OGH 4Ob148/90

OGH4Ob148/904.12.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Z***- UND

Z*** G*** MBH & CO KG, Wien 19., Muthgasse 2,

vertreten durch Dr. Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die

beklagten Parteien 1.) T***-Z***

G*** MBH & CO KG; 2.) T***-Z***

G*** MBH, beide Wien 4., Argentinierstraße 41, beide vertreten durch Dr. Heinrich Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: S 480.000,--; Revisionsrekursinteresse:

S 80.000,-- und S 160.000,--), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 31. Juli 1990, GZ 3 R 88/90-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19. März 1990, GZ 39 Cg 9/90-6, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien Folge gegeben und die angefochtene einstweilige Verfügung dahin abgeändert, daß ihr Punkt I/1. einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils wie folgt zu lauten hat:

"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen und Ankündigungen wird den beklagten Parteien für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Gegenüberstellung des '1.000-Leser-Preises' für Inserate in der periodischen Druckschrift 'tele-WIEN' bzw. 'tele' mit jenen der den periodischen Druckschriften 'Neue Kronen Zeitung' sowie 'Kurier' beigelegten Programmbeilage 'Fernseh- und Radiowoche' oder der 'Kurier-Freizeit-Woche' verboten, wenn nicht die für das gleiche Verbreitungsgebiet ermittelte Leserzahl dieser Druckschriften herangezogen wird.

Das Mehrbegehren, eine derartige Gegenüberstellung des '1.000-Leser-Preises' für Inserate auch dann zu unterlassen, wenn nicht die durch ein Inserat erreichbare gesamte Leserzahl als Vergleichsbasis herangezogen wird, insbesondere wenn als Vergleichsbasis die Leserzahl oder die Auflage der Druckschrift 'tele' bzw. 'tele-WIEN' sowie der für diese Druckschriften geltende Inseratenpreis nur für das Verbreitungsgebiet einerseits, andererseits zwar der über das Verbreitungsgebiet Wien hinaus geltende Inseratenpreis in der Programmbeilage der klagenden Partei 'Fernseh- und Radiowoche' oder der 'Kurier-Freizeit-Woche', jedoch die Leser- bzw. Auflagenzahl dieser Programm- bzw. Zeitungsbeilagen je nur für das Verbreitungsgebiet Wien herangezogen wird, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 6.795,36 bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens (darin enthalten S 1.132,56 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 19.704,96 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 3.284,16 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Verlegerin der "Neuen Kronen-Zeitung" und des "Kuriers". Den Freitagausgaben dieser Tageszeitungen wird als Fernseh- und Radioprogramm-Beilage österreichweit jeweils die "Fernseh- und Radiowoche" beigelegt; die Samstagausgabe des "Kuriers" enthält österreichweit die "Kurier-Freizeit-Woche" als Beilage. In beiden Beilagen werden auch Inserate eingeschaltet. Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin des Fernsehmagazins "tele", welches jeweils einmal wöchentlich mehreren Bundesländerzeitungen beigelegt und in Wien als "tele-WIEN" - mit einem eigenen Wien-Teil - gratis an Haushalte verteilt wird. Die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten. Um die Jahreswende 1989/90 verteilte die Erstbeklagte an Unternehmen der Werbebranche eine Broschüre, in der sie unter dem Titel "DAS ERSTE FERNSEH-MAGAZIN " für

Insertionen in ihrem Fernsehmagazin "tele-WIEN" warb. Die Doppelseiten 8 und 9 der Broschüre enthielten folgenden Text samt graphischer Darstellung auf rotem Grund:

Seite 8:

Abbildung nicht darstellbar!

Hiezu steht außer Streit, daß die Auflagenzahl der "Fernseh- und Radiowoche" für Wien nicht wie hier angegeben - 646.000 Stück, sondern 666.000 Stück beträgt.

