OGH 11Ns22/90

OGH11Ns22/9018.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Wilhelm P*** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des Betruges nach den §§ 146 ff. StGB und anderer strafbarer Handlungen über den Ablehnungsantrag des Dipl.Ing. Wilhelm P*** betreffend den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Erklärung des Angeklagten, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als befangen abzulehnen, ist nicht gerechtfertigt.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in der aus dem Spruch ersichtlichen Zusammensetzung mit Beschluß vom 7. August 1990, GZ. 15 Ns 11/90-6, den vom Angeklagten in der Strafsache AZ. 16 Vr 1566/85 des Kreisgerichtes Wels eingebrachten Antrag auf Ablehnung des gesamten Oberlandesgerichtes Linz und dessen Präsidenten für nicht zulässig erklärt.

Gegen diesen Beschluß brachte der Angeklagte nunmehr eine "Nichtigkeitsbeschwerde gemäß StPO § 71 und § 281 wegen Verletzung von Art. 83 und 87 B-VG, sowie Art. 6 MRK" mit dem Antrag auf "Aufhebung und Fällung durch einen ordnungsgemäßen Senat" ein. Den im Spruch bezeichneten, im Entscheidungszeitpunkt den Senat 15 des Obersten Gerichtshofes bildenden Richtern wirft der Angeklagte Befangenheit im wesentlichen mit der Begründung vor, daß sie seiner Argumentation, der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz sei gegen ihn voreingenommen, nicht gefolgt seien. Dieser Vorwurf rankt sich um den aktenkundigen Umstand, daß im sog. "Kopf" des unter dem Vorsitz des Präsidenten gefaßten Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz vom 4. April 1990, AZ. 14 Fs 7-9/90, die Passage "... in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Wilhelm P*** und einen anderen Straftäter ...." aufscheint, die trotz ihrer späteren Berichtigung (Angeklagter statt Straftäter) einer Vorverurteilung gleichkomme. Die dagegen vorgebrachten Scheinargumente beweisen nur, "daß auch die Richter der übergeordneten Instanzen - so auch einige Richter am Obersten Gerichtshof - nicht bereit sind, unbefangen und unparteiisch vorzugehen".

Die Ablehnung ist nicht begründet.

Dem Angeklagten ist zu erwidern, daß Befangenheit im Sinn der von ihm herangezogenen Gesetzesstellen nur vorliegt, wenn ein Richter an eine Sache, aus welchem Grund immer, nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantritt und nicht jederzeit bereit ist, Verfahrensergebnisse objektiv zu würdigen und ihnen Rechnung zu tragen. Werden mehrere oder sämtliche Richter eines Gerichtes abgelehnt, müssen solche persönliche Gründe für jeden einzelnen Amtsträger glaubhaft gemacht werden (Mayerhofer-Rieder2 E 1 bis 12 zu § 72 StPO und viele nicht veröffentlichte Entscheidungen).

Dem Vorbringen ist aber nicht zu entnehmen, weshalb für die mit der gerügten Entscheidung befaßt gewesenen Richter des Obersten Gerichtshofes persönliche Gründe bestanden haben sollten, den Angeklagten in welcher Weise immer zu benachteiligen: Daß sie dem Begehren des Angeklagten nicht entsprachen, alle Richter, die seinen Rechtsstandpunkt nicht teilen, als befangen anzusehen und von der Entscheidung auszuschließen, vermag Zweifel an ihrer vollen Unbefangenheit oder auch nur den Anschein der Voreingenommenheit nicht zu begründen. Demgemäß haben sich auch die Richter, die weiterhin dem Senat 15 als ordentliche Mitglieder angehören und über die "Nichtigkeitsbeschwerde" zu entscheiden haben, nicht als befangen betrachtet.

Es war daher spruchgemäß zu befinden.

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