Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.634,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 3.605,70, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte in zwei vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 1,044.216,27 s A und zur Räumung der im Parterre des Hauses Wien 7, Neubaugasse 8, gelegenen Geschäftsräume top.Nr. III und III a im wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte habe diese Räume von der damaligen Hauseigentümerin mit Mietvertrag vom 13. Juli 1956 in Bestand genommen, wobei der Mietzins nach den Bestimmungen des Mietengesetzes auf der Basis eines Friedenszinses von S 20.000,-- Kronen zuzüglich eines Zuschlages von 7 % vereinbart worden sei. Der Mietzins habe demnach im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (ausschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer) jährlich S 24.060,-
- (monatlich S 2.005,--) betragen und sich wie folgt zusammengesetzt:
Grundzins S 20.000,--
Frei vereinbarter Zuschlag von 7 % vom Hauptmietzins S 1.400,--
Neuvermietungszuschlag von 13,12 Groschen pro Krone S
2.660,--
In diesem Mietvertrag hätten die Vertragsteile im § 3 Abs 3
folgende Vereinbarung getroffen:
"Sollte durch gesetzliche Bestimmungen die Berechnung des Mietzinses an den Mieterschutzobjekten anders geregelt werden, dann ist der Mietzins nach dieser neuen gesetzlichen Regelung zu berechnen. Von dem durch gesetzliche Verfügung allenfalls geänderten Hauptmietzins ist der frei vereinbarte Zuschlag von 7 % ebenfalls zu bezahlen."
Diese Zinsanpassungsklausel stelle einen hinreichend konkretisierten integrierenden Bestandteil des Hauptvertrages dar, aus welchem sich der nach dem Inkrafttreten des MRG zu entrichtende Mietzins hinreichend bestimmen lasse. Sie berechtige den Vermieter, nunmehr einen angemessenen Mietzins von S 32.000,-- monatlich zu verlangen. Die Klägerin sei seit Ende 1983 Eigentümerin des Hauses Wien 7, Neubaugasse 8. Sie habe der Beklagten seit November 1984 einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer monatliche Mietzinse von S 40.048,91 vorgeschrieben, doch habe die Beklagte darauf nur monatliche Teilzahlungen von S 13.242,34 geleistet. Der Mietzinsrückstand der Beklagten betrage für den Zeitraum von August 1985 bis einschließlich Juli 1988 S 965.038,32. Für die Monate August bis Oktober 1988 habe die Klägerin der Beklagten monatlich S 39.644,59 an Hauptmietzins und Betriebskosten vorgeschrieben; auch darauf habe die Beklagte monatlich nur S 13.251,94 bezahlt, sodaß für diesen Zeitraum ein weiterer Betrag von S 79.177,95 aushafte. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 17. Juni 1988 den gesamten bestehenden Mietzinsrückstand unter Setzung einer Nachfrist von 10 Tagen eingemahnt; diese Mahnung sei erfolglos geblieben. Mit Schreiben vom 24. Juni 1988 habe die Beklagte die Bezahlung des eingeforderten Mietzinsrückstandes ausdrücklich abgelehnt. Die Klägerin löse daher gemäß § 1118 ABGB den Bestandvertrag auf; im übrigen stütze sich ihr Räumungsbegehren auch auf § 5 des Bestandvertrages vom 13. Juli 1956, nach welcher Bestimmung der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen könne, sobald der Mieter trotz Zahlungsaufforderung mit mehr als der Hälfte des fälligen Betrages länger als 10 Tage im Rückstand sei. Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß gemäß § 16 a MRG Zinsanpassungsklauseln rechtsunwirksam seien. Es fehle daher dem Zahlungs- und dem Räumungsbegehren der Klägerin eine Rechtsgrundlage.
Die Parteien stellten außer Streit, daß der von der Klägerin geltend gemachte Mietzinsrückstand nur der Rückstand ist, der sich auf Grund der Mietzinsanpassungsklausel ergibt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es führte rechtlich im wesentlichen aus, daß gemäß § 16 a MRG Vereinbarungen in einem vor dem 1. Februar 1982 geschlossenen Vertrag, die eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam seien. Eine solche Vereinbarung liege auch im vorliegenden Fall vor, sodaß die Klägerin nicht berechtigt sei, die sich auf Grund dieser Klausel ergebenden Beträge von der Beklagten zu verlangen. Damit erweise sich das Zahlungs- und das Räumungsbegehren der Klägerin als unberechtigt. Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes - auch hinsichtlich des Räumungsbegehrens allein - S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen aus, es erübrige sich, auf die von der Klägerin relevierte Frage einer allfälligen Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 16 a MRG einzugehen, weil die den Klagsansprüchen zugrundeliegende Zinsanpassungsklausel im Mietvertrag vom 13. Juli 1956 unbestimmt sei, sodaß dem Klagebegehren auch ohne Anwendung der Bestimmung des § 16 a MRG kein Erfolg beschieden sein könne.