Mit der Behauptung, der angeführte "1.000-Leser-Preisvergleich" sei sachlich unrichtig, irreführend und überdies auch herabsetzend, begehrt die Klägerin - soweit im vorliegenden Revisionsverfahren noch von Bedeutung - zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten:

1. Das Gegenüberstellen des 1.000-Leser-Preises für Inserate in der periodischen Druckschrift "tele-WIEN" bzw. "tele" mit jenem in der den periodischen Druckschriften "Neue Kronen-Zeitung" und "Kurier" beigelegten Programmbeilagen "Fernseh- und Radiowoche" oder "Kurier-Freizeit-Woche", wenn nicht

a) die für das gleiche Verbreitungsgebiet ermittelte Leserzahl dieser Druckschriften oder

b) die durch ein Inserat erreichbare gesamte Leserzahl als Vergleichsbasis herangezogen wird, insbesondere wenn als Vergleichsbasis die Leserzahl oder die Auflage der Druckschrift "tele" bzw. "tele-WIEN" sowie der für diese Druckschrift geltende Inseratenpreis nur für das Verbreitungsgebiet Wien einerseits, andererseits zwar der über das Verbreitungsgebiet hinaus geltende Inseratenpreis in der Programmbeilage "Ferseh- und Radiowoche" oder der "Kurier-Freizeit-Woche", jedoch die Leser- bzw. Auflagezahl dieser Programm- bzw. Zeitungsbeilagen je nur für das Verbreitungsgebiet Wien herangezogen wird;

