OGH 12Os147/90

OGH12Os147/904.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Dezember 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Behrous E*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.September 1990, GZ 6 a Vr 7236/90-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Schuldspruch 2 wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG und Teilfreispruch gemäß § 259 Z 3 StPO) unberührt bleibt, im Schuldspruch 1 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte hierauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 8.April 1959 geborene iranische Staatsangehörige Behrous E*** wurde (1) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und (2) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG verurteilt. Nach dem - allein mit Nichtigkeitsbeschwerde

angefochtenen - erstbezeichneten Schuldspruch hat er im Jahre 1989 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider (zu ergänzen:) Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er dem abgesondert verfolgten Michael K*** insgesamt zumindest vier Gramm Heroin überließ.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil enthält überdies einen rechtskräftigen Teilfreispruch. Der Angeklagte stützt seine Beschwerde auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO; ihr kommt Berechtigung zu.

Im Sinn der Beschwerdeargumentation trifft es nämlich zu, daß dem Erstgericht zu der Frage, ob das zum Faktum 1 tatverfangene Heroinquantum die nach gefestigter Rechtsprechung zur Tatbestandsverwirklichung nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG erforderliche Grenzmenge von 1,5 Gramm Reinsubstanz erreichte, sowohl eine Unvollständigkeit (Z 5) der Urteilsbegründung als auch ein materiellrechtlich erheblicher Feststellungsmangel (Z 10) unterlaufen ist. Der Angeklagte und der Zeuge Michael K*** gaben in der Hauptverhandlung im wesentlichen konform an, einen Teil der in Rede stehenden Heroinmenge von vier Gramm gemeinsam konsumiert zu haben. Da dieser Vorgang die Annahme einer Reduktion der vom Angeklagten an K*** ausgefolgten Suchtgiftmenge nahelegt, wäre das Erstgericht im Rahmen seiner gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) verhalten gewesen, auch diesen im Beweisverfahren hervorgekommenen Gesichtspunkt in seine Urteilserwägungen miteinzubeziehen. Darüber hinaus bleibt nach den Urteilsfeststellungen offen, wieviel an Reinsubstanz das tatverfangene Heroin überhaupt aufwies. Inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolls war schon das Beweisverfahren gar nicht auf die Ermittlung unabdingbarer Anhaltspunkte für die verfahrensaktuelle Suchtgiftqualität (wie etwa Preis und Wirkung des Heroins beim Konsum) ausgerichtet.

Damit stand bereits bei der nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde fest, daß das Urteil spruchgemäß partiell aufzuheben und dementsprechend im Umfang der Aufhebung die Hauptverhandlung in erster Instanz neu durchzuführen sein wird (§ 285 e StPO).

Auf Grund der daher getroffenen (auch den Strafausspruch erfassenden) kassatorischen Entscheidung wurde die Berufung des Angeklagten gegenstandlos.

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