Nach der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Klausel solle für den Fall, daß die gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung des Mietzinses in den Mieterschutzobjekten anders geregelt werden, der Mietzins nach dieser neuen gesetzlichen Regelung berechnet werden. Einer Zinsanpassungsklausel, bei welcher im Fall gesetzlicher Änderungen der Mietzins "nach der neuen gesetzlichen Regelung" zu berechnen sei, mangle es ebenso an der Bestimmtheit wie den häufig vorgekommenen Klauseln, wonach ein neu zu vereinbarender Mietzins zu bezahlen sei. Denn in beiden Fällen könne das noch zur Rechtslage nach dem Mietengesetz tragfähige Argument, das Erfordernis der Bestimmtheit sei bei gesetzlich geregeltem Mietzins gegeben, seit dem Inkrafttreten des MRG in Anbetracht der Zulässigkeit angemessener und kategoriebestimmter Mietzinse sowie mangels eines im MRG bestimmten gesetzlichen Mietzinses nicht mehr fortgeschrieben werden. Sei aber die Gültigkeit einer Zinsanpassungsklausel von Anbeginn an zu verneinen, brauche nicht auf die Bestimmung des § 16 a MRG zurückgegriffen werden.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie ihrem gesamten Umfang nach aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil - allenfalls nach Unterbrechung des Rechtsstreites und Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 B-VG auf Überprüfung der Verfassungskonformität der Bestimmung des § 16 a MRG - im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des § 502 Abs 4 Z 2 ZPO (aF) zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung (MietSlg 37.128/36 mwN) wurden vor dem Inkrafttreten des § 16 a MRG Vereinbarungen über nach Aufhebung oder Änderung gesetzlicher Vorschriften über die Mietzinsbildung zu entrichtende Mietzinse, die schon vor dem Zeitpunkt einer Lockerung der Vorschriften über die Mietzinsbildung für den Fall des Wegfalles, der Aufhebung oder Modifizierung des Verbotes einer freien Mietzinsbildung geschlossen wurden, für rechtswirksam erachtet, wenn das gesetzliche Verbot nur die Zeit des Vertragsabschlusses erfaßte; dies allerdings unter der Voraussetzung, daß der vereinbarte künftig zu entrichtende Bestandzins bestimmt oder doch bestimmbar war (MietSlg 36.131/46; MietSlg 37.128/36 ua).
Bereits an dieser Bestimmbarkeit mangelt es im vorliegenden Fall der
hier zur beurteilenden Mietzinsanpassungsklausel, mit der vereinbart
wurde, daß im Fall einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über
die Berechnung des Mietzinses an Mieterschutzobjekten "der Mietzins
nach dieser neuen gesetzlichen Regelung zu berechnen ist".
In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde bereits wiederholt ausgeführt, daß einer Zinsanpassungsklausel, nach der nach Abänderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung ein neu zu vereinbarender Mietzins zu bezahlen sei, nach Inkrafttreten des MRG die erforderliche Bestimmbarkeit des zu vereinbarenden Mietzinses als Gültigkeitsvoraussetzung fehlt, kann doch das noch zur Rechtslage nach dem Mietengesetz tragfähige Argument, das Erfordernis der Bestimmbarkeit sei bei gesetzlich geregeltem Mietzins gegeben, seit dem Inkrafttreten des MRG in Anbetracht der Zulässigkeit angemessener und kategoriebestimmter Mietzinse nicht mehr fortgeschrieben werden (MietSlg 37.129, 38.139, 38.367 ua).
Die gleichen Überlegungen haben auch im vorliegenden Fall zu gelten, in dem die Vertragsparteien für den Fall der Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung die Berechnung des Mietzinses "nach dieser neuen gesetzlichen Regelung" vereinbarten.
Denn für die hier in Rede stehenden Geschäftsräumlichkeiten wird im MRG kein gesetzlicher Mietzins bestimmt (§ 16 Abs 1 Z 1 MRG;
siehe dazu auch Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 16 MRG Rz 2);
es wird hier vielmehr eine freie Mietzinsbildung mit der Obergrenze des "angemessenen Mietzinses" zugelassen. Soweit also eine Mietzinsanpassungsklausel auf den gesetzlichen Mietzins abgestellt ist, wie dies im vorliegenden Fall nach dem klaren Wortlaut der getroffenen Vereinbarung zutrifft, geht diese Verweisung, was die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des zu entrichtenden neuen Mietzinses anlangt, nach dem Inkrafttreten des MRG deshalb ins Leere, weil das MRG einen "gesetzlichen Mietzins" in dieser allgemeinen Form nicht kennt (Würth-Zingher aaO § 16 a MRG Rz 3). Eine ergänzende Auslegung (siehe dazu MietSlg 37.128/36 mwN) der zwischen den Parteien des Mietvertrages vom 13. Juli 1956 vereinbarten Mietzinsanpassungsklausel in dem Sinne, daß damit nach einem hypothetischen Parteiwillen für den Fall einer Änderung der gesetzlichen Zinsbildungsvorschriften ein "angemessener" Mietzins vereinbart hätte werden sollen, verbietet sich nach Meinung des erkennenden Senates deshalb, weil auch die ergänzende Vertragsauslegung dort ihre Grenze finden muß, wo der Inhalt einer Erklärung die daraus gezogene Schlußfolgerung nicht mehr in vertretbarer Weise deckt (siehe dazu Gschnitzer in Klang2 IV/1, 410). Aus der Erklärung, im Fall einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung den nach der neuen gesetzlichen Regelung bestimmten Zins zahlen zu wollen, läßt sich aber nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß sich der Erklärende damit für den Fall der zulässigen freien Mietzinsbildung unter Anordnung bestimmter Höchstgrenzen jedenfalls verpflichten wollte, gerade den höchstzulässigen Mietzins zu bezahlen (siehe dazu Meinhart in ImmZ 1984, 329).
Entgegen der in der Revision der Klägerin vertretenen Rechtsmeinung mangelt es daher der hier zu beurteilenden Mietzinsanpassungsklausel an der erforderlichen Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit, sodaß schon aus diesem Grund ihre Gültigkeit von Anbeginn an zu verneinen ist. Auf die Bestimmung des § 16 a MRG braucht bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer solchen Mietzinsanpassungsklausel nicht gegriffen zu werden (MietSlg. 38.139 ua).
Auf die Revisionausführungen der Klägerin zur Frage der Verfassungsgemäßheit der Vorschrift des § 16 a MRG und ihre Anregung zur Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung ist daher nicht einzugehen.
Der Revision der Klägerin muß unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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