2. unter Bezugnahme auf die klagende Partei oder die periodischen Druckschriften "Neue Kronen-Zeitung" und "Kurier" oder deren Programmbeilage "Fernseh- und Radiowoche" oder auf die Beilage "Kurier-Freizeit-Magazin" die Werbebehauptung "'tele-WIEN' erspart Ihnen die Belegung von Stammausgaben mit Streuverlusten in anderen Bundesländern" oder bedeutungsähnliche Behauptungen aufzustellen. Der beanstandete Preisvergleich gehe nicht von einer tatsächlich ermittelten Leserzahl, sondern von Auflagen aus, wobei bezüglich "tele" unterstellt werde, daß zumindest ein Leser pro verteiltem Heft anzunehmen ist. Demgegenüber weise aber schon der Begriff "1.000-Leser" darauf hin, daß nicht die verteilte Auflage, sondern die erreichte Leserzahl maßgeblich ist. Gerade bei gratis verteilten Printmedien könne es ja der Fall sein, daß diese ungelesen im Papierkorb landen, was bei Kaufzeitungen wohl nicht in Betracht komme. Soweit die Erstbeklagten den von ihr errechneten "1.000-Leser-Preisen" für "tele-WIEN" und die verglichenen Konkurrenzprodukte jeweils nur die Auflagenzahlen für Wien zugrunde gelegt habe, sei dabei verschwiegen worden, daß die "Fernseh- und Radiowoche" den beiden Tageszeitungen der Klägerin jeweils österreichweit beiliegt. Unter Berücksichtigung der Doppelleser ergebe sich daher für diese Programmbeilage eine Reichweite von 3,195.000 Lesern, weshalb ihr "1.000-Leser-Preis" jedenfalls erheblich günstiger sei als jener von "tele-WIEN". Die zu Punkt 2. des Sicherungsantrages beanstandete Werbebehauptung setze die genannten Produkte der Mitbewerber herab, weil zum Ausdruck gebracht werde, daß im Grunde genommen eine Werbeeinschaltung in Zeitungen mit Stammausgaben unnütz sei, zumal der Werbetarif auch für Personen bezahlt werden müsse, bei denen gar kein Interesse des Inserenten bestehe.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die Broschüre der Erstbeklagten sei nur an Fachleute der Medienbranche verteilt worden und habe für diese deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sich der angegebene "1.000-Leser-Preis" nicht auf "Leser pro Nummer" (LPN) sondern auf "Leser pro Heft" bezieht. Das gehe auch aus der Graphik auf Seite 9 hervor, mit der nicht die Leserzahlen, sondern die Auflagenstückzahlen den Seitenpreisen der Inserate gegenübergestellt wurden. Überdies sei den angesprochenen Werbefachleuten auch die Tatsache bewußt gewesen, daß für das neue Produkt der Erstbeklagten "tele-WIEN" noch gar keine demoskopischen Werte vorhanden sein konnten. Die Broschüre streiche gerade heraus, daß mit "tele-WIEN" lokal auf Wien beschränkt geworben werden könne, ohne "Streuverluste in anderen Bundesländern" in Kauf nehmen zu müssen; es sei daher auch nicht verschwiegen worden, daß die Produkte der Klägerin österreichweit vertrieben werden. Mit dem Hinweis auf die "Streuverluste" werde die Konkurrenz nicht herabgesetzt, weil es eine Tatsache sei, daß für jemanden, der nur in Wien werben will, Inserate in einer auch in anderen Bundesländern erscheinenden Programmbeilage einen Streuverlust bedeuten. Westliche Bundesländer könnten aber sicherlich nicht als Einzugsgebiet eines Wiener Händlers bezeichnet werden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab. Auf den Seiten 8 und 9 der beanstandeten Broschüre werde in keiner Weise auf eine tatsächliche Leserzahl Bezug genommen, sondern von der Annahme ausgegangen, es gebe (nur) einen Leser pro Heft. Da die angesprochenen Fachleute aus der Werbebranche den Werbevergleich nur als reine Gegenüberstellung von Auflagenstärke und Anzeigenpreis hätten verstehen können, sei er nicht zur Irreführung geeignet. Seit 30. Juli 1988 mache der bloße Hinweis auf den höheren Preis eines Konkurrenten für sich allein den Preisvergleich nicht mehr sittenwidrig; ihm lägen auch keine völlig unvergleichbaren Programmzeitschriften zugrunde. Die zu Punkt 2. des Sicherungsantrages beanstandete Behauptung treffe zu, weil Inserate von speziell am Wiener Markt interessierten Unternehmen in bundesweit erscheinenden Zeitschriften oder Programmbeilagen tatsächlich zu "Streuverlusten" in den Bundesländern führten. Diese Behauptung habe auch nichts Herabsetzendes an sich, werde doch mit ihr nur in sachlicher Weise ein für die Erstbeklagte günstiger Umstand besonders hervorgehoben.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung zu 1. und bestätigte die Abweisung des Sicherungsantrages zu 2.; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes

S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der zu

1. beanstandete Preisvergleich müsse im Lichte des § 2 Abs 1 Satz 2 UWG in der Fassung der UWG-Novelle 1988 gesehen werden. Danach seien die Programmzeitschriften der Klägerin und der Erstbeklagten zwar qualitativ durchaus vergleichbar; der für "tele-WIEN" ausgewiesene "beste 1.000-Leser-Preis" sei aber unwahr, weil er nicht auf einer Leserzahlermittlung, sondern auf der bloßen Auflage beruhe. Daß aber die Leserzahl die Auflagenstärke ihrer Programmzeitschrift auch nur erreicht, habe die hiefür bescheinigungspflichtige Erstbeklagte, welche ja eine Spitzenstellung in Anspruch genommen habe, nicht einmal behauptet. Dem stehe auch die nach der Lebenserfahrung keineswegs unrealistische Möglichkeit gegenüber, daß gratis verteilte Printmedien ungelesen im Papierkorb landen, was aber auf Kaufzeitungen eher nicht zutreffe. Ebenso sei es irreführend, wenn im Rahmen eines "1.000-Leser-Preises" für Wien zum Vergleich der Anzeigenpreis von Zeitungen herangezogen wird, die nicht auf den Erscheinungsort Wien beschränkt seien; dabei bleibe nämlich die Mehrleistung der Konkurrenten unberücksichtigt, was aber nur Verwirrung stifte.

Hingegen sei die zu 2. beanstandete Werbebehauptung für die mit ihr ausdrücklich angesprochenen, vornehmlich an einer Werbung in Wien interessierten Inserenten richtig. Auch diese Behauptung sei eine vergleichende Werbung, weil sie auf die namentlich genannten Konkurrenzmedien der folgenden Doppelseite Bezug nehme. Wahre vergleichende Werbung sei jedoch dann gestattet, wenn ein besonderer Anlaß bestehe, sich mit der Ware eines anderen zu befassen, zumal dann, wenn eine Bezugnahme wegen der oligopolistischen Marktstruktur - wie hier - nicht vermeidbar sei. Da sich die Broschüre der Erstbeklagten an Werbeinteressenten für Wien wende, bestehe ein rechtfertigendes Interesse an einem derartigen Vergleich, zumal die Möglichkeit, Anzeigen in einem ausschließlich in Wien vertriebenen Magazin zu schalten, nicht allgemein bekannt sei und die vergleichende Information damit auch zur Aufklärung der an einer Werbung speziell in Wien interessierten Kreise dienen könne. Nur gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung auch im Teilumfang b) des Sicherungsantrages zu 1. richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, insoweit den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin wendet sich gegen die Bestätigung der Abweisung des Sicherungsantrages zu 2.; die Klägerin stellt den Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Erlassung der einstweiligen Verfügung auch in diesem Umfang.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Revisionsrekurses der Beklagten als unzulässig; im übrigen stellen die Parteien wechselseitig den Antrag, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs der Beklagten ist entgegen der Meinung der Klägerin schon deshalb zulässig, weil die vergleichende Preiswerbung nach der erst durch die UWG-Novelle 1988 geschaffenen neuen Rechtslage zu beurteilen ist, hiezu aber erst wenige veröffentlichte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vorliegen, welche überdies keine vergleichbaren Fälle betroffen haben; der Revisionsrekurs der Beklagten ist - im Gegensatz zu jenem der Klägerin auch berechtigt. Im Sinne der zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes ist durch die UWG-Novelle 1988 klargestellt worden, daß ein der Wahrheit entsprechender reiner Preisvergleich jedenfalls zulässig ist. Seit dem 30. Juli 1988 kann daher in dem Hinweis auf den höheren Preis eines Konkurrenten für sich allein nicht mehr der für die Unlauterkeit maßgebliche Minderwertigkeitshinweis in bezug auf ein fremdes Angebot erblickt werden; die in der bloßen Nennung höherer Preise eines Mitbewerbers liegende Herabsetzung von dessen Angebot ist vielmehr hinzunehmen (ÖBl 1989, 149 und 152). Durch die UWG-Novelle 1988 ist aber insofern keine Änderung der Rechtslage eingetreten, als die vergleichende Preiswerbung auch weiterhin keine Elemente der Irreführung im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 1 UWG enthalten darf. Zur Irreführung wäre ein Preisvergleich insbesondere dann geeignet, wenn mit ihm nur vorgetäuscht wird, daß Vergleichbares verglichen werde (ÖBl 1989, 152).

Die Klägerin macht geltend, daß die von der Erstbeklagten für ihr Produkt "tele-WIEN" in Anspruch genommene Spitzenstellung in bezug auf den "absolut besten 1.000-Leser-Preis für Wien" für ganzseitige Werbeeinschaltungen in zweifacher Hinsicht unrichtig und zur Irreführung geeignet sei: Einerseits liege diesem Preisvergleich nicht die Leserzahl der verglichenen Medien für Wien zugrunde, sondern deren bloße Auflagenzahl, wobei aber bei einer Gratiszeitung wie derjenigen der Erstbeklagten nicht einmal gesichert sei, daß sie pro Stück ("Heft") der Auflage mindestens einen Leser hat; andererseits habe die Erstbeklagte verschwiegen, daß die in den Preisvergleich einbezogenen Medien der Klägerin nicht auf das Verbreitungsgebiet Wien beschränkt sind, sondern österreichweit einmal wöchentlich ihren Tageszeitungen beigelegt werden und deshalb eine viel größere Gesamtleserzahl erreichen. Aus der Fassung des zu

1. b) erhobenen Sicherungsantrages ergibt sich, daß die Klägerin in diesem Zusammenhang ein (weiteres) Irreführungselement vor allem auch darin erblickt, daß die Erstbeklagte dem Preisvergleich dennoch den "über das Verbreitungsgebiet Wien hinaus geltenden Inseratenpreis" der österreichweit in gleicher Aufmachung erscheinenden Beilagen zu den Tageszeitungen der Klägerin zugrunde gelegt hat.

Der erstgenannte Vorwurf ist Gegenstand des Sicherungsantrages zu 1.a), welchem bereits durch die Erlassung einer rechtskräftigen einstweiligen Verfügung Folge gegeben wurde. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens sind daher nur noch die weiteren Vorwürfe gemäß 1.b) des Sicherungsantrages, denen aber die Beklagten mit Recht entgegenhalten, daß die Broschüre der Erstbeklagten ausschließlich an Unternehmen der Werbebranche verteilt wurde. Schon auf Grund dieses fachkundigen Empfängerkreises ist daher von einer Kenntnis der Leser auszugehen, daß die genannten Zeitungsbeilagen der Klägerin wöchentlich österreichweit in gleicher Aufmachung erscheinen und es sich daher bei dem angegebenen Preis für ein ganzseitiges Inserat um einen solchen handelt, mit dem ein Werbeeffekt auf dem gesamtösterreichischen Lesermarkt abgegolten wird. Ebenso zutreffend weisen die Beklagten auch darauf hin, daß sich die Broschüre insgesamt, insbesondere aber der hier beanstandete Preisvergleich, deutlich erkennbar nur an solche Inseratenkunden richtet, die "speziell am Wiener Markt interessiert sind", also gezielt in einem örtlich beschränkten Gebiet Interessenten für ihre Waren oder Leistungen ansprechen wollen. Daß es solche Werbeinteressenten nicht gebe, hat die Klägerin nicht einmal behauptet; auch nach allgemeiner Lebenserfahrung kann dies keineswegs von vornherein ausgeschlossen werden. Nur für sie gilt daher der - insoweit richtige - Preisvergleich der Erstbeklagten. Auch die Klägerin kann ja nicht in Abrede stellen, daß ein Inserent, der zwar nur Interessenten in Wien ansprechen will, aber dennoch in den Beilagen zu den Tageszeitungen der Klägerin Werbeeinschaltungen vornimmt, den auf die gesamtösterreichische Reichweite abgestellten höheren Preis der Klägerin zahlen muß, obwohl er sich vielleicht mit Ausnahme der in Niederösterreich gelegenen Randgebiete um Wien - in den anderen Bundesländern jedenfalls keinen ins Gewicht fallenden Werbeeffekt erwarten kann. Wenn daher ein solcher Interessent für seine Werbung in einem Medium mit gesamtösterreichischer Reichweite nicht schon bisher besondere Gründe gehabt hat, wird er sie - weil es ihm eben nur um einen auf Wien beschränkten Werbeeffekt zu tun war - unterlassen haben. Die Erstbeklagte zeigt somit mit ihrem Preisvergleich - beschränkt auf speziell am Wiener Markt interessierte Inseratenkunden - nur zutreffend auf, daß ein solcher Interessent jetzt in "tele-WIEN" ohne diesen Nachteil, also "billiger", werben kann. Da dies aber den Tatsachen entspricht, kann darin für sich allein jedenfalls noch keine zur Irreführung geeignete Angabe liegen. Der Erstbeklagten kann im vorliegenden Fall auch nicht vorgeworfen werden, daß sie die gesamtösterreichische Reichweite der Beilagen der Klägerin sowie den Umstand verschwiegen hätte, daß deren Inseratenpreise auf dieser nicht auf Wien beschränkten Reichweite beruhen; hier war vielmehr bereits durch die Fachkunde der Empfänger der Broschüre klargestellt, daß ihnen die genannten Tatsachen bekannt sind. Der beanstandete Preisvergleich verstößt daher in diesem Belang nicht gegen § 2 Abs 1 UWG (vgl. ÖBl 1990, 154).

Mit der zuletzt genannten Entscheidung ist der erkennende Senat auch von der bisherigen Rechtsprechung zur wahrheitsgemäßen vergleichenden Werbung abgegangen; er sieht diese nunmehr im Lichte einer verfassungskonformen Auslegung der UWG-Novelle 1988 als grundsätzlich zulässig an, sofern sie nicht im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung geeignet ist oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötige Bloßstellungen oder aggressive Tendenzen - das Sachlichkeitsgebot verletzt (§ 1 UWG). Auf der Grundlage dieser neuen Rechtsprechung ist aber der zu Punkt 2. gestellte Sicherungsantrag aber mit Recht abgewiesen worden: Die Klägerin hat die sachliche Richtigkeit der von ihr beanstandeten Werbebehauptung, "tele-WIEN" erspare den speziell am Wiener Markt interessierten Inserenten die Belegung von Stammausgaben mit Streuverlusten in anderen Bundesländern, im Vergleich zur Werbung in einer österreichweit erscheinenden Beilage gar nicht in Zweifel gezogen; sie erblickt aber in der Verwendung des Wortes "Streuverlust" eine Herabsetzung ihrer Zeitungsbeilagen. Demgegenüber hat jedoch schon das Erstgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß für einen speziell am Wiener Markt interessierten Inserenten die Werbung in einer Zeitungsbeilage der Klägerin im Sinne der obigen Ausführungen tatsächlich außerhalb von Wien keinen besonderen Widerhall finden wird, so daß für ihn in anderen Bundesländern ein "Streuverlust" entsteht; soweit die Inserate daher auch Leser in anderen Bundesländern erreichen, sind sie für einen solchen Inserenten ein verlorener Aufwand. In der wahrheitsgemäßen Anführung dieses Nachteils für solche Werbeinteressenten kann daher entgegen der Meinung der Klägerin noch keine sittenwidrige Herabsetzung gesehen werden, zumal auch der Hinweis auf einen "Streuverlust" in diesem Zusammenhang weder unnötig verletzend oder aggressiv war. Dem Revisionsrekurs der Klägerin mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Hingegen war in Stattgebung des Revisionsrekurses der Beklagten zu Punkt 1.b) des Sicherungsantrages der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen, was auch eine Änderung im Kostenausspruch zur Folge hat.

Die Entscheidung über die Kosten der Beklagten gründet sich in allen Instanzen auf §§ 78, 402 Abs 2 EO in Verbindung mit §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat ihre insgesamt drei Unterlassungsbegehren global mit S 480.000,-- bewertet, so daß auf jedes einzelne von ihnen S 160.000,-- entfallen. Da der zu Punkt 1. gestellte Sicherungsantrag in Wahrheit wiederum zwei verschiedene Begehren enthält, entfällt auf jedes von ihnen die Hälfte des Streitwertes von S 160.000,--. Die Beklagten haben daher in erster und zweiter Instanz zur Hälfte obsiegt, so daß ihnen Kosten auf der Basis von S 240.000,-- zuzusprechen waren. Da sie im Revisionsrekursverfahren zur Gänze obsiegt haben, waren ihnen Kosten auf der Basis ihres Revisionsrekursinteresses von S 80.000,-- sowie die lediglich auf einer Basis von S 80.000,-- verzeichneten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte