OGH 2Ob627/90 (2Ob1513/90)

OGH2Ob627/90 (2Ob1513/90)5.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Friedrich M***, Rechtsanwalt, Mölkerbastei 5, 1010 Wien, wider die beklagte Partei Firma P*** AG, Palmersstraße 4-8, 2351 Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. Andreas Grohs, Dr. Wolfgang Hofer, Dr. Andreas Reiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, infolge ordentlicher und außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 23. Mai 1990, GZ 41 R 204/90-23, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. November 1989, GZ 48 C 17/89p-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Der ordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben. Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.293,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 2.382,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren des Klägers, es werde festgestellt, daß er Mieter des Objektes top.Nr.1/1b in 1010 Wien, Mölkerbastei 5, und nicht verpflichtet sei, einen monatlichen Mietzins zu bezahlen, der den von ihm bezahlten monatlichen Mietzins von S 1.500 übersteige, ab. Es gab dem Eventualbegehren des Klägers, die beklagte Partei sei schuldig, zuzustimmen, daß zwischen ihr als Vermieterin und dem Kläger als Mieter ein Mietvertrag bezüglich des genannten Objektes abgeschlossen werde, wonach ein monatlicher Hauptmietzins von S 1.500 zuzüglich Umsatzsteuer, anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben ab 1. Mai 1985 vereinbart werde, statt. Das Erstgericht traf - zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:

Die beklagte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft 1010 Wien, Mölkerbastei 5. Im Zuge der vom Erstgericht näher festgestellten Neuregelung der Mietrechtsverhältnisse an den Kanzleiräumlichkeiten, in denen der Kläger nach dem verstorbenen Rechtsanwalt Dr. K*** seit dem Jahr 1960 seinen Rechtsanwaltsberuf ausübt, machte Dr. H*** als Vertreter der Witwe der Hausverwaltung u.a. den Vorschlag, sie möge zustimmend zur Kenntnis nehmen, daß die Witwe in den bestehenden Mietvertrag eintritt und der Kläger als mittlerweiliger Stellvertreter Dris. K*** die Mieträumlichkeiten übernimmt. Die Hausverwaltung erklärte sich bereit, "für den Fall, daß Frau Irma K*** oder ihre Erben und Rechtsnachfolger das Mietverhältnis bezüglich der gegenständlichen Räumlichkeiten aufkündigen, einen neuen Mietvertrag mit einem von den bisherigen Mietern vorgeschlagenen Bewerber abzuschließen, es sei denn, daß die Hausverwaltung gegen die Person des vorgeschlagenen neuen Mieters aus wichtigen Gründen Einspruch erhebt". In einem solchen Fall der Neuvermietung werde der Hauptmietzins auf monatlich S 1.400 zu erhöhen sein, wenn nicht bis dahin eine gesetzliche darüber hinausgehende Erhöhung des Hauptmietzinses erfolgt sein sollte. Die Hausverwaltung war damit einverstanden. Dr. H*** hielt dies in einem Bestätigungsschreiben fest und verwies darauf, daß der Abschluß eines neuen Mietvertrages nicht notwendig sei, weil die im einzelnen zitierten Briefe zur Beurkundung des Parteiwillens ausreichten. Als Irma K*** am 31. Jänner 1985 verstarb, teilte Dr. W***-T*** als Eigentümervertreter dem Kläger mit Schreiben vom 1. April 1985 folgendes mit:

"Wie Du Dich erinnern wirst, ist ein Teil Deines Bestandobjektes

noch an die Witwe Deines seinerzeitigen Chefs, Dr. K***,

vermietet gewesen. Da diese nunmehr verstorben ist, müßte ich gegen

die Verlassenschaft eine Kündigung einbringen ........ Ich nehme an,

daß Du bereit sein wirst, einen angemessenen Zins für das Objekt zu

bezahlen und erwarte Deine Vorschläge". Paul S***, der

Schwiegersohn der Verstorbenen, antwortete mit Schreiben vom

29. April 1985, er mache im Hinblick auf die seinerzeitigen Schreiben

den Kläger, dem die Räumlichkeiten im allseitigen Einvernehmen schon

im Jahre 1960 überlassen worden waren, als Nachmieter namhaft. Der

Kläger selbst schrieb am 30. April 1985 an Dr. W***-T***:

"Bei Neuvermietung wird der Hauptmietzins auf monatlich S 1.400

zu erhöhen sein, wenn nicht bis dahin eine gesetzliche, darüber

hinausgehende Erhöhung des Hauptmietzinses erfolgt sein sollte

...... Angesichts des allseitigen Einvernehmens ist eine formale

Aufkündigung durch die Erbinnen und die Ausfertigung eines neuen

formalen Mietvertrages sicher nicht nötig. Doch bin ich von den

Erbinnen bevollmächtigt, in ihrem Namen, falls Du dies wünscht, auch

eine formale Aufkündigung vorzunehmen. Der derzeitige Mietzins

übersteigt den seinerzeit vereinbarten Betrag von monatlich S 1.400

bereits geringfügig, doch bin ich auch mit einer Abrundung nach

oben, rückwirkend mit dem ersten Monat nach dem Ableben von Frau

Irma K***, einverstanden ......."

Mit dem Schreiben vom 10. Juni 1985 erklärte Dr. W***-T*** dem Kläger, daß die beklagte Partei mit der Vermietung der Kanzleiräumlichkeiten zu einem Hauptmietzins von S 15.000 zuzüglich Betriebskosten, Umsatzsteuer und Wertsicherung einverstanden sei. Mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 1985 schrieb Dr. W***-T*** dem Kläger rückwirkend mit 1. Februar 1985 einen monatlichen Hauptmietzins von S 15.000 vor. Der Kläger verwies im Schreiben vom 10. Juli 1985 auf die Vereinbarung vom Jahre 1960 und erklärte sich nicht bereit, 15.000 S monatlich als Mietzins zu bezahlen. Nach einem weiteren ergebnislosen Briefwechsel begehrte die beklagte Partei gerichtlich die Feststellung, daß der Kläger spätestens seit 1. Mai 1985 schuldig sei, ihr für die verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten S 15.000 wertgesichert monatlich zu bezahlen. Das Klagebegehren wurde rechtskräftig abgewiesen.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß sich der Kläger auf keine Vereinbarung stützen könne, aufgrund deren er ohne Zustimmung der Hauseigentümer Mieter des strittigen Objektes geworden sei. Das Hauptbegehren sei daher abzuweisen. Hingegen sei das Eventualbegehren berechtigt, weil das zwischen der Witwe K*** und den Liegenschaftseigentümern vereinbarte Präsentationsrecht inhaltlich einen echten Vertrag zugunsten Dritter darstelle, bei welchem dem Begünstigten ein unmittelbares Klagerecht zugestanden werde. Mangels gesetzlichen Mietzinses und mangels Eintretens einer gesetzlich zulässigen Erhöhung der Mietzinse durch das Inkrafttreten des MRG richte sich die Mietzinshöhe nach dem ersten Teil der Vereinbarung, weshalb der Kläger lediglich verpflichtet sei, S 1.400 monatlich (im Spruch S 1.500) zu bezahlen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, hingegen jener der beklagten Partei Folge und wies auch das Eventualbegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes des Hauptbegehrens sowie des Eventualbegehrens jeweils S 50.000 übersteigt und ließ die Revision gegen die Bestätigung der Abweisung des Hauptbegehrens nicht, hingegen gegen seine das Eventualbegehren abweisende abändernde Entscheidung mit der Begründung zu, daß der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob ein Präsentationsrecht als Vorvertrag anzusehen sei, bisher nicht eindeutig Stellung genommen habe. Die Vereinbarung zwischen der Hausverwaltung und Irma K***, wonach die Mieterin der Vermieterin für den Fall der Aufkündigung des Mietverhältnisses einen neuen Mieter präsentieren könne, sei als Vorvertrag im Sinn des § 936 ABGB anzusehen. Auf die Vollziehung desselben müsse längstens innerhalb eines Jahres gedrungen werden. Da Paul S*** "im Auftrag der Verlassenschaft namens der drei Erben" den Kläger bereits mit Schreiben vom 29. April 1985 als Nachmieter namhaft machte, sei die erst am 11. Jänner 1989 eingebrachte Klage verfristet und somit auch das Eventualbegehren - im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichtes - abzuweisen. Die Abweisung des Hauptbegehrens durch das Erstgericht sei zu bestätigen, weil keine Willenseinigung der Parteien darüber zustande gekommen sei, daß der Kläger Mieter sein solle. Die Formulierung des Vertrages, daß ein neuer Mietvertrag mit einem von den bisherigen Mietern vorgeschlagenen Bewerber erst abzuschließen sei, spreche eindeutig gegen die Annahme eines bereits zustande gekommenen Mietvertrages. Die außerordentliche Revision des Klägers gegen die Abweisung seines Hauptbegehrens durch beide Vorinstanzen ist unzulässig, weil keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der ordentlichen Revision stützt sich der Kläger auf die Anfechtungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens sowie der "mangelhaften Tatsachenfeststellung" und beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und dem Eventualbegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der ordentlichen Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß die Einwendung der Verfristung der Klage mißbräuchlich sei. Die Jahresfrist könne außerdem nicht vor der Namhaftmachung des neuen Mieters und der Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch die Mieter zu laufen beginnen. Die bezogene Vereinbarung sei kein Vorvertrag, sondern ein "Inominatkontrakt", für den die Frist des § 936 ABGB nicht gelte. Dem Eventualbegehren sei daher stattzugeben.

Dazu war zu erwägen:

Verpflichtet sich wie im vorliegenden Fall der Bestandgeber gegenüber dem Mieter, unter gewissen Bedingungen mit einem vom Bestandnehmer vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen oder bestimmten anderen Inhaltes abzuschließen, liegt ein sogenanntes Präsentationsrecht des Mieters vor (MietSlg 29.168, 39.136; Würth in Rummel, ABGB, Rz 14 zu § 1098 mwN). Dieses kommt einem Vorvertrag nach § 936 ABGB gleich (Würth in Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 3 zu § 12). Der vom Mieter vorgeschlagene Nachfolger hat nicht das Recht, vom Vermieter die Zustimmung zum Eintritt in das Bestandverhältnis zu verlangen, er kann aber den Vermieter auf Abschluß eines Mietvertrages zu den vereinbarten Bedingungen klagen (RdW 1988, 195). Für diese Klage aus dem Vorvertrag, der sich als ein solcher zugunsten Dritter darstellt (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 936), muß zwar auch die eine Präklusivfrist darstellende (MietSlg 31.118; SZ 49/160; 8 Ob 711/89 ua) Bestimmung des § 936 ABGB, wonach auf die Vollziehung des Vorvertrages längstens in einem Jahr nach dem bedungenen Zeitpunkt gedrungen werden muß (vgl. SZ 49/160 uza) gelten; auf die Einhaltung dieser Frist kommt es aber im vorliegenden Fall nicht an. Die Parteien haben nämlich vereinbart, daß sich die Hausverwaltung erst "für den Fall der Aufkündigung des Mietverhältnisses durch die Vormieter" bereit erklärte, einen neuen Mietvertrag mit einem Nachmieter abzuschließen. Eine Aufkündigung ist aber bisher - wie der Kläger selbst ausführt und worauf er sich sogar stützt (AS 233, 237) - nicht erfolgt. Ohne eine solche in der Ingerenz der Mieterseite und nicht des Klägers liegenden Aufkündigung ist aber eine wesentliche Voraussetzung der die Grundlage dieser Klage bildenden Vereinbarung nicht erfüllt, sodaß das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend auch das Eventualbegehren dieses Rechtsstreites abgewiesen hat.

Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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