § 45 IPRG nicht mehr gedeckt ist (vgl. Schwimann aaO Rz 5 zu § 45 IPRG; SZ 55/76). Nach dem Vorbringen der beklagten Partei liegt ein Abänderungsvertrag und somit ein abhängiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 45 IPRG vor, das der gleichen Sachrechtsordnung unterliegt, die auch für das Hauptschuldverhältnis in Betracht kommt. Auch hier gilt, daß Rück- oder Weiterverweisungen durch das Hauptstatut unbeachtlich sind (Schwimann aaO Rz 1 und 4 zu § 45 IPRG).

Das Berufungsgericht hat daher zu Recht dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufgetragen. Das Erstgericht wird den strittigen Sachverhalt zu klären und die sich daraus ergebenden Rechtsfragen - mangels Rechtswahl - nach den nach den obgenannten Verweisungsregeln in Betracht kommenden, im Sinne des § 4 IPRG zu ermittelnden Sachnormen zu beurteilen haben.

Demgemäß ist dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